Es waren die Hamburgerinnen und Hamburger, die dafür gestimmt haben, und es war die SPD, die dagegen war. Sich jetzt dafür zu feiern, finde ich peinlich.
Gut ist, dass Sie den Volksentscheid akzeptieren. Dafür haben wir Sie von Anfang und, wie ich finde, auch ausreichend gelobt. Gut ist auch, dass das Stromnetz mittlerweile wieder Hamburg gehört, dass die Konzession gewonnen wurde. Aber, und das sage ich sehr deutlich, ich mache mir nach wie vor Sorgen um die Übernahme des Fernwärmenetzes und des Gasnetzes. In der Drucksache heißt es, mit dem Abschluss der Verhandlungen mit E.ON habe der Senat den letzten Schritt zur Umsetzung des Volksentscheids getan. Das ist schlicht falsch. Die Übernahme der Netze ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen, und die inhaltliche Abarbeitung des Volksentscheids hat erst begonnen.
Kommen wir zunächst zur Übernahme der Netze. Sie haben bei den Gasnetzen nur eine Option ausgehandelt, keinen Kauf, und ich fand es schon immer sehr dreist, wenn Sie sagen, dass Sie diese Option natürlich ziehen werden. Sie wissen ganz genau, dass wir eine Wahl vor der Nase haben.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?
Lieber Herr Bill, das wäre doch nur dann ein Problem, wenn Sie nicht vorhätten, die Kaufoption auch zu ziehen. Wie stehen denn die GRÜNEN dazu? Werden Sie die Kaufoption ziehen, wenn es auf Ihre Stimme mit ankommt?
Ich finde, wenn eine Wahl bevorsteht, dann sollte man nicht jetzt schon sagen, dass man dieses und jenes mit Sicherheit tun wird,
weil man sicher ist, dann an der Regierung zu sein. Ich springe doch jetzt nicht über das Stöckchen, Ihnen zu sagen, natürlich sind wir dann an der Regierung und werden das und das tun. Sie stellen sich hin und sagen, uns gehört die Stadt; wir machen das und das und das 2017, 2018, 2021 und 2030. Das sagen wir nicht. Wenn wir die Möglichkeit haben, dann werden wir natürlich die Option ziehen.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Jan Quast SPD: Das hat aber ganz schön lange gedauert, den Satz rauszukriegen!)
Als Nächstes wird sich die Frage nach dem Preis stellen. Wir haben eine Option in der Zukunft, aber der Preis ist jetzt schon festgelegt. Wir haben für das E.ON-Netz einen eindeutigen Preis festgelegt und für das Fernwärmenetz einen Mindestpreis. Sie wissen genau, dass nach haushaltsrechtlichen Vorgaben das Unternehmen, das dann durch das Ziehen der Option zu kaufen ist, auch so viel wert sein muss, wie heute vereinbart wurde. Ich glaube, die beiden großen Energieversorger, sowohl Vattenfall kurz vor Vergabe der Stromkonzession als auch E.ON kurz vor der Wahl, haben es gut hinbekommen, ihre Verhandlungsposition auszunutzen, weil sie genau wussten, dass Sie als SPD kurz vor der Wahl noch einmal Erfolge vermelden wollen.
Das wird bei der Fernwärme noch viel deutlicher. Bei der Fernwärme haben wir eine Option und einen Mindestpreis, aber sie bleibt bis 2019 weiter in der Hand von Vattenfall – einem Konzern, der aus den Geschäften in Deutschland aussteigen will und dabei ist, alles zu verkaufen, ein Konzern also, der sicherlich kein Interesse mehr daran hat, die Fernwärme in Hamburg klimafreundlich weiterzuentwickeln.
