Wer möchte dem SPD-Antrag aus der Drucksache 20/14417 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen worden.
Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 5, Drucksache 20/14264, Senatsantrag: Haushaltsplan 2015/2016, Einzelplan 1.2 Bezirksamt Hamburg-Mitte, Einzelplan 4.0 Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Nachbewilligung nach Paragraf 35 LHO zum Haushaltsplan 2015/ 2016, Weiterentwicklung Hamburg Welcome Center.
[Senatsantrag: Haushaltsplan 2015/2016, Einzelplan 1.2 Bezirksamt Hamburg-Mitte, Einzelplan 4.0 Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Nachbewilligung nach § 35 LHO zum Haus
Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache an den Haushaltsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Abaci von der SPDFraktion, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine attraktive Ankunftsstadt. Die Menschen kommen aus anderen Bundesländern, aus Ländern der Europäischen Union und aus anderen Ländern der Welt nach Hamburg. Das machen die Zahlen deutlich. Im Jahr 2013 zum Beispiel sind 20 655 Personen mehr nach Hamburg zu- als abgewandert. Sie kommen nach Hamburg, weil unsere Stadt als Zentrum einer großen Metropolregion Menschen große Chancen bietet. Die positiven Zuwanderungszahlen zeigen auch, dass Zuwanderung eine Notwendigkeit ist, um die heutigen Zahlen der erwerbsfähigen Bevölkerung annähernd konstant zu halten. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Auch unsere Stadt ist nach den aktuellen Prognosen auf den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland angewiesen.
Meine Damen und Herren! Der SPD-Senat hat den eingetretenen demografischen Wandel und die daraus folgende Fachkräftediskussion frühzeitig vorausgesehen. Im Jahr 2013 wurde gemeinsam mit den Kammern, Sozialpartnern und der Agentur für Arbeit eine Fachkräftestrategie entwickelt, die auf vier strategischen Säulen fußt. Erstens: Fachkräfte qualifizieren. Zweitens: Erwerbspersonenpotenzial sichern und ausschöpfen. Drittens: Fachkräfte aus dem In- und Ausland gewinnen und die Willkommenskultur verbessern. Und viertens: Arbeitsbedingungen attraktiv gestalten. Ein Bestandteil der dritten Säule ist das im Jahr 2007 gegründete Hamburg Welcome Center. Das Welcome Center ist die Visitenkarte der Stadt gegenüber qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland und arbeitet sehr erfolgreich.
Wir dürfen und wollen uns aber mit dem Erreichten nicht zufriedengeben und müssen aus zwei Gründen das Welcome Center weiterentwickeln. Zum einen aus demografischen Gründen: Fehlen Fachkräfte, beeinträchtigt dies unmittelbar die Produktionskapazitäten von Unternehmen und Betrieben, schwächt die Innovationskraft von Wissenschaft und Forschung, die Qualität der Dienstleistungsbranchen sowie die Leistungsfähigkeit sozialer Einrichtungen in Hamburg und der gesamten Metropolregion. Zum anderen, weil sich der Wettbewerb um Fachkräfte insbesondere zwischen den wirtschaftlichen Leistungszentren Deutschlands und Europas voraussichtlich in Zukunft noch weiter verschärfen wird.
Meine Damen und Herren! Im Jahre 2030 werden laut Bundesagentur 5,2 Millionen Fachkräfte fehlen. Da hilft nur mehr Bildung, längere Lebensarbeitszeit und qualifizierte Zuwanderung.
Deutschland galt früher trotz guter Wirtschaftsdaten nicht gerade als Sehnsuchtsziel von Arbeitnehmern aus aller Welt. Doch das scheint sich zu ändern. Im Jahre 2012 wanderten nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 966 000 Menschen aus dem Ausland in die Bundesrepublik ein. Rechnet man diejenigen dagegen, die Deutschland im selben Zeitraum verlassen haben, bleibt ein Nettozuwanderungssaldo von 387 000 Menschen. Zwei Drittel der Einwanderer kommen dabei aus den anderen europäischen Ländern, ein Drittel aus Drittstaaten.
