Protocol of the Session on November 10, 2011

für die Kosten des aktiven Personals und für die übrigen Sach- und Fachausgaben.

Herr Heintze, wenn Sie auf die Zinszahlungen verweisen, kann ich Ihnen nur sagen, dass wir damit rechnen müssen, dass die Zinssätze in den nächsten Jahren wieder ansteigen. Nach unten geht es gar nicht mehr, und deswegen müssen wir für unsere Finanzplanung auch diese Ausgaben für die Zinsbelastungen zugrunde legen.

Dann können wir immer wieder einen Satz sagen, der keine Überraschung ist und denen wir Ihnen immer wieder gesagt haben. Nach all dem, was wir wissen über unser strukturelles Defizit, nach all dem, was wir jetzt schon annehmen müssen über die künftigen Jahre, ist es unrealistisch zu sagen, wir könnten die Schuldenbremse des Grundgesetzes vorziehen. Um Ihnen das in der Finanzplanung noch einmal vor Augen zu führen, haben wir Ihnen eine Planung gezeigt, die für die Defizite, die uns bevorstehen, nicht die aktuell sprudelnden Steuereinnahmen zugrunde legt, sondern den mittleren Trend der Einnahmen, den wir all unseren Ausgabenplanungen zugrunde legen müssen. Dort ergibt sich eine sehr viel unfreundlichere Kurve, dort sehen wir nämlich, dass das strukturelle Defizit nicht so schnell verschwindet, wie wir es aus den aktuellen Steuermehreinnahmen heraus projizieren müssen.

Deshalb nützt es alles nichts, wir müssen Ihnen sagen, dass wir mit der Finanzplanung die Absicht verbinden, den vom Vorgängersenat geschaffenen sogenannten Konjunkturstabilisierungsfonds wieder aufzulösen.

(Dietrich Wersich CDU: Ja, das war ein großer Fehler!)

Dieser Fonds hat mit Vermögen, Herr Wersich, nichts zu tun, er ist eine Durchlaufstation für die seit 2009 aufgelaufene Neuverschuldung. Und die Schuldenaufnahme erscheint im Haushalt dann als Entnahme aus Rücklagen, Herr Wersich. Mit diesem freundlichen Namen ist für die Finanzen der Stadt aber nichts gewonnen. Was im Sondervermögen gemacht wird, ist eine Verschuldung, und sie muss künftig auch wieder in den Haushaltsunterlagen so ausgewiesen werden.

(Beifall bei der SPD)

Nichts gewonnen ist darüber hinaus mit der vom alten Senat erklärten Verpflichtung, ab 2015 jährlich sogar 100 Millionen Euro Schulden wieder zu tilgen.

Eine Zwischenfrage ist hier gewünscht?

(Glocke)

Danke schön, Herr Senator. – Herr Wersich.

Herr Tschentscher, dieser Konjunkturstabilisierungsfonds ist eingerichtet worden nach dem Muster, wie er zukünftig in der Schuldenbremse gilt, dass nämlich Verschuldung aufgenommen werden kann, wenn es konjunkturell schlechte Jahre gibt, allerdings verbunden mit der Verpflichtung, sie in besseren Jahren wieder zu tilgen. Genau das macht jetzt der Konjunkturstabilisierungsfonds, also das, was ab 2020 dann generell gilt.

Wie stellen Sie sich in der Zukunft die Konstellationen vor, wenn Sie dieses Instrument, das jetzt gewählt wurde, für unseriös halten?

Das Instrument, das jetzt gewählt wurde, ist nichts anderes als ein Gesetz, das materiell nichts bedeutet. Wir haben hier einen verwirrenden Begriff in die Welt gesetzt, nämlich den der Entnahme aus Rücklagen, aber in Wahrheit geht es hier um eine dreistellige Millionen-Kreditaufnahme, die ab 2015, so ist es verkündet worden, mit 100 Millionen Euro jährlich zurückgezahlt werden sollte, getilgt werden sollte, und zwar unabhängig von der Konjunktur, selbst im Abschwung und bei einbrechenden Steuereinnahmen. Mit solchen Ansagen, Herr Wersich, drucken Sie aber kein Geld.

(Katja Suding FDP: Sie müssen einsparen im Haushalt!)

