Sie versäumen auch, andere Möglichkeiten zu betrachten, beispielsweise eine Änderung des Wegegesetzes oder Ähnliches. All das wollen wir in Ruhe sachlich und gründlich diskutieren. Mit einem
solchen Schnellschuss etwas erreichen zu wollen, was nur wieder Folgeschäden verursacht, ist nicht richtig. Wir wollen das Thema in aller Ruhe im Ausschuss beraten, um zu einer vernünftigen und sinnvollen Regelung zu kommen, die nicht nur ein Problem örtlich verschiebt, sondern dieses Problem tatsächlich anpackt und löst. Das funktioniert nicht mit einem Schnellschuss, sondern nur mit einer vernünftigen und sachbezogenen Beratung, und die wollen wir haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr van Vormizeele, ich bin mir nicht sicher, ob Sie die Nachfolge von Herrn Schreiber anstreben und das Thema Hauptbahnhof noch einmal aufmachen wollen,
das eindeutig tot ist als Thema, nachdem auch die Bahn gesagt, dass es dieses öffentlich herbeidiskutierte Problem aus ihrer Sicht nicht gibt. Oder wollen Sie morgen Mittag, 12 Uhr, sofort diese Verordnung umsetzen? Dann beginnt, wie wir alle wissen, das Alstereisvergnügen.
"Betrunkene lungern herum und urinieren in aller Öffentlichkeit, bepöbeln Reisende und belästigen Passanten."
Ich finde Ihren Antrag in einem unerträglichen Ton verfasst und in einem auch nicht nur annähernd inhaltsreichen, sachlichen Vortrag in dieser Debatte begründet. Sie bieten kein einziges Argument, Sie stigmatisieren und diffamieren lediglich eine Gruppe von Menschen. Vielleicht ist das hilfreich, wenn man eine bestimmte Stimmung in der Stadt befördern will. Ich jedenfalls und meine Fraktion halten es für sinnvoller, sich mit der tatsächlichen Not und Armut und vor allem mit dem Problem Alkoholismus zu beschäftigen. Dieser Antrag trägt dazu überhaupt nichts bei.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um es gleich zu Beginn zu sagen, und zwar für die FDP-Fraktion, ich betone das an dieser Stelle: Wir Liberale sehen nicht die Notwendigkeit, sich in fast jeder Bürgerschaftssitzung mit der Verhängung neuer Verbote für Hamburgs Bürger zu beschäftigen und lehnen diesen Antrag ab.
Die CDU fordert, trinken sollen die Menschen drinnen, draußen ist es verboten, rauchen sollen sie vor der Tür – mit Ausnahme von Spielplätzen natürlich, zumindest nach dem Willen der CDU –, drinnen ist es verboten. Wir wollen die Bürger weder drinnen noch draußen mit mehr Verboten drangsalieren. Wir glauben, dass die absolute Mehrzahl der Bürger selbst entscheiden und bewerten kann, wie man sich in der Öffentlichkeit verhält.
Meine Damen und Herren! Das Fehlverhalten einer Minderheit in den im Antrag genannten sogenannten Brennpunkten lässt sich nicht wegdiskutieren. Die bestehenden präventiven Angebote und die Eingriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden, beispielsweise durch Platzverweise, sind hier aber unserer Meinung nach ausreichend.
