Protocol of the Session on February 8, 2012

(Senator Michael Neumann)

Frau Blömeke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrter Senator Neumann, lassen Sie mich auf Ihre Anmerkungen kurz zwei Punkte erwidern. Sie sprachen von dem groß angelegten Beteiligungsprozess, den sehen wir auch. Aber ich habe in Ihren Darstellungen zum Beispiel die Zusage vermisst, das Parlament oder den Ausschuss an dem Sportbericht oder an der Entscheidung, welche Großsportevents wir in Hamburg haben werden, teilhaben zu lassen. Der Beteiligungsprozess ist doch eher auf Sie beschränkt, gemeinsam mit den Vertretern des Sports.

Und wenn ich den Senat oder den Senator kritisiere, hat das überhaupt nichts damit zu tun, dass ich nicht hohe Anerkennung für den Bereich des Sports habe. Natürlich kann ich ohne Zweifel das Signal aussenden, dass der Sport gewollt ist, und ich denke auch, dass all die sportlichen Vertreter in der Zukunftskommission große Arbeit geleistet haben, um diese Dekadenstrategie zu erstellen. Aber in dem Moment, wo Sie diese Ziele übernehmen und daraus eine Senatsdrucksache machen, reden wir im Parlament politisch über das, was der Senat will. Das ist der Grund, warum ich in dieser Drucksache die Darstellung der Finanzierung vermisse und die leicht schwammigen Aussagen kritisiere. Das muss im Parlament weiterhin erlaubt sein, ohne dass bei Ihnen das Signal ankommt, dass wir den Sport diskreditieren. Das ist keinesfalls Sinn der Sache, aber wir werden im Ausschuss weitere Diskussionen dazu führen müssen.

(Beifall bei der GAL)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung, zunächst zu den Überweisungsbegehren.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/2948 an den Sportausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Nun zum Antrag der GAL-Fraktion aus Drucksache 20/3141. Wer möchte diesen an den Sportausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den Antrag der GAL-Fraktion aus Drucksache 20/3141 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe nun den Punkt 8 auf, Drucksache 20/2452 in der Neufassung, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Umsetzung des Masterplans Industrie.

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Umsetzung des Masterplans Industrie – Drs 20/2452 (Neufassung) –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr Stemmann. Bevor Sie es haben, bitte ich das Haus erneut um Ruhe. Bitte, liebe Abgeordnete, hören Sie Herrn Stemmann zu.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete! Herzlichen Dank an alle, die mir zuhören.

(Beifall bei der CDU, der SPD, vereinzelt bei der GAL und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Unser neuer Bürgermeister bestätigte beim 4. Hamburger Industrietag Ende Juni 2011, dass er zu diesem Anlass – ich zitiere –:

"[…] den zwischen Wirtschaft und Behörden abgestimmten 'Masterplan Industrie' heute schon in der Hand halten [wollte], aber […]: Wir arbeiten noch dran."

Das ist über ein halbes Jahr her und noch immer liegt nichts vor. Eben war der Bürgermeister noch da; ich hätte ihn gern gebeten, uns zu erklären, wie lange er noch daran arbeiten möchte.

(Wolfgang Rose SPD: Jetzt kommt Herr Horch!)

Bemerkenswert ist, dass das Interesse am Masterplan Industrie in den Folgemonaten bei ihm massiv geschwunden zu sein scheint.

(Jan Quast SPD: Wie kommt er denn dar- auf?)

Zuletzt hat der Bürgermeister am 29. November 2011 beim 15. Industrietreffen des IVH erklärt:

"Die Industrie ist für die wirtschaftliche Entwicklung […] von grundsätzlicher Bedeutung und der Senat hat ein ureigenes Interesse daran, am 'Masterplan Industrie' intensiv weiter zu arbeiten."

(Beifall bei der CDU)

Aber weder bei seinem Grußwort auf dem Neujahrsempfang der IHK Lübeck Mitte Januar dieses Jahres noch einen Tag später anlässlich des 347. Geburtstags unserer Handelskammer gab es ein einziges Wort zum Masterplan Industrie. Auch bei der Eröffnung der größten Industriezuliefermesse in Hamburg, der NORTEC, Ende Januar keine Erwähnung mehr. Ist der "Masterplan Industrie" nicht mehr interessant oder liegt es daran, dass der Wirtschaftssenator Horch bei dem eingangs erwähnten 4. Hamburger Industrietag die Vorarbeiten der CDU-Senate zur Technologiepolitik lobte? Recht hat er, wie auch die Senatsantworten auf die Große Anfrage zeigen.

(Beifall bei der CDU)

Als ehemaliger IVH-Vorsitzender und späterer Handelskammer-Präses weiß er natürlich, was bis 2010 gute Industriepolitik war. In unserer Großen Anfrage zur Umsetzung des "Masterplan Industrie" hat der Senat bestätigt:

"Bei der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen konnten in einigen Handlungsfeldern beachtliche Erfolge erzielt werden."

Der Senat zählt dann auf, dass die Neuansiedlung von Industrieunternehmen durch ein Paket von Maßnahmen und Instrumenten unterstützt werde, in den vergangenen drei Jahren hätten insgesamt fast 1,5 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestanden. Es wird gelobt, dass die CDU-geführten Senate die Gründung vieler bedeutender Zentren der Forschung und Entwicklung vorangetrieben haben, darunter das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen, das Laser Zentrum Nord und der KlimaCampus. Dank der in CDU-Regierungszeiten eingerichteten "InnovationsAllianz Hamburg" konnte der amtierende Senat ausrufen: Hamburg soll zur Innovationshauptstadt werden; doch dazu später noch etwas mehr.

