Protocol of the Session on July 9, 2008

Die Risse in der Koalition sind bereits an mehreren Punkten sichtbar. Heute konnten wir mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass die Wissenschaftssenatorin überlegt, die Unigebäude zu verkaufen und einen gigantischen Neubau zu errichten.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, ich darf noch einmal an das Thema erinnern.

– Ja, ich bin dabei.

Frau Abgeordnete, wir sind möglicherweise unterschiedlicher Auffassung. Ich würde Sie gerne bitten, dass ich das auch nachvollziehen kann, dass Sie zum Thema sprechen.

– Das tue ich auch. Ohne private Investoren wird das nicht gehen und der Systemwechsel, weg vom öffentlichen Bildungswesen zu immer mehr Beteiligung von privaten Investitionen, wird gnadenlos durchgezogen. Dazu gehören auch die Studiengebühren und dafür ist der CDU jedes Argument recht.

Frau Gundelach, seit 2001 ist Ole von Beust Bürgermeister dieser Stadt

(Beifall bei der CDU)

mit unterschiedlichsten Koalitionspartnern. Die CDU hat seit sieben Jahren die Verantwortung für das, was in der Stadt getan wird und auch für das, was nicht in der Stadt getan wird und was aus unserer Sicht weit schwerer wiegt.

Jetzt auf die Vorgängerregierung zu verweisen, ist ebenso billig wie falsch, denn pikanterweise war Ihr jetziger Koalitionspartner, die GAL, dabei. Auf jeden Fall ist die Idee, der Hamburger Universität eine neue Adresse zu geben, ein völlig neues Projekt, von dem im Koalitionsvertrag nicht die Rede ist, mit keiner Zeile.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, ich rufe Sie jetzt das erste Mal zur Sache.

– Mache ich. Wir möchten von der GAL zeitnah, möglichst heute, wissen, wie sie dazu steht.

Im Wissenschaftsausschuss haben wir die neue Farbenlehre eindrucksvoll kennengelernt. Aus dem Wahlkampf – und das ist kein halbes Jahr her – klingt uns noch in den Ohren, wie die GAL mit scharfen Worten erklärte: Studiengebühren sind der falsche Weg, wir lehnen sie ab.

Mit der CDU zusammen brachten die Grünen jetzt einen Gesetzentwurf für nachgelagerte Studiengebühren ein. Die Bezeichnung nachgelagert ist allerdings irreführend. Jedes Semester müssen nach Auskunft der Senatorin die Studierenden schriftlich erklären, ob sie die Stundung in Anspruch nehmen oder lieber gleich zahlen. Nachtigall, ick hör dir trapsen. Ein Schwerpunkt in der öffentlichen Anhörung waren die Kriterien der Sozialverträglichkeit. Vor einem halben Jahr war von der GAL zu hören:

"Studiengebühren sind unsozial."

Und weiter:

"Die Behauptung der CDU, dass durch Studiengebühren mehr Kinder aus einkommensschwachen Familien studieren werden, ist eine Verdrehung der Realität."

Originalton GAL. Liebe GALier, hat sich Ihre Definitionsachse verschoben und das so schnell?

(Thilo Kleibauer CDU: Achse des Bösen!)

Vor der Wahl traten Sie für eine Kappungsgrenze von 10 000 Euro ein. Heute legen Sie ein Gesetz vor mit der höchsten in der gesamten Republik, nämlich 17 000 Euro.

Von der GAL stammt auch die Aussage, dass Studiengebühren ineffizient sind, Gebühren lohnen sich nicht. Die Studierenden wissen nicht, ob sie ihrem Fach zugute kommen. Ein Gewinn mit den Studiengebühren – so die GAL früher – machen nur die Banken, da sie eine Zinsgarantie vom Staat erhalten. Sie forderten – und das unterstützen wir nachhaltig –, eine Zinsbegrenzung auf die Kapitalbeschaffungskosten und die Verwaltungskosten im Gesetz festzuschreiben. Das wurde gestern im Ausschuss von der SPD noch einmal an

geregt. Die Senatorin lehnte es ab und die GAL sagte gar nichts dazu.

DIE LINKE beantragte, dass jährlich ein Bericht über die Höhe und die Verwendung der Studiengebühren zu erstatten sei. Auch das wurde mit Hilfe der Grünen abgelehnt.

Im Übrigen nimmt der Senat es wohl nicht so genau mit Beschlüssen. Am 24. Juni mahnte ich einen entsprechenden Bericht an, der darlegen soll, wo die Studiengebühren aus dem Jahr 2007 eingesetzt wurden und wie hoch sie waren. Die Senatorin versicherte mir, er sei auf dem Weg. Gestern lag er immer noch nicht vor und ich fragte nach, wo er denn nun stecke. Diese Logistikunternehmen haben ja eine tolle Technik, mit der sie feststellen können, wo sich das erwartete Paket gerade befindet. Das blinkt manchmal auch.

