Protocol of the Session on November 26, 2014

(Beifall bei der CDU und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Es gibt viel zu tun. Leider fehlt der SPD im Moment die Kraft, und sie hat auch diese Perspektive für den Hafen nicht. Hamburg kann der Impulsgeber für Norddeutschlands Wirtschaft werden,

(Zuruf von Dr. Monika Schaal SPD)

aber dafür muss Hamburg mehr tun, damit der Hafen das starke Herz unserer Wirtschaft bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Balcke von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach dreidreiviertel Jahren ist das Thema Hafen und Wirtschaft nun auch in der CDUFraktionsspitze angekommen. Dafür zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, Herr Wersich.

(Beifall bei der SPD)

Es ist bemerkenswert, dass Sie das Thema Hafenpolitik im Endspurt möglicherweise endlich zur Chefsache machen.

Sie haben einen Antrag vorgelegt, den man "Thema mit Variationen" überschreiben könnte. Wir unterhalten uns seit vielen Wochen, beinahe Monaten immer über dasselbe. Es ist aber auffällig, dass substanziell wenig übrigbleibt. Ihre Ansätze und Vorschläge schlagen sich nirgendwo nieder, weder in der Hafenwirtschaft noch in der Medienlandschaft. Der Versuch der CDU zu suggerieren, dass die Hafenpolitik beim SPD-Senat nicht in guten Händen sei, verfängt nicht. Wir werden uns also möglicherweise auch während der nächsten Sitzungen in der Bürgerschaft immer wieder mit dem gleichen Thema auseinandersetzen, und wir werden immer wieder auf gleiche Weise reagieren.

Wir diskutieren das heute zum dritten Mal nach immerhin dreieinhalb Jahren Schweigen. Positiv ist, dass der Kollege Ohlsen, der sich wahrscheinlich auch noch zu Wort melden wird, über diese dreieinhalb Jahre sehr konstruktiv mit uns zusammengearbeitet hat; ich habe das schon beim letzten Mal gesagt. Das freut uns. Wir haben natürlich Verständnis dafür, dass auf den letzten Metern vor der Wahl nun noch einmal versucht wird, das eine oder andere Thema hochzukochen.

Was ist das eigentliche Problem? Sie dokumentieren mit dieser Drucksache, dass Sie Sinn und Zweck des Hafenentwicklungsplans immer noch nicht verstanden haben: damals nicht, als Sie noch an der Regierung waren und in der Lage gewesen wären, konzeptionell etwas umzusetzen, und heute nicht, wenn es darum geht, konstruktive Vorschläge zu machen, wie es noch besser ginge.

(Beifall bei der SPD)

(Dietrich Wersich)

Das verwundert auch nicht, weil sich der CDU-Senat damals – ich muss es leider immer wieder erwähnen, weil es in diese Debatte gehört – komplett mit der Hafenwirtschaft überworfen hat. Auch heute gibt es nicht viele, die zu sagen wagen, es sei gut, was die CDU in Sachen Wirtschaftspolitik und in Sachen Hafenpolitik vorschlägt, sondern das wird zur Kenntnis genommen, und das tun wir auch.

Sie sind damals mit dem Versuch, einen Hafenentwicklungsplan aufzustellen, kläglich gescheitert. Das wurde irgendwann auch zugegeben. Wir haben 2012 einen konstruktiven Dialog mit der Hafenwirtschaft aufgenommen und als Signal einen vielbeachteten und auch heute noch als Grundlage für die zukünftigen Jahre geltenden rahmengebenden Hafenentwicklungsplan aufgelegt, der übrigens seine Gültigkeit unabhängig von konjunkturellen Schwankungen und einzelnen Finanzplänen hat.

Meine Damen und Herren! Die Hamburger Hafenwirtschaft ist dynamisch. Unternehmen entwickeln sich ständig weiter. Das macht ihren Erfolg aus. Das ist die Grundlage für Fortschritt und macht uns an dieser Stelle zur Innovationshauptstadt. Der Hamburger Hafen ist erfolgreich. Auch hier, Herr Wersich, haben Sie versucht, ein Zerrbild darzustellen; ich werde darauf gleich im Einzelnen eingehen. Es ist wichtig zu sagen, dass der Hafen gut dasteht, man sollte das aber nicht mit einem "Ja aber" kommentieren. Das stärkt uns weder noch hilft es uns im Wettbewerb mit den anderen Häfen.