Diese Vorgabe war vom ersten Moment an, als sie beschlossen wurde, völlig unrealistisch, weil wir wissen, wie sich das strukturelle Defizit in den nächsten Jahren entwickeln wird. Was Sie tun, ist, dass Sie mit Gesetzen den Eindruck erwecken, als hätten Sie das Problem der Neuverschuldung schon gelöst. Und das ist eine Täuschung, sowohl in den Haushaltsunterlagen wie auch in der Finanzplanung, die der Vorgängersenat Jahr für Jahr aufgeschrieben hat.

(Beifall bei der SPD)

Was wir dem entgegensetzen, Herr Wersich – das war Ihre Frage –, ist kein neues Gesetz, das nicht realistisch ist, sondern eine konsequente Ausgabendisziplin, die wir ab jetzt Jahr für Jahr,

(Finn-Ole Ritter FDP: Das sieht man aber nicht!)

Tag für Tag durchhalten wollen.

Die jetzt vorgelegte Finanzplanung bildet die Steuerschätzung vom Mai 2011 ab. Das ist ein Problem und das habe ich im Haushaltsausschuss auch gesagt. Wenn Sie jetzt eine Finanzplanung verlangen, müssen wir die Mai-Steuerschätzung abbilden. Sie beruht auf Vorgaben der Bundesregierung, die einen mehrjährigen, stabilen konjunkturellen Aufschwung unterstellt. Die geschätzten Steuereinnahmen steigen danach bis 2015 kräftig an. Ich habe bereits im Ausschuss gesagt, dass

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

sich diese Einnahmeprognose für die kommenden Jahre bereits mit der November-Steuerschätzung vermutlich ändern wird.

Steuermehreinnahmen in den kommenden Jahren von 500 Millionen Euro, wie sie von Teilen der Opposition bereits verkündet werden, sind nicht in Sicht. Falschmeldungen dieser Art verwirren die haushaltspolitische Diskussion, genauso wie die Behauptung zur Jahresmitte, dass Hamburg gar kein Defizit habe, sondern sogar einen Überschuss im Gesamthaushalt. Wenige Monate später sagt dieselbe Fraktion, das Defizit sei in diesem Jahr sogar noch höher als im schwarz-grünen Rekordschuldenjahr 2010. Erst heißt es gar kein Defizit und wenige Monate später soll es ein höheres Defizit als im Rekordschuldenjahr 2010 sein.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist Ihre Pla- nung!)

Das sind alles falsche Behauptungen, um nach schlechten Jahren der Finanzpolitik von einer schlimmen Haushaltslage abzulenken. Ich kann Ihnen nur sagen, sie besteht so, wie wir es alle gemeinsam vom Rechnungshof vorgelegt bekommen. Wir haben ein schweres strukturelles Defizit, wir haben einen Rekordschuldenstand, einen massiven Sanierungsstau und stehen schlechter da als viele andere Bundesländer.

(Dietrich Wersich CDU: Und Sie geben das Geld mit vollen Händen aus!)

Das ist die Bilanz, mit der wir jetzt zu kämpfen haben. Damit müssen wir fertig werden und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten.

Wir haben mit der Arbeit begonnen. Jede Unterstützung und jeder konkrete Sparvorschlag ist willkommen. Wenn eine Fraktion in diesem Parlament findet, dass man die Schuldenbremse vorziehen soll, dann muss man sich die Konsequenzen für den Haushaltsplan 2011/2012 und 2013/2014 vor Augen führen und sie hier vortragen. Deswegen freue ich mich auf die Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2011/2012 und ich freue mich auch auf die Haushaltsberatungen im Doppelhaushalt 2013/2014, den wir schon im nächsten Jahr besprechen werden, wie die Fraktionen, die glauben, dass wir schon ab 2013 oder 2015 zu einer Schuldenbremse in Hamburg kommen können, dies in ihren Anträgen im Parlament in den Haushaltsplänen abbilden wollen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist willkommen. Verwirrung und Ablenkung brauchen wir nicht. Steuersenkungen, die mit neuen Schulden der Länder bezahlt werden – Herr Bischoff hat darauf hingewiesen –, sind verantwortungslos. Das dürfen Sie Ihren Freunden in Berlin gern weitersagen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Heintze, Sie haben das Wort.

Das kann man nicht so im Raum stehen lassen, Herr Dr. Tschentscher. Ich habe eine Bitte: Gleichen Sie einmal Ihre Wahrnehmungsdefizite bezüglich dessen, was Sie dem Bund an Haushaltszahlen für Hamburg melden, mit dem, was an Reporting aus dem Bund kommt und mit dem, was Sie hier verkünden, ab. Dass Sie ständig die Zahlen, die Sie selbst melden, negieren, und dass Sie ständig der Meinung sind, dass das, was in Berlin im Bundesfinanzministerium errechnet werde, alles ein bisschen komisch sei, ist kein Zustand mehr.