Meine Damen und Herren! In Hamburg haben die SPD-Fraktion und der Senat zu Anfang dieser Legislaturperiode einen Paradigmenwechsel im Bereich der Einwanderungspolitik vorgenommen. Mit unserem Eckpunkteantrag zum neuen Integrationskonzept haben wir – weg vom Ordnungsgedanken der Ausländerbehörde – der Entwicklung einer Willkommens- und Anerkennungskultur den Weg geebnet. Die Willkommenskultur soll auch in den Ausländerdienststellen weiterentwickelt werden. Die Umstrukturierung des Welcome Centers ist ein wichtiger und weiterer Schritt, die Willkommensund Anerkennungskultur in der Stadt zu verankern.
Alles in allem sind wir mit der Weiterentwicklung des Welcome Centers von einer serviceorientierten Dienststelle hin zu einem Dienstleistungszentrum auf dem richtigen Weg, während unsere Stadt als Wirtschaftsstandort weiterhin wettbewerbsfähig und attraktiv bleiben soll. Ich bitte Sie um die Unterstützung unseres Antrags und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Drucksache beantragt der Senat, dass wir Geld bereitstellen, damit das Hamburg Welcome Center weiterentwickelt und ausgebaut werden kann. Lassen Sie uns einen kurzen Blick in die Geschichte werfen. Die CDU hat die Idee des Welcome Centers entworfen und 2004 in ihr Bürgerschaftswahlprogramm aufgenommen. Im März 2004 versprach Bürgermeister Ole von Beust, die Realisierung des Hamburg Welcome Centers werde zu einem Leitprojekt seines Senats. Sein Wirtschaftssenator Gunnar Uldall hat sich in den fol
genden Jahren mit sehr viel Engagement für das Hamburg Welcome Center eingesetzt, bis schließlich Anfang 2007 das HWC in den bekannten Räumlichkeiten, direkt gegenüber in der Handelskammer, eröffnet wurde. Wie erhofft hat sich das Welcome Center seitdem über die Jahre hinweg hervorragend entwickelt. Insofern ist es auch nur folgerichtig, dass wir hier und heute den Ausbau des Hamburg Welcome Centers beschließen sollen.
Lieber Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren von der SPD, an dieser Stelle wird aber einmal der rote Faden in Ihrer Wirtschaftspolitik erkennbar. Entweder machen Sie völligen Murks, Stichwort Investitions- und Förderbank,
oder Sie führen einfach die vielen guten und erfolgreichen Initiativen fort, die von der CDU und unseren Wirtschaftssenatoren einmal entwickelt und eingeführt wurden.
Entscheidend ist aber, dass es beim bloßen Fortführen und reinen Verwalten bleibt. Sie setzen keine eigenen Akzente, und Sie kommen nicht mit eigenen Ideen. Sie regieren kraft- und kreativlos, und mit Blick auf Ihre Wahlkampfkampagne muss man fast sagen, in der Wirtschaftspolitik regieren Sie völlig kopflos. Herr Scholz ist und bleibt mit seiner IFB auf dem Holzweg, und Herr Horch darf einfach aus Prinzip nicht – er ist ja kein Genosse.
Meine Damen und Herren! So geht es nicht. Hamburg verdient mehr, ja, Hamburg kann mehr. Doch nun zurück zum Welcome Center, schließlich soll diese erfolgreiche Einrichtung nicht unter Ihren wirtschaftspolitischen Unwilligkeiten leiden. Die Idee hinter dem Projekt war, mit dem Welcome Center einen bedeutenden Beitrag zu einer neuen Willkommenskultur in unserer Stadt zu leisten. Dieser Ansatz hat an Aktualität überhaupt nichts verloren, das Gegenteil ist sogar der Fall. Im internationalen Wettbewerb um kluge Köpfe müssen wir weitere hochqualifizierte und leistungsbereite Menschen aus anderen Ländern für uns gewinnen. Die CDU ist der Überzeugung, dass für diese Menschen und ihre Familien unsere Stadt zum Leben und Arbeiten noch attraktiver werden muss. Dazu gehört vor allem eine Kultur, die eine schnelle und erfolgreiche Integration ermöglicht. Genau dafür ist das Hamburg Welcome Center da, und hier hat es sich bewährt und hervorragend entwickelt. So muss es weitergehen, gar keine Frage.
