Beide Anträge möchte die CDU-Fraktion federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration sowie mitberatend an den Haushaltsausschuss überweisen. – Frau Kammeyer, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gewalt an Frauen ist eine weltweit verbreitete und schwere Menschenrechtsverletzung.
Oftmals außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung findet tagtäglich auch in Deutschland Gewalt gegen Frauen statt und muss bekämpft werden. Es handelt sich hierbei nicht um ein Frauenthema, das milde belächelt werden kann, und nicht um tragische Einzelfälle. Dieses Thema betrifft die ganze Gesellschaft.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. schreibt in seinem Bericht von 2010 zur Situation der Finanzierung der Frauenhäuser in Deutschland, dass in der Bundesrepublik 25 Prozent aller Frauen von sexueller und körperlicher Gewalt betroffen sind. Zusätzlich werden oft auch Kinder in Mitleidenschaft gezogen. Dass jede vierte Frau in Deutschland Erfahrung mit körperlicher und sexueller Gewalt machen musste, ist ein unhaltbarer Zustand, der beendet werden muss.
Der Anteil von 25 Prozent zeigt uns sehr deutlich, wie dringend eine verlässliche und solide Finanzierung von Frauenhäusern und -beratungsstellen ist.
Wir in der SPD-Fraktion kämpfen seit Jahren für einen besseren Schutz von Frauen vor Gewalt. Erst im Jahr 2009 haben wir einen Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gefordert. Es gilt, die Prävention zu stärken, aber auch die Betreuung betroffener Frauen zu verbessern. Mit dem nun vorliegenden Antrag wollen wir die Frauenhäuser in Hamburg qualitativ weiterentwickeln, ihre Finanzierung nachhaltig sichern und einige seit Langem bekannte Schwachpunkte im Hilfesystem beseitigen.
Neben der Verbesserung in Hamburg wollen wir aber auch die bundesweite Situation im Blick behalten. Das dringlichste Problem bundesweit ist derzeit die uneinheitliche Finanzierung der Frauenhäuser. Die Bundesländer haben nicht nur unterschiedliche Finanzierungsmodelle, es gibt auch eklatante Unterschiede bei den Zugangsmöglichkeiten, der Ausstattung und den Angeboten.
Eine sicher finanzierte Infrastruktur der Frauenhäuser auf großflächig ausreichendem Niveau ist in Deutschland zurzeit jedoch nicht gewährleistet. Das muss sich ändern.
Mit der in fast allen Bundesländern verbreiteten Praxis der Finanzierung, basierend auf Tagessätzen, verstößt Deutschland sogar gegen das UNÜbereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung an Frauen. Die Konvention fordert eine sichere Finanzierung sowie einen niedrigschwelligen und diskriminierungsfreien Zugang zu Frauenhäusern. Die Finanzierung nach Tagessätzen kann diese Anforderung unter anderem deshalb nicht erfüllen, weil beispielsweise Krankenkassen und Ämter für Grundsicherung in den Fall eingebunden sind, wodurch die Identität der Frau und ihr Aufenthaltsort nicht anonym bleiben. Dieser Missstand wurde vom zuständigen Ausschuss der Vereinten Nationen wiederholt kritisiert.
Nur Berlin, Schleswig-Holstein und Hamburg haben ein Finanzierungsmodell, das der UN-Konvention entspricht. Hamburg finanziert die Frauenhäuser pauschal über Zuwendungen und gewährleistet so eine anonyme Aufnahme, unabhängig vom Einkommen. Frauen können hier schnell und sicher Schutz finden. Diesen Anreiz gilt es bundesweit umzusetzen.
Dies ist besonders auch deshalb wichtig, weil Frauen oft Schutz in Bundesländern fern von ihrem Heimatort suchen oder sich eher in Metropolregionen sicher fühlen. Zum einen gilt es nun, einen bundesweiten Standard zu implementieren, der den Anforderungen der UN-Konvention gerecht
wird; zum anderen werden die bestehenden Probleme bei der Kostenerstattung unter den Bundesländern beseitigt, die regelmäßig zulasten der Betroffenen gehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht dringender Handlungsbedarf, den wir jetzt gemeinsam bewältigen wollen. Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung sowie eine Weiterentwicklung der bisherigen Hilfen. Wir müssen in Hamburg unbedingt an unserem pauschalen Finanzierungssystem festhalten, im Bund für dieses Modell werben und dazu beitragen, dass Deutschland schnellstmöglich endlich die UN-Konvention erfüllt. Anonymität und Sicherheit der Frauen müssen jederzeit gewährleistet sein, es muss genügend Plätze geben und Frauenhäuser müssen in einem wohnenswerten Zustand sein. Der vorliegende Antrag nimmt all diese Punkte in Angriff, deswegen bitte ich um große Zustimmung. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht kann ich mir heute ein paar mehr Freunde in den Reihen der SPD machen als gestern, denn wir können diesem Antrag im Kern auf jeden Fall zustimmen, da er sehr viele schöne Dinge enthält. Aber was wären wir für eine Opposition, wenn wir nicht zumindest ein kleines Aber hätten,
und zwar ein Aber, das auf eine Ergänzung zielt. In Punkt d) des Antrags wird gefordert, der Senat solle dafür Sorge tragen, dass betroffene Frauen und Kinder in den Frauenhäusern zumutbare räumliche Gegebenheiten vorfinden. Das ist absolut richtig, wir würden diesen Punkt nur gerne über die Qualität der Räumlichkeiten hinaus ergänzen, und zwar um die Qualität der Ausbildung des dort tätigen Personals und dessen Eignung,
die Sicherstellung der Erstversorgung und die Garantie der dauerhaften Qualitätssicherung der Frauenhäuser über angekündigte behördliche Kontrollen hinaus.
