Protocol of the Session on January 21, 2015

weniger Feiern und mehr Orientierung an der Sache für den bezahlbaren Wohnungsbau, das wäre dem Thema nützlicher. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Sie werden noch zum Sozialisten!)

Jetzt hat das Wort Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war zu befürchten, Frau Timmermann, dass die SPD die Zahlen, die sie hier vorbringt, benutzt, nicht nur um zu sagen, sie hätte die Zahlen erfüllt, sondern auch, um die Defizite, die dabei übrig geblieben sind, zu kaschieren. Und genau das, was wir befürchtet haben, ist nun leider wieder eingetreten. Die realistische Sicht auf die Wohnungsmarktsituation, die sich in vielen Zahlen widerspiegelt, wird dabei mehr oder weniger weggewischt. Das ist traurig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gerade dann, wenn die Wohnungen aus den Bindungen fallen, selbst wenn es geringe Mietsteigerungen sind, trifft es zum einen besonders diejenigen, die Hartz IV empfangen und mit einem Mal dann in eine Situation geraten, in der sie aus der Wohnung heraus müssen, weil die Kosten der Unterkunft nicht mehr entsprechend übernommen werden und es zu Verzügen kommt. Wir wissen, dass leider auch in einigen Fällen bereits bei Vertragsabschluss Staffelmietverträge abgeschlossen werden, sodass dann nach dem Wegfall der Bindung – das haben wir auch kritisiert – diese Mieten entsprechend nach oben schnellen.

Ich habe auch sehr lange kritisiert, dass die 15-jährige Laufzeit viel zu kurz ist. Sie hatten vier Jahre Zeit, das zu verlängern, und jetzt bringen Sie es als Option. Das ist ein erster Schritt, aber es ist eigentlich viel zu wenig.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie haben es gar nicht gemacht!)

Ich weiß, Herr Kienscherf, Sie fangen wieder an. Sie haben vier Jahre Zeit gehabt, die Sie nicht genutzt haben. Es nützt nichts, an vorige Zeiten zu erinnern, sondern Sie haben diese vier Jahre nicht genutzt, und das ist Ihr Versäumnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal auf die Verzögerungen hinweisen, die vonseiten der BSU gekommen sind und dazu geführt haben, dass die Spitze der Notfälle, die Dringlichkeitsscheine, nicht abgebaut wird. Die Verzögerung bei den Freistellungsgebieten, also bei denjenigen Wohnungen, die eigentlich für Notfälle gedacht sind, sind dort ausgenommen worden. Das ist eine erhebliche Zahl, und das hätte passieren können, aber das ist vonseiten der BSU abgelehnt worden. Sie hätten auch die geförderten Wohnungen aufheben können. Auch das ist nicht passiert. Und die SAGA hätte auch bei den WA-Bindungen etwas mehr herangezogen werden können. Das wären alles erste Schritte gewesen, um diese explodierenden Zahlen der Dringlichkeitsscheine entsprechend in den Griff zu bekommen. Das haben Sie alles versäumt, und hier müssen wir ran.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen langfristig Wohnraum, der niedrigpreisig bleibt. Das ist mit dieser Politik so nicht zu machen, und deswegen brauchen wir Wohnraum, der im niedrigeren Segment in einer Stadt wie Hamburg dauerhaft zur Verfügung steht. Hier werden wir herangehen müssen und auch Ideen und Vorschläge einbringen, um das entsprechend fortzuführen und konstruktive Lösungen zu finden.

(Dirk Kienscherf SPD: In Ihrem Wahlpro- gramm steht aber nichts!)

