Protocol of the Session on February 9, 2012

(Jan Quast SPD: Wann fangen Sie damit an?)

Die Vorlage zum Thema Schuldenbremse liegt noch im Ausschuss, Herr Quast, Sie haben um eine Vertagung gebeten. Wir setzen auf den guten Diskussions- und Überlegungsstand in Ihrer Fraktion. So lange es aber noch nicht so weit ist, stimmt das Thema der Aktuellen Stunde "SPD versagt in der Haushaltspolitik" leider.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Tschent

scher, Sie haben sich in Ihrer Rede fast verraten, als Sie davon sprachen, dass Sie demnächst den Haushaltsabschluss für das Jahr 2011 ankündigen können. Man konnte schon fast heraushören, wie Sie glauben, den guten Abschluss mit strukturellen Eingriffen rechtfertigen zu wollen, die Sie zu verantworten hätten. Vielleicht besinnen Sie sich noch, und das war nur der Affekt der Debatte. Es ist klar, dass wir konjunkturell – Sie legen ja Wert auf die Unterscheidung zwischen konjunkturellen und strukturellen Effekten – wahrscheinlich ein viel besseres Ergebnis haben werden, als wir das vielleicht nicht nur vor einem, sondern auch vor zwei Jahren gedacht haben, und das ist gut so. Ich gehe auch so weit zu sagen, dass Sie im Haushaltsjahr 2011 mit den Steuermehreinnahmen verantwortungsbewusst umgegangen sind.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie jetzt klatschen – das sollen Sie ruhig, das freut mich –, dann möchte ich darum bitten, dass Sie diese Sorgfalt beim Zuhören, und Herr Dr. Tschentscher, Sie reden gern von Sorgfalt, auch dann zeigen, wenn die Opposition kritisiert. Niemand hat hier gesagt, dass Konsolidierung einfach sei, wie Sie es uns gerade unterstellt haben, und niemand leugnet die Verantwortung von Vorgängersenaten. Sie sollten nicht die Vorgängerperiode leugnen, wo Sie als Opposition bei der strukturellen Ausweitung im Bildungsbereich dem Senat mehr abverlangt haben, als er damals vorgeschlagen hat. Das können wir alles ruhig und ehrlich besprechen.

Aber eines finde ich dann doch erstaunlich, Herr Dr. Tschentscher. Sie gehen auf die Kritik des Rechnungshofs nicht ein. Dieser hat Sorgen bezüglich der Ausgabenlinie in Ihrer Finanzplanung. Ich will die Frage anders formulieren, vielleicht wird Ihnen dann klar, wie ernst die Lage ist, gemessen an Ihrer Politik. Wenn Sie eine restriktive Ausgabenlinie von 1 Prozent festlegen und mit einer konjunkturbereinigten und konservativen Einnahmelinie von 2,25 Prozent Steigerung statt aktuell 3,4 arbeiten, wenn diese Linien in Zukunft weiter verfolgt werden und der Rechnungshof Ihre strengen Maßstäbe nimmt, die wir im Prinzip unterstützen, und dann zu dem nüchternen Ergebnis kommt, dass wir 2014 dort stehen, wo wir jetzt sind, dann müssen Sie sich doch damit auseinandersetzen, dass wir dann irgendetwas falsch gemacht haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Nichts anderes steht in dem Bericht, der im November vom Rechnungshof zur nachhaltigen Finanzpolitik des neuen Senats herausgegeben wurde, Herr Quast, das ist nämlich der entscheidende kurze Bericht. Dort steht, wie Herr Kleibauer gesagt hat, dass die Ausgabenlinie mit dem Startpunkt 11,5 Milliarden statt 11 Milliarden dazu führt, dass in dieser Legislaturperiode der Abbau des

(Thilo Kleibauer)

strukturellen Defizits wahrscheinlich nicht gelingen wird, es sei denn, Sie arbeiten noch um. Dann tragen Sie eine schwere Verantwortung dafür, wie man die Schuldenbremse bis zum Jahr 2020, wir reden gar nicht vom Jahr 2015, überhaupt einhalten soll. Das hat Ihnen der Rechnungshof auf ganz freundliche und nüchterne Weise aufgeschrieben, und so nüchtern wollten wir Ihnen das heute noch einmal vorgetragen haben. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Nun hat als letzte Rednerin Frau Heyenn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich finde den Landesrechnungshofbericht spannend. Die Diskussion zeigt, dass wir noch viel bewegen müssen, und einige Punkte begrüßen wir ausdrücklich.

