Protocol of the Session on September 28, 2011

Das Bundesjustizministerium hat bisher nur teilweise Vorschläge gemacht. Da sind wir mit der SPD bundesweit und auch mit der Senatorin einer Meinung, dass das nicht ausreicht; die Bundesebene muss auch arbeiten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Mit wem koaliert Frau Leutheusser-Schnarrenberger noch einmal?)

Nichtsdestotrotz gibt es Punkte, die in Hamburg geklärt werden müssen, nämlich die tatsächlichen Voraussetzungen, die die richterliche Rechtsprechung angesprochen hat. Die Richter haben bestimmt, dass die Sicherungsverwahrten getrennt von den normalen Strafgefangenen untergebracht werden müssen. Hier muss die SPD endlich tätig werden und mit uns beraten, ob die jetzige Unterbringung diesen Voraussetzungen entspricht. Und was passiert? Sie verweigern sich.

(Zuruf von Metin Hakverdi SPD)

Herr Hakverdi, es wäre gut, wenn die SPD im Ausschuss einmal den Mund aufmachen und hier nicht nur einfach dazwischenreden würde.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der FDP und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Wir haben das Problem, dass die Sicherungsverwahrten zurzeit auf dem Gelände von Fuhlsbüttel untergebracht sind. Es ist nun streitig, ob es ausreichend ist, sie nur zu trennen, sodass sie keinen Kontakt zu Strafgefangenen haben, oder ob sie gar entlassen werden müssen, wenn sie weiter dort bleiben. Diese Fragen müssen wir dringend klären und was macht die SPD? Sie duckt sich weg, sie will nicht darüber reden, das Thema ist ihr unangenehm, sie hat Angst vor der "Bild"-Zeitung und der Presse und sie will das Thema einfach nicht behandeln.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Eine weitere Frage bewegt die Öffentlichkeit: Wie viele Sicherungsverwahrte müssen wohl nun entlassen werden? Es sieht nach Aussagen von Fachleuten wohl so aus, dass einige zu entlassen sind. Was macht die Polizei, hat sie ein Konzept? Wie viele sind es und wo werden sie untergebracht? Auch das sind Fragen, die das Parlament und die Öffentlichkeit interessieren. Und was macht die SPD? Sie duckt sich weg und behandelt das Thema nicht. Gibt es genügend Gutachter und Therapeuten? Auch hier keine Antwort.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

Wir wollen die SPD endlich dazu bringen, mitzureden, mit zu diskutieren und zu überlegen, ob diese Voraussetzungen alle entsprechen. Dafür brauchen wir keine Bundesgesetze und keine Entscheidung von Frau Leutheusser-Schnarrenberger, auf die Sie immer verweisen, sondern wir müssen hier vor Ort endlich handeln. Wir wollen die SPD endlich zum Jagen tragen, deswegen, stimmen Sie unserem Antrag zu. Notfalls verweisen wir an den Ausschuss, aber grundsätzlich wäre es besser, hier zuzustimmen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Tabbert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Spethmann, um es vorwegzunehmen, wir werden Ihren Antrag ablehnen, und zwar aus einem einzigen Grund. Er ist überflüssig.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nicht nur alter Wein in neuen Schläuchen, es ist alter Wein in alten Schläuchen.

(Roland Heintze CDU: Der Wein muss ja nicht schlecht sein!)

Es ist so etwas von alt, ich will es Ihnen Stück für Stück erklären. Jede Ihrer vier Fragen, die Sie gestellt haben, ist beantwortet oder wird entsprechend mit Ihrer Beteiligung auch noch aufgearbeitet werden.

Zu Frage 1: Sie wollen wissen, wie der Senat zur aktuellen Situation der Sicherungsverwahrung steht. Sie haben gerade das Abstandsgebot angesprochen. Diese Frage ist – Seite 7 des Protokolls Nr. 20/2, Justizausschuss vom 27. Juni 2011 – vom Senat bereits beantwortet worden. Das ist vielleicht nicht zu Ihrer Zufriedenheit geschehen, aber Sie wollen einfach noch einmal fragen.

