Protocol of the Session on November 9, 2011

Ich will das nicht nur politisch begründen, sondern auch inhaltlich aufgreifen. Da ist Ihr Antrag, Herr Wersich, sehr verräterisch, weil Sie dann fast anklagend sagen: Wir wollen aus den Museen Geschichtswerkstätten und Stadtkulturzentren machen. Fast hätten Sie das Wort "degradieren" dort hineinschreiben müssen, dann wäre das, was offenbar dahintersteht, besser zum Ausdruck gekommen.

(Dietrich Wersich CDU: Jeder steht für sich!)

Das gilt vor allem für Harburg und Bergedorf. Wir finden, dass Stadtteilkulturzentren und Geschichtswerkstätten ganz elementare Bausteine der Kulturlandschaft in dieser Stadt sind.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der kulturelle Humus. Es ist gerade in diesen beiden Häusern in Harburg und Bergedorf

ganz wichtig – wir haben mit vielen Akteuren dort gesprochen –, dass diese Stadtteilinteraktion vernünftig stattfindet. Das ist bisher nicht überall der Fall, vor allem nicht unter dem Dach dieser Stiftung. Dazu können auch Elemente von Stadtteilkultur und Geschichtswerkstätten kommen, das heißt, man bezieht die Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit ein, die dort passiert. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Deswegen sagen wir, das sollen Häuser sein, die auch Stadtteilaufgaben mit erfüllen, die die Kultur des Stadtteils, die Geschichte der Stadtteile mit aufgreifen. Auch das ist unsere Vorstellung von solchen Häusern und deshalb bringen wir diesen Antrag heute auf den Weg.

(Beifall bei der SPD)

Der Prozess ist ausdrücklich offen gestaltet, auch wenn wir heute erst einmal einen Startschuss geben wollen; das hat die Senatorin eben ausgeführt. Natürlich ist das ein Prüfprozess. Der Kulturausschuss hat schon beraten, heute wird der Antrag beschlossen, der mit einer Berichtsfrist an den Senat geht, und dann gibt es eine Drucksache. Natürlich soll diese breit im Kulturausschuss diskutiert werden. Da können Sie Ihre Änderungspunkte mit auf den Weg bringen. Aber ich glaube, dass es auch okay ist, wenn die Regierungsfraktionen Maßgaben in einen solchen Prozess mit hineingeben. Das ist eine ganz normale demokratische Selbstverständlichkeit. Dass zwei Ex-Senatoren meinen, uns das absprechen zu dürfen, finde ich ein bisschen aberwitzig. Auch das muss noch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der SPD)

Zu guter Letzt vielen Dank für das Lob an die Adresse unserer Kultursenatorin. Diesem Lob schließen wir uns ausdrücklich an.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind stolz, dass es gelungen ist, Barbara Kisseler für diese wichtige Aufgabe nach Hamburg zu holen und dass wir mit ihr zusammen die Kulturpolitik gestalten können. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Gladiator, Sie haben das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da sind wir ge- spannt! Oder sollen wir eine namentliche Abstimmung beantragen?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn Herr Dressel das wünscht, dann soll er die Antwort gerne bekommen. Sie haben den Antrag der Bezirksfraktion zu Recht angesprochen. Er ist im Mai dieses Jahres dort beschlossen worden, zu einem Zeitpunkt, als das Gutachten nicht vorlag

(Dr. Andreas Dressel)

(Jan Quast SPD: Sie wussten nicht, was Sie tun!)

hören Sie erst bis zum Ende zu –, als eine sehr große Unsicherheit vor Ort herrschte, wie die Bergedorfer Museen gestärkt werden können. Herr Hackbusch hat es angesprochen, es geht in der Tat darum, diese Museen vor Ort mit mehr Eigenständigkeit auszustatten und ihnen mehr Kompetenzen zu geben. Darüber herrscht, glaube ich, in diesem Haus Konsens, auch in der Bezirksversammlung. Das Gutachten wurde vorgelegt und die Bezirksversammlung, zumindest die CDUFraktion vor Ort, hat sich dieses auch sehr genau angeschaut. Sie hat die einzelnen Vorschläge geprüft, im Kulturausschuss mit der Stiftung und Frau Baumann diskutiert,

