Protocol of the Session on July 9, 2008

Da ich die Senioren gerade erwähnt habe, möchte ich dieses Bild weiter bedienen: Senioren, die ihre Bahnen ziehen, die abgetrennte Bahn einer Schwimmgruppe, eine Kindergruppe, die auf der Bank sitzt und kaum abwarten kann, endlich ins Wasser zu dürfen. Zwischen ihnen meistens ein Kind, das die Badehose vergessen hat, traurig und zum Zuschauen verdonnert ist – ich denke, dieses ist ein Bild, das Sie vielleicht mit mir teilen können. Ich möchte an diesem Bild weiter festhalten: Ein guter Bademeister versucht die Interessen der verschiedenen Beteiligten zu berücksichtigen, zeigt Lösungen auf, ist zugewandt, klar und vorausschauend und kommt seiner vornehmlichen Aufgabe, nämlich Notsituationen zu verhindern, nach.

(Zuruf von Frank Schira CDU)

2005 hat der CDU-Senat – und vielleicht hören Sie zu, Herr Schira – in einem Alleingang beschlossen, die Lehrschwimmbecken dichtzumachen, sie auszutrocknen. Die Schließung bedrohte das sportliche Angebot von Kitas, Schulen und Vereinen. Aus dieser Notsituation heraus hat sich eine Vielzahl von Vereinen und Initiativen aktiv darum bemüht, die Lehrschwimmbecken auch ohne die gestrichenen Behördengelder weiter zu betreiben, um Kindern und Jugendlichen früh die Möglichkeit zu eröffnen, das Schwimmen zu erlernen. Wie wichtig diese frühe Schwimmerziehung ist, demonstrieren jedes Jahr die traurigen Zahlen von Ertrunkenen in Deutschland. Experten und vor allem die DLRG gehen davon aus, dass mangelnde Schwimmerfahrung und Überschätzung Hauptgründe für diese tragischen Todesfälle sind. 2005 kam es zu 477 Todesfällen, 2006 waren es 606 und 2007 484. Es muss also von einem Sockelwert von 500 Todesfällen pro Jahr ausgegangen werden und je nach Sommer können bei Hitzewellen 100 bis 150 weitere hinzukommen. Dabei werden die Fakten von Seiten des Senats wissentlich ignoriert, denn die Auslastung der Lehrschwimmbecken war und ist konstant gut.

Nun sind drei Jahre vergangen und die Lehrschwimmbecken stehen wieder vor dem Aus. Ihre Versäumnisse bei der Überlassung der Lehrschwimmbecken sind haarsträubend. In den Überlassungsverträgen wurde festgelegt, dass die jeweiligen Betreiber die Bewirtschaftungs- und Bauunterhaltskosten zu tragen haben. Aus der Kleinen Anfrage 19/491 geht hervor, dass ein erheblicher Sanierungsstau je Lehrschwimmbecken zwischen 400 000 und 900 000 Euro besteht. Sie sind dafür verantwortlich, dass den Trägern Investitionsruinen übergeben wurden – ein Unding und ein Höchstmaß an politischem Dilettantismus, der derart verantwortungslos und ohne Voraussicht die Vereine mit ihrem jetzigen Problem alleine lässt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Aber dieses Vorgehen scheint bei Ihnen Methode zu sein. Denn Sie versuchen dasselbe mit den Sportstätten. Marode und hoch sanierungsbedürftige Sportstätten werden den Sportvereinen zur Übernahme angeboten – kein Wunder, dass sie nicht übernommen werden. Dies ist unverantwortlich gegenüber den Vereinen und ist keine tragende Lösung, wie sich bei den Lehrschwimmbecken herausgestellt hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Hinzu kommt, dass die Träger in den letzten Wochen Nachzahlungsforderungen für steigende Energiekosten bekommen haben. Die Kalkulation der Träger erfolgte auf Grundlage der Zahlen der Behörde. Die Nachforderungen von circa 20 000 Euro pro Lehrschwimmbecken sind ein Armutszeugnis für die behördeninternen Zahlendreher. Selbst finanziell gut dastehende Vereine tun sich schwer, eine solche Nachzahlung zu stemmen. Die hohen Sanierungserfordernisse und Energiekosten ermöglichen es kaum einem Verein, die Lehrschwimmbecken kostenneutral zu bewirtschaften. Daher müssen den Bekenntnissen zu den Lehrschwimmbecken endlich auch Taten folgen.