(Hans-Detlef Roock)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Beispiel für sozialdemokratische Wohnungspolitik geben, denn dieses Spiel mit den Zahlen ist wirklich manchmal haarsträubend. Ich hebe dieses Heft hoch, das jetzt gerade erschienen ist: "Retter für Hamburgs Backsteinerbe gesucht". Das ist das Backsteingebäude am Elisabethgehölz. Es sind 122 Wohnungen, relativ preisgünstig, kleinere Wohnungen, nicht zu teuer, auch für alleinstehende Menschen bezahlbar. Es soll abgerissen werden, und die SPD hätte es verhindern können, aber sie hat es nicht verhindert. Stattdessen gibt es einen Neubau mit nur 101 Wohnungen, die dann in die Statistik hineinkommen, aber 122 Wohnungen werden kaputtgemacht. Dazu kommt noch, dass es hier eine Mieterschaft gab, die eigentlich dort bleiben wollte, die sich auch verbunden fühlt mit diesen Gebäuden und die nun, teilweise mit katastrophalen Methoden, aus den Wohnungen herausgedrängt worden ist. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass wir es deshalb unterstützen. Herr Kienscherf, ich gebe Ihnen ein paar Flyer, die können Sie dann noch mit benutzen.

(Olaf Duge GRÜNE wirft Flyer in den Plenar- saal – Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Duge, was soll das? Das können Sie zu Hause machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Duge, ich würde Sie bitten, die Flyer aufzusammeln, die Sie in die Gegend geworfen haben. Nun hat das Wort Herr Dr. Duge von der FDPFraktion. Duwe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich Duge heißen würde, würde ich jetzt diese Flyer aufheben, aber ich habe sie nicht geworfen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl frakti- onslos)

Wir gleiten schon wieder in eine Art Wünsch-dirwas-Veranstaltung ab. Beim Wohnungsbau ist das immer schön.

(Arno Münster SPD sammelt die Flyer ein. – Dirk Kienscherf SPD: Lass das, Arno!)

Kommen wir noch einmal zu den Fakten. Wir haben gerade festgestellt, dass das mit den Prozentsätzen und dem Dreisatz für einige Kolleginnen und Kollegen ein bisschen schwierig geworden ist. Es ist sehr wichtig zu sehen, dass die staatlichen Gelder nun einmal endlich sind. Und wenn wir möglichst viele Wohnungen in Hamburg zu vernünftigen Preisen erstellen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass auch andere Geldgeber sich bereiterklären können, überhaupt zu investieren,

sprich, wir müssen das Investitionsklima in Hamburg verbessern. Das bedeutet weniger Vorschriften, weniger Gängelung und ein bisschen mehr Vertrauen, dass der Markt durch mehr Wohnungen auch die Mietpreise dämpfen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Aktuellen Stunde. Wir werden sie morgen fortsetzen mit dem dritten, vierten und fünften Thema.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3, Drucksache 20/14092, Unterrichtung durch die Präsidentin: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung – Drs 20/14092 –]

Der Stimmzettel für diese Wahl liegt Ihnen vor. Er enthält je ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Ich bitte Sie, den Stimmzettel nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig.

Bitte nehmen Sie jetzt Ihre Wahlentscheidung vor.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Ich darf Frau Timmermann und Herrn Wankum bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

Sind alle Stimmzettel eingesammelt? – Das ist der Fall. Dann ist die Wahlhandlung geschlossen.

Das Wahlergebnis wird ermittelt und Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt gegeben.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 79, Drucksache 20/14169, Antrag der GRÜNEN Fraktion: Aussetzung der Abschiebungen für Flüchtlinge, die gemäß EU-Konvention als besonders schutzbedürftig gelten, über die Wintermonate.