(Dr. Christel Oldenburg SPD: Sie haben sich noch nicht mal zu Wort gemeldet! Das ist unglaublich!)

hat die Gespräche mit allen Beteiligten gesucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass wir gemeinsam schauen sollten, auf welchem Wege wir eine Stärkung erreichen können – eben nicht mit einer politischen Vorfestlegung, wie Sie sie vorschlagen, sondern indem man gemeinsam mit den Experten schaut, wie wir dieses Ziel am besten erreichen können. Es kann am Ende sein, dass eine Übertragung der beste Weg ist. Ich will gar nicht sagen, dass das nicht richtig sein könnte. Aber Sie verzichten mit Ihrem Antrag auf genau diese offene Prüfung unter fachlichen Aspekten. Diesen Weg halten wir für falsch und nicht nur die CDUFraktion in der Bürgerschaft, sondern auch die CDU-Bezirksfraktion. Da sind wir uns mit allen beteiligten Museen vor Ort einig.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben gesagt, Sie haben den Antrag gelesen. Ich hoffe, Sie haben ihn auch verstanden, denn was Sie wiedergegeben haben, lässt mich das nicht glauben. Dieser Antrag im Mai hat ganz konkrete Vorgaben gemacht. Es wird dort nicht gesagt, wir wollen die Museen einfach haben, sondern es werden klare Bedingungen gestellt. Es wird von einem eigenen Etat und einer personellen und finanziellen Ausstattung auf jetzigem Niveau gesprochen; es wird gesagt, dass alle Dienstleistungen, die bisher genutzt werden können, weiter genutzt werden können sollen. Das waren die Bedingungen, die zu dem Zeitpunkt gesagt worden sind. In Ihrem Antrag findet sich kein Wort zur Zukunft der Bergedorfer Museen, weder inhaltlicher noch organisatorischer Natur.

(Jan Quast SPD: Sie müssen sich jetzt nicht entschuldigen!)

Sie sagen nicht, ob es ein historisches Museum bleiben soll, das auch wissenschaftlich arbeitet, Sie sagen nichts zur personellen Ausstattung, Sie verstecken sich hinter der Kulturbehörde und ma

chen keine Vorgaben. Das weicht deutlich von dem Antrag ab.

(Beifall bei der CDU, der GAL und bei Nor- bert Hackbusch DIE LINKE)

Wenn ein Landesparlament über die Zerschlagung einer Stiftung spricht – Herr Dr. Dressel sprach eben von Maßnahmen und Vorgaben, die gemacht worden sind, und war ganz stolz, dass die Regierungsfraktion das nicht der Behörde überlässt –, dann wäre es auch notwendig gewesen, etwas zur finanziellen Ausstattung der Museen zu sagen, denn so entsteht eine Verunsicherung vor Ort und die ist nicht klein.

Die Befürchtung, dass, wenn man Ihrem Antrag folgt, die Museen am Ende mit weniger Mitteln auskommen müssen und einem Sparkonzert zum Opfer fallen, haben Sie heute nicht entkräften können. Das ist übrigens keine Position, die die CDU mit den anderen Fraktionen allein vertritt. Sprechen Sie doch bitte mit den Vertretern beider Museen. Genau diesen Ansatz, den wir vorgeschlagen haben und der zum Glück fraktionsübergreifend

(Dr. Andreas Dressel SPD: Haben Sie denn mit Herrn Weiß auch schon mal gespro- chen?)

in ungewöhnlichen Koalitionen zwischen CDU, GAL, FDP und LINKE Zustimmung findet, teilen alle Beteiligten vor Ort, sowohl die Freundeskreise als auch die Museumsleitungen. Wenn Sie uns schon nicht glauben, dann glauben Sie doch bitte den Fachleuten. Vielleicht kann Sie das dazu bringen, noch einmal Ihr Vorgehen zu überdenken.

