Protocol of the Session on January 25, 2012

Wie es der Landeselternausschuss fordert – Herr Scheuerl, da sind Sie später eingestiegen –, bin auch ich für ein Rücktrittsrecht der Eltern, bis die genannten Kritikpunkte verbessert werden. Ein Gutachten des SOAL hat konkret dargelegt, dass der jetzige Personalschlüssel in den Kitas rechtswidrig ist. Hier schönzurechnen, dass der Personalschlüssel 1:13 Kinder betrage, ist nicht ganz richtig. Man muss nämlich die Vor- und Nachbereitungszeit in den Schulen berücksichtigen, was ich für richtig halte, was Herr Rabe und Herr Scheele den Trägern zugesagt haben. Hinzu kommt die Kooperationszeit mit dem Träger. Wir können von den Trägern nicht erwarten, dass sie dies jetzt in Personal umwandeln, sondern es muss der reine Personalschlüssel verbessert werden.

Daher schlagen wir vor, alle Anträge federführend an den Schulausschuss und mitberatend an den Familienausschuss zu überweisen und sie zusammen mit unserer Großen Anfrage zu behandeln.

Es ist wichtig, dass wir die Akzeptanz in der Gesellschaft und bei den Eltern für dieses System bewahren, denn bei diesem System bekommen alle Kinder das Recht auf ganztägige Bildung und Betreuung. Daher sollte der Senat dies alles klären. Es sollte auch geklärt werden, dass die Kinder der Eltern, die im Schichtdienst arbeiten, eine Vormittagsbetreuung zwischen 6 und 8 Uhr und eine Nachmittagsbetreuung zwischen 16 und 18 Uhr erhalten und auch ein Gebührenmodell bekommen, das sie sich leisten können. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Senator Rabe hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es schön, dass wir uns offensichtlich darüber einig sind, dass es richtig ist, Hamburgs Grundschulen zu Ganztagsschulen weiterzuentwickeln im Sinne einer ganztägigen Betreuung an Schulen, und das heißt, auch in einer Zusammenarbeit zwischen der Schule am Vormittag und dem Hort am Nachmittag. Das ist in der Tat ein richtiger Weg und ich freue mich, dass sich das Haus an dieser Stelle absolut einig ist. Ich will auch sagen, warum das wichtig ist.

Es ist deshalb wichtig, weil im bestehenden System zwei verschiedene Anbieter, nämlich die Schule und der Hort, mehr oder weniger in Konkur

renz einander unfreundlich oder zumindest nebeneinander verbunden sind. Aber in Wahrheit brauchen wir sie beide. Sie können beide etwas Besonderes. Auf der einen Seite steht die Bildung im Mittelpunkt, auf der anderen Seite die Erziehung, und das ergänzt sich hervorragend. Deswegen ist es eine gute Idee, das zusammenzuführen. Das muss man zunächst einmal festhalten.

(Beifall bei der SPD)

An der Stelle hätte ich gedacht, dass Herr Scheuerl und die CDU mitklatschen, denn sie sagten eben noch, dass die Idee gut sei. Aber es mag vielleicht auch am Redner liegen. Die Idee selbst ist jedoch offensichtlich gut, ich habe es jedenfalls so mitgenommen.

Sie ist übrigens auch deshalb gut, weil wir es nur so schaffen, 10 000 Kindern und mehr zusätzlich ein Ganztagsangebot zu ermöglichen. Das, meine Damen und Herren, dürfen wir bei aller Auseinandersetzung über die Frage, wie groß eine Kantine sein muss und welche Farbe die Tische haben, nicht vergessen. Im jetzigen System stehen mehr als 10 000 Kinder vor der Tür und haben keinen Platz. Und darauf eine Antwort zu finden, ist unsere gemeinsame Aufgabe, eine Aufgabe, der sich dieser Senat auf jeden Fall stellen wird.

