Protocol of the Session on August 24, 2011

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Weiter zum Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 20/1349.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

Ich komme schließlich zum SPD-Antrag aus Drucksache 20/1220. Diesen Antrag möchte die Fraktion DIE LINKE ziffernweise abstimmen lassen.

Wer möchte die Ziffern 1, 4, 5 und 7 des SPD-Antrags annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind diese Ziffern angenommen.

Wer möchte sich den Ziffern 2 und 3 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind auch diese Ziffern angenommen.

Wer Ziffer 6 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 6 angenommen.

Ich rufe Punkt 89 der Tagesordnung auf, Drucksache 20/1226, Antrag der CDU-Fraktion: Bekämpfung der Seepiraterie.

[Antrag der CDU-Fraktion: Bekämpfung der Seepiraterie – Drs 20/1226 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/1358 und 20/1359 Anträge der SPD- und der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der SPD-Fraktion: Schutz deutscher Schiffe vor Seepiraterie – Drs 20/1358 –]

[Antrag der GAL-Fraktion: Seepiraterie – Drs 20/1359 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Ohlsen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Anlass dieses Antrags ist in erster Linie, den Senat, aber auch die Fraktionen sensibel zu machen für die besondere Situation, die sich am Horn von Afrika abspielt.

Der zweite Punkt ist natürlich, dass Hamburg der Standort der Reeder ist; wir haben über 120 Reedereien. Mehr als die Hälfte der Gesamttonnage aller Schiffe werden von Hamburger Reedern betreut.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Mit oder ohne deutscher Flagge?)

Wir können nachher noch über die deutsche Flagge reden, damit habe ich überhaupt kein Problem. Aber Sie sollten zunächst einmal meinen Kurzbeitrag zum Thema Piraterie abwarten, vielleicht werden Sie dann ein bisschen schlauer.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsidentin Ker- sten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Es geht hier, das wird mir Herr Rickmers bestätigen, nicht nur um vitale wirtschaftliche Interessen, sondern es geht auch um Leib und Leben unserer Seeleute vor Ort. Insofern macht es Sinn, dieses Thema zu debattieren. Es macht auch Sinn, dieses Thema zu transportieren. Zu den drei Anträgen werde ich nachher noch kommen, damit wir uns in sachlicher Form darüber auseinandersetzen, denn dieses Thema ist sehr ernst.

Im Moment sieht es so aus, dass die Marine mit zwei Fregatten vor Ort ist, jeweils in Ablösung, eine Fregatte vor Ort und eine wieder im Heimathafen oder in der Werft. Sie sind im Rahmen der Atalanta-Mission ganz besonders dafür eingesetzt, Versorgungsgüter der UNO-Hilfsorganisationen Richtung Somalia zu begleiten, damit diese Schiffe dort ankommen und ihre Ladung löschen können, um den Menschen zu helfen. Sie ist ausschließlich dafür zuständig, Konvois und Zusammenstellungen von Frachtschiffen zu begleiten, wobei wir allerdings auch feststellen müssen – das wird Herr Rickmers nachher noch bestätigen –, dass nicht im Konvoi befindliche Schiffe, die langsamer fahren, die aber auch weniger Freibord haben, natürlich sehr schnell von Piraten gekapert werden können.

Ich möchte auch nicht auf die Situation an Land eingehen. Es gibt keine demokratischen Verhältnisse, liebe Frau Möller, das wissen Sie vielleicht genauso gut wie ich. Insofern bestehen hier rechtsfreie Räume, die natürlich von den Piraten genutzt werden, um zu kapern. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Marinesoldaten sehr herzlich für ihren Einsatz bedanken – sie sind immerhin ein halbes Jahr vor Ort und von den Familien entfernt – für die Reedereien, für uns, für die Parlamente und die deutschen Reeder insbesondere.

(Beifall bei der CDU)

Um dies alles zu verdeutlichen, sind einige Zahlen sicher recht hilfreich. In 2008 hatten wir 111 Angriffe zu verzeichnen, in 2009 217 Angriffe und in 2010 445 Angriffe. Das zeigt schon deutlich die Zunahme. Es sind insgesamt 49 Schiffe der internationalen Schifffahrt gekapert worden, und zwar sind in 2010 1016 Seeleute durch somalische Piraten entführt worden, acht Seeleute wurden ermordet. Diese Zahlen sollten uns schon sehr nachdenklich stimmen.

Im ersten Halbjahr 2011 wurden bereits 166 Attacken gezählt, die Lösegelder bewegen sich zwischen einer und mehreren Millionen Euro. Die Reeder beziehungsweise die Wirtschaft haben insgesamt Mehrkosten von 400 Millionen Euro zu tragen in Form von Erhöhungen der Seetransportversicherungen. Die gesamte Schadenshöhe durch Seepiraterie wird auf 7 Milliarden Dollar geschätzt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese Zahlen sprechen für sich. Ich möchte kurz eingehen auf Ihren Antrag, denn ich glaube, dass es sich in

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

erster Linie – da gebe ich Ihnen recht – um hoheitliche Aufgaben handelt; da sind wir d'accord. Nur hat die Praxis gezeigt, dass diese hoheitlichen Aufgaben durch diese beiden Fregatten nicht wahrgenommen werden können, weil die Kaperung am Horn von Afrika auch vor dem Hintergrund der Größe dieses Seegebiets zunimmt. Insofern ist heute in praxi festzustellen, dass es private Sicherheitsdienste englischer Art, aber auch französischer und amerikanischer Herkunft gibt, die heute schon Schiffe begleiten und an Bord der Schiffe gehen. Also war unser Gedanke, ob die Marine das in Zukunft noch leisten kann oder ob es andere Hoheitsträger leisten können. Wenn das gewährleistet ist, dann kann man den Reedern auch deutlich signalisieren, dass die Freiheit der Seewege dort gegeben ist. Aber im Moment sieht es nicht so aus.

