Protocol of the Session on December 14, 2011

"Aufgrund der niedrigen kommunalen Zinsen lässt sich ein Netzkauf […] in einem überschaubaren Zeitraum refinanzieren. Eine Belastung des Haushalts durch den Kauf der Netze ist somit weitgehend ausgeschlossen."

Dies ist ein Zitat aus einem Antrag der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag im letzten Oktober, für den der Bürgermeister Olaf Scholz noch die Hand gehoben hat.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der LINKEN)

Wenn man sich das einmal in Ruhe überlegt, dann kann man doch das ganze Gerede, was Sie immer anbringen, dass das alles nicht finanzierbar sei, nicht ernst nehmen. Niemand von uns hat gesagt, dass die Energienetze nichts wert und billig zu erwerben seien. Aber es ist doch richtig, was letztlich in Ihrer eigenen Drucksache steht, dass der Finanzierungsaufwand für den Anteilserwerb – ich zitiere –

"[…] aus den vereinbarten jährlichen festen Ausgleichszahlungen […] gemäß § 304 Aktiengesetz abgedeckt werden [kann]."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Genau!)

Diesem Absatz geben Sie dann die Überschrift:

"Haushaltsneutrale Finanzierung des Anteilserwerbs"

(Dr. Andreas Dressel SPD: Richtig!)

Was soll denn jetzt die Botschaft sein? Gerade hat der Bürgermeister – ich weiß nicht, ob aus eigener Verunsicherung – gesagt, das sei viel Geld. Das ist

eine Feststellung, aber dass man dafür Schulden aufnehmen muss und das gleichzeitig als haushaltsneutrale Finanzierung beschreibt, ist dann doch schon ein Widerspruch, den man einmal auflösen muss.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nö!)

Letztlich ist dies doch das Modell – was die Initiative und die GAL vorgeschlagen haben –, dass die garantierten Dividenden, die es gibt, eingesetzt werden können zu der Langfristperspektive.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn Ihnen das alles gehört, haben Sie keine Rendite!)

Es handelt sich bei den gesicherten Renditen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: So sicher sind die gar nicht!)

wenn Sie einmal den Strom- und Gasbereich als regulierte Bereiche nehmen, um gesicherte Renditen in einer Gesellschaft, die auch auf Dauer nicht mit null Energie auskommen wird. Und diese Frage haben Sie doch in Ihrer Drucksache selbst so beantwortet, dass Sie dieses Finanzierungsmodell als haushaltsneutral beschreiben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und wer zahlt die Investitionen?)

Das ist doch die auch von Ihnen selbst gebilligte Drucksache.

Meine Damen und Herren! Daran sieht man, dass die SPD mit der Argumentation um die zu hohen Preise Nebelkerzen wirft und Verunsicherung schaffen will, weil sie sich nämlich nicht durchringen wollte, zumindest für eine Mehrheitsbeteiligung bei den Energienetzen zu streiten.

Ich komme zu einem dritten Punkt, der für die Hamburger Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere für diejenigen, die in Mietwohnungen wohnen, sehr wichtig ist, und das ist die Frage der Fernwärme. Mit der dargestellten Energiewende legt der SPD-Scholz-Senat vor, die Fernwärme dauerhaft zu privatisieren. Alle, die Fernwärme beziehen – und das sind in Hamburg nicht wenige, das ist auch in Berlin ähnlich strukturiert –, werden damit auf Dauer einem Fernwärmemonopolisten ausgeliefert sein. Man kann dazu eine klare ordnungspolitische Haltung haben, wie die FDP sie hat. Diese ist erkennbar und klar, ich teile sie nicht, aber das ist eine klare Position.

(Finn-Ole Ritter FDP: Damit kann man um- gehen!)

Die SPD nimmt hier eine völlig widersprüchliche Haltung ein, denn – das muss man sich einmal vorstellen – die Abgeordneten der SPD und die Vertreter des SPD-Senats haben in der Anhörung infrage gestellt, ob die Fernwärme in Hamburg überhaupt ein Monopol ist. Bezogen auf den gesamten Wärmemarkt stimmt es, dass es nur

22 Prozent sind, aber von diesen 22 Prozent, die Fernwärme beziehen, sind 80 Prozent bei Vattenfall. Und Sie haben sich da aufgespielt und behauptet, das sei keine Monopolstellung im Fernwärmebereich in Hamburg. Daran sieht man, wie wenig Sie sich mit den Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Fernwärmebereich beschäftigt haben, und das ist schändlich.

(Beifall bei der GAL)

Ich möchte aber auch noch etwas zu dem Preis sagen, den wir bei der Fernwärme zahlen. Es gibt keinen Abschlag von der Ertragswertschätzung. Wir zahlen da die vollen 25 Prozent von der geschätzten Ertragswertkalkulation, die das Fernwärmenetz hat. Es ist in der Anhörung ein Geheimnis geblieben, warum Vattenfall nie eine Konzession gezahlt hat, obgleich das Unternehmen sehr hohe Erträge mit dem Fernwärmenetz macht, aber da haben wir noch Zeit, weiter nachzufragen.