Damit bin ich bei Satz 2 des Volksentscheids. Aufgabe ist der Umbau der Netze, sozial gerecht, klimafreundlich und demokratisch kontrolliert. Das ist die größere Aufgabe, und die steht noch komplett vor uns. Eine erste Prüfung wird der Umgang mit dem Standort Wedel sein. Mit Vattenfall haben Sie vereinbart, entweder ein Gas- und Dampfkraftwerk zu bauen oder das Kohlekraftwerk zu ertüchtigen.
Dass ein GuD-Kraftwerk kommt, ist relativ unwahrscheinlich, zumindest wäre das in der derzeitigen Situation schlicht unrentabel. Kohle ist alles andere als klimafreundlich und daher eigentlich keine Alternative. Somit brauchen wir eine andere Lösung. Diese andere Lösung haben Sie aber mit Vattenfall nicht vereinbart. Sie schreiben in Ihren umweltpolitischen Hochglanzbroschüren,
dass Sie auch andere Lösungen umsetzen wollen, aber mit Vattenfall haben Sie das nicht vertraglich vereinbart. Dieses Kraftwerk ist der erste Meilenstein, bei dem sich zeigen wird, ob die inhaltliche Umsetzung des Volksentscheids, also Satz 2, gelingt.
Wir sollten die Entscheidung nicht taktisch auf nach der Wahl verschieben. Anstatt den E.ONDeal zu feiern, sollten wir lieber Satz 2 anpacken. Ein erster Schritt wäre, alle Unterlagen des Beteiligungsverfahrens zum Kraftwerk Wedel online zu stellen, damit sich alle Hamburgerinnen und Hamburger vor der Wahl einen eindeutigen Eindruck über die Umsetzung verschaffen können. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat berichtet uns in seiner Drucksache über die Umsetzung des Volksentscheids zu den Energienetzen und des nachfolgenden Beschlusses der Bürgerschaft vom 25. September 2013. Sie alle wissen, dass die FDP damals Position gegen die Volksinitiative bezogen hat. Der Volksentscheid ist mit knapper Mehrheit anders ausgefallen. Die FDP als Befürworter der Volksgesetzgebung und als Demokrat respektiert diese Entscheidung natürlich. Damit stellt sich die Folgefrage, wie erfolgreich der Senat bislang bei der Umsetzung des Volksentscheids gewesen ist. Dafür gibt es einen klaren Maßstab, der sich wiederum aus der Vorlagefrage des Volksentscheids ergibt. Es lohnt daher, sich diese Vorlagefrage noch einmal zu vergegenwärtigen – ich zitiere –:
"Senat und Bürgerschaft unternehmen fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen."
Weiter heißt es, verbindliches Ziel sei unter anderem eine sozial gerechte, also doch wohl zuverlässige und preiswerte Energieversorgung. Nach Artikel 48 der hamburgischen Verfassung hat dieser Auftrag mit dem Ausgang des Volksentscheids – wir wollten es nicht, aber es ist so gekommen – Gesetzesrang. Er stellt also eine unmittelbar bindende Verpflichtung für Senat und Verwaltung dar.
Wenn man sich nun nach Durchsicht der Drucksache die Frage stellt, ob der Senat dieser gesetzlichen Verpflichtung im Bereich der Gasnetze nachgekommen ist, so lautet die Antwort eigentlich ziemlich klar: Nein, das ist er nicht. Wenn man das anders sieht, Frau Kollegin Dr. Schaal, dann hat man schon eine ziemlich verzerrte Wahrnehmung der Realität.
Das spüren Sie auch, wenn Sie unter Ziffer 3 der Drucksache die Bewertung des Verhandlungsergebnisses durch den Senat lesen. Dort finden Sie nämlich keineswegs die Verkündung eines Verhandlungserfolgs, sondern das genaue Gegenteil, nämlich eine Rechtfertigung dafür, dass die Umsetzung des Volksentscheids eben nicht gelungen ist.
