Protocol of the Session on January 19, 2011

Das Wort hat Frau Martens.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hackbusch, ich habe selten einen so lieblos formulierten – einfach mit "copy and paste" – und gleichzeitig so fadenscheinigen Antrag gesehen wie heute diesen Kulturantrag der LINKEN.

(Beifall bei der CDU)

Interessant ist übrigens, wenn man einmal im Lexikon für Synonyme nachsieht, was fadenscheinig heißt: durchschaubar, durchsichtig, plump, schwach, transparent und unglaubwürdig. Um beim Thema zu bleiben, es ist ein reiner Schaufensterantrag, das wissen Sie genauso gut wie ich. Er bewirkt heute hier nichts. Und was viel schlimmer ist, Sie, die LINKE, missachten den Kulturgipfel auf Initiative unseres Bürgermeisters Christoph Ahlhaus mit vielen Vertretern der Hamburger Kultureinrichtungen und die dort erzielte Einigung. Dort hat man sich einvernehmlich auf die Formate verständigt, die Sie alle kurzerhand über Bord werfen wollen. Ich frage ganz ehrlich ins Parlament: Wer ist die LINKE eigentlich, dass sie sich über den Willen der Kulturschaffenden selbst stellt, nur um sich hier in einem guten Licht darzustellen.

(Beifall bei der CDU)

Es geht hier und jetzt nämlich überhaupt nicht um die Sparmaßnahmen in der Kultur, denn der eingebrachte Haushaltsplan-Entwurf – das kann uns Herr Tschentscher als Experte gleich noch viel besser erklären – für den Doppelhaushalt 2011/ 2012 kommt politisch überhaupt nicht mehr zum Tragen, und das wissen wir alle im Parlament. Wir wissen auch, dass Sie sich immer wieder als Robin Hood der Kulturszene verkaufen möchten, Herr Hackbusch. Das glaubt Ihnen keiner mehr.

(Jörn Frommann CDU: Ein bisschen dick!)

Eines ist mir an dieser Stelle ganz wichtig. Ich habe in den letzten Wochen in vielen Gesprächen mit Vertretern der Museen und des Schauspielhauses von den Betroffenen selbst bestätigt bekommen, dass es jetzt wichtig ist, das Gesamtkonzept für die

Historischen Museen von Fachleuten erarbeiten zu lassen, das erst einmal bis Juni abzuwarten. Und für das Schauspielhaus muss schnellstmöglich die Nachfolge des Intendanten und die Sicherung des Jungen Schauspielhauses geregelt werden. Und genau daran arbeitet gerade jetzt die CDU. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Dr. Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Martens, dass der Kulturgipfel nun die Lösung der Probleme in der Kulturszene bedeutet, glaube ich nicht; das habe ich anders gehört. Aber ich will mich da gar nicht einmischen. Ich will nur sagen, dass wir jetzt schon zweimal besprochen haben, wie wir mit Haushaltsbeschlüssen vor der Wahl am 20. Februar umgehen wollen, denn wir wollen eben nicht vorab Einzelpositionen beschließen ohne Rücksicht auf die Auswirkungen im Gesamthaushalt. Deshalb können wir Ihrem Antrag heute nicht zustimmen, Herr Hackbusch. Er ist auch besonders unübersichtlich.

(Kersten Artus DIE LINKE: A, b, c, d!)

Die sogenannten Konsolidierungsbeschlüsse des Senats sind schon konfus genug. Nichts davon lässt sich nachrechnen, insbesondere lässt sich das auch in den Haushaltsunterlagen nicht nachvollziehen, und das liegt daran, dass der Senat seine sogenannten Konsolidierungsbeschlüsse nicht, wie sonst üblich, an den Ansätzen der Vorjahre orientiert hat, sondern an fiktiven Zwischenständen der Haushaltsanmeldung. Die kennt aber keiner, wir jedenfalls kennen sie nicht, uns hat man sie nie mitgeteilt. Deswegen kann man auch nicht nachvollziehen, was in den Pressemitteilungen der Behörden jetzt als Rücknahme von Kürzungen verkündet worden ist. Diese Verwirrung wird nicht aufgehoben, wenn wir jetzt diese Pressemitteilungen der Behörden zur Grundlage von Haushaltsbeschlüssen machen, weil diese ganzen Pressemitteilungen keinen festen Bezugspunkt haben. Ich wüsste jedenfalls nicht, wie die Haushaltspositionen, wie die Titel nach einem solchen Beschluss, wie die Linksfraktion ihn hier beantragt, aussehen sollten. Zu allen vier Punkten Ihres Antrags, Schauspielhaus, Bücherhallen, Historische Museen und Privattheater, finden sich in den Haushaltsunterlagen andere Zahlen, und das liegt daran, dass schon die Pressemitteilungen des Senats unübersichtlich sind.