Abschließend möchte ich noch eines hervorheben. Besondere Bedeutung wird in Zukunft das Werben für Hamburg im Ausland haben. Ich weiß, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, seit jeher ein Problem mit der Hamburg Marketing GmbH haben. Doch die Zusammenarbeit zwi
schen Welcome Center und Marketing GmbH in dieser zentralen Frage wird im Wettbewerb um die klugen Köpfe entscheidend sein. Umso unverständlicher finde ich es, dass der Senat ausgerechnet an dieser Stelle äußerst unkonkret bleibt. Diesem elementaren Thema widmen sich gerade einmal 15 Zeilen Ihres 23-seitigen Berichts. Das ist schwach, da kann und muss noch mehr herausgeholt werden.
Alles in allem stimmt aber Ihre Stoßrichtung, wohl gemerkt, wie so häufig, wenn Sie bei der CDU abschreiben,
obwohl ich persönlich der festen Überzeugung bin, dass das Original für unsere Stadt deutlich besser wäre. Nichtsdestotrotz, die CDU-Fraktion wird dem Senatsantrag zustimmen.
Ich bedanke mich für die sieben interessanten Jahre in der Bürgerschaft. Ob ich am 2. März wieder dabei sein kann, entscheidet der Wähler. Und der Respekt vor diesem Votum lässt mich für heute Tschüs sagen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abaci hat eben gesagt, das Welcome Center sei eine Visitenkarte für Hamburg. Dann sollten Sie sich auch bei denen bedanken, die dieses Welcome Center eingerichtet haben.
Seit Jahren ist der Fachkräftemangel eines der Topthemen der Wirtschaft auch in Hamburg. Der demografische Wandel zwingt uns bereits heute, aber auch in Zukunft, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Die bisherigen Erfahrungen mit Green Card oder Blue Card haben uns gezeigt, dass allein ein guter Job nicht ausreicht, um sich für Hamburg zu entscheiden. Die Fachkräfte, die nach Deutschland beziehungsweise nach Hamburg kommen, brauchen nicht nur einen Job, sondern attraktive Angebote in Hamburg, gute Bildungsmöglichkeiten für Kinder und ein gutes soziales Umfeld. Deshalb wurde schon im Jahr 2007 eine spezialisierte Ausländerdienststelle für akademische Fach- und Führungskräfte eingerichtet. Danach wurden auch Servicefunktionen zur Erledigung von Anmeldungen und Aufenthaltsangelegenheiten angeboten. Das Ganze wurde erweitert, sodass daraus ein Welcome Center für Fachkräfte aus dem Ausland entstanden ist. Ich möchte nicht weiter auf die Geschichte eingehen. Ich finde diesen Schritt richtig, ebenso den Schritt, die Angebote unter ein Dach zu bringen.
Wir haben vor einem Jahr eine Veranstaltung mit vier Beratungsstellen in Hamburg gemacht, mit der Zentralen Anlaufstelle zur Anerkennung, dem Welcome Center, "basis & woge" e.V., der damaligen Antidiskriminierungsstelle, und der Beratungsstelle bei "Arbeit und Leben". Für uns war klar, dass diese Einrichtungen unter ein Dach gehören. Dass die Beratungsstelle ZAA zum Welcome Center geht, war schon vor einigen Jahren im Gespräch. Wir begrüßen diesen Schritt und tragen diese Entscheidung mit. Wir werden der Drucksache zustimmen.