Von daher ist unser Antrag nachdenkenswert und prüfenswert, ob man vielleicht Sicherheitsdienste an Bord bringen kann und ob es dafür eine rechtliche Grundlage gibt. Die rechtliche Grundlage wird man erst schaffen müssen; das ist unzweifelhaft. Es muss auch bestimmte Ausbildungskriterien geben. All diese Dinge würden wir gern dem Senat anhand geben zu prüfen. Der Hintergrund ist hier auch, dem Hilferuf der Reeder nachzukommen, aber nicht nur der Reeder, sondern natürlich auch der Marine. Die Marine fühlt sich in ihrer Haut dort unten nicht sehr wohl, weil sie sehr eingeschränkt manövrierfähig ist durch gesetzliche Vorgaben. Von daher macht es Sinn, hier einen Vorstoß zu machen, um den Reedern und anderen Akteuren am Horn von Afrika Rechtssicherheit zu geben. Es ist ein wichtiger Punkt, dass man rechtssicher arbeiten kann.

Wir würden gern die handelnden Akteure der Bundesregierung in einer gemeinsamen Aktion mit den norddeutschen Küstenländern auffordern, zügig zu arbeiten, damit diese Rechtssicherheit und die Freiheit der Meere wieder gewährleistet sind. – Ich bedanke mich recht herzlich.

(Beifall bei der CDU)

Herr Rickmers, Sie haben das Wort.

(Dietrich Wersich CDU: Als Abgeordneter oder als Reeder?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, bin ich noch nicht sehr lange in der Politik und von daher hier und da einigermaßen überrascht über bestimmte Abläufe. Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nun das Problem der Seepiraterie für sich entdeckt haben, ist für mich eine dieser politischen Überraschungen, die mir, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, ein Schmunzeln entlockt haben.

(Olaf Ohlsen CDU: Da sind Sie nicht allei- ne!)

Denn es ist doch ziemlich absurd, dass ausgerechnet Sie sich mit einem Antrag, der ausschließlich – und ich wiederhole: ausschließlich – die Bundesgesetzgebung betrifft, hier zu Wort melden und einen von uns Sozialdemokraten geführten Senat auffordern, gewissermaßen für Sie auf Bundesebene tätig zu werden.

(Beifall bei der SPD)

Nur zur Erinnerung: Für die Bundesgesetzgebung in Deutschland ist, und das erlaube ich mir hier einzufügen – derzeit noch – eine CDU-geführte Regierung verantwortlich. Wenn es Ihnen also tatsächlich um die Sache ginge, bräuchten Sie in Hamburg keine diesbezüglichen Anträge zu stellen. Sie könnten nämlich viel zielführender arbeiten, indem Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in Berlin die Angelegenheit eindringlich näherbrächten und sie aufforderten, im Sinne der betroffenen Menschen,

(Olaf Ohlsen CDU: Das tun wir ja auch!)

die auf Schiffen zusätzlich zu einer harten Arbeit noch der Gefahr für Leib und Seele ausgesetzt sind, endlich zur Seite zu stehen.

(Beifall bei der SPD)

Für die SPD ist das Thema Piraterie eines von übergeordneter Bedeutung. Zum einen geht mit der Piraterie eine humanitäre Katastrophe einher. In Somalia befinden sich derzeit 18 Schiffe mit rund 400 Menschen in der Hand der Piraten. Und selbst diejenigen, die die Torturen der Überfälle und der Gefangenschaft überstanden haben, kommen oftmals traumatisiert und bisweilen arbeitsunfähig zurück.

Zum anderen können und wollen wir nicht akzeptieren, dass eine der Hauptrouten des Weltseehandels, nämlich der Verkehr zwischen Asien, dem Persischen Golf und Europa, durch ein paar entschlossen handelnde Kriminelle mit hohem Organisationsgrad ernsthaft bedroht wird. Von daher ist das Thema Piraterie eines, mit dem wir uns schon lange auseinandersetzen.

So geschehen in Berlin, wo die SPD-Bundestagsabgeordneten der Küstenländer, die sogenannte "Küstengang", seit Monaten fordern, die Bundesregierung möchte endlich Maßnahmen ergreifen, die einen wirkungsvollen Schutz der Schiffe und ihrer Besatzungen garantieren.

So geschehen wiederum in Berlin, wo ich selbst am 1. Juli zusammen mit dem geschäftsführenden Präsidiumsmitglied des VDR und dem Reeder Alfred Hartmann aus Leer im kleinen Kreis Bundesinnenminister Friedrich auf dessen Wunsch die Situation erläutern konnte, weil Herr Dr. Friedrich gern aus erster Hand hören wollte, wie die Situati

(Olaf Ohlsen)

on in der Praxis gesehen wird und was die Bundesregierung tun sollte.

So geschehen am 15. Juli in Hamburg, als Wirtschaftssenator Frank Horch und Innensenator Michael Neumann gemeinsam Vertreter Hamburger Reedereien in das Gästehaus des Senats einluden, um sich bei den betroffenen Unternehmen zu informieren und gemeinsam Maßnahmen zu diskutieren und zu entwickeln.

(Glocke)

Herr Rickmers, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Heinemann?