Protocol of the Session on September 28, 2011

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Niemand – und da kenne ich mich aus – neigt dazu, diese Gewalt kleinzureden und das Moment des Schutzes der Öffentlichkeit zu ignorieren. Das ist überhaupt nicht unser Problem und es geht auch nicht darum, irgendwelchen Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit des Zeltens oder des Übernachtens im Grünen zu ermöglichen, wie Herr Schreiber sagt. Unser Problem ist die Verfestigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Das war auch, Frau Bekeris, in Hamburg-Mitte im Beschluss.

Man hat damals, da stimme ich Ihnen zu, Herr Wersich, diesen Unfug in Höhe von 100 000 Euro und dann einer Summe obendrauf gemacht mit der Zielsetzung, dass sich die Situation der Obdachlosigkeit an diesem Ort nicht verfestigt, hat das aber ausdrücklich gekoppelt an die Auflage – ich hätte anstelle der GAL so nicht gehandelt, meine Partei hat auch energisch dagegen gesprochen –, dass die Sozialbehörde aufgefordert wird, gemeinsam mit den Obdachloseneinrichtungen dafür Sorge zu tragen, dass die Betroffenen auf Alternativangebote eingehen. Damals haben wir schon gesagt – und dazu stehe ich noch, Herr Wersich –, dass das eine Tür öffnet und wir nicht kontrollieren können, ob diese Aufforderung, die Sozialbehörde solle sich des Problems annehmen, auch wirklich umgesetzt wird. Der entscheidende Punkt ist – und so ist es auch gekommen –, dass jetzt Herr Osterburg zu Recht sagt, dann habe man das gemacht, die Bürgerinnen und Bürger seien nach Jenfeld ausgelagert, also vertrieben worden, und dann seien wieder Leute gekommen und man hätte erneut mit der Straßensozialarbeit etwas dagegen unternehmen müssen. Das ist nicht passiert.

An der Stelle finde ich eines wirklich ganz problematisch, Herr Scheele: Wissen Sie eigentlich, warum Hinz&Kunzt jetzt sagt, sie würden beim Moderationsverfahren nicht mitmachen? Wir hatten im Januar im Pik As eine volle Belegung und wir sind im Juni dieses Jahres auf 260 Nachsuchende gekommen. Dann hat die Sozialbehörde, oder wer

immer den Kopf dafür herhält, gesagt, nach drei Nächten sei für alle Bürgerinnen und Bürger Schluss, die nicht sozialrechtlich eingebunden sind. Das hat das Problem verschärft, das ist der Hintergrund. Das wird niemand von uns der SPD oder der Sozialbehörde anhängen, aber das ist der Hintergrund, um den es geht. Jetzt muss man in der Tat etwas dagegen machen und der Zaun als Alternative ist doch kompletter Blödsinn. Es ist doch Vernichtung pur, was da gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Ich kann nicht so lange auf alle Argumente eingehen, ich habe mich jetzt nur geärgert über seine Attitüde. Das Problem ist zum Beispiel die Spaldingstraße. Ich bin für dieses Programm insgesamt, Herr Grote, und ich würde auch dieses Angebot, wenn es ernst gemeint wäre, mit diskutieren. Das Problem ist, dass die Fragen der Initiativen im Stadtteilbeirat nach einer Nutung des Gebäudes – über zehn, 15 Jahre gab es dort einen Büroleerstand – immer wieder abgeschmettert wurden. Und dann war am 3. oder 5. Stadtteilbeiratsitzung, wo gefragt wurde, was jetzt mit diesem Gebäude passiere und ob es einen neuen Stand gebe, und da kam nichts. Am nächsten Tag konnte man der Presse entnehmen, dass das Gebäude jetzt für diesen Ausbau genutzt wird. Das ist an sich in Ordnung, aber man muss mit den Leuten reden, Herr Grote, und das machen Sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat nun Herr Dr. Kluth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben ein politisches Problem in der Stadt und das heißt Zaun. Es heißt meines Erachtens auch Markus Schreiber, aber das will ich jetzt hier nicht vertiefen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Was uns der Senator und die Mehrheitsfraktion hierzu bieten, ist keine politische Antwort oder politische Lösung, sondern sie bieten uns ein Verfahren an. Was ist das für ein Verfahren? Das Verfahren heißt Mediation und, das weiß ich aus meiner beruflichen Praxis, eine Mediation hat, damit sie ein Erfolg wird, zwei Voraussetzungen: Die erste Voraussetzung ist, dass die Mediation vertraulich geführt werden muss.