Durch den Landesrechnungshofbericht zieht sich die Forderung nach Transparenz. So begrüßen wir, dass bei Bauvorhaben bereits in der Planungsphase flächendeckend sichergestellt werden muss, dass die Wirtschaftlichkeit einer Investition den Vorschriften entsprechend transparent und nachvollziehbar belegt ist. Er fordert dieses Vorgehen nicht nur für die Elbphilharmonie, sondern für alle 17 untersuchten Baumaßnahmen; das begrüßen wir außerordentlich.

Wir begrüßen auch, dass Transparenz darüber hergestellt werden muss, wie die Gelder an den Privatschulen verwendet werden, und dass die Qualitätssicherung, eine Forderung, die wir als LINKE immer aufgegriffen haben, in diesem Bericht steht, ist gut. Sie erinnern sich, dass wir in der letzten Legislaturperiode manche Anträge für einen Zwischenbericht zum Modell Hamburg Süd gestellt und immer gefordert haben, dass evaluiert werden muss, bevor es ausgebaut wird. Auch hier fühlen wir uns vom Landesrechnungshof unterstützt.

Das Klimaschutzkonzept wird vernichtend kritisiert, und es wird deutlich gemacht, was wir immer kritisiert haben: Es sind keine quantifizierbaren Ergebnisse enthalten, die Wirksamkeit vieler Maßnahmen ist sehr gering, man muss sich auf die Folgen der Klimaerwärmung in der Welt konzentrieren und mehr Gedanken über Hochwasserschutz und derartige Dinge machen, wir sollten uns auf einige wenige Dinge konzentrieren, um eine CO2-Reduktion wirklich hinzubekommen und die Passivhaus-Regelung ist eine schöne Idee, bringt aber nicht das, was man sich von ihr verspricht. All diese Aussagen begrüßen wir außerordentlich.

Der zweite Begriff, der sich durch den Bericht des Landesrechnungshofs zieht, ist die Haushaltskonsolidierung. Der Landesrechnungshof wünscht

sich, dass wir fraktionsübergreifend dafür eintreten, eine Schuldenbremse in die Landesverfassung einzutragen. Da wird DIE LINKE nicht mitgehen, weil wir schon im Bericht Zweifel haben, ob das überhaupt umsetzbar ist. Ich will das an einigen Punkten festmachen.

Beim Personalabbau wird der Personalbestand von HEW, HEIN GAS, Asklepios und von PFLEGEN UND WOHNEN vom Stand von vor 10 Jahren gegen- und auf heute hochgerechnet. Der Landesrechnungshof stellt fest, dass Personalabbau im öffentlichen Dienst eigentlich nicht stattgefunden hat. Wir haben immer gesagt, dass wir nicht glauben, dass Personalabbau möglich ist, wenn die Hansestadt Hamburg ihre Aufgaben für die Bürger weiterhin ordentlich übernehmen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Am Punkt Bäderland haben wir ebenfalls große Kritik. Bäderland muss das Schul- und Vereinsschwimmen sicherstellen, aber wir sehen die Schwimmbäder auch als Beitrag für die Gesunderhaltung der Bevölkerung. Wir können uns nicht vorstellen, dass wir Bäder verkaufen und die Eintrittsgebühren erhöhen,

(Olaf Ohlsen CDU: Zieht die Badehose an!)

denn das ist für die Bevölkerung wichtig. Der Landesrechnungshof weist selbst darauf hin, dass die Quote von 60 Prozent Rendite im Verhältnis zu den Schwimmbädern in anderen Bundesländern durchaus hoch ist. Kein Mensch kommt auf die Idee, dass Schwimmbäder sich rechnen, es sei denn, man nimmt einen Eintritt von 25 Euro. Dann wären Sie unter sich, aber dafür ist die Alsterschwimmhalle entschieden zu groß.

(Beifall bei der LINKEN)

Was die Einnahmeseite betrifft, wird deutlich darauf hingewiesen – ich zitiere –:

"Bearbeitungsmängel in den Finanzämtern […] haben sich zulasten der Steuereinnahmen ausgewirkt."

Wir haben mehrere Anträge zur Neueinstellung von Steuerfachangestellten eingebracht, und nun müssen wir feststellen, dass über 100 Stellen in der Finanzbehörde, die für die Betriebsprüfung vorgesehen sind, anderweitig eingesetzt wurden. Der Landesrechnungshof fordert, dass diese Personen für Steuerprüfungen eingesetzt werden und dass wir Steuergerechtigkeit in Hamburg haben. Auch das begrüßen wir sehr. Aber an diesem Punkt sehen wir, dass Einnahmen und Ausgaben in einem gewissen Widerspruch stehen. Wir lesen aus dem Landesrechnungshofbericht, dass die Schuldenbremse so nicht einzuhalten ist. Wir müssen die Einnahmeseite viel stärker in Angriff nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

(Anja Hajduk)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 46, Drucksache 20/2993, Antrag der CDU-Fraktion: Schaffung einer Rechtsgrundlage für ein örtliches Alkoholverbot.