(Glocke – Dr. Andreas Dressel SPD: Aber das ist doch kein Logistikunternehmen!)

Die Antwort von Frau Senatorin war, die Studiengebühren kommen in Bälde.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, wenn ich klingele und dabei noch die Glocke zerlege,

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

bitte ich Sie zunächst einmal, mich ausreden zu lassen. Ihre Redezeit ist nämlich abgelaufen. Das ist die Lösung des Rätsels, warum es dort blinkt. Ich bitte Sie, einen kurzen Schlusssatz zu formulieren.

– Okay. Es gab für die Studierenden in dieser Stadt die Hoffnung, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Die GAL hat das Wahlversprechen gebrochen. Das schlägt sich in diesem Gesetz nieder und das ist sehr bedauerlich.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Gundelach.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, der Titel der Aktuellen Stunde und auch die diversen Redebeiträge der Opposition zeigen, dass die Opposition unseren Gesetzentwurf entweder immer noch nicht verstanden hat oder ihn schlicht und ergreifend nicht verstehen will, wofür ich natürlich wiederum Verständnis hätte, denn sonst würde die Kritik anders ausfallen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Bei der Jungfernrede mal nicht so unverschämt sein!)

Ich sage ganz deutlich: Während des Studiums wird hier in Hamburg niemand zur Kasse gebeten, außer er macht von seinem Recht auf Sofortzahlung Gebrauch und dann ist es seine höchst eigene Entscheidung.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Kriegen wird das schriftlich?)

Das kann ich Ihnen gerne schriftlich geben. Im Übrigen werden die Gebühren – und das sind keine Darlehen, ich habe gestern im Ausschuss auch noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht – solange gestundet, bis der dann Berufstätige – und dann ist er auch kein Student mehr, an dieser Stelle ist ein bisschen Worthygiene angebracht – ein Einkommen von 30 000 Euro hat. Er muss sie erst zurückzahlen, wenn er berufstätig ist.

Im Übrigen nur eine Zahl zum Vergleich: Die BAföG-Rückzahlungspflicht beginnt bereits bei einem Einkommen von 980 Euro pro Monat und wenn Sie das hochrechnen, ist das ein deutlich geringerer Bruttobetrag als das, was wir in unseren Gesetzentwurf hineingeschrieben haben. Und was den Rückzahlungsbetrag insgesamt angeht: Es handelt sich um im Durchschnitt maximal 3750 Euro. Ich denke, das ist ein sehr überschaubarer Betrag. Ich nenne den Betrag hier ausdrücklich, damit Sie nicht weiter den Eindruck erwecken, es handele sich hier um einen Schuldenberg, der aufgetürmt würde.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Auch der Vorwurf, die neue Regelung sei in Teilen unsozialer als die alte, trägt nicht, denn – Frau Gümbel hat das gerade zu Recht gesagt – der Betrag ist deutlich abgesenkt worden, nämlich von 500 Euro auf 375 Euro.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Was ist denn nun mit den Ausnahmen?)

Dazu komme ich noch. Die Zahlung der gestundeten Gebühren muss erst bei erfolgreicher Berufstätigkeit erfolgen. Es stimmt, dass Studenten mit Kindern und/oder mit Behinderung in Zukunft genauso behandelt werden während der Stundungszeit wie alle anderen Studenten. Dies ist aber aus meiner Sicht auch konsequent und folgerichtig, denn die Befreiungstatbestände waren ausdrücklich mit dem Hinweis darauf geschaffen worden, dass diese Studenten keine Möglichkeit oder schwerer die Möglichkeit hätten als andere Studenten, sich die Studiengebühren während des Studiums zu besorgen, also das Geld dafür aufzutreiben. Das müssen sie aber mit der neuen Regelung nicht. Insoweit ist es auch gerechtfertigt, dass sie gleichbehandelt werden. Wenn aber aus diesem Tatbestand, dass sie Kinder haben oder mit Behinderung studieren, resultiert, dass sie länger als die gestundete Zeit für ihr Studium benötigen, so können sie auf Antrag davon befreit werden.

(Dora Heyenn)

Für die weitere Zeit müssen sie dann keine Studiengebühren bezahlen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Aber nur für zwei Semester!)

Nein, die können befreit werden.

Im Übrigen gilt für diese auch, dass sie erst bei Erreichen der Bruttoeinkommensgrenze von 30 000 Euro zurückzahlen müssen.

Das nächste Horrorszenario, das Sie aufgezeigt haben, nämlich dass die Erhebung von Studiengebühren Studenten abschrecken würde, nach Hamburg zu kommen. Zurzeit ist ein deutlich anderes Signal zu vernehmen, denn in der Zeit, als die Studiengebühren mit 500 Euro eingeführt worden sind, haben wir immerhin einen Studentenzuwachs von 9,5 Prozent gehabt. Also so fürchterlich abschreckend kann die Wirkung nicht gewesen sein.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Gwosdz GAL)