Ich will unsere Kritik an dem Verhandlungsergebnis an zwei Punkten verdeutlichen. Der Volksentscheid verpflichtet den Senat, alle notwendigen und zulässigen Schritte zu unternehmen, die Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die öffentliche Hand zu bekommen, aber über 2015 lesen Sie in der Drucksache nichts. Herausgekommen ist stattdessen eine Option, nach der die Stadt die Anteile an der Hamburg Netz GmbH zum 1. Januar 2018 kaufen kann. Eine Option ist ein Recht und keine Pflicht. Nirgendwo in der Drucksache – der Kollege Bill hat zutreffend darauf hingewiesen – finden Sie auch nur ein Wort darüber, dass der Senat von seinem Recht auch Gebrauch machen wird.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?
Vielen Dank. – Ich würde Ihnen gerne die gleiche Frage stellen, die ich eben dem Kollegen Bill gestellt habe. So Sie in der nächsten Bürgerschaft vertreten sein sollten und so Sie die Möglichkeit hätten, auf die Ausübung der Kaufoption politisch Einfluss zu nehmen, werden Sie die Kaufoption wahrnehmen, ja oder nein?
Vielen Dank für die Frage, Kollege Dressel; sie war nicht ganz überraschend. Wir werden alles dafür tun, dieses Ergebnis nachzuverhandeln, weil es für die Stadt ein schlechtes Geschäft ist.
Wie gesagt, über 2015 lesen Sie in der Drucksache nichts. Keine Pflicht; wir haben eben darüber gesprochen. Das Bemerkenswerte bei diesem Ergebnis ist, dass es überhaupt kein Problem gewesen wäre, eine solche Selbstverpflichtung in den Vertrag mit hineinzunehmen, denn für den Kauf der Anteile haben die Stadt und E.ON bereits einen Festpreis in Höhe von 275 Millionen Euro vereinbart. Man hätte also durch eine Selbstverpflichtung – die Aussage, man werde die Option auch ausüben – keinerlei Verhandlungsposition preisgegeben.
Resümee: Wenn ich Befürworter der Volksinitiative gewesen wäre, was ich bekanntlich nicht war, dann würde ich heute sehr genau hinschauen, ob sich der Senat nicht in Wahrheit eine Hintertür offen hält. Und als Befürworter der Volksgesetzgebung, der ich wiederum bin, stelle ich fest, dass der Senat seiner gesetzlichen Verpflichtung aus dem Volksentscheid bislang nicht nachgekommen ist.
Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf den Preis. 2011 hat der Senat für 25 Prozent Beteiligung an der Hamburg Netz GmbH 80,4 Millionen Euro gezahlt, demnach müssten die restlichen 75 Prozent etwa 241 Millionen Euro kosten. Tatsächlich aber hat der Senat einen Festpreis von 275 Millionen Euro vereinbart – eine Preissteigerung von satten 34 Millionen Euro in zweieinhalb Jahren. Diese Preissteigerung wird nicht plausibilisiert. Sie wird stattdessen mit dürren Worten unter Hinweis auf die Bewertung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft begründet. Die Formulierung, die die Wirtschaftsprüfer gewählt haben und die in der Drucksache wiedergegeben wird, muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen – Zitat –:
"KPMG hat bestätigt, dass der Transaktionspreis innerhalb einer Bandbreite von […] Werten […] vergleichbarer Transaktionen liegt […]."
Da hat man dann schon den Eindruck, dass der Senat in Wahrheit nur ein für ihn lästiges Thema rechtzeitig vor dem Wahlkampf abräumen wollte. Die Zeche zahlen einmal mehr die Hamburger Steuerzahler.
Der Senat bleibt darüber hinaus eine plausible Antwort darauf schuldig, warum, und das ist anders als beim Optionsvertrag für das Fernwärmenetz. Bereits jetzt wird ein hoher Kaufpreis festgelegt und nicht erst bei Ausübung der Option im Jahre 2018 durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer ermittelt. Es ist doch völlig klar, dass ein Unternehmen, das damit rechnen muss, sein Gasnetz 2018