Im Übrigen glaube ich auch, dass es klug wäre, jetzt an diesen vier Punkten irgendetwas zu beschließen und damit den Eindruck zu erwecken, der Rest im Kulturhaushalt sei in Ordnung. Ich wüsste zum Beispiel nicht, ob Sie das richtig finden, dass man die Zuwendungen an die Kunsthal

(Norbert Hackbusch)

le um 2 Millionen Euro absenkt. Das ist in Ihrem Antrag nicht erwähnt, aber ich habe gehört, dass das auch ein erhebliches Problem ist.

Insofern bleiben wir dabei: Keine Haushaltsbeschlüsse ohne Gegenfinanzierung, schon gar nicht aufgrund von Pressemitteilungen der Behörden. Unsere Reihenfolge lautet: Neuwahl am 20. Februar und danach neue Haushaltspläne mit den richtigen Schwerpunkten in der Bildung, im Wohnungsbau und meinetwegen auch in der Kultur.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Dr. Gümbel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tschentscher, das war ein vollmundiges Bekenntnis zur Kultur. Das finden wir natürlich großartig und ich hoffe, dass Sie daran arbeiten.

Ich will es kurz machen an dieser Stelle: Wir lehnen den Antrag ab, und zwar aus formalen Gründen. Im Prinzip schließen wir uns, bevor Sie bei der SPD auf die Kultur zu sprechen kamen, der formalen Argumentation an. Lieber Herr Hackbusch, da wird kein großer Schaden entstehen, weil die Kultureinrichtungen – auch wenn Sie vielleicht kräftig in die andere Richtung arbeiten – nicht so vernebelt sind, dass sie glauben, die Sparbeschlüsse hätten noch Gültigkeit. Die einzigen, die tatsächlich an einem Konzept arbeiten, sind die Museen. Das ist Frau Professor Baumann und sie tut das inhaltlich, wie sie nun schon mehrfach gesagt hat, und nicht in Bezug auf Einsparungen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Dass sie an dem Konzept arbeitet, ist von allen gewünscht und insofern wird da kein Schaden entstehen. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Nur kurz zu den genannten Argumenten: Das wichtigste Argument von Frau Gümbel war, dass die Kultureinrichtungen sich sowieso nicht an das halten, was der Senat ihnen aufgegeben hat, und von daher müssten wir das hier gar nicht mehr beschließen. Der Senat hat nach seinen Vorgaben vom Kulturgipfel den verschiedenen Institutionen den Auftrag gegeben, gewisse Aufgaben zu lösen. Frau Dr. Gümbel sagt jetzt, diese würden sich sowieso nicht daran halten und dementsprechend müsse man das auch gegenwärtig nicht mehr beschließen, weil der Senat praktisch außer Kraft gesetzt worden sei. Ich bin gespannt, was der Senator oder auch die CDU

dazu sagen. Das ist jedenfalls schon ein erstaunliches Staatsverständnis.

Wenn die Institutionen sich sowieso nicht daran halten, dann wäre es doch vernünftig, hier gemeinsam zu beschließen, sie zu entlasten.

(Jens Kerstan GAL: Die Kürzungen sind doch gar nicht beschlossen worden!)

Das zweite Argument lautet, die Kürzungen seien nicht beschlossen worden. Der Senat hat gegenwärtig Aufträge an die verschiedenen Institutionen gegeben, unter anderem einen Auftrag an die Stiftung Historischer Museen, ein Konzept vorzulegen, wie man mit 3,445 Millionen Euro weniger auskommen könnte. Herr Kerstan, da waren Sie noch dabei in der Regierung und das hätten Sie mitbekommen müssen. Dieser Auftrag ist erteilt worden, genauso wie der Auftrag an das Schauspielhaus, im nächsten Jahr mit weniger Geld auszukommen und gegenwärtig die Planung dafür zu machen. Dementsprechend wäre es insgesamt eine vernünftige und kluge Maßnahme, diese Personen, die die Planungen gegenwärtig machen – ich denke auch, dass Sie klug genug sind, das zurückzunehmen, weil es praktisch nicht mehr Realität werden kann –, als Parlament zu entlasten und ihnen zu sagen, dass sie ihre Arbeit ohne die Einsparüberlegungen angehen können.

Wir wollen keinen neuen Haushaltsplan im Zusammenhang mit der Kultur erstellen. Den Antrag würde ich gegenwärtig nicht stellen, sondern ich spreche nur von den Aufträgen des Senats an die Institutionen, diese Einsparungen gegenwärtig zu planen und durchzuführen. Es geht um nichts anderes, als dass wir als Bürgerschaft sagen, dass diese Aufträge zurückgezogen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

So etwas zu machen, ist eine ganz einfache und vornehme Aufgabe der Bürgerschaft. Es gibt doch eigentlich eine Mehrheit, die das möchte, so habe ich es auf jeden Fall bisher verstanden, und dementsprechend werden wir sehen, ob wir hier diese Mehrheit jetzt herstellen können.