(Beifall bei der SPD)

Auf einen weiteren Punkt möchte ich eingehen. Am Rande der letzten Bürgerschaftssitzung bemühte ich mich darum, mit allen Fraktionen die Tagesordnung für den Sportausschuss abzustimmen. Die SPD-Fraktion wollte eine Selbstbefassung zu dem wichtigen Thema der Universiade. Von der GAL wurde das Thema Lehrschwimmbecken benannt. Nach Rückfrage, ob der Schul- oder Sportausschuss zuständig sei, wurde mir mitgeteilt, dass Frau Senatorin Goetsch im Schulausschuss dazu nichts sagen würde, da sie nicht zuständig sei. Einvernehmlich wurde somit die Befassung für den Sportausschuss beschlossen. Vor einer Woche wurde das Abstimmungschaos offensichtlich. Das Thema Lehrschwimmbecken sollte nicht auf die Tagesordnung genommen werden, da die Regierungskoalition einer Selbstbefassung nicht zustimmen würde. Was wollen Sie denn nun? Bekennen Sie endlich Farbe.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Die Lehrschwimmbecken geraten zwischen die Mühlen der Behörden und der ungeklärten Zuständigkeiten. Es bleibt das Gefühl, dass dieser Tatbestand der Koalition ganz recht ist und man auf Zeit spielt – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Ich möchte noch einmal das Bild vom Bademeister bemühen: Es reicht nicht zu wissen, wo der Ret

tungsring angebracht ist und wie ich einen Ertrinkenden rette.

(Zuruf von Frank Schira CDU)

Herr Schira, ich glaube, Ihren Rettungsring behalten Sie einmal für sich.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Sie brauchen auch nicht rot zu werden, Herr Schira.

Wenn das Wasser aus dem Becken gelassen ist, ist es auch zu spät für einen Bademeister und Ihre Rettungsringe, Herr Schira, helfen beim besten Willen nicht. Handeln Sie, bevor es so weit kommt, dass das Wasser tatsächlich abgelassen wird. Die Zukunft der Lehrschwimmbecken ist ab dem 16. Juli ungewiss. Genau an diesem Tag tagt der Sportausschuss und es wäre ein richtiges Signal, dort aufzuzeigen, wie es weitergeht. Die Kinder unserer Stadt haben es nicht verdient, dass der schwarz-grüne Senat aus Lehrschwimmbecken Leerschwimmbecken macht. Es reicht nicht, sich für den Sport und den Erhalt der Lehrschwimmbecken auszusprechen. Legen Sie ein zukunftsfähiges und tragendes Konzept für den Erhalt der Lehrschwimmbecken vor, schaffen Sie Planungssicherheit für die betroffenen Vereine, auf dass aus den Lehrschwimmbecken keine Leerschwimmbecken werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Kreuzmann hat das Wort.

(Michael Neumann SPD: Der braucht das nicht! – Klaus-Peter Hesse CDU: Der hat keinen Rettungsring dabei!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Timmermann, in einer Sache muss ich Ihnen allerdings widersprechen. Wenn es marode Hinterlassenschaften sind, sind die das Ergebnis jahrzehntelanger SPD-Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Bei allem, was Sie gesagt haben, vermisse ich einen entscheidenden Ansatz. Was wollen Sie eigentlich?

(Beifall bei der CDU – Wilfried Buss SPD: Wer hilft den Kindern?)

2006 wurde das Schulschwimmen neu organisiert. Den Schwimmunterricht für alle Schulen übernahm die Bäderland GmbH in ihren Schwimmbädern.

(Michael Neumann SPD: Das war auch schon ein Fehler!)

(Juliane Timmermann)

Die Schulbehörde brauchte die Lehrschwimmbecken für Schulzwecke nicht mehr und wollte die …

(Wilfried Buss SPD: Das stimmt gar nicht. Die wollte die Lehrbecken stilllegen!)