(Beifall bei der SPD)

Es wurde gesagt, die Idee sei gut, aber die Umsetzung sei eher lau. Ich weise darauf hin, dass es in der Tat in der Umsetzung auf unserer Seite Unterschiede gibt gegenüber dem, was es vorher gab. Die Vorgängerregierung hat gesagt, sie stelle 85 Millionen Euro zur Verfügung. Wir haben schon bei den Pilotprojekten bemängelt und auch in der Bürgerschaft gesagt, dass dies zu wenig ist. Damit kommt man nicht aus, wenn man Qualität garantieren will. Deswegen haben wir in unserem Konzept deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt und gehen zurzeit davon aus, dass wir für dieses Modell nicht 85 Millionen Euro, sondern 115 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Es kann sein, dass Ihnen das nicht passt, weil Sie das selbst nicht gemacht haben. Ich finde aber, das ist ein großer Fortschritt, der sich für die Schülerinnen und Schüler deutlich auszahlen wird, nämlich in einer besseren pädagogischen Betreuung am Nachmittag. Das sollten wir einmal als Unterschied festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zu den Themen, die Sie direkt angesprochen haben, beginne aber noch einmal mit der Gruppengröße.

Ein rechnerischer Faktor von 19 und 23 sagt nichts aus über die Frage, wie viele Kinder letztlich in der Betreuung eines Erziehers sind. Wer sich das genau anschaut an den Modellschulen und an den entsprechenden Pilotstandorten, der stellt fest,

(Mehmet Yildiz)

dass die Gruppen sehr, sehr klein sind. Und wir werden sie noch weiter verkleinern, weil wir nämlich mit zusätzlichem Geld ermöglichen, dass hin und wieder sogar zwei Erzieher in der Gruppe sind, sodass sich rechnerisch durchaus andere Zahlen ergeben. Man kann das sogar überprüfen. Wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen, eine Woche die Modellstandorte besuchen und einfach die Gruppengröße zählen, dann werden wir uns alle schon jetzt verwundert die Augen reiben. Es sind manchmal 11, mal 13, mal 15, vielleicht auch einmal 18 Kinder. Aber das ist im Großen und Ganzen die Bandbreite, die wir durch einen zusätzlichen Erzieher jetzt noch weiter verringern. Auch das ist ein klarer Fortschritt, den wir in diesem Zusammenhang gegenüber der früheren Planung festhalten sollten.

(Beifall bei der SPD)

Nun haben die Parteien einige Anträge gestellt, auf die ich kurz eingehen möchte. Es heißt, die Vorschulklassen sollten kleiner sein am Nachmittag. Dazu muss man sagen, dass man sich immer kleinere Gruppen wünscht. Umgekehrt muss ich aber auch sagen, wenn da eine Gruppe mit 11 Kindern ist, so möchten die vielleicht hin und wieder einmal gerne unter sich spielen und brauchen nicht immer eine Mund-zu-Mund-Beatmung.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Aber kleine Gruppen sind immer besser, das ist völlig richtig. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir, Herr Scheuerl und Herr Heinemann, nicht nur eine gute Idee geerbt haben, sondern auch schon praktische Beispiele, wie es bisher gelaufen ist. Ich erinnere daran und frage deshalb auch die GAL: Warum haben Sie denn damals die Vorschulgruppen noch größer gemacht als wir sie heute machen? Wir geben heute sogar noch zusätzliche Erzieher hinein. Wir haben Ihr Modell an der Stelle verbessert und den Schlüssel zwischen Erziehern und Anzahl der Kinder um mehr als 25 Prozent verbessert. Wenn Sie jetzt sagen, das sei zu wenig, dann wirkt es ein bisschen seltsam gemessen daran, dass Sie selbst bis vor einem Jahr noch ein schlechteres Verhältnis für angemessen gehalten haben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Mehmet Yil- diz DIE LINKE)

Das Gleiche gilt für die Frage der behinderten Kinder. In der Tat hat man früher bis zu 5000 Euro für ein behindertes Kind gezahlt. Aber Sie vergessen zu sagen, dass in Ihrem Modell der Deckel auf diesem Topf so beschaffen war, dass es bei einer höheren Anzahl behinderter Kinder gar kein Geld mehr für sie gegeben hätte. Insofern hat sich dieser Schlüssel, den Sie hochhalten, gerade einmal auf 40 Kinder bezogen. Wir rechnen in Zukunft aber mit 300 bis 500 Kindern. Dann werden Sie

schnell feststellen, dass Ihre 5000er Summe von damals, auf diese Weise verteilt, nur noch 500 ergeben hätte. Wir haben uns, anders als Sie, um dieses Thema gekümmert und gesagt, dass dies so nicht geht. Man kann keinen Deckel darauf setzen, wenn plötzlich immer mehr Kinder mit Behinderungen kommen. Deswegen haben wir hier deutlich höhere Beiträge zur Verfügung gestellt und deshalb auch insgesamt die Summe vergrößert, die für behinderte Kinder in der Nachmittagsbetreuung zur Verfügung gestellt wird. Auch das ist in der Tat ein Unterschied, gemessen an der bisherigen Planung. Mag sein, dass Ihnen der Unterschied nicht gefällt, aber man darf festhalten, dass wir viel mehr Geld zur Verfügung stellen für die angemessene Betreuung von Behinderten im Vergleich zu dem Vorgängermodell der Senatoren Wersich und Goetsch. Ich finde das gar nicht so schlecht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Scheuerl wird nicht müde, voller Wonne darauf hinzuweisen,