(Beifall bei der SPD)

Der Containerumschlag nimmt seit Jahren zu. Sie sagen, wir würden nur dieses Thema in den Vordergrund stellen – weit gefehlt. Der Hafenentwicklungsplan – ich nehme an, Sie haben ihn gelesen, denn Sie haben Ihren Antrag von ihm abgeschrieben – besteht aus vielen Einzelmaßnahmen. Die in dieser Woche vorgelegten Zahlen belegen noch einmal eindrucksvoll die positiven Perspektiven des Hafens. Für dieses Jahr wird beim Gesamtumschlag ein Wachstum von 3,6 Prozent und beim Containerumschlag ein Wachstum von 3,8 Prozent erwartet. 110 Millionen Tonnen bis September stellen schon heute einen neuen Rekord dar. Das ist erfolgreiche Hamburger Wirtschaftspolitik. Wir müssen also die konjunkturellen Entwicklungen nutzen, um kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist damit auch Gewinner innerhalb der Nordrange und zeigt einmal mehr, welche enormen Potenziale und Chancen in unserem Hafenstandort stecken. Selbst bei den üblicherweise stagnierenden Massengütern können wir eine Zunahme um 0,7 Prozent feststellen. Der Hafen ist hervorragend aufgestellt und sehr gut auf dem inter

nationalen Markt positioniert. Wir sind uns einig darin, dass das nicht zum Anlass genommen werden darf, sich auszuruhen. Langfristig angelegte Strategiepapiere wie eben der Hafenentwicklungsplan sind jedoch grundsätzlich nicht in der Lage, sämtliche tagesaktuellen Veränderungen planerisch zu antizipieren. Das genau ist der Trugschluss. Wir können keine tagesaktuelle Politik in den Hafenentwicklungsplan einstellen; das ist nicht der Geist. Das ist Ihr Missverständnis, und das wird auch Ihr Scheitern dokumentieren.

(Beifall bei der SPD)

Was wäre denn das Ergebnis? Das Ergebnis wäre eine kontinuierliche Neuauflage und Aneinanderreihung kurzatmiger Papiere, die lediglich hohen Verwaltungsaufwand verursachen würden, ohne einen nennenswerten hafenpolitischen Zusatznutzen zu erzeugen. Es ist vielmehr sinnvoll, einen langen Horizont zu skizzieren, mit welchen konkreten Maßnahmen die langfristigen Umschlag- und Wachstumspotenziale des Hamburger Hafens ausgeschöpft werden können. Genau das leistet der aktuelle Hafenentwicklungsplan. Er beschreibt grundsätzliche Maßnahmen, die auch größtenteils weiterhin Gültigkeit besitzen. Vereinzelte Änderungen stellen den Hafenentwicklungsplan in Gänze nicht infrage.

Auf die einzelnen Maßnahmen werden wir vielleicht in der weiteren Debatte noch zu sprechen kommen. Weil Sie es angesprochen haben, Herr Wersich, lassen Sie mich an dieser Stelle nur sagen: SmartPORT logistics, smartPORT energy, zwischenzeitliche CTS-Nutzung gehören natürlich mit in diese Debatte, weil sie Bestandteil der aktuellen SPD-Wirtschaftspolitik sind, weil wir auf Veränderungen des Marktes eingehen und sehr, sehr kluge Zwischenlösungen skizzieren. Überstürzte Schlüsse zu ziehen und sich voreilig festzulegen sind an dieser Stelle kontraproduktiv und nicht zielführend.

Sie haben das Thema Hafenkooperation angesprochen, ein wichtiges Thema, keine Frage. Aufseiten der Unternehmen findet diese Zusammenarbeit statt – gerade EUROGATE ist ein sehr prominentes und gutes Beispiel für eine bremisch/hamburgische Zusammenarbeit –, und auf politisch-administrativer Ebene erfolgt sie ebenso. Aber das müssen Sie auseinanderhalten. Es ist die Privatwirtschaft, die die Warenströme lenkt. Das macht eben nicht der Staat, liebe CDU.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Nicht der Staat dirigiert die Warenströme, sondern die Reedereien entscheiden sich je nach Attraktivität der Standorte dafür, wo die Ladung gelöscht wird. Das ist nun einmal ein marktwirtschaftliches Prinzip,

(Beifall bei der SPD)

das muss ich der CDU an dieser Stelle leider ins Stammbuch schreiben.