(Ekkehart Wersich CDU: Das wird aber knapp!)

Das hat nichts damit zu tun, dass es formal nicht möglich ist, denn es ist möglich. Es wäre ein Zeichen an die Kulturschaffenden dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Frau Dr. Gümbel.

Lieber Herr Hackbusch, es freut mich, dass Sie so zufrieden waren mit Ihrem Vorsitz im Kulturausschuss.

(Dr. Peter Tschentscher)

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Besonders mit der letzten Sitzung!)

Sie zwingen uns hier doch noch einmal in eine inhaltliche Auseinandersetzung. Ich möchte unsere Ablehnung noch einmal kurz begründen, denn Sie scheinen sie nur sehr mühsam verstehen zu wollen.

Mit dem Schauspielhaus war doch die letzte Verabredung, dass die gesamten Kürzungen dann zurückgenommen werden können, wenn eine neue Intendanz gefunden wird. Frau Martens hat das gerade ausführlich dargelegt. Es geht doch im Augenblick nicht nur um die Frage der Zurücknahme von Kürzungen, sondern es geht auch darum, dass ein neuer Ort für das Junge Schauspielhaus gefunden werden muss und dass das Junge Schauspielhaus finanziell abgesichert wird. Das hat die Kollegin vorhin dargestellt. Das geht weit über das hinaus, was Sie zurücknehmen wollen, und das kann in dem Augenblick verhandelt werden, wo die neue Intendanz kommt. Dieses Tor ist auf dem Kulturgipfel vor einigen Monaten aufgemacht worden. Daran hat sich seitdem nichts geändert und das wissen Herr Kurfess und Herr Schumacher auch sehr genau.

Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen mit ihren 500 000 Euro Einsparungen sagten, dass sie das leisten können. Ein neuer Senat wird genauso gezwungen sein einzusparen und ich bin sehr gespannt und werde die SPD und die CDU daran erinnern, dass die beiden Spitzenkandidaten gesagt haben, sie würden die Kultur dabei heraushalten. Ich bin gespannt, ob sie da Wort halten.

Bei der Stiftung Historischer Museen ist es so, dass Frau Baumann jedes Mal, wenn sie gefragt wird, sagt, dass sie ein inhaltliches Konzept erarbeitet, und das nicht unter Berücksichtigung der Einsparungssumme, weil dann geschaut werden muss, ob sich anhand des inhaltlichen Konzepts, das diese vier Standorte beleuchten soll, Einsparungspotenziale ergeben und nicht umgekehrt. Herr Hackbusch, ich fände es schön, wenn Sie das zur Kenntnis nehmen würden. Das ist die inhaltliche Begründung dafür, warum wir aus formalen Gründen diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der GAL)

Herr Dr. Tschentscher hat das Wort.

Herr Hackbusch, ich will das einfach noch einmal sagen, damit es hier nicht missverstanden wird. Was Sie hier als Antrag vorlegen, ist zusammengesammelt aus irgendwelchen Pressemitteilungen, und die Zahlen stimmen nicht. Nehmen wir doch einmal die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen. Da heißt es, dass es eine Reduzierung von 1 Million Euro ge

ben soll. Die wollen Sie jetzt zurücknehmen. Dann heißt es, es soll 1 Million Euro mehr ausgegeben werden. Aber wenn ich das richtig gelesen habe, ist in den Haushaltsplänen nur eine Reduzierung von 500 000 Euro drin. Da klafft also ein Faktor von 2, nur einmal bezogen auf dieses Beispiel. Ich bin die Positionen durchgegangen. Was der Senat in der Pressemitteilung sagt, findet sich in den Haushaltsplänen nicht wieder, und wenn wir locker mit Faktoren 2 bis 3 hier Haushaltspläne verändern, dann ist das nicht solide. Man muss schauen, wo das Geld herkommen soll und wie das im Gesamtkonzept aussieht.

(Beifall bei Michael Neumann SPD)

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie zurücknehmen wollen, dass die Altschulden des Deutschen Schauspielhauses zunächst gestundet werden. Was soll das denn bedeuten, wenn wir das zurücknehmen? Heißt das, dass die ab sofort zahlen sollen? Sie müssten hier etwas sorgfältiger formulieren, was Sie eigentlich beantragen. Ich gebe aber zu, dass wir es auch dann nicht entschieden hätten, weil wir jetzt im gesamten Haushalt die Dinge neu regeln müssen, und da hat ein gewisser Bürgermeisterkandidat der SPD zum Beispiel die weitreichende Zusage gemacht, dass die Mehrkosten der Elbphilharmonie in Zukunft dem Kulturetat nicht zur Last fallen werden. Das hat dieser Senat schon versprochen und ein neuer Senat wird das möglicherweise sogar einhalten. Das ist ein großes Versprechen und ein großer Vertrauensvorschuss für die Kultur in Hamburg und dazu stehen wir.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hackbusch hat das Wort.