(Dietrich Wersich CDU: Erinnern Sie sich noch an Ihre Rede damals?)

dass nicht alle Schülerinnen und Schüler schon in Kantinen essen. Herr Scheuerl, Sie haben recht, aber Sie vergessen zwei Dinge.

Erstens: Ich habe mir als Abgeordneter damals die Mühe gemacht, Schulen anzuschauen. Ich empfehle Ihnen das auch. Dort ist mir nämlich aufgefallen, dass in Hamburg arbeitende Ganztagsschulen, die teilweise in den Neunzigerjahren oder auch zwischen 2002 und 2005 an den Start gingen, bis heute keine Kantine haben. Das ist keine Ausrede, aber ich weise darauf hin, dass es gängige Praxis ist – aller Regierungen, Ihrer übrigens auch, sogar der Senatorin Dinges-Dierig –, unter bestimmten Rahmenbedingungen Ganztagsschulen an den Start zu lassen, auch wenn sie keine Kantine haben. Mit einer Ausnahme geht das, wenn nämlich die Schulen, die Eltern und die Lehrer, häufig auch die Schüler, gemeinsam beschließen, dass sie es schaffen. Sie wünschen sich die Ganztagsschule und versprechen der Schulbehörde, dass sie eine Lösung für den Essensbetrieb haben und mit der Lösung zufrieden sind. Wenn es einen solchen Beschluss gibt, dann haben alle Regierungen immer gesagt, dass sie zwar so zügig es ginge Kantinen bauen würden, aber dann dürfe mit einer solchen Lösung tatsächlich gestartet werden.

Nichts anderes machen wir als die Politik fortzusetzen, die Rot, dann Schwarz-Gelb, dann Schwarz und dann Grün letztendlich die ganze Zeit gemacht haben. Wenn eine Kantine nicht da ist, aber die Schulkonferenz beschließt, dass es eine Lösung gibt, bei der es ein appetitliches, vernünftiges Essen gibt, ordentliche Tische und Stühle und auch

(Senator Ties Rabe)

eine ordentliche Essensausgabe, dann können Schulen selbstverständlich starten. So war es immer, und daran halten wir uns auch. Wir erfüllen in der Tat die Wünsche der Schulkonferenz.

Ich möchte zum Schluss ergänzen, dass wir sogar bei einigen Schulkonferenzen sagten, ihr wollt das und traut euch das zu. Aber wir finden das wackelig und haben teilweise gegen den Willen der Schulkonferenzen solche Wünsche abgeschmettert und gesagt, dass wir ein gewisses Mindestniveau garantiert haben möchten. Insofern sind wir hier in einer guten Tradition.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Scheuerl?

Ja.

Herr Senator, ist Ihnen bewusst, dass keine – ich betone, keine – der Schulkonferenzen, die jetzt beschlossen haben, der Schulleitung die Carte blanche für den Antrag auf GBS zu geben, zu dem Zeitpunkt wusste – weil der Landesrahmenvertrag noch nicht vorlag –, dass vom Einkauf bis zur Auswahl über die Abrechnungen, die Essensausgabe, die Reinigung und so weiter diese Aufgaben der Essensausgabe tatsächlich bei den Schulen liegen sollen? Das heißt, es müssen entweder Lehrkräfte eingesetzt werden oder aber Eltern. Und ist Ihnen ferner bewusst, dass, anders als bei den Ganztagsschulen, die Sie sich angeschaut haben, wo es Eltern gibt, die ehrenamtlich die Zeit haben, die Mittagsausgabe zu betreuen – das kenne ich aus zahlreichen Schulen –, dies bei der GBS gerade nicht geht, weil die Eltern berufstätig sind? Sie haben nicht die Zeit, das zu machen.