(Andy Grote SPD: Es sprach doch keiner von Mediation, sondern von Moderation!)

Das ist bei politischen Mediationen ohnehin schon ein sehr mutiges Unterfangen. Aber der zweite, viel wichtigere Punkt ist, dass eine Mediation ergebnisoffen geführt werden muss. Das heißt also, wenn

(Dr. Joachim Bischoff)

der Senator und die SPD-Mehrheitsfraktion hier keine politische Lösung anbieten, sondern nur ein Verfahren und dieses Verfahren beinhaltet eine Ergebnisoffenheit, dann kann am Ende dieses Verfahrens auch herauskommen, dass es bei dem Zaun bleiben soll. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich herausgearbeitet haben. – Danke.

(Beifall bei der FDP)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zuerst ganz kurz zur FDP: Herr Dr. Kluth, im Nachgang vielleicht auch zu der Rede, die Frau Kaesbach hier gehalten hat, will ich noch einmal deutlich sagen, wenn uns der Eindruck vermittelt werden sollte, dass ein Zaun in St. Pauli das Symbol für ein neues sozialliberales Verständnis ab 2011 werden könnte, dann hat das, was sozialliberal ist, nichts mehr damit zu tun, was es vor 40 Jahren gewesen ist.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN – Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

Was ich aber in erster Linie sagen möchte, ist Folgendes: Unabhängig von meiner Eingangsbemerkung, Herr Bläsing, will es sich niemand leicht machen oder hat es sich leicht gemacht in dieser Debatte. Auch wir in der GAL-Fraktion erinnern uns daran, Herr Dr. Dressel, dass es in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte in der Tat einen Beschluss gegeben hat, wie wir mit dem Thema umgehen. Damals war die Verlegung dieser Steine und Pflasterungen damit verbunden, ein Platzangebot und ein Versorgungsangebot an die damals Betroffenen zu machen.

(Andy Grote SPD: Aber es ist immer weiter- gegangen!)

Ich will damit gar nicht sagen, dass das erfolgreich war, weil es offenkundig nicht erfolgreich gewesen ist. Wir haben das nicht vergessen.

Was wir hier heute feststellen, ist aber, dass es einen Alleingang eines Hamburger Bezirksamtsleiters gegeben hat, ohne dass es eine Beschlusslage im Bezirk gibt, hier einen Zaun zu errichten. Das hat eine große öffentliche Empörung, mindestens aber Aufmerksamkeit hervorgerufen und dazu möchte ich Folgendes sagen, Herr Scheele. Ich finde es nicht akzeptabel, dass Sie sich in Ihrem Beitrag den Applaus abholen bei dem Satz, dass mit diesem Zaun ein Licht auf die Stadt Hamburg fällt, das sie nicht verdient, Sie danach aber nicht klarstellen, dass der Senat unverzüglich dafür sorgen wird, dass dieser Zaun entfernt wird.

(Beifall bei der GAL, der CDU und der LIN- KEN)

Ich würde das noch etwas anders beschreiben, Herr Dr. Kluth: Wir haben den Zaun und das ist ein Problem. Sie haben dann gesagt, wir hätten ein Problem und das hieße Markus Schreiber. Ich möchte sagen, wir haben ein Problem in dieser Stadt und das heißt SPD.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es kann nicht sein, dass der Senat zugibt, dass ein schlechtes Licht auf die Stadt fällt, und sich dann nicht verantwortlich sieht, einen ihm unterstellten Bezirksamtsleiter entsprechend in die Schranken zu weisen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das ist ein Armutszeugnis für diese Senatsbank und das ist ein Armutszeugnis für Sie, Herr Scholz, es sei denn, Sie finden, dass dieser Zaun nicht stört, dass er erst einmal stehen bleiben kann und dass das dann in die Hand des sicherlich begabten Herrn Strenge verlegt wird. Sie nehmen Ihre Verantwortung nicht wahr, das ist in dieser Aktuellen Stunde leider herausgekommen.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Finn-Ole Ritter FDP: Sie sprechen von Verantwor- tung!)

