Protocol of the Session on January 20, 2011

Schlecht geplantes Bauen ist eine teure Angelegenheit. Über 260 Millionen Euro der Kostensteigerungen führt der Rechnungshof auf Planungsmängel zurück.

(Jörn Frommann CDU: Da gibt es auch kei- ne anderen Gründe für! Wie eingleisig fah- ren Sie eigentlich?)

Dabei, Herr Frommann, ist die Elbphilharmonie noch nicht einmal mitgerechnet; die hätte diesen Betrag noch einmal verdoppelt. Deshalb ist die Elbphilharmonie neben allem anderen auch der größte Bauskandal, den die Stadt je erlebt hat.

Dann ist da noch ein Thema, das etwas mit Klarheit und Wahrheit und einer vollständigen Information der Bürgerschaft zu tun hat.

(Jörn Frommann CDU: Horner Geest!)

Das Parlament braucht vollständige Informationen, um Kosten und Nutzen einer Entscheidung richtig abwägen zu können; das sagt zumindest der Rechnungshof. Zur Arbeitsweise der Behörden kann ich Ihnen diesbezüglich den Bericht des Haushaltsausschusses vom 9. November 2010 empfehlen. In ihm geht es um die Kostensteigerungen bei der U4, für die man bekanntlich eine komplette Stadtbahn hätte bauen können.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Der Senat wollte die Bahn aber lieber durch den Untergrund bohren, wo man auf so manches stoßen kann, Findlinge zum Beispiel, und dann geht erst einmal nichts voran. Ein Stillstand der Schildvortriebsmaschine kostet 40 000 bis 50 000 Euro pro Tag. So etwas kommt vor, wenn man eine U-Bahn baut, und deshalb muss mit solchen Kosten gerechnet werden. Das hat die Hochbahn auch getan, aber die Baubehörde hat es abgelehnt, die beantragten 15 Millionen Euro für Unvorhergesehenes in die Baukosten einzubeziehen und diese Summe der Bürgerschaft von Anfang an mit vorzulegen. Der Senat wird wissen warum, denn er hatte

(Präsident Dr. Lutz Mohaupt)

schon damals Probleme, die unwirtschaftliche U4 in der Öffentlichkeit zu rechtfertigen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Und so kommt es in Hamburg Jahr für Jahr zu Mehrkosten und Nachforderungen in Millionenhöhe. Schlechte Planung, Fehler bei der Projektsteuerung, keine wahrheitsgemäße Information über die Kosten, das sind die Gründe, warum in Hamburg kaum noch Leute glauben, dass dieser Senat sparsam mit Steuergeldern umgeht.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Ahrons.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Tschentscher, zunächst einmal meinen herzlichen Glückwunsch. Ansonsten ist das wieder einmal typisch Mann: Lass mal die Frau die aufwendige Arbeit im Ausschuss machen, aber reden tue ich.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der GAL – Ingo Egloff SPD: Dafür kriegen Sie einen Orden von der ASF!)

Ist doch typisch.

Mit der heutigen Debatte findet die Beratung über den Jahresbericht des Rechnungshofs seinen Abschluss. Rechnungsprüfungsausschuss, Haushaltsausschuss und zum ersten Mal auch einige betroffene Fachausschüsse haben in teils langen Sitzungen alle Einwände des Rechnungshofs behandelt. Es wurden die zuständigen Senatsvertreter gehört und zum Teil auch Nachbesserungen gefordert. Ein Beispiel dafür ist das Hamburger Planetarium, das nun mit einjähriger Verspätung und nur auf Mahnung endlich ein Unternehmenskonzept vorgelegt hat.

Die Rechnungsprüfer weisen in ihrem Jahresbericht auf Nachhaltigkeitsdefizite in Hamburg hin. Meine Damen und Herren von der SPD, diese Defizite bestehen seit Jahrzehnten. Auch neun Jahre CDU-Regierung

(Dr. Peter Tschentscher SPD: Zehn!)

konnten trotz erhöhten jährlichen Investitionsvolumens den Sanierungs- und Investitionsstau in Hamburg nicht aufheben. Und daran hängt auch der Straßenbau, über den wir gerade gesprochen haben. Allerdings ist das durchschnittliche Investitionsvolumen unter der CDU mit 1,2 Milliarden Euro um 20 Prozent höher als zu SPD-Zeiten; aber das reicht Ihnen immer noch nicht.

Ein weiteres Thema im Bericht des Rechnungshofs ist das gesetzliche Gebot der kostendeckenden Gebühren. Außer in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur dürfte es eigentlich nirgends Gebüh

ren geben, die den Aufwand nicht decken. Durch zu niedrige Gebühren gehen der Stadt jährlich bis zu 26 Millionen Euro an Einnahmen verloren. Bezahlt werden müssen diese Leistungen natürlich trotzdem, in dem Fall dann nicht durch den Leistungsempfänger, sondern durch die Allgemeinheit, den Steuerzahler.