… wollte die Becken stilllegen. Die außerschulischen Nutzer, die Kitas, die Sportvereine und die Senioren, die diese Lehrschwimmbecken nutzten, kämpften für den Erhalt der Lehrschwimmbecken. Auf Initiative der CDU-Fraktion wurden für die meisten Lehrschwimmbecken Betreiber gefunden, denen sie zur Nutzung überlassen wurden. Die Betriebskosten der Anlagen übernahmen die Betreiber. Bis auf einen Betreiber, der HTB 62, kommen alle bis heute mit dieser Regelung gut zurecht. Besser noch: Sie kommen ihren Zahlungsverpflichtungen nach. Um die Betriebskosten zu senken, bekamen die Betreiber zusätzliche finanzielle Unterstützung vom Senat oder aus Sondermitteln der Bezirke. Mit der Großen Anfrage möchten die Damen und Herren der SPD suggerieren, dass der Senat für die drohende Schließung der Lehrschwimmbecken die Verantwortung trägt.

(Ingo Egloff SPD: Die regieren doch!)

Dies ist Ihnen nicht gelungen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Aus den Antworten des Senats wird eindeutig klar, dass die Stadt Hamburg ihre vertraglichen Verpflichtungen eingehalten hat. Als die Zahlungsschwierigkeiten des HTB 62 bekannt wurden, haben das Sportamt und der damalige Sportstaatsrat den HTB 62 aufgefordert, Konzepte zu entwickeln und zu erstellen, mit denen sich die Betriebskosten senken lassen.

(Glocke)

Herr Kreuzmann, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kühn zu?

– Nein, danke!

Für die notwendigen Investitionen wurden dem HTB 62 Unterstützungen in Aussicht gestellt. Diese Hilfsangebote wurden von den Verantwortlichen des HTB 62 leider nicht angenommen. Als den Zahlungsverpflichtungen weiter nicht nachgekommen wurde, blieb der Behörde wiederum kein anderer Weg, als die Verträge zu kündigen. Für die Situation ist also nicht der Senat, sondern das falsche Management im Betreiberverein verantwortlich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich will mich nicht länger mit Rechenschaften beschäftigen, denn die zentrale Frage ist in diesem Moment, wie es weitergeht. Ich glaube, wir können

vermutlich eine Lösung anbieten, die für alle Beteiligten tragfähig ist.

(Dr. Monika Schaal SPD: Darauf warten wir die ganze Zeit!)

Vier der fünf Lehrschwimmbecken sind durch die Nutzer gut ausgelastet, um mit den Kursgebühren die Betriebskosten zu erwirtschaften. Das Lehrschwimmbecken in der Paul-Sorge-Straße wurde schon vom HTB 62 gekündigt, weil sich nicht genügend Nutzer fanden. Das Becken war nämlich nur zur Hälfte ausgelastet. Die Nutzer der anderen vier Becken müssen nun prüfen, ob sie sich zusammenschließen und ein Betreiberkonzept, vielleicht ein gemeinschaftliches Betreiberkonzept, entwickeln, um sie weiter benutzen zu können.

(Wilfried Buss SPD: Unterstützt Ihr sie da- bei?)

Dass so etwas funktionieren kann, haben die Betreiber aller anderen Becken gezeigt. Für diese Prüfung – und das ist für diesen Bereich mein Credo und das unserer Fraktion – benötigen wir Zeit, ein wenig mehr Zeit für die Benutzer, um die drohende Schließung abzuwenden.

Leider hatte der HTB 62 seine Mieter nicht von der drohenden Kündigung unterrichtet. Der Senat sollte ihnen die notwendige Zeit zur Prüfung geben. Das Wasser aus den Lehrschwimmbecken darf erst dann abgelassen werden, wenn alle und wirklich alle Bemühungen um neue Betreiber erfolglos geblieben sind. Wir brauchen den Schwimmunterricht – auch in den Sportvereinen – und können das nicht komplett der Bäderland GmbH überlassen. Nur der Schwimmunterricht der Sportvereine sichert auch den Nachwuchs im Schwimmsport. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Herr Becker hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Lehrschwimmbecken sind ein Thema, das uns zwischen den Legislaturen quasi ein wenig auf die Füße gefallen ist. Wir hatten einen Träger, der das nicht konnte, und wir hatten auch – das müssen wir zugeben – die Träger, die da sind, mit zu wenig Mitteln für die Reparatur ausgestattet. Das muss man ganz klar sagen.