Als sehr erfolgreich wird auch die von der CDU initiierte Clusterpolitik eingestuft. Sie ist sogar so gut, dass die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation im Dezember des letzten Jahres eine Broschüre "Clusterpolitik in Hamburg – Gemeinsam an die Spitze" herausgegeben hat. Auf 24 Seiten lobt sie die Politik der CDU-geführten Vorgängersenate. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU)

Der "Masterplan Industrie" war ein Erfolgsmodell des CDU-Senats, inzwischen ist er sogar zum Exportartikel geworden. Berlin, Bremen und Düsseldorf haben entsprechende Vereinbarungen entwickelt und unterschrieben. Was aber tut der Senat? Er schiebt die Erarbeitung und Umsetzung des neuen Masterplans Industrie auf die lange Bank. Ohne konkretes Datum ist in seiner Antwort nur noch von 2012 die Rede. Alle üblichen Floskeln wie "im ersten Halbjahr" oder "im dritten Quartal" sind nirgends zu finden. Mehr noch, der Senat wirkt ahnungs- und konzeptlos.

(Beifall bei der CDU)

Vollmundig versprach die SPD in ihrem Wahlprogramm einen Verkehrsentwicklungsplan – ich zitiere –:

"[…] der die Verkehrsinfrastruktur sowie die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft berücksichtigt und aufnimmt."

Nun lautet die Antwort, man erarbeite diesen Plan, aber bis zum Ende der noch drei Jahre dauernden

Wahlperiode werde das ohnehin nichts. Statt der großen verkehrspolitischen Wegmarke wird nun vielleicht ein kleines Konzeptchen vorgeschoben.

Wenn wir schon beim Wahlprogramm der SPD sind, dann darf ich daraus einen weiteren Satz zitieren:

"Wir werden uns um alle Zweige der hamburgischen Wirtschaft kümmern, um den Mittelstand und die großen Unternehmen, das Handwerk, unternehmensbezogene Dienstleistungen, die Industrie, die Luftfahrt, Schifffahrt, Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau, Maritime Industrien, Handel, Logistik, IT, Medien mit vielen bedeutenden Unternehmen, die soziale Netzwerke betreiben, Life Sciences und Gesundheitswirtschaft, Energie, Finanzwirtschaft mit Banken und Versicherungen, Tourismus und Landwirtschaft."

So der große Rundumschlag. Wann wollen Sie denn anfangen, sich wenigstens um einen dieser Bereiche ernsthaft zu kümmern? Wer oder was hindert Sie daran? Die CDU-Fraktion bestimmt nicht.

(Beifall bei der CDU)

Dafür erweitern Sie den Abstimmungskreis und versehen das gleich mit der Einschränkung:

"Dirigistische wirtschaftspolitische Eingriffe sind in den Bereichen Beschäftigung, Wirtschaftsleistung und Investitionen nicht geplant."

Aber vielleicht in anderen Bereichen, die Sie nicht explizit ausschließen, wie zum Beispiel dem Umweltschutz oder der Clusterpolitik? Hoffentlich nicht.

Wer sagte denn eines Tages:

"Die Handelskammer wertet den bisherigen Auftritt des Senats als effektiv und professionell. Aber wichtige konkrete Entscheidungen stehen noch an: Ohne Kraftwerk Moorburg, ohne angebotsorientierte Flächenpolitik, ohne konsequenten Hafenausbau mit schneller Realisierung der Hafenquerspange sowie mit dem Liebäugeln mit weiteren Steuererhöhungen werden die Investoren wieder einen Bogen um die Stadt machen. Der Senat muss beherzigen, dass nur verteilt werden kann, was vorher erwirtschaftet wurde. Die Wirtschaft wird den Senat daran messen, ob er sich von dieser Einsicht leiten lässt. Moorburg wird dabei zum Lackmustest."

Das war am 15. August 2008 Handelskammer-Präses – Sie ahnen es schon – Frank Horch. Da gab es immerhin schon einen "Masterplan Industrie", und der CDU-Senat arbeitete fleißig die dort ent

haltenen Punkte ab. Welche Note würde ein Handelskammer-Präses dem Senat heute für seine Industriepolitik geben?

Wie wichtig ein guter Rahmenplan ist, zeigt das gestern erstmalig veröffentlichte Industriebarometer – ich zitiere –:

"Jedes dritte Hamburger Industrieunternehmen plant 2012 höhere Investitionen als im Vorjahr, 18 Prozent der Betriebe wollen in den kommenden Monaten sogar mehr Personal einstellen."

Das erklärte gestern Michael Westhagemann, Vizepräses der Handelskammer und Vorsitzender des IVH – Industrieverband Hamburg. Dafür braucht die Hamburger Industrie die Unterstützung des Senats und aller Behörden, damit nicht Traditionsunternehmen und erfolgreiche Steuerzahler wie Tesa der Stadt den Rücken kehren und unmittelbar vor den Toren eine neue Zentrale eröffnen. Schleswig-Holstein wird es freuen, der Finanzsenator wird es merken.

(Beifall bei der CDU)