Protocol of the Session on November 23, 2011

(Dr. Till Steffen)

von einem Umstieg vom Auto auf die Bahn ab. Das ist der zweite schwere Fehler.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiterer Bereich Ihrer negativen Entscheidungen – Herr Hesse hat es schon ausgeführt – sind die Nicht-Entscheidungen. Dieser Senat betreibt seit acht Monaten keinerlei aktive Verkehrspolitik. Das ist an fünf Punkten schnell aufgezeigt.

Erster Punkt: Der Senat weiß nicht einmal, wo in Hamburg Verkehrsstaus sind; ich erinnere an meine Anfrage, Drucksache 20/161. Meine Damen und Herren, wenn ich nicht einmal weiß, wo Verkehrsstaus sind,

(Andy Grote SPD: Dann müssen Sie Radio Hamburg hören!)

wie will ich dann etwas dagegen tun? Im Ausschuss wurde zudem gesagt, das interessiere auch gar nicht. Das ist schlimmes und schädliches Nichthandeln.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Punkt: Es gibt kein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden. Immerhin gibt es ein Gutachten zu dieser Frage, noch von Frau Hajduk in Auftrag gegeben.

(Dirk Kienscherf SPD: Mit vielen Lücken be- haftet!)

Ich bin der Letzte, der dieses Gutachten lobt, aber man achte auf die Ergebnisse.

Was ist dabei herausgekommen? Drei Erkenntnisse: Es ist sinnvoll, den ÖPNV zu stärken, es ist sinnvoll, eine Hafenquerspange zu haben, aber es ist unsinnig, die B 73 zurückzubauen. Da wären wir so nicht drauf gekommen, Frau Hajduk – oder? Es ist eine Selbstverständlichkeit herausgekommen, aber die Vorlage eines Gutachtens ist noch lange kein Verkehrskonzept. Der Hamburger Süden wartet immer noch dringend darauf, dass der Senat etwas tut. Er tut nichts.

Dritter Punkt: Es gibt kein Busbeschleunigungskonzept, nur Herr Buschhüter hat schon einmal entschieden, was zu tun ist. Er möchte einen Rückbau der Busbuchten. Wir haben das schon besprochen: Dümmer geht es gar nicht. Sie werden damit den Verkehrsraum verringern und weitere Staus produzieren. Lassen Sie davon ab, machen Sie ein vernünftiges Busbeschleunigungskonzept, das die Stadt dringend braucht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vierter Punkt: Es gibt keinerlei Radwegekonzept.

Fünfter Punkt: Es gibt erst recht kein Gesamtverkehrskonzept. Man kann noch nicht einmal davon ausgehen, dass es ein solches in dieser Legislaturperiode geben wird. Zu Beginn Ihrer Regierungs

zeit war im Verkehrsausschuss zu hören: vielleicht 2015. Der Senat weiß vielleicht in vier Jahren, was er in den darauffolgenden vier Jahren machen will? Wenn Sie so weiter machen, dann haben Sie keine vier weiteren Jahre mehr.

Fünfmal Nichthandeln des Senats; keine aktive Verkehrspolitik.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Lassen Sie den Kollegen mal Zeit zum Klat- schen!)

In der Behörde und im Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer gibt es Hunderte von Stellen – Hunderte von Beamten und Angestellten, die offenbar zu nichts kommen.

Ich fasse zusammen: Die Bürger stehen im Verkehrsstau. Der Senat tut nichts dagegen, er steckt selber im Bearbeitungsstau.

(Andy Grote SPD: Reisen bildet!)

Sie können sich vorstellen, dass wir so einem Murks kein Geld geben. Die FDP lehnt den Haushaltsplan Verkehr ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Sudmann.

Als erstes möchte ich feststellen, dass die SPD Mobilität immer noch falsch versteht. Gute Mobilität heißt nicht, liebe Genossinnen und Genossen und Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter, 15 Bauwagen quer durch die Stadt bewegen zu wollen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Gute Mobilität heißt nicht, dass ich Leute von Plätzen vertreibe.

(Dirk Kienscherf SPD: Frau Sudmann, das ist das falsche Thema!)