Einige Punkte jedoch können nicht unerwähnt bleiben. Auch in dieser Drucksache wird dargestellt, dass einige Bundesländer beim Projekt "Ausländerbehörden werden zu Willkommensbehörden" mitmachen, und ich finde es sehr bedauerlich, dass Hamburg sich an diesem Projekt nicht beteiligt. Wir haben nämlich viele Gründe dafür mitzumachen. Wenn wir einen Blick auf die Wartelisten in den bezirklichen Ausländerbehördenabteilungen werfen, stellen wir fest, dass es alles andere als eine Willkommenskultur ist. Hier muss sich dringend etwas ändern. Die Serviceorientierung darf nicht nur für die Fachkräfte gelten, sie muss für alle gelten.
Wir wollen eine Willkommenskultur für Fachkräfte aus dem Ausland, aber dabei dürfen wir die Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben, nicht vernachlässigen. Wir wollen Fachkräfte aus dem Ausland, aber dabei dürfen wir auch die Menschen nicht vergessen, die seit Jahren mit oder ohne Qualifizierung keinen Job finden oder unterfordert sind. Auch hier brauchen wir Maßnahmen, um diese Menschen weiter zu qualifizieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu gehört unter anderem auch der soziale Arbeitsmarkt, den wir seit vier Jahren fordern.
Daher appelliere ich noch einmal an den Senat, sich dringend auch mit diesen Themen zu beschäftigen. Ja, wir wollen Fachkräfte aus dem Ausland, keine Frage, aber wir wollen auch, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Hamburg gleich behandelt werden und die gleichen Zugangschancen haben. Eine Willkommenskultur verdienen alle Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, ganz gleich, wie lange sie hier leben oder welche Qualifikation sie mitbringen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hamburg als Tor zur Welt in
Deutschland hat eine lange Einwanderungshistorie. In den vergangenen Jahren kam der weit überwiegende Teil der neu Zugezogenen aus der Europäischen Union, vor allem aus Polen, Spanien und Italien. Hamburg sichert darüber Teile seines Fachkräftebedarfs. Frühzeitige Information von Interessenten, Willkommenskultur und Serviceorientierung sind dabei sehr wichtige Bestandteile. Aber natürlich auch die Qualifizierungs- und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten beziehungsweise konkrete Arbeitsmarktperspektiven sorgen dafür, dass Hamburg ein wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb um die besten Köpfe ist. Insofern ist auch der Ausbau des Welcome Centers zum zentralen Dienstleistungszentrum ein guter Ansatz, der von den Freien Demokraten unterstützt wird.
Die Kooperation mit der Handels- und Handwerkskammer, den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, aber auch mit Hamburg Marketing sowie den Hochschulen ist sehr sinnvoll. Diese Verbesserungen in der Willkommenskultur in dieser Stadt unterstützen wir Liberale daher auch voll und ganz. Womit wir allerdings etwas Bauchschmerzen haben, ist ihre Finanzierung. Wir sind wieder einmal beim Thema der heutigen Sitzung, Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt immer die Finanzierung. Auf den ersten Blick laufen die Veränderungen zwar haushaltsneutral ab, aber die notwendige Erweiterung um zwei Stellen wird im Grunde nur durch Bundeszuschüsse an anderer Stelle gegenfinanziert. Und diese sind zunächst auf drei Jahre begrenzt.
Was passiert danach? Das ist die entscheidende Frage. Woher soll die Finanzierung dann erfolgen, wie soll sie erbracht werden? Diese Fragen hätten wir auch gern vom Senat näher erläutert bekommen und stimmen daher dem Überweisungsbegehren der CDU-Fraktion an den Haushaltsausschuss zu. In der Sache haben wir hinsichtlich der unsauberen Finanzierung zwar Bauchschmerzen, aber angesichts des Stellenwerts moderner Zuwanderungspolitik können wir Freien Demokraten der Drucksache insgesamt zustimmen. Nichtsdestotrotz nehmen wir den nächsten Senat – welche Parteien ihn dann auch stellen werden – in die Pflicht, eine saubere Anschlussfinanzierung des Stellenaufwuchses sicherzustellen. Solide Finanzen und nachhaltige Haushaltspolitik machen auch vor derart wichtigen Themen wie moderner Zuwanderungspolitik schließlich nicht halt.