(Dietrich Wersich CDU: Wo steht denn das?)

Was ist denn neu beim CDU-Kooperationsansatz? Nichts. Bisher waren es eher die GRÜNEN und LINKEN, die das Thema, die Warenströme dirigistisch zu lenken, auf die Tagesordnung gebracht haben.

(Dietrich Wersich CDU: Wo steht denn das?)

Ich bin schon etwas überrascht, dass die CDU in den Chor dieser sozialistischen Wirtschaftspolitik einfällt. Dieser dirigistische Ansatz kann keinesfalls mit Ihrem Wirtschaftsrat abgestimmt worden sein, lieber Herr Wersich.

(Sören Schumacher SPD: Na, der fällt ja auch gerade auseinander!)

Lassen Sie mich als Mitglied einer Partei, die den demokratischen Sozialismus in ihrem Parteiprogramm stehen hat, eines klar sagen: Eine staatlich verordnete Ladungslenkung funktioniert in der Praxis nicht. Die Unternehmen verlangen sie nicht, wir brauchen sie nicht und wir lehnen sie ab.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Herr Balcke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Wir sind da völlig einig.

(Beifall bei Arno Münster SPD)

Aber wenn Sie uns das zuschieben, dann müssten Sie vielleicht wenigstens eine Quelle angeben können, wo die CDU eine Warenlenkung gefordert hat.

Lieber Herr Wersich, in Ihrem Antrag steht, dass Sie ganz konkret Kooperationen staatlicherseits initiieren wollen, nämlich zwischen den jeweiligen Häfen, und das funktioniert schlichtweg nicht. Hier gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Darum müssen wir unseren Hafenstandort attraktiv halten, und deswegen machen wir das auch.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Birgit Stöver CDU)

Zur Finanzierung, immer wieder ein Lieblingsthema. Ich bemühe es jedes Mal aufs Neue, wenn Sie das Thema ansprechen. Sie bemängeln, dass der Hafenentwicklungsplan keine zufriedenstellenden Ausführungen zur Hafenfinanzierung enthalten würde. Das ist ausdrücklich richtig, und Sie als Abgeordnete wissen das auch. Alle zwei Jahre – wir stehen wieder kurz davor – beschließt dieses Haus

den Haushalt und damit auch die Finanzierung unseres Hafens. Das ist aber nicht Bestandteil des Hafenentwicklungsplans – ich wiederhole es gerne noch einmal –, das war es nicht und das wird es nie sein.

Allerdings ist die Hafenfinanzierung ein trauriges Beispiel für die seinerzeit kurzsichtige und mangelhafte CDU-Hafenpolitik. Nachdem Sie unter Beteiligung der GRÜNEN mit "Hafen finanziert Hafen" – Sie haben es zu Recht angesprochen – krachend gescheitert sind, steuern wir um. Jährlich 100 Millionen Euro Investitionsmittel aus dem Hamburger Haushalt zuzüglich des Hafengeldes in Höhe von 24 Millionen Euro stellen eine solide und auskömmliche Finanzierung des Hafens dar. Das haben Sie nie hinbekommen, zu keiner Zeit.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Stimmt doch gar nicht!)

Das hört sich so leicht an. Wahr ist, dass es ein enormer Kraftakt gewesen ist, aus der Null des CDU-Senats im Titel Hafeninvestitionen eine satte Eins mit acht Nullen zu machen. Das ist SPD-Wirtschaftspolitik in Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Unverständlich ist, dass Sie in Ihrem Antrag im Gegensatz zu Ihrer Rede wieder keine Zahlen nennen. Öffentlich sprechen Sie von 150 Millionen Euro, die Sie in den Hafen stecken wollen. Wir sind sehr gespannt, was die Kompensationsvorschläge im Rahmen der Haushaltsberatungen angeht. Sie legen weder konkrete Anträge vor noch sagen Sie, woher das Geld kommen soll: Wiedereinführung der Kita-Gebühren – das war ja einmal eine CDUIdee; Lehrer entlassen – wäre mal etwas Neues; keine Löschbote, weniger Polizisten – da müssten Sie mit Kalli Warnholz in die Diskussion gehen. Die Antwort sind Sie immer schuldig geblieben. Aber die Wahrheit ist doch offensichtlich, liebe CDU, dass Sie nicht wissen, wie Sie diese finanziellen Mittel aufbringen wollen. Das reicht nicht aus.