Außerdem waren wir doch am selbigen Tage zusammen mit dem Justizausschuss in der Sicherungsverwahrung in Fuhlsbüttel und haben es uns angeschaut. Sie sagen, das Abstandsgebot sei irgendwie im Streit. Ich habe auch nicht mitbekommen, dass es zwischen uns Mitgliedern im Justizausschuss irgendwie im Streit ist, und ich glaube auch nicht, zwischen uns im Streit. Wir haben es uns dort angeschaut und ich schließe mich der Meinung des Senats an, dass dieses Abstandsgebot, was das Räumlich-Organisatorische angeht, gewahrt ist. Was darüber hinausgehende Fragen zum Konzept betreffen, haben wir im Justizausschuss beschlossen, eine Expertenanhörung zu machen. Diese werden wir durchführen und all diese Fragen, wie das Konzept auf Bundesebene weiterentwickelt wird oder wie das Gesetzgebungsverfahren läuft, behandeln. Insofern wird Ihrem Aus

kunftsinteresse und Ihrem Interesse, dieses Thema öffentlichkeitswirksam zu behandeln, auch Genüge getan werden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Sollen jetzt die Experten erklären, was der Senat macht?)

Es ging darum, wie der Senat das einschätzt, und Frau Spethmann hat auf die räumliche Situation des Abstandsgebots angespielt. Sie kennen das Protokoll auch, dazu hat sich der Senat bereits geäußert und ich bin sogar darüber hinaus auf das Informations- und Aufklärungsbedürfnis von Frau Spethmann, das sie offensichtlich ehrenwerterweise hat, eingegangen und glaube, dem wird Genüge getan werden können.

Ich komme zu Punkt 2: Der Senat soll darlegen, wie viele Sicherungsverwahrte bereits entlassen worden sind und noch entlassen werden. Als Jurist weiß ich, dass man, wenn man Fragen so ungenau stellt, meistens gar keine oder eine ungenaue Antwort bekommt. Ich weiß auch gar nicht, worauf Sie mit Teil 1 der Frage hinauswollen, seit wann welche Sicherungsverwahrte entlassen sind. Für die Zukunft kann ich Ihnen jedenfalls nur sagen, dass der Senat aus meiner Sicht und auch nach meiner rechtspolitischen Überzeugung der falsche Adressat ist, weil, wie Sie wissen, darüber jährlich das Landgericht entscheidet. Wir hatten Zeiten in Hamburg, da gab es einen Justizsenator Kusch, der meinte, dauernd am Sievekingplatz hineinregieren zu können. Das ist Hamburg nicht gut bekommen und ich glaube auch, Frau Spethmann, dass wir da einer Meinung sind. Wir sollten es auch weiter so halten, dass diese Frage nur von der hamburgischen Justiz beantwortet wird und nicht der Senat Prognosen darüber abzugeben hat, wie viele Sicherungsverwahrte wann zu entlassen sind. Das ist Aufgabe der Justiz, die das auch entscheiden soll, und ich bin überzeugt, dass diese Frage bei der hamburgischen Justiz in guten Händen ist.

(Beifall bei der SPD)

Punkt 3: Das polizeiliche Sicherheitskonzept. Auch hier wieder ein Blick in das Protokoll des Justizausschusses vom 27. Juni 2011, Seite 11. Dort ist der Senat auf Ihr, aus meiner Sicht eher abstraktes, Konzept eingegangen. Die Antwort der Senatorin war – und dieser vernünftigen Antwort schließen wir uns an –, dass es ihr darauf ankomme, den konkreten Einzelfall zu beleuchten, anstatt Konzepte in die Welt zu setzen, die eine Lösung des Problems nur suggerierten.

Nun zum sogenannten T.O.P.-Konzept, Täterorientierte Prävention.

(Viviane Spethmann CDU: Es gibt kein Kon- zept!)

Das ist nämlich am 1. März 2010, also zu Ihrer Regierungszeit, wirksam geworden und dürfte Ihnen

(Viviane Spethmann)

also nicht unbekannt sein. Ich halte das Konzept im Übrigen für vernünftig. Es sieht vor, all die Leute an einen Tisch zu bringen, die eine Prognose über das Verhalten eines als gefährlich eingestuften Gefangenen geben können und die beraten, wie mit ihm umzugehen ist, und zwar sechs Monate vor dem voraussichtlichen Entlassungstermin. Auch diese Frage wurde vom Senat beantwortet.

Letzteres gilt auch für Frage vier. Dort fragen Sie nach den Kapazitäten an Gutachtern und psychologischen Behandlern. Dasselbe Protokoll 20/02, Seite 8…

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das glau- be ich jetzt aber nicht!)

