Protocol of the Session on December 15, 2011

(Senator Ties Rabe)

das wollen wir auch. Diese Schulen haben das angewendet, und zwar mit großem Erfolg. Nun dürfen sie das nicht mehr, und es wird das kaputt gemacht, was sie sich in all den Jahren mühsam aufgebaut haben; das geht nicht.

Herr Rabe verschätzt sich auch in seinen Schulleiterinnen und Schulleitern, indem er ihnen unterstellt, sie wollten nur die Sahne abschöpfen. Das ist aber nicht so. Schulleiterinnen und Schulleiter sind an sozialer Durchmischung interessiert, weil sie wissen, dass ihre Kinder, also ihre Schülerinnen und Schüler, davon profitieren. Und zu unterstellen, sie würden die Sahne abschöpfen, ist den Schulleiterinnen und Schulleitern gegenüber unfair.

(Beifall bei der GAL – Dora Heyenn DIE LIN- KE: Das steht in der Evaluation!)

Es wird gesagt, das beträfe nur ein paar Schulen. Herr Rabe hat in der letzten Legislaturperiode eine Schriftliche Kleine Anfrage zu den Anmeldezahlen der fünften Klassen gestellt. Diese habe ich studiert, und es ist eine ganze Reihe von Schulen, die viele Schülerinnen und Schüler in der fünften Klasse abweisen mussten. Wenn die die Möglichkeit hätten, selbst auszuwählen, dann wäre diesen Schulen geholfen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Herr Heinemann bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator, Sie widersprechen sich selbst. Auf der einen Seite sagen Sie, dass die Schulen das alle nicht angewandt hätten und das nicht bräuchten, und auf der anderen Seite malen Sie die große Gefahr an die Wand. Eines kann nur sein. Entweder würden plötzlich alle Schulen dieses Verfahren nutzen, wenn sie denn dürften oder es gibt diese Gefahr gar nicht. Das Beispiel der Gymnasien zeigt, dass es gar nicht um die große Gefahr eines flächendeckenden neuen Anmeldeverfahrens geht, sondern darum, diesen Schulen, die davon besonders betroffen sind – die Max-Brauer-Schule oder das Gymnasium Klosterschule, die überregional aus ganz Hamburg angewählt werden –, die Möglichkeit zu geben, ein besonderes Auswahlverfahren anzubieten.

(Lars Holster SPD: Zwei Schulen, mehr nicht!)

Sie haben leider keine Antwort darauf gegeben, wie Sie zum Beispiel das besondere Profil des Gymnasiums Klosterschule erhalten wollen. Es ist ein überregionales Gymnasium und kein Gymnasium für seinen Stadtteil, das ist gerade das Profil dieser Schule. Mit welchen Hilfsmitteln wollen Sie dieser Schule künftig ermöglichen, ihr Profil zu behalten?

(Dietrich Wersich CDU: Will er ja nicht!)

Ich habe von Ihnen dazu keinerlei Antwort gehört.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Herr Heinemann, gestatten Sie Herrn Lein eine Zwischenfrage?

Herrn Lein immer.

Herr Heinemann, beziehen Sie sich in Ihrem Antrag auf einige Gymnasien oder auf alle Gymnasien und alle Stadtteilschulen? Ich lese bei Ihnen nicht eine, sondern alle.

Allen soll das gestattet werden. Der Senator hat gerade ausgeführt, dass von den sieben Gymnasien, denen es gestattet wurde, es nur ein einziges wahrgenommen hat. Das zeigt, dass keine Gefahr besteht, dass das alle nutzen, sondern dass es nur die nutzen, die diesen besonderen Bedarf haben wie das Gymnasium Klosterschule.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Till Steffen GAL)

Sowohl Herr Lein als auch Herr Rabe haben kritisiert, dass wir das noch nicht in die Fläche gebracht und umgesetzt haben. Uns unterscheidet, dass wir die Evaluation abwarten, bevor wir eine Entscheidung treffen. Das Evaluationsergebnis ist am 21. Februar 2011 vorgelegt worden, das Datum ist einigermaßen präsent und bekannt. Danach konnten wir nicht mehr allzu viel umsetzen. Wir hätten es nach der Evaluation umgesetzt. Es war genau die richtige Entscheidung von Herrn Wersich, zunächst weiterzumachen wie bisher und nach dem Evaluationsergebnis zu entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, dann können wir zu den Abstimmungen kommen. Zunächst zu den Überweisungsbegehren.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/2442 an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Wer die Drucksachen 20/2377 und 20/2587 an den Schulausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

Hier kommen wir zunächst zum Antrag der FDPFraktion aus der Drucksache 20/2442. Wer diesem

(Dr. Stefanie von Berg)

zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zum Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/2587.