[Antrag der CDU-Fraktion: Schaffung einer Rechtsgrundlage für ein örtliches Alkoholverbot – Drs 20/2993 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Herr Voet van Vormizeele, Sie wünschen das Wort und Sie haben es.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, der aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag dazu leisten soll, eine Rechtslücke zu schließen, die in Hamburg immer unangenehmere Auswirkungen hat. Wir wollen Sorge dafür tragen, dass bei Menschenansammlungen mit erheblichem Alkoholkonsum und entsprechenden Folgegefährdungen für den Senat die Möglichkeit besteht, temporär befristet und örtlich eingegrenzt ein Alkoholverbot auszusprechen. Wir sollten Handhabungen haben, gegen solche Ansammlungen vorzugehen, damit wir nicht weiterhin tatenlos zusehen müssen, wie Nachbarn, Passanten, Kinder und andere Menschen von schweren Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten belästigt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich will aber auch sagen, was dieser Gesetzentwurf nicht ist, denn diese Frage ist mir in den vergangenen ein, zwei Tagen häufiger gestellt worden, und dieses Missverständnis möchte ich klären. Es geht nicht darum, in Hamburg flächendeckend den öffentlichen Alkoholkonsum zu verbieten. Es geht darum, das Gleiche zu tun, was einige andere Gemeinden und Bundesländer in Deutschland bereits getan haben, nämlich dort einzugreifen, und zwar abgeleitet aus Lagebildern, wo es die Gefahr von schweren Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten gibt. Das ist gemäß deutscher Rechtsprechung die Voraussetzung dafür. Es geht nicht darum, wahllos Alkoholverbote an öffentlichen Plätzen auszusprechen; gerade die Wahlkreisabgeordneten werden das kennen. Wir haben an vielen Orten in Hamburg immer wieder diese Probleme, und immer wieder stellt man wegen Beschwerden von Bewohnern, Passanten und Nachbarn Kontakt zum örtlichen Polizeikommissariat

her. Und was bekommt man als Antwort von den Polizeibeamten? Häufig ein Schulterzucken und die Aussage, wir haben hier keine Rechtsgrundlage, das ist durchaus erlaubt.

Wir möchten diese Rechtsgrundlage jetzt schaffen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass diese Belästigungen, die deutlich mehr sind als das, was man hinnehmen muss, von Polizeibeamten oder dem Bezirklichen Ordnungsdienst unterbunden werden können. Wir wollen diese Lücke, die seit Jahren im Gesetz besteht, schließen. Wir sind nicht mehr bereit hinzunehmen, dass Passanten, Kinder und andere belästigt werden, ohne dass wir eine Möglichkeit des Eingriffs haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass wir in diesem Hause damit nicht nur auf ungeteilte Begeisterung stoßen werden. Deswegen freue ich mich auf eine Debatte zu dem Thema, aber die Menschen in unserer Stadt haben eine Antwort von der Politik auf Probleme verdient, die sie teilweise tagtäglich umtreiben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Schäfer hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht klar aufzeigt, welche Kompetenzen wo geregelt werden sollen und wer sie umsetzen beziehungsweise durchführen soll. So soll der Senat zwar durch Verordnung untersagen können, an öffentlich zugänglichen Orten alkoholische Getränke mitzuführen, wenn sich die Belastung dieser Orte von denen anderer deutlich abhebt. Überprüfen soll das – Herr Voet van Vormizeele hat es angedeutet – der Bezirkliche Ordnungsdienst. Das heißt, dass einem Dienst, der sowieso schon überlastet ist, noch etwas aufgebürdet würde,

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

ohne zu sagen, wie das Ganze anschließend geregelt werden soll.

Dazu kommt, dass, wenn Sie an einem Ort den Konsum und das Mitbringen von alkoholischen Getränken untersagen, Sie allenfalls erreichen, dass sich die Ansammlung von Menschen, die dort Alkohol konsumieren und auch sonst unangenehm auffallen könnten, an einen anderen Ort verlagert. Sie tun nichts dafür, dass sich grundlegend etwas ändert, sondern verschieben das Problem lediglich von einem Ort zum anderen. Insofern greift alles, was Sie hier vorlegen, bei Weitem zu kurz.

Sie versäumen auch, andere Möglichkeiten zu betrachten, beispielsweise eine Änderung des Wegegesetzes oder Ähnliches. All das wollen wir in Ruhe sachlich und gründlich diskutieren. Mit einem