Frau Schneider, Sie kennen das Protokoll doch auch. Es nennt das Institut für Sexualforschung, forensische Psychiatrie, das Klinikum Nord, niedergelassene Ärzte, eine größere Zahl unterschiedlicher Gutachter. Ob und in welchem Umfang es einen gesteigerten Bedarf geben wird, weiß keiner von uns.

(Viviane Spethmann CDU: Weil Sie sich nicht damit beschäftigen!)

Frau Schneider, Sie schauen kritisch. Kritisieren Sie doch die Frage, aber kritisieren Sie nicht, was der Senat dazu sagt.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe, ich habe hinreichend dargelegt, dass Ihrem Ansinnen bereits Genüge getan worden ist. Ich verweise nochmals auf die Expertenanhörung, die wir im Justizausschuss durchführen werden. Weil dort allen die Hamburger Justiz am Herzen liegt, hoffe ich, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten werden und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Müller, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben im Justizausschuss sehr lange gebraucht, bis wir beim letzten Mal für eine Expertenanhörung eine Mehrheit bekommen haben. Alle Oppositionsfraktionen haben zusammengestanden und nach langem Hin und Her gab es auch bei der SPD eine Zusage. In diesem Gewürge hatte sich der Eindruck in der Opposition verfestigt, dass die SPD nicht gern öffentlich mit diesem Thema umgehen möchte. So verstehe ich dann auch den Antrag, dass die CDU genau das Gegenteil will. Ich glaube, auch der größte Teil der Opposition meint, dass es besser wäre, um dieses schwierige Thema keine Geheimnisse zu machen, denn je mehr Geheimnisse man darum macht, umso skeptischer werden die Leute. Das ist nicht gut für das öffentliche Sicherheits

empfinden. So ist es auch zu verstehen, weshalb wir als Opposition noch einmal den Weg über das Plenum suchen.

Ich bin deswegen sehr froh, dass wir es jetzt geschafft haben, eine Expertenanhörung abzuhalten, denn das ist dem Thema angemessen. Es gibt noch viele offene Fragen und es liegt jetzt auch ein Konzept des Bundesjustizministeriums vor. Die Justizminister der Länder und des Bundes haben darüber inzwischen konferiert. Man wird darüber zu streiten haben, inwieweit dieses Konzept für Hamburg gut ist, und ob wir in Hamburg möglicherweise nachbessern müssen.

Ich nenne nur ein Thema, das bei mir und uns Grünen noch mit Fragezeichen versehen. Wir waren als Ausschuss in Fuhlsbüttel und haben uns vor Ort die Sicherungsverwahrung angesehen. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Therapieunterbringung tatsächlich dem Abstandsgebot Rechnung trägt, also inwieweit sie sich von Haftbedingungen unterscheidet. Ob das so ist, werden wir uns bei der Expertenanhörung noch einmal genauer anschauen müssen, denn wir wollen auf keinen Fall, dass die Therapiemöglichkeiten auf verfassungsrechtlich wackeligem Boden stehen. Das würde das gesamte Konzept infrage stellen. Deshalb müssen wir uns über die Situation und darüber, was möglich ist, verständigen.

Zu Irritationen hat im Sommer auch die Frage geführt, wie die Zusammenarbeit mit den norddeutschen Ländern ist. Bringen die Länder Sicherungsverwahrte einseitig nach Hamburg oder gibt es auch in den anderen Ländern Angebote für entlassene Strafgefangene? Das scheint mit vielen Fragezeichen verbunden zu sein und deshalb sollten wir auch darüber noch einmal reden. Ich hoffe, dass wir uns im Ausschuss den meisten Fragen konstruktiv nähern, dass wir das Thema weder deckeln, noch dass wir es populistisch ausnutzen. Dazu taugt es nicht. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. – Danke.

(Beifall bei der GAL)

Frau Kaesbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Tabbert, Sie haben erneut bewiesen, dass Sie in keiner Weise an einer Diskussion in der Bürgerschaft zum komplexen Thema Sicherungsverwahrung interessiert sind.

(Beifall bei der FDP)

Gerade weil dieses Thema die Öffentlichkeit interessieren muss, ist dieses Vorgehen verantwortungslos. Auch Ihre Antwort "wissen wir nicht" zu Frage 4 beweist, dass dieses Thema dringend im Justizausschuss behandelt werden muss. Ich be