Was fordert die CDU-Fraktion konkret mit ihrem Antrag? Der Senat soll in die Lage versetzt werden, durch Verordnung das Mitführen und Konsumieren von Alkohol an sogenannten örtlichen Brennpunkten zu untersagen. Warum bedarf es hier einer gesetzlichen Ermächtigung? Die Rechtsprechung hat örtliche Alkoholverbote in Freiburg und anderen Städten aufgehoben, weil die Verordnung zu pauschal und damit nicht von der Generalermächtigung im dortigen Polizeigesetz gedeckt war. Die Reaktion der CDU lässt nicht lange auf sich warten. Schon im Juni vergangenen Jahres wurde der vorliegende Gesetzentwurf in BadenWürttemberg durch die dortige CDU-Fraktion in den Landtag eingebracht, und im September 2011 machte die CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag den gleichen Schritt. Nur, wie soll dies in der Praxis funktionieren? Die Anhörung am 12. Januar dieses Jahres im nordrhein-westfälischen Landtag hat gezeigt, dass die Polizei durch diese neue Regelung keine Vorteile beziehungsweise Entlastung erwartet. Für die Polizei wird sich auch bei der Änderung des Gesetzes nichts ändern. Es wird keine Entlastung geben, im Gegenteil, heißt es dort. Stattdessen wird ein Flickenteppich an Alkoholverbotszonen erwartet, da auch
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Auch im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Antrag, der unserer Meinung nach nicht zu Ende gedacht ist. Wenn es ein Problem gibt mit, wie Sie es nennen, ausschweifendem Alkoholkonsum, der dazu führt, dass Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen werden, dann handelt es sich, wie meistens, um ein Vollzugsproblem. Kein weitergehendes Verbot löst das Vollzugsproblem.
Meine Damen und Herren! Auch das Timing des Antrags verwundert uns. Am kommenden Dienstag findet im Sozialausschuss eine Anhörung zum Thema Obdachlosigkeit statt. Ziel ist, zumindest verstehen wir Liberale den Auftrag so, auch eine Befassung mit den Symptomen, die Sie in Ihrem Antrag beschreiben. Warum also der Anhörung und ihren Erkenntnissen vorgreifen?
(Beifall bei der FDP und bei Antje Möller GAL und Christiane Schneider DIE LINKE – Kai Voet van Vormizeele CDU: Das hat da- mit überhaupt nichts zu tun!)
Sehr viel zielführender und in der Praxis auch bereits bewährt sind pragmatische Angebote an die betreffenden Gruppen, beispielsweise sogenannte Trinkerräume. Wir Liberale haben dies in einigen Bezirken schon vor Jahren entsprechend angestoßen. Mit den Mehrheiten seit der letzten Wahl scheint auf Bezirksebene die Chance zu steigen, für viele Problempunkte zeitnah etwas Zielführendes im Bereich der Prävention erreichen zu können. Wir werden diesen, aus unserer Sicht sinnvollen Weg weiter verfolgen. Aus all den bisher genannten Gründen lehnen wir den Antrag zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für örtliche Alkoholverbote ab. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Verbieten, verdrängen, bestrafen – das sind keine Mittel für die Lösung von Konflikten. Es gibt vielfältige Nutzungskonflikte, die den öffentlichen Raum prägen. Konflikte um die Nutzung des öffentlichen Raums sind unvermeidlich, weil der öffentliche Raum allen gehört, und zwar wirklich allen.
So ist es unvermeidlich, dass sich die sozialen Probleme im öffentlichen Raum niederschlagen. Hier geht es um einen ganz spezifischen Konflikt, nämlich die Nutzung des öffentlichen Raums durch
die sogenannte Trinkerszene, die von anderen Nutzerinnen und Nutzern als Belästigung, als Bedrohung oder vielleicht auch als Sicherheitsproblem empfunden wird. Es soll auch gar nicht bestritten werden, dass exzessives Trinken in Gruppen mit allen Begleiterscheinungen auch berechtigte andere Interessen von Anwohnerinnen und Anwohnern, von Gewerbetreibenden, Passantinnen und Passanten und so weiter berührt. Aber es geht hier um ein soziales Problem, nicht weil es um Alkohol geht – Alkohol ist weit verbreitet, und es wird wahrscheinlich deutlich mehr in den vier Wänden getrunken als außerhalb, auch mit vielen Begleiterscheinungen wie zum Beispiel Gewalttätigkeiten –, sondern weil es um gesellschaftliche Randgruppen geht, um Verarmungs- und Vereinsamungsprobleme, um Menschen, deren soziale Beziehungen aus den unterschiedlichsten Gründen weitgehend zerrüttet sind, um Menschen, für die der öffentliche Raum sozusagen das Wohnzimmer ist und oft die einzige Möglichkeit, überhaupt soziale Kontakte zu halten.