(Beifall bei der CDU)

Eines will und kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie zitieren den Antrag von Mai dieses Jahres der Bezirksversammlung und fragen sich, wie es sein kann, dass in kürzester Zeit ein Wandel eingetreten ist. Ich habe Ihnen das erklärt. Das Gutachten ist bei uns geprüft worden, wir haben es uns genau angeschaut und sind jetzt zu dem Ergebnis gekommen,

(Andy Grote SPD: Dass Sie noch Jahre wei- ter prüfen!)

dass man ergebnisoffen prüfen soll. Das kann schnell gehen, das muss gar nicht lange dauern. Wenn Sie das kritisieren, dann würde ich gern von der Kultursenatorin wissen, wie sie zwischen Juli dieses Jahres und heute ihre Position so komplett verändern konnte. Im Juli ist als Antwort auf unseren Antrag von der Kulturbehörde mitgeteilt worden – was Herr Wersich zitierte –, dass ein transparenter Prozess gestartet werden soll, in dem über alle denkbaren Möglichkeiten diskutiert werden soll. Das ist verworfen, das passiert nicht mehr. Zum anderen kam die Kulturbehörde zu der klaren Aussage, dass eine Übertragung des Museums für

Bergedorf und die Vierlande in eine andere Trägerschaft ausgeschlossen werden kann. Die Kultursenatorin war der festen Überzeugung, dass die Museen nicht übertragen werden und wollte einen transparenten Prozess, um Weiteres zu erörtern. Heute, wenige Monate später, ist die Senatorin von der SPD-Fraktion zurückgepfiffen worden, darf hier noch eine Rede ablesen und von ihrer Überzeugung nichts mehr wissen.

(Beifall bei der CDU und bei Anja Hajduk GAL und Christiane Schneider DIE LINKE)

Wenn Sie schon den Antrag ansprechen, gehört das zur Wahrheit dazu und es hätte mich sehr interessiert, Frau Senatorin Kisseler, was bei Ihnen dazu geführt hat, Ihre Meinung um 180 Grad zu drehen, warum Sie jetzt anders darüber denken. Leider haben Sie dazu nichts gesagt, vielleicht weil Sie dann Ihrer eigenen Überzeugung hätten widersprechen müssen.

Herr Dr. Dressel, Sie wollten wissen, wie ich heute abstimme. Ich werde unserem Antrag zustimmen. Ich hoffe, dass Sie zumindest die Größe haben, sich der fachlichen Diskussion im Ausschuss zu stellen. Lassen Sie uns gemeinsam darüber sprechen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Machen wir spä- ter!)

welcher Weg der Beste ist. Wenn Sie heute mit Ihrer Mehrheit Ihren Antrag wider die fachlichen Argumente durchdrücken, werde ich diesen ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei Anja Hajduk GAL, Norbert Hackbusch und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Frau Goetsch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dressel, es ist nicht so einfach, von der Hölle ins Fegefeuer zu kommen,

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

wenn man nur über Verfahren und Technik spricht und sich nicht an das Bürgermeisterwort hält, dass man nicht nach hinten gucken sollte, sondern nach vorn, wie wir heute in der Aktuellen Stunde gehört haben. Ich möchte auf den unqualifizierten Kommentar von Ihnen zur "Süddeutschen Zeitung" kommen und dann das "Hamburger Abendblatt" zitieren. Es ist schlimm genug, dass wir unter Ihrer Regierung wieder überregional kulturpolitisch in den Schlagzeilen sind. Herr Dressel, Sie sagten, die "Süddeutsche Zeitung" hätte sich nicht in die Hamburger Kulturpolitik einzumischen, weil sie davon keine Ahnung habe.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nee, aber der Begriff Süderelbe/Harburg ist ein bisschen schwierig!)

Ich darf einen Kommentar mit der Überschrift "Bundesliga oder Kreisklasse " aus dem "Hamburger Abendblatt" vom 21. Oktober zitieren. Der Autor schreibt:

"Bleibt die Frage, was die Stadt von ihren historischen Museen erwartet: Bundesliga oder Kreisklasse? […] Schon jetzt blickt man aus Berlin, Frankfurt oder Dresden sprachlos auf das Hamburger Trauerspiel."

Und das ist Ihre Verantwortung.