Protocol of the Session on July 10, 2008

Zum Thema bürokratisches Monstrum. Ich erinnere mich noch an die damalige Einführung des Büchergeldes. Es ist völlig richtig, dass es damals Schwierigkeiten mit dem Computerprogramm LITTERA. Ich glaube, ich habe selber an dieser Stelle gesagt, dass der Weg zum Altar lang ist, aber dass er sich lohnt. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das völlig richtig ist. Ich höre auch, dass dieser bürokratische Aufwand an Schulen durch das Computerprogramm inzwischen auf ein notwendiges, vernünftiges Maß reduziert werden konnte. Von bürokratischem Monstrum kann hier gar nicht die Rede sein.

(Beifall bei der CDU)

Von der SPD hätte ich eigentlich eine differenziertere Sichtweise dieses Themas erwartet. Die Linkspartei positioniert sich ohnehin als eine Art Volksbeglückungspartei.

(Kersten Artus DIE LINKE: Besser als Volks- bestrafungspartei!)

Das kann die SPD sowieso nicht überbieten. Ich empfehle jedenfalls, auf Ihrer Suche nach einem schulpolitischen Profil der Senatslinie zu folgen und auf Qualität Wert zu legen. Das Büchergeld sorgt in diesem Sinne für Qualität in der Schule und ist auch ein wichtiges Bekenntnis zum Buch als Lernmittel. Ich bitte Sie also inständig, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Gwosdz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erhebung von Gebühren ist natürlich kein Selbstzweck. Manche Gebühren halte ich persönlich für sehr notwendig – Kfz-Gebühr, GEZ-Gebühr, um einmal meine Lieblingsfavoriten zu nennen –, bei anderen muss ich erst vom Nutzen überzeugt werden. Das Beispiel Büchergeld gehört dazu.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dr. An- dreas Dressel SPD: Und, sind Sie über- zeugt?)

Wir haben gelernt, dass es nach dem anfänglichen, kritikwürdigen Durcheinander positive Auswirkungen beim Büchergeld an den Schulen gibt. Der Kollege Lemke hat das schon erwähnt. Die

(Dittmar Lemke)

Mittel für die Schulbücher haben sich in etwa verdoppelt. Wir haben dadurch besseres und moderneres Lernmaterial. Das ist ganz entscheidend für die Schulen.

Der vorliegende Antrag nimmt den Schulen nun erhebliche Mittel, denn was ist mit der Gegenfinanzierung? Der Kollege Lemke hat es schon angesprochen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens: Wir schichten um im Haushalt der Bildungsbehörde. Dann müssen Sie uns allerdings auch sagen, was wo in der Bildungsbehörde eingespart werden soll. Wir haben innerhalb des Haushaltes andere Prioritäten gesetzt.

(Zuruf von Wilfried Buss SPD)

Was streichen Sie in dem Haushalt der Bildungsbehörde?

Zweitens: Wenn Sie nicht umschichten und das ausfallende Büchergeld nicht ersetzen wollen, ist die andere Alternative, dass Sie das Geld für die Lernmittel halbieren. Dann erklären Sie bitte diese Halbierung für die Lernmittel, für die Bücher, den Eltern, den Schülern und den Lehrern.

Stichwort soziale Belastungen. Natürlich ist jede finanzielle Mehrausgabe – 50 Euro, 80 Euro, 100 Euro im Jahr – zunächst einmal eine finanzielle Mehrbelastung. Aber schließt das auch sozial weniger gut gestellte Familien und Kinder aus? Nein, tut es nicht. Es gibt viele Befreiungen. Der Senat trägt allein Mittel in Höhe von 2,3 Millionen Euro pro Jahr, um ausfallende Gebühren zu ersetzen. Auch künftig wird es noch mehr Entlastungen geben. Auch das hat der Kollege Lemke bereits angekündigt. Wir überprüfen, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, die Definition der Förderberechtigten mit dem Ziel, die Geringverdiener und Geringverdienerinnen zu entlasten.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Diese Entlastung wird kommen und darauf ist Verlass.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Noch ein Wort zum Stichwort Verwaltung des Büchergelds. Wir haben im Koalitionsvertrag und an einer anderen Stelle festgehalten, dass die Schulen zusätzliche Personalkapazitäten für die Verwaltung an den Schulen bekommen, nicht nur für das Büchergeld – es gibt noch andere Verwaltungsaufgaben –, aber das Verwaltungspersonal an den Schulen wird aufgestockt, verbessert und das auch in naher Zukunft.

(Ingo Egloff SPD: Dafür haben Sie auch die Finanzierung, oder?)