Der neue Anlauf der CDU steht in einer langen Reihe von Versuchen, in Hamburg soziale Konflikte im öffentlichen Raum durch Verdrängen nicht zu lösen, sondern eher unsichtbar zu machen, indem soziale Problemlagen aus dem Stadtbild getilgt werden. Ich erinnere an das Handlungskonzept des Polizeikommissariats 14 für die Vertreibung von Randgruppen, nämlich Alkoholiker, Obdachlose, Punker und so weiter aus der Innenstadt. Da ging es nicht um das Stuttgarter Weinfest – das war es, was mir einfiel, als ich den Antrag der CDU gelesen habe –, sondern es ging um ganz bestimmte Randgruppen. Dieser damalige Versuch des PK 14 ist an der öffentlich geäußerten Kritik und am Widerstand vieler gescheitert. Der neue Anlauf wird hoffentlich schon hier im Parlament scheitern, wenn nicht, dann verspreche ich Ihnen eine öffentliche Debatte, die das Ansinnen zum Scheitern bringen wird.
Das Verbot, öffentlich Alkohol zu trinken, löst buchstäblich nichts. Sie versuchen repressiv und ordnungspolitisch zu lösen, was repressiv und ordnungspolitisch überhaupt nicht gelöst werden kann. Durch ein Alkoholverbot wird nicht weniger Alkohol im öffentlichen Raum getrunken, es würde vielmehr der Druck auf die sogenannte Trinkerszene, der Repressions- und Verdrängungsdruck verstärkt, ohne dass dadurch für einen einzigen Alkoholabhängigen eine Perspektive geschaffen würde, sich aus der trostlosen Situation herauszuarbeiten. Sie versperren sich der sehr viel schwierigeren Aufgabe, die Konflikte konstruktiv anzugehen, Sie nehmen konkrete Handlungsstrategien unter Einbeziehung zum Beispiel der sogenannten Trinkerszene überhaupt nicht in den Blick. Sie werden diesen Konflikt ohne Einbeziehung der Betroffenen überhaupt nicht angehen können. Ihre Ein
beziehung ist notwendig, und notwendig ist eine Strategie des Kontakt- und Vertrauensaufbaus zu den betroffenen Personengruppen, notwendig ist aufsuchende Sozialarbeit, aber es gibt in Hamburg an Streetworker-Angeboten fast überhaupt nichts mehr. Notwendig sind auch konkrete Beratungsund Hilfsangebote. Notwendig ist in verschiedenen Fällen sicher auch das Angebot neuer Aufenthaltsbereiche und kultureller und städtebaulicher Belebung einschlägiger Plätze und so weiter und so fort. Sie von der CDU sind blind gegenüber sozialen Problemen.
Insgesamt sind Sie blind gegenüber der Aufgabe, Konflikte tatsächlich zu lösen. Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist, verbieten, vertreiben, strafen. Wir werden deshalb nicht zustimmen, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schneider, seien Sie mir nicht böse, aber ich wäre auch schockiert gewesen, wenn Sie diesem Antrag zugestimmt hätten, denn ich glaube, dass wir in dieser Frage weit auseinander sind. Das ist in Ihrem Beitrag deutlich geworden und auch in dem von Frau Möller.
Ich will eines deutlich machen, weil es mich wirklich ärgert. Wir reden nicht darüber, das Alstereisvergnügen oder das Stuttgarter Weinfest zu verbieten. Frau Möller, ich würde mir wünschen, dass Sie den Antrag wenigstens lesen. Wenn Sie es getan hätten, dann würde Ihnen klar geworden sein, was in diesem Antrag steht.
Das Einzige, was wir verbieten wollen, sind die Exzesse, wenn solche Ansammlungen in starkem Maße auftreten. Und die Exzesse nach Lagen, Frau Möller, gibt es nicht beim Alstereisvergnügen, diese Exzesse gibt es zum Beispiel in Harburg. Ich empfehle den Kollegen von der FDP, der LINKEN und der GAL wirklich einmal, nach Harburg zu gehen, sich eine Stunde auf den Rathausplatz zu stellen und mit den Menschen dort zu reden. Dann werden Sie begreifen, dass wir Lösungen brauchen.