Darüber hinaus habe ich noch eine Frage, und zwar, ob sich der Punkt der Finanzierung nur auf die jetzt geplanten Maßnahmen bezieht oder auch auf die Maßnahmen, die aus dem angekündigten Qualitätsentwicklungsprozess resultieren? Aus diesen Gründen fanden wir es richtig, den Antrag jetzt noch einmal an den Sozialausschuss und den Haushaltsausschuss zu überweisen. Falls Sie diesem Überweisungsbegehren nicht folgen wollen,
was ich befürchte, dann sind wir in jedem Fall gespannt, ob diese Punkte vielleicht noch in dem Landesaktionsplan "Gewalt gegen Frauen" vorkommen werden. Das wäre für uns sehr schön.
Zusammenfassend: Der Antrag ist sinnvoll und gut, zwar noch nicht ganz vollständig, deswegen das Überweisungsbegehren. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Debatte um die Frauenhäuser einen so prominenten Platz gleich nach der Aktuellen Stunde gefunden hat,
da sonst in der Gesamtgesellschaft das Thema "Gewalt gegen Frauen", insbesondere Frauenhäuser, manchmal eher einen marginalen Platz einnimmt. Ich habe aber an dem breiten Beifall, als Frau Kammeyer über Gewalt gegen Frauen sprach, wahrgenommen, dass in der Bürgerschaft ein breiter Konsens darin besteht, dass Gewalt gegen Frauen unbedingt angegangen werden muss und die Frauenhäuser verlässlich finanziert werden müssen.
Zum SPD-Antrag: Wir können diesem Antrag im Prinzip in allen Punkten zustimmen und begrüßen ihn auch sehr; das möchte ich dringend vorwegschicken. Ich möchte aber auch zum letzten Punkt, zum Thema Qualitätsentwicklungsprozess, deutlich anmerken, dass ein Qualitätsentwicklungsprozess an sich die Probleme noch nicht löst. Er kann sinnvoll sein, wenn er vernünftig durchgeführt wird und nicht nur Papiertiger produziert. Er kann auch dazu beitragen, Ressourcen besser zu steuern und Frauenhäuser wirklich gut auszustatten. Aber das Problem ist, dass so ein Qualitätsentwicklungsprozess natürlich lange dauert. Wer so etwas schon einmal gemacht hat, weiß, dass hier durchaus ein bis zwei Jahre vergehen können.
Das Problem ist aber, dass wir jetzt mehr Platz für Frauen in den Frauenhäusern brauchen. Wir brauchen jetzt einen besseren Personalschlüssel. Wir haben in den Hamburger Frauenhäusern einen Personalschlüssel von 1:8,25. Das reicht nicht aus, wir brauchen 1:5. Das wird immer wieder gefordert.
sichts der ganzen Anfragen, die auch in der letzten Legislaturperiode schon gelaufen sind, frage ich mich, warum es nicht klar ist, dass Frauenhäuser massiv überbelegt sind, und das schon seit Jahren.
Also appelliere ich an den SPD-Senat, möglichst schnell zu handeln, damit diese Notsituation geändert werden kann.
Man muss sich die Lebenssituation dieser Frauen einmal vorstellen. Sie kommen aus traumatischen Verhältnissen, teilweise aus einem jahrelangen Martyrium. Sie sind wirklich schutzsuchend. Sie kommen mit ihren Familien, sie reißen ihre Familien aus ihrem Umfeld heraus. Sie selbst geben unter Umständen ihre Arbeitsstelle auf. Sie begeben sich in ökonomisch wirklich abenteuerliche Situationen und kommen eventuell in ein Frauenhaus, das sagt, es hätte keinen Platz mehr, und sie werden dann in ein anderes Frauenhaus überwiesen oder müssen in Noträumen leben mit Matratzen auf dem Boden, damit sie überhaupt Schutz bekommen. Immerhin bekommen sie Schutz und da ist Hamburg, zwar nicht gerade vorbildlich, aber durchaus auf einem guten Weg ist.
Apropos Opferschutz: Ich bin sehr froh, dass die SPD sich dieses Thema auf die Fahne geschrieben hat. Ich frage mich nur angesichts dieser Thematik Opferschutz, die ganz oben auf der Tagesordnung steht, warum die "Arbeitsstelle Vielfalt" gestrichen wurde. Das kann ich nicht verstehen.
Die "Arbeitsstelle Vielfalt" diente durchaus zur Prävention, weil sie für die Antidiskriminierung zuständig war. Leider ist sie jetzt eingestampft worden und wir werden sehr genau beobachten, wie das Thema Antidiskriminierung vom SPD-Senat durchgeführt wird.
Ich komme von der Prävention weg und hin zur akuten Situation in den Frauenhäusern. Ich mache mir ein wenig Sorgen, und das widerspricht auch dem, was Frau Kammeyer sagte. Ich habe in der Schriftlichen Kleinen Anfrage der LINKEN vom 3. Mai gefunden, dass gefragt wurde, ob es angedacht sei, von einer Pauschalfinanzierung abzugehen. Sie ist nämlich eine sehr gute Möglichkeit, Frauenhäuser verlässlich zu finanzieren. Dort wurde gesagt, dass es durchaus angedacht werde, und das betrachte ich mit Sorge, denn diese Tagessatzfinanzierung, die ich zumindest herauslese, kann dazu führen, dass diese unbürokratische Hilfe, die Frauenhäuser im Moment in Hamburg häufig bieten können, nicht mehr gesichert ist. Ich bitte dringend darum, das noch einmal zu überdenken.