Da wir keinen Finanzierungsvorschlag haben, wie wir das Büchergeld ersetzen sollen,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Dann ma- chen Sie doch einen vernünftigen Vor- schlag!)

und die Streichung eine Verschlechterung der Situation an den Schulen bedeuten würde, bitten wir Sie, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lemke, ein glückliches Volk, das wäre doch mal eine lohnende Zukunftsperspektive. Daran könnten Sie sich vielleicht einmal orientieren.

Wenn wir über Büchergeld sprechen, dann sprechen wir genau wie gestern über gebührenfreie Bildung. Wenn man allen die Chance für den Zugang zur Bildung ermöglichen will, dann muss man demokratischer Weise dafür sorgen, dass es gebührenfrei ist.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Deshalb bräuchte man eigentlich über dieses Thema gar nicht weiter zu reden, als dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass es gebührenfrei ist.

(Jörn Frommann CDU: Warum?)

Weil es dann für alle den Zugang ermöglicht. Ich weiß nicht, welche Vorstellung Sie haben. Als ich im Jahre 2000 in einer Klasse gesagt habe, wir machen in zehn Tagen einen Ausflug und jeder bringt 6 Euro mit, da war das ein Klacks. Wenn ich das heute sage, weiß ich, dass davon die Hälfte der Schüler das nicht bezahlen kann. Das ist der große Unterschied und Sie haben einen Realitätsverlust sondergleichen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Daran kann ich gleich anschließen. Selbst wenn man sagt, dass Eltern eventuell zahlen müssten, was nicht unsere Auffassung ist, dann muss man doch einmal sehen, welche Kosten Eltern haben, wenn ihre Kinder zur Schule gehen. Es ist doch nicht nur das Büchergeld, es ist die Klassenkasse, es sind die Klassenfahrten, es sind die Ausflüge. Da kommen unglaubliche Summen zusammen, zumal wenn es noch mehrere Kinder sind. Herr Joithe-von Krosigk hat vorhin ziemlich deutlich gemacht, wie viele Menschen in Hamburg auf Transferleistungen angewiesen sind.

(Jörn Frommann CDU: Die müssen doch auch nicht bezahlen!)

Die meisten davon sind Eltern und haben Kinder. Da sind zum Beispiel 6 Euro, 10 Euro, 80 Euro

(Michael Gwosdz)

sehr viel Geld. Nun sagen Sie natürlich, sie könnten ja einen Zuschuss beantragen, und das ist genau der Punkt, bei dem ich Frau Rugbarth nachhaltig unterstützen möchte. Wir haben in Hamburg die Situation, dass die Kinder über die Eltern definiert sind. Immer müssen Kinder von Eltern, die Transferleistungen bekommen, Anträge stellen, sie müssen Ausweise vorzeigen und nachweisen, dass sie nicht genug Geld haben und das, finde ich, ist ein unhaltbarer Zustand. Das ist für die Kinder eine psychische Belastung.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wenn ich sehe, was drei Personen in unserer Schule tun müssen, um das Büchergeld zu verwalten und das alles aufrechtzuerhalten und wieder zurückzunehmen, dann wage ich einmal die Behauptung, dass das ein Nullsummenspiel ist. Diese Bürokratie könnte man sich sparen und das Büchergeld wieder abschaffen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Hinzu kommt, dass es in der jetzigen gesellschaftlichen Situation auf keinen Fall geht, selbst wenn man meint, wie Sie es wahrscheinlich meinen, dass man Büchergeld erheben könnte. Wir wissen aus allen Medienberichten, dass es nicht nur die untere Mittelschicht ist, die inzwischen kaum noch mit ihrem Einkommen auskommt und nicht über den Monat kommt, es greift immer weiter um sich. Die Gebühren nehmen immer mehr zu. Das Büchergeld ist noch eine Gebühr, die dazu kommt, und deshalb muss es auch abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben recht, Herr Lemke, dass das Geld nicht vom Himmel fällt. Ich habe auch nicht gesehen, dass die SPD das so sieht. Wenn ich allerdings lese, dass es ein Loch im Haushalt von 3 Milliarden Euro gibt,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wo steht das? Sie lesen die falsche Zeitung!)

dann kann ich einmal den Umkehrschluss ziehen und dann heißt das für mich, dass bei der CDU das Geld in einem schwarzen, tiefen Loch verschwindet.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir von der LINKEN haben einen Vorschlag gemacht, wie man bestimmte Dinge finanzieren kann. Wir haben Ihnen schon mehrmals vorgehalten, dass Sie ganz bewusst die Einnahmenseite des Staates kurz halten. Wir haben den Vorschlag gemacht, dass man die Steuerprüfer, die Steuerfahnder, die Betriebsprüfer erhöhen könnte. Das sind Einnahmen von mehreren hundert Millionen pro Jahr, auf die die Stadt Hamburg verzichtet