Deshalb noch einmal deutlich meine Erwartungshaltung, all das, was vielleicht der eine oder andere übermotivierte Beamte in die Bezirke hinein sendet, zu stoppen. Schaffen Sie keine Fakten mehr vor dem 20. Februar.
Sie haben von Controlling und erwarteten Steuereinnahmen gesprochen. Dabei mussten sogar Sie selbst bis über beide Ohren grinsen bei dem Ausdruck, dass dies kein Wahlgeschenk sei. Herr Ahlhaus, ich glaube, es ist ein Fehler, jetzt den Menschen Hoffnungen zu machen, die unter Umständen nicht erfüllt werden können.
Es schadet im Übrigen auch Ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit, wenn Sie noch vor Wochen gemeinsam mit der GAL Kürzungsvorschläge und Konsolidierungsvorschläge vorgelegt haben und dann im Angesicht des Wahltermins davon abrücken. Das ist genau das Gegenteil von verlässlicher Politik, es ist das Gegenteil von Berechenbarkeit und es ist das Gegenteil von einem Verhalten, das wir von einem Hamburger Bürgermeister erwarten.
Zu guter Letzt noch ein Stichwort zum von Ihnen zitierten gesunden Menschenverstand. Natürlich besteht demokratische Politik aus Kompromissen, aber aus Kompromissen, die auch als solche benannt werden. Sie haben bemerkenswerterweise viele Kompromisse, die Sie heute als grüne Kröten bezeichnet haben, nie als Kompromisse bezeichnet, sondern immer als ureigene Überzeugung der Hamburger CDU.
Sie haben eine Woche vorher noch gesagt, die Stadtbahn werde kommen, gegen den Bürgerwiderstand, mit der fehlenden Finanzierung und mit der Trassenführung.
Aber nach einer Woche machen Sie eine Rolle rückwärts und behaupten exakt das Gegenteil. Dass die Menschen dort Zweifel an Ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit haben, ist doch wohl nachvollziehbar. Deshalb war es entlarvend, was Sie gesagt haben, nämlich dass es Kompromisse gebe in einer Koalition, dass man regieren wolle und man dann auch Kröten schlucken müsse. Das ist der Konstruktionsfehler dieser Koalition gewesen. Es ging Ihnen nicht um das Wohl und das Beste für unsere Stadt. Es ging Ihnen nicht darum, gute Lösungen für Hamburg zu finden, sondern es ging Ihnen darum, gute Lösungen für diese Koalition zu finden, und das ist grundfalsch.
Wir brauchen einen Senat und eine Koalition, die die besten Lösungen für Hamburg anstreben und nicht für die Parteien, die Funktionäre und die Hinterzimmer. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die spannende Frage ist – darüber hat bisher keiner geredet –, ob die gegenwärtige Situation, die Auflösung des schwarz-grünen Bündnisses, als Chance wahrgenommen wird, als Chance, nicht für irgendeine Mehrheits- oder Koalitionskonstellation, für irgendein Farbenspiel, sondern für eine neue, eine andere, eine soziale und zukunftsfähige Politik, für einen Kurswechsel nach zehn Jahren CDU-geführter Regierungen. Aber von einer Aufbruchstimmung, wie man sie vielleicht erwarten könnte, kann leider überhaupt keine Rede sein, weder bei der SPD noch bei der GAL.
Die GAL tut mir fast schon leid. Herr Kerstan, Sie haben eine Rede gehalten, in der Sie sagten, Sie hätten eigentlich immer recht gehabt während der zweieinhalb Jahre der Koalition und auch bei deren Auflösung. Dann waren Sie entweder zweieinhalb Jahre naiv oder beschönigen im Nachhinein die Lage, was ich verstehen kann, was mir aber eher leid tut. Die schwarz-grünen Blütenträume sind nicht erst seit drei Wochen ausgeträumt, sie sind schon lange verwelkt. Sie haben im Sommer noch einmal versucht, sich Mut zu machen. Sie haben damals auf einem Landesparteitag noch einmal Vorhaben formuliert. Vom unumkehrbaren Baubeginn der Stadtbahn war die Rede, vom Ausbau von Fahrradstreifen und Fahrradrouten, von der Stärkung des Bildungsortes Kita, von der längst überfälligen Verfassungsreform des Polizeirechts und so weiter.
Sehr wenige Vorhaben waren damals noch ehrgeizig formuliert, im Ganzen hatten Sie schon gewaltig zurückgesteckt. Dann sind Sie ausgestiegen aus der Koalition, ohne die inhaltlichen Bruchstellen deutlich zu machen, und damit leider auch ohne Signal für politische Weichenstellungen. Inhaltliche Impulse gehen von Ihnen im Moment nicht aus, und schon gar nicht für einen Politikwechsel. Das ist das große Problem der Art und Weise, wie Sie die Koalition aufgelöst haben, und das ist leider auch das Problem Ihrer heutigen Reden.
Ich komme zur SPD. Herr Scholz hat es leider ausdrücklich abgelehnt, diesen Zwischenzeitraum zwischen dem Zerfall von Schwarz-Grün und der Bildung eines neuen Senats frühestens im März für Weichenstellungen zu nutzen. Ich zitiere jetzt Herrn Scholz. Er sagte am vergangenen Wochenende in der "Bild am Sonntag" – Herr Neumann, Sie haben es heute ausdrücklich bestätigt –:
"Es gibt doch schon jetzt eine rot-rot-grüne Mehrheit in der Bürgerschaft