Herr Scheuerl, Ihre Fragekunst in allen Ehren, ob mir das bewusst sei. Darf ich darauf hinweisen, dass Sie zwei Ebenen vermengen. Es ging Ihnen in Ihrer Rede um die Frage, ob es eine Kantine gibt, ob die baulichen Voraussetzungen stimmen und alles Weitere vorhanden ist. Hier ist es nicht entscheidend, ob diese Kantine von der Schule oder von den Trägern organisiert wird. Wenn sie nicht vorhanden ist, ist erst einmal die Frage, wie man damit umgeht. Wenn die Schule der Meinung ist, dass sie auch ohne Kantine mit den vielfältigen Raummöglichkeiten der Schule das Essen sicherstellen kann, dann ist für diese Einschätzung nicht entscheidend, ob die Schule selbst den Vertrag mit dem Cateringservice unterschreibt oder ob der Träger den Cateringvertrag unterschreibt. Entscheidend ist, dass die Schulkonferenz selbst bewerten soll, ob man diese Essenssituation guten

Gewissens zumuten kann. Das haben die Schulen klar entschieden, und wir werden das den Schulen nicht verbieten, wenn sie ihren Wunsch klar geäußert haben.

(Beifall bei der SPD)

Wegen der vielen Punkte und meiner begrenzten Redezeit komme ich zum Wichtigsten fast am Ende, nämlich zu den Gebühren. In der Tat ist das ein schwieriges Thema, ich will Ihnen aber auch sagen warum. Auch hier haben wir von der Vorgängerregierung ein Gebührensystem geerbt, das alles andere als sozial gerecht war. Es kannte nämlich nur An oder Aus, den vollen Betrag oder eine Ermäßigung für Hartz-IV-Empfänger, dazwischen gab es nichts. Wer dagegen eine gerechte, soziale Staffelung will, der merkt plötzlich, dass es hier überhaupt keine Vorarbeit gab.

Wir sahen auch, das sage ich in aller Deutlichkeit, dass wir die Essenspreise künftig sozial staffeln müssen. Das ist eine Herausforderung an den gesamten Kantinenbetrieb, der die alte Regierung gern aus dem Weg gegangen ist. Dort hieß es, jeder zahlt sein Essen, egal, ob er viel Geld hat oder nicht. Wir müssen und wir wollen das ändern aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit. Das allerdings ist kompliziert für uns, aber eine, wie ich finde, gute Nachricht für die Eltern und Kinder in der Stadt. Die Essenspreise werden in Zukunft sozial gestaffelt.

Zum Schluss möchte ich darauf eingehen, dass immer wieder bemängelt wird, dass die vielen Jugendhilfeträger nicht eingebunden würden in die Ganztagsschule. Ich glaube, hier haben wir gemeinsam eine Aufgabe. Wenn wir Ganztagsschule wollen, dann müssen wir gemeinsam – und ich lade dazu ein – in den Bezirken und im Parlament einen Weg finden, wie die vielfältigen Nachmittagsangebote der Stadt mit der Schule verzahnt werden, und das ist schwer. Wir haben eine Kultur der letzten 150 Jahre Schule, bei der nachmittags jede Menge Angebote entstanden sind, die wir behalten wollen. Unsere Regierung hat den Schulen zusätzlich Geld gegeben, damit sie solche Angebote – Konfirmandenunterricht, Flötenunterricht, Volleyballmannschaft oder Fußballverein – in die Schule mit einbinden. Aber das ist eine schwierige Aufgabe.

Ich begegne immer wieder Menschen, die sagen, keiner würde mit ihnen reden. Ich neige dazu, in einem solchen Fall zu sagen, ich würde mich freuen, wenn Sie dazu beitragen, sie sollten aufeinander zugehen. Es sind Gelder da, um die Zusammenarbeit zu schaffen. Wir wollen diese Zusammenarbeit, wir wollen die Vernetzung in den Stadtteilen, aber Probleme, Herr Scheuerl, löst man nicht nur, indem man sie ständig beschreibt und übertreibt, sondern Probleme löst man schlicht, indem man sie anpackt und Lösungsvorschläge macht. Das

(Senator Ties Rabe)

haben wir vor. Wir freuen uns, wenn Sie uns dabei unterstützen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Senator. – Das Wort hat Frau Dr. von Berg.

(Dirk Kienscherf SPD: Alles erschöpfend be- antwortet!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte kurz ein paar Punkte klarstellen und auch richtigstellen. Erst einmal möchte ich betonen, dass diese Idee, die von allen gelobt wurde, tatsächlich aus der vorigen Legislaturperiode kommt.