Aber auch innerhalb der Hamburger Verwaltung gab es in letzter Zeit erhebliche Defizite. Die bisherige Buchführung war zum Teil fehlerhaft. Vor allem notwendige manuelle Nachbearbeitungen wegen nicht zuverlässig funktionierender Schnittstellen haben zu erheblichen Beeinträchtigungen und Fehlern geführt. Durch das neue Haushaltswesen inklusive der kaufmännischen Buchführung hat die CDU in den letzten Jahren einen großen Schritt zu mehr Effizienz und Transparenz getan und ich hoffe, dass die Oppositionsparteien auch weiterhin zum NHH stehen.

Nachgebessert werden muss beim Anspruchsdenken einiger Teile der öffentlichen Verwaltung. Die gesamten angemieteten Flächen der Hansestadt sind aktuell auf 1,4 Millionen Quadratmeter gestiegen. Aber, Herr Neumann, das ist nun keine Verdoppelung, wie Sie kürzlich in einem Interview behauptet haben.

(Jörn Frommann CDU: Rechnen Sechs!)

Ein Großteil davon geht auf das Konto von Polizei, Feuerwehr und Museen. Wollen Sie das vielleicht wieder rückgängig machen? Zugegeben, das Volumen der angemieteten Büroflächen ist etwas gestiegen, von 630 000 Quadratmetern im Jahr 2000 auf aktuell etwa 680 000 Quadratmeter. Aber vielleicht sollten Sie auch einmal Ihren Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte in Sachen Anspruchsdenken bei Büroflächen ins Gebet nehmen,

(Hans-Detlef Roock CDU: Auf Mitte haben wir den Fokus!)

und ich glaube, nicht nur bei Anspruchsdenken in diesem Bereich.

Wie in jedem Jahr bin ich dem Kollegium des Rechnungshofs unter der Leitung seines Präsidenten Dr. Meyer-Abich sehr dankbar für die geleistete Arbeit. Mit ihr wird dafür gesorgt, dass wir im Parlament unsere Kontrollfunktion überhaupt ausüben können. Dabei geht es natürlich nicht nur darum, Steuerverschwendung aufzuspüren und zu verhindern, sondern auch gemeinsam mit den Verwaltungseinheiten Wege zu finden, die Steuergelder effektiver und nutzbringender zu verwenden. Das geht leider nicht immer beziehungsweise einmal besser, einmal schlechter, aber das kennen wir alle.

Aus dem Bericht direkt möchte ich nur kurz vier konkrete Fälle anführen, bei denen dringend gehandelt werden muss. Ein Fall, der mir besonders aufgefallen ist – Herr Dr. Tschentscher hat ihn

(Dr. Peter Tschentscher)

auch angesprochen –, ist das im Rahmen der Bildungsoffensive Elbinseln geplante Bildungszentrum Tor zur Welt mit einer Kostenobergrenze von 28,3 Millionen Euro. Schon bei der Bewertung der Wettbewerbsarbeiten wurde entgegen geltenden Grundsätzen nicht an den Kriterien der Auslobung festgehalten. Es wurden insbesondere sogenannte Exzellenzkriterien hinzugefügt. Der Rechnungshof hat wieder einmal beanstandet, dass mit dem Verzicht auf eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen wurde. Wünsche des Senats hinsichtlich erhöhter Standards können die Beachtung der haushalts- und klimaschutzrechtlich vorgeschriebenen Prüfungen durch die Verwaltung nicht ersetzen und das Parlament muss darauf vertrauen dürfen, dass auch bei politisch gewollten Standards geltendes Recht eingehalten wird.

Ein zweiter Fall ist der Finanzierungsbedarf für die Durchführung der Internationalen Bauausstellung auf der Elbinsel im Jahr 2013. Hier sind rund 100 Millionen Euro angesetzt worden. Bei der bisher erfolgten Bewilligung der Gelder wurden weder Projekte der IBA hinreichend konkretisiert noch Projektkosten zugeordnet. Das Risiko, der Verwaltung Blankoschecks auszustellen, darf das Parlament auf keinen Fall eingehen. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs ist das IBA Dock unwirtschaftlich. Und auch in diesem Fall ersetzt der Hinweis der Behörde auf die besondere Bedeutung des Projekts und seine Vorbildrolle nicht die notwendige vorherige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.