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Aussetzung der Abschiebungen für Flüchtlinge, die gemäß EU-Konvention als besonders schutzbedürftig gelten, über die Wintermonate – Drs 20/14169 –]

Das Wort hat Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

(Olaf Duge)

Das Wahlergebnis ist auf Seite 7830 zu finden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema ist nicht neu, und obwohl wir seit vielen Jahren in den meisten Landesparlamenten die politische Diskussion um einen Winterabschiebestopp führen, ist die Ausgangslage in diesem Jahr doch eine andere. Im Herbst vergangenen Jahres wurde ein sogenannter Asylkompromiss auf Bundesebene gefunden.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Dieser beinhaltet die faktische Unmöglichkeit der Gewährung von Asyl für Menschen aus Serbien, Bosnien und Mazedonien. Ziel der, das ist bekannt, aus meiner Sicht falschen Entscheidung, die genannten Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, ist unter anderem, die Zahl der Antragstellenden zu reduzieren, ein entsprechendes Signal zu geben und den Menschen schon von vornherein klar zu machen, dass sie in Deutschland kaum eine Chance auf Asyl haben. Ob dieser Effekt eingetreten ist, wird man erst in einigen Monaten nachweisen können. Heute und jetzt geht es aber um die Menschen, die seit Monaten oder auch schon seit vielen Jahren hier sind, oft Familien mit kleinen Kindern und kranke Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien, die mit einer Duldung in Hamburg leben. Sie sind ausreisepflichtig und ohne Perspektive auf einen Aufenthaltsstatus. Um diese Menschen geht es in unserem Antrag.

(Beifall bei Phyliss Demirel und Katharina Fegebank, beide GRÜNE)

Die meisten von ihnen gehören zu der ethnischen Gruppe der Roma. Es ist unstrittig, dass es eine ethnische Diskriminierung in den genannten Herkunftsländern gibt, das berichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenso wie PRO ASYL oder Amnesty International; es gibt eine einhellige Meinung, die genau das belegt. Das ist nun auch nicht erst seit einigen Jahren so, deswegen führen wir diese Debatte schon seit längerer Zeit.

Viele dieser aktuell hier geduldeten Familien sind schon in den Kinderjahren der Eltern zum ersten Mal nach Deutschland oder sogar nach Hamburg vertrieben worden oder vor dem Krieg damals geflohen. Sie haben vergeblich versucht, einen festen Aufenthalt zu bekommen. Sie sprechen die Sprache, aber haben in der Vielzahl eine abgebrochene Schulbiografie und keine Ausbildung. Die Bleiberechtsregelungen wurden für sie nicht wirksam. Die hohen Anforderungen, die dort gestellt wurden, konnten von ihnen nicht erfüllt werden, zum Beispiel, weil sie als Roma in ihren Herkunftsländern gar nicht registriert wurden und deshalb keine Papiere hatten und auch keine Papiere bekommen. Nun versuchen sie es wieder, um ihren Kindern eine bessere Perspektive zu bieten. Faktisch ist das kaum möglich. Das Aufenthaltsrecht und die neuen Asylregelungen lassen das nur in

sehr wenigen Ausnahmefällen zu. Das ist bitter genug, denn diese Menschen kommen nicht nur aus Armut, sondern sie haben auch Traumatisierungen durch konkrete Bedrohungen und Übergriffe.

Auch wenn die europäischen Asylvereinbarungen wenig gewährende Regelungen enthalten, gibt es doch seit vielen Jahren eine Schutzregelung für Familien mit kleinen Kindern, für kranke und traumatisierte Personen und für unbegleitete Kinder und Jugendliche. Diese Schutzregelung will der besonderen Verletzlichkeit dieser Flüchtlinge gerecht werden, auch wenn es keinen Asylanspruch und keine andere Aufenthaltsmöglichkeit gibt. Das ist die Herleitung und Begründung für sogenannte Winterabschiebestopps für die genannten Personengruppen, verbunden mit den Herkunftsländern, in denen der Winter die Situation der Abgeschobenen massiv verschärft. Das genau ist auch das Ziel unseres Antrags: ein befristeter Schutz der Menschen allein aus humanitären Gründen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Es wäre eine Verständigung, die anerkennt, dass neben der alltäglichen Diskriminierung in den Herkunftsländern der Winter die Not und die tatsächliche Lebensgefährdung verschärft und wir deshalb Schutz gewähren.