(Beifall bei Dietrich Wersich CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Wir müssen ein vernünftiges Reporting bekommen, denn das Hin und Her, das Sie veranstalten, indem Sie sagen, wir haben zwar einen Arbeitskreis Steuerschätzungen, der spricht von 4 Milliarden Euro Mehreinnahmen, für Hamburg jedoch wären das alles keine Mehreinnahmen, finde ich allmählich etwas anstrengend. Ich möchte Sie darum bitten, sich einmal auf eine einheitliche Sprachregelung zu verständigen.

(Beifall bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Wenn Sie schon dabei sind, sich mit den Unterlagen aus dem Bundesfinanzministerium zu beschäftigen, dann empfehle ich Ihnen den aktuellen Bericht der Bundesbank. Dort steht nämlich etwas zum Thema strukturelles Defizit der Bundesländer, weil sich die Bundesbank mit Blick auf die Fragestellung Schuldenbremse genau mit diesem beschäftigt hat. Dort lesen wir, dass Hamburg auf Platz 3 im positiven Sinne unter den neuen Bundesländern – neue und alte Bundesländer sind aufgrund der Transferleistungen nicht ganz vergleichbar – vermutlich ein strukturelles Haushaltsdefizit von etwa 600 Millionen Euro habe. Ich würde Sie darum bitten, an dieser Stelle Zahlen, die Fachleute errechnen, mit denen sich Experten beschäftigt haben, nicht ständig zu negieren, sondern sie einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen und Ihre Planungen darauf aufzubauen.

(Beifall bei der CDU)

Bei einem weiteren Punkt bin ich ein wenig ratlos. Sie sprachen von ambitionslos und widersprüchlich. Widersprüchlich schien mir jedoch gerade die Rede des Finanzsenators und das, was Herr Quast vorher ausgeführt hatte. Vielleicht kann Herr Quast das aber noch einmal aufklären. Ich habe Herrn Quasts letzten Satz so verstanden, dass Mehreinnahmen, die jetzt kommen – wir werden nächste Woche auch Ihre Sicht dazu hören, was der Schätzerkreis für die Steuern gesagt hat –, dafür eingesetzt werden, die Neuverschuldung zu re

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

duzieren. Herr Senator, das fand ich bei Herrn Quast angenehm klar. Das fehlte mir bei Ihnen völlig und da hat sich dieser Eindruck, dass hier eine widersprüchliche Finanzpolitik veranstaltet wird, eben noch mehr verfestigt.

(Beifall bei der CDU)

Ein letztes Wort passt vielleicht ganz gut zu dem, was Herr Quast dargestellt hat. Er sagte, wenn alles besser wird, dann lassen Sie uns doch gemeinsam darüber freuen. Herr Quast, das ist das, was ich mit ambitionslos meine. Wenn sich eine Opposition freut, ist das das eine, aber Aufgabe der Regierung ist es, zu gestalten. Und wenn sie das nicht tut, ist es verdammt noch mal ambitionslos.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe heute keine weiteren Fragen an den Finanzsenator. Wir haben auch in zwei Wochen Gelegenheit, noch einmal über den gesamten Haushalt in aller Ausführlichkeit zu beraten. Aber ich habe im Verlauf dieser Debatte eine Bemerkung zu dem Kollegen von der Links-Fraktion, Herrn Dr. Bischoff.

Wir können sicherlich unterschiedliche Ansätze dazu verfolgen, das ist normal, für wie sinnvoll wir die Schuldenbremse halten und dass wir auch unterschiedliche Strategien haben, wie man mit Haushaltskrisen am geschicktesten umgeht. Aber dass Sie sich gar nicht dazu äußern, wie man denn mit dem Abbau der Verschuldung beispielsweise in Hamburg umgehen soll, das kann man als haushaltspolitische Strategie einer Fraktion nicht einfach durchgehen lassen.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Sie haben an keiner Stelle gesagt, wie Sie mit dem Schuldenthema umgehen wollen, es sei denn, Sie wollten uns sagen, dass die Schulden weiter wachsen werden, dass das auch DIE LINKE wolle und Ihnen etwas anderes nicht einfalle. Sie haben eine Menge Applaus von der SPD-Fraktion dafür bekommen, was mich sehr wundert,

(Dietrich Wersich CDU: Das passt aber!)