Ich komme auf den Punkt Ertragswert aus folgendem Grund: Das Bundeskartellamt wird sich mit den Preisen für Fernwärme beschäftigen müssen; die Verbraucherzentrale hat dort eine Klage eingereicht. Zu der Frage, ob die Fernwärmepreise für die Bürgerinnen und Bürger überhöht sind – Klammer auf, die Fernwärmepreise haben mit dem Ertragswert zu tun, Klammer zu –, darüber wird vielleicht demnächst ein Urteil fallen, welches feststellt, dass die Fernwärmepreise gesenkt werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fraglich, dass es eine kluge Strategie für die Stadt war, diese Vereinbarung mit Vattenfall in dieser Eile, um nicht zu sagen Hetze, betrieben zu haben. Es wäre viel besser gewesen, die Erkenntnisse über die Zulässigkeit des Fernwärmepreises zu kennen, um dann auch einen möglicherweise viel besseren Preis zu erzielen. Auf die entsprechende Frage von mir in der Anhörung hat die Senatsseite bestätigen müssen, dass selbst im Falle eines deutlichen Absenkens des Fernwärmepreises der Senat keine Möglichkeit hat, innerhalb der nächsten sechs Jahre diese Preise nachzuverhandeln. Das auch einmal dazu, wenn Sie sich einbilden, Sie hätten so unglaublich gut verhandelt; Sie haben im Wesentlichen kaum verhandelt.

(Beifall bei der GAL)

Ich komme zu meinem letzten Thema, der direkten Demokratie.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut!)

Olaf Scholz hat hier davon gesprochen, er sei ein Freund der direkten Demokratie. Ich fand seine Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit am letzten Wochenende, die Initiative sei wohl hasenfüßig, ausgesprochen wenig freundschaftlich. Ich fand es respektlos gegenüber der Initiative und es war arrogant.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Ein Bürgermeister, der nicht hart um die Mehrheit bei den Energienetzen verhandelt und dann eine Initiative hasenfüßig nennt, der sollte einmal in den Spiegel schauen. Wir haben keine Lust in Hamburg, uns an diese dumme Arroganz zu gewöhnen.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Dafür ist mehr die GAL zu- ständig, für diese Arroganz!)

Deswegen bin ich natürlich auch sehr befremdet, dass die SPD-Fraktion, die bei der entsprechenden Verfassungsänderung zur direkten Demokratie selbst mitverhandelt hat, Herr Dr. Dressel, dass es eine Trichterwirkung, so nennt man das wohl, geben soll und solche Volksentscheide möglichst an öffentlichen und großen Wahltagen abgehalten werden sollen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gucken Sie mal ins Gesetz!)

heute einen Antrag beschließt, der das Gegenteil bezwecken soll. Sie wollen an dieser Stelle auf unzulässige Weise die Initiative in die Defensive bringen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen.

(Beifall bei der GAL)

Es gibt dafür nämlich auch noch mehr als einen sachlichen Grund.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und welche un- sachlichen Gründe gibt es?)

Herr Kerstan hat einen ausgeführt, wie lange es noch dauert mit den Ausschreibungen für die Konzessionsverträge, die zwingend sind. Sie haben uns noch nicht einmal die Zustimmungsdrucksache vorgelegt, sondern eine erste kurze Skizze einer Energiewende, und vor diesem Hintergrund fordern Sie die Initiative auf, nach 116 000 gesammelten Unterschriften ihre entsprechende Abstimmung vorzuziehen, bevor wir diese Drucksache zu Ende beraten haben. Auch das ist nicht überzeugend, sondern entlarvt sich als eine Angst vor dieser Abstimmung.

(Beifall bei der GAL)

Ich komme zum Schluss. Diese Art und Weise, in der Olaf Scholz hier von der Freundlichkeit gegenüber der direkten Demokratie gesprochen hat, empfinde ich als wenig ehrlich. In den Neunzigerjahren sind in Hamburg die Energienetze unter Führung der SPD verkauft worden. Eine jetzige SPD-Regierung hätte die Pflicht, die Chance zu nutzen, die wir jetzt – nicht in den nächsten 20 Jahren, sondern nur jetzt – haben,

(Dirk Kienscherf SPD: Dann bringen Sie mal das Geld mit!)

dieses mehrheitlich zurückzubringen. Sie haben in Ihrer Finanzierungskonzeption den Weg dazu selbst beschrieben. Meine Damen und Herren von

der SPD, Hamburg begibt sich bei dieser Energiewende nicht auf den Königsweg, sondern auf den Scholz-Weg, und das reimt sich leider auf Holzweg.

(Beifall bei der GAL)

Frau Hajduk, dumme Arroganz gehört nicht zum parlamentarischen Sprachgebrauch. – Herr Kluth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn der Bürgermeister dem Parlament die höfliche Referenz erweisen würde, an der Aussprache zu seiner eigenen Regierungserklärung teilzunehmen, dann würde ich ihm sagen: Herr Scholz, wir teilen Ihre Auffassung, dass die sichere Energieversorgung eine wichtige politische Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge ist. Herr Scholz, wir sind auch mit Ihnen der Meinung, dass dies insbesondere unter den Bedingungen des weltweiten Klimawandels und der Energiewende gilt. Aber, Herr Scholz, wir bestreiten, dass Sie mit Ihrem Konzept einer staatlichen Minderheitenbeteiligung an den Netzgesellschaften für Strom, Gas und Fernwärme hierzu einen wirkungsvollen Beitrag leisten, denn Ihr Konzept ist nicht klimafreundlich, es ist nicht zukunftsfähig und es ist insbesondere nicht am Gemeinwohl orientiert.

(Beifall bei der FDP)

Herr Scholz, Ihr Konzept täuscht die Bürger über die finanziellen Risiken für die Stadt.