Gute Mobilität kann heißen, den Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte, Herrn Schreiber, dazu zu bewegen, den Bezirk zu verlassen. Das wäre sehr positiv.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Koeppen hat vorhin gesagt, die Redezeit sei so kostbar wie die Infrastruktur. Die Redebeiträge der SPD und die Vorträge des Senats haben genauso viele Schlaglöcher wie die Infrastruktur.

Eine der ersten Taten unseres Ersten Bürgermeisters war es zu verkünden, dass Hamburg keine Stadtbahn brauche. Das wäre vielleicht vertretbar, wenn Sie Vorstellungen davon hätten, wie eine Alternative aussehen könnte. Die haben Sie aber bis heute nicht geliefert. Ganz im Gegenteil: Sie halten weiterhin an den Großprojekten fest, sei es die Hafenquerspange, sei es die Verlegung der Wilhelms

(Dr. Wieland Schinnenburg)

burger Reichsstraße oder der Ausbau der A 26. Ihnen fällt wenig dazu ein, wie eine Verkehrspolitik einmal ganz anders aussehen kann.

Gestern sagte der Erste Bürgermeister, er wolle den besten Nahverkehr für Hamburg. Das einzige, was ich feststellen kann: Die SPD hat vielleicht den besten Sprachverkehr, aber mehr nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie Sie das Bussystem wirklich beschleunigen und ausbauen wollen, darauf bin ich sehr gespannt. Ich stelle auf alle Fälle fest: Die FDP hat es nicht verstanden. Der Rückbau von Busbuchten, lieber Herr Schinnenburg, ist eine gute Maßnahme, um den Busverkehr zu beschleunigen.

(Katja Suding FDP: Und was ist mit den Au- tos?)

Aber das geht über Ihren Horizont, das lassen wir jetzt so stehen.

Bei der Bahn hat Herr Hesse bemängelt, dass sich die SPD mit der U4 schmücke. Ich finde das peinlich; niemand kann sich mit der U4 schmücken. Das ist ein Milliardengrab gewesen, das von Anfang an völlig falsch angelegt war.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Wer dafür den Ruhm haben will, soll ihn gerne bekommen.

Beim Fahrrad hat einer – ich glaube, es war auch Herr Hesse – dem Senat vorgeworfen, er nehme den Radverkehr nur in den Mund. Es wäre wichtig, dass Sie sich alle endlich einmal aufs Fahrrad setzen, dann würden Sie auch eine viel bessere Fahrradverkehrspolitik machen.

(Dirk Kienscherf SPD: Richtig, Frau Sud- mann, genau so!)

Herr Kienscherf, Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Guter Hinweis!)

Genau. Dann wüssten Sie auch, was uns fehlt in Hamburg. Und zu Fuß gehen würde sicherlich auch nicht schaden.

Zum Thema soziale Verkehrspolitik. Wir als LINKE lehnen die Fahrpreiserhöhung im HVV ab. Ich war eben etwas erstaunt, dass die FDP sie auch ablehnt, aber ich glaube, aus ganz anderen Gründen als wir. Wir lehnen es ab, dass Menschen, die sowieso viel zu wenig Geld haben, auch noch die ständig steigenden Preise des HVV zahlen müssen. Herr Bürgermeister, Herr Horch, Ihr Senat hat die Chance, aus dieser unseligen jährlichen Fahrpreiserhöhung auszusteigen. Diese Chance sollten Sie nutzen und nicht wie die Vorgängersenate den Leuten jedes Jahr mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

(Andy Grote SPD: Das sollte ganz umsonst sein!)

Zur sozialen Verkehrspolitik zählt auch – das hat die SPD immerhin noch beantragt –, diejenigen Stadtteile im Blick zu behalten, die sozial benachteiligt und vom Verkehr abgehängt sind. Der Busverkehr ist für Steilshoop immer noch schlecht, er ist es für Kirchdorf Süd, den Osdorfer Born und viele andere Stadtteile, ich kann sie gar nicht alle aufzählen. Da muss wesentlich mehr passieren. Dazu klatscht auch die SPD, hoffe ich doch.