Nun bekommt das Wort Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Beitrag von Frau Hajduk und auch der von Herrn Wersich waren durchgehend der Versuch, dieses ernste Thema rein parteipolitisch zu instrumentalisieren, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD)

Sowohl unsere sozialpolitische Sprecherin als auch der Sozialsenator und Herr Lohmann haben ausgeführt, was in dieser Stadt im Bereich Obdachlosigkeit alles politisch unternommen wird, und das ist auch Teil dieser Debatte. Das ist auch durch Ihre Debattenanmeldung genauso mit angelegt. Sie unternehmen die ganze Zeit den Versuch, bei einem bezirkspolitischen Problem, das wir haben und das überhaupt nicht in Abrede gestellt wird, zu sagen,

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Stellen Sie die Regierung oder nicht? – Dietrich Wersich CDU: Kommt der Zaun jetzt weg? – Zurufe von der GAL)

das heften wir jetzt einmal alles der SPD an, das ist jetzt alles deren Problem. So wollen Sie uns das vor die Füße kippen. Schauen Sie doch einmal genau hin, was wir vorgeschlagen haben. Am Montag hatte ich eigentlich in den ersten Stunden danach das Gefühl, dass Sie durchaus konstruktiv aufnehmen, dass wir einen Vorschlag gemacht haben,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

wie man das Problem lösen könnte. Das Problem ist nicht allein nur der Zaun,

(Antje Möller GAL: Erst einmal ist es der Zaun!)

sondern die gesamte Situation vor Ort, und das haben Sie bisher auch immer so gesehen. Wir müssen das Problem insgesamt lösen. Deshalb haben wir, was genau richtig ist, in einer aufgeheizten Situation in der Stadt einen Vorschlag gemacht, wie man das vernünftig, ruhig und vertrauensvoll mit den Akteuren aus dem Stadtteil und den bezirkspolitischen Akteuren besprechen kann. Das ist unser Vorschlag und Sie haben gerade eben noch einmal gesagt, dass Herr Strenge ein sehr honoriger Vertreter ist, der das auch entsprechend begleiten kann. Alle Redner von uns haben auch ausgeführt, dass am Ende ganz sicher eine Lösung stehen wird, die das Problem löst, das auch nach Ihrer Auffassung besteht, und dass der Zaun sicherlich nicht Teil der Lösung sein wird. Das ist ein klarer Weg zu einer vernünftigen Problemlösung vor Ort und für die Stadt und das sollten Sie hier einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Herr Dr. Dressel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Heinemann, Sie können sich gleich noch einmal zu Wort melden.

Deshalb wäre es sehr angemessen, wenn Sie wieder ein bisschen zur Sache zurückkehren würden.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ja, zum Zaun!)

Wenn Sie das Thema auch mit Bezug auf die Sozialpolitik und den Sozialsenator anmelden, dann ist es nicht nur sein Recht, sondern dann ist es seine Pflicht, hier darzulegen, was diese Stadt alles gegen Obdachlosigkeit unternimmt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb appelliere ich noch einmal ganz ruhig und sachlich an Sie, dieses Verfahren, das wir vorgeschlagen haben und zu dem es auch positive Rückmeldungen gibt, konstruktiv zu begleiten. Das ist es, was im Sinne der Bekämpfung von Obdachlosigkeit und der Unterstützung der Hilfebedürftigen an der Stelle geboten ist. Sie sollten nicht meinen, dieses Thema derart parteipolitisch instrumentalisieren zu müssen. Das ist der Sache nicht angemessen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält nun Herr Haufler.