Der dritte Fall ist die Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art der Stadt. In Hamburg errechnen alle diese Einrichtungen ihren Gewinn aus dem Überschuss ihrer Einnahmen gegenüber den Ausgaben, obwohl sie nach Paragraf 141 Abgabenordnung bei Umsätzen ab 500 000 Euro jährlich verpflichtet wären, Bücher zu führen und einen Jahresabschluss zu erstellen. Der Gewinn wird somit überhaupt nicht korrekt ermittelt. Die Buchführungspflicht betrifft neben Betrieben gewerblicher Art, die einen Gewinn erwirtschaften, auch solche, die kostendeckend arbeiten oder auf Dauer Verluste erwirtschaften. Damit wird Wettbewerbsneutralität gegenüber privaten Gewerbebetrieben gewährleistet und Verzerrungen in bestimmten gewerblichen Bereichen entgegengewirkt. Ich fordere den Senat auf, hier Abhilfe zu schaffen; generell darf kein städtischer Betrieb gewerblicher Art von der Buchführungspflicht oder der Pflicht zu einem Jahresabschluss befreit werden.

Viertens und letztens geht es um Dataport. Im Zusammenhang mit der Gründung von Dataport hat Hamburg sein gesamtes Telekommunikations- und Datennetz mit circa 120 000 Telefonanschlüssen als Sondermittel zur Verfügung gestellt. Obwohl mit dem Betrieb weder Gewinne noch Verluste gemacht werden sollten, hat Dataport einen erhebli

chen Überschuss auf Kosten Hamburgs erzielt. Aufgrund von Mängeln im Rechnungswesen konnte der genaue Betrag noch nicht ermittelt werden. Zwischen 2005 und 2008 könnte Hamburg ein wirtschaftlicher Nachteil von bis zu 12 Millionen Euro entstanden sein. Diese Praxis muss beendet werden. Soweit ich weiß, arbeiten Finanzbehörde und Dataport jetzt an einer Lösung dieses Problems.

Vor allen Dingen bedauere ich die immer wieder vorkommenden Verstöße gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft. Jedes Jahr wieder, solange ich im Rechnungsprüfungsausschuss sitze, möchte ich die Verwaltung eindringlich auffordern, künftig das Budgetrecht des Parlaments durchgängig zu beachten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der GAL und Beifall bei Britta Ernst SPD)

Allerdings hat uns der Ergebnisbericht auch dieses Jahr gezeigt, dass die Verwaltung nicht immer so ganz beratungsresistent ist.

Neben aller Kritik des Rechnungshofs am Senat beim Thema nachhaltige Haushaltsführung möchte ich abschließend vier Dinge festhalten: Es ist erst unter einem CDU-Senat gelungen, für Hamburg als erstes deutsches Bundesland einen kaufmännischen Geschäftsbericht vorzulegen, der einen wichtigen Schritt in Richtung moderne Haushaltspolitik darstellt. Es ist erst unter einem CDU-Senat gelungen, die Einführung eines gesetzlichen Schuldenverbots ab 2013 zu beschließen. Es ist erst unter einem CDU-Senat gelungen, eine gesetzliche jährliche Rückzahlungspflicht von 100 Millionen Euro Schulden ab 2015 zu beschließen.

(Michael Neumann SPD: Ich bin mal auf die Vorschläge aus der Opposition gespannt!)

Und es ist erst unter einem CDU-Senat gelungen, nach 30 Jahren Schuldenaufnahme 2007 und 2008 keine neuen Kredite aufzunehmen. Die SPD hatte das zum letzten Mal 1977 geschafft und von daher ist ihr Plakat "Solide Finanzen" schon ein bisschen grenzwertig.

(Beifall bei der CDU – Arno Münster SPD: Da war der Hamburger Haushalt noch in Ordnung!)

Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Gestatten Sie mir zum Abschluss ein paar persönliche Worte.

(Beifall bei Michael Neumann SPD)

Dies war meine letzte Legislaturperiode, ich werde nach 18 Jahren Zugehörigkeit zu diesem Parlament nicht wieder kandidieren, ich brauche einmal einen anderen Lebensmittelpunkt als die Politik. Mit sehr viel Freude – einmal mehr, einmal weniger – habe ich die politische Arbeit gemacht, immer im Sinne der mittelständischen Betriebe unserer Stadt. Einige erfreuliche Erfolge habe ich er

zielt, unter anderem die Entstehung des BID, des Business Improvement District. Manches habe ich natürlich nicht erreicht, und da kann ich eigentlich nur flüstern: Absenkung, noch lieber, Abschaffung der Gewerbesteuer – das war wohl nichts.

(Beifall bei der CDU)

Doch alles in allem gab es viele Erfolge für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Mit Dankbarkeit und Stolz habe ich diesem Hause über fünf Legislaturperioden angehört. Ich fühlte mich sogar einmal geadelt, als Herr Kerstan vor ein paar Jahren in einer Rede ausrief: Frau Ahrons, nun sagen Sie doch auch etwas dazu, Sie sind doch hier die Heilige Johanna des Mittelstands.

Meine Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen alles Gute weiterhin, viel Erfolg und gutes Gelingen.