Wer diesen beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Mit Mehrheit abgelehnt.

Und zum Antrag der GAL-Fraktion aus der Drucksache 20/2377.

Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Mit Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 89, Drucksache 20/2455, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Rechtsterroristische und neonazistische Gewalt – Hamburg muss zur lückenlosen Aufklärung beitragen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Rechtsterroristische und neonazistische Gewalt – Hamburg muss zur lückenlosen Aufklärung beitragen – Drs 20/2455 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Inzwischen ist unbestreitbar, dass die neonazistische Terrorgruppe NSU nicht nur von einzelnen Unterstützern, sondern von einer Unterstützerstruktur getragen wurde, ohne die sie die furchtbare Mordserie über einen Zeitraum von mehreren Jahren hindurch nicht hätte durchführen können. Diese Unterstützerstruktur ist, wie sich inzwischen ebenso herausstellt, keineswegs auf Thüringen und Sachsen beschränkt.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Man hat bei den Tatorten Stadtpläne mit handschriftlichen Eintragungen und Notizen gefunden, in denen die Ziele und Besonderheiten möglicher Tatorte vermerkt waren wie zum Beispiel "Tür offen ohne Schloss", "Keller zugänglich" und weitere Hinweise auf Verbindungen der Rechtsterroristen aus dem Osten zu westdeutschen Neonazis. Dass die Tatorte der Mordserie in enger Zusammenarbeit zwischen ost- und westdeutschen Neonazis ausgekundschaftet wurden, stützt auch eine Zeugenaussage, die von den Ermittlern ernst genommen wird. Diesem Zeugen zufolge sind die Recht

sterroristen – ich zitiere aus der "Süddeutschen Zeitung" –:

"[…] der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekannt gewesen".

Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert einen Ermittler mit den Worten:

"[…] die These von einer Zusammenarbeit sei 'mehr als nur eine Hypothese. Wir ermitteln jetzt verstärkt in diese Richtung'. Die Gruppe sei offenkundig bekannt gewesen und die Morde seien akzeptiert worden: 'Möglicherweise wurden die auch als Helden gefeiert.'"

Der Journalist Hans Leyendecker von der "Süddeutschen Zeitung", der über viel Insiderwissen verfügt, sieht eine breite Unterstützerstruktur auch im Westen als gegeben an.

Vor diesem Hintergrund stellen sich drängende Fragen wie: Warum wussten die Sicherheitsbehörden, insbesondere die Verfassungsschutzämter, über 12 Jahre lang von nichts trotz ihrer V-Leute – oder vielleicht besser wegen ihrer V-Leute? Auf diese Frage sind alle, die auf das V-Leute-System schwören und daran festhalten wollen, eine Antwort schuldig und sie werden diese Antwort geben müssen. Das Argument, man müsse doch über die Entwicklung der Szene informiert sein und brauche deshalb V-Leute, ist allen, die es immer wieder vorbringen, nun aus der Hand geschlagen. Über nichts war man informiert.

Hamburg war ein Tatort der Rechtsterroristen. Insofern besteht auch in dieser Stadt ein großes Interesse daran, dass der Mord an Süleyman Tasköprü, die mögliche Unterstützung für die Täter durch Neonazis aus Hamburg beziehungsweise Norddeutschland und das Versagen der Sicherheitsbehörden rückhaltlos aufgeklärt wird. Dieses Versagen kann man nicht anders erklären, als dass man nicht nur nichts wusste, sondern manches, was man wissen konnte, nicht hat wissen wollen.

Lob gebe ich in diese Richtung eigentlich nie, aber ich möchte Sie auf eine ausgezeichnete Rede des Leiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz hinweisen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann sind die ja doch nicht so überflüssig!)

Sie stammt aus den letzten Tagen. Er hat eine außerordentlich wichtige Selbstkritik geleistet, indem er gesagt hat:

"Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat."

Das ist eine bemerkenswerte Einsicht. Darüber müssen wir alle nachdenken.

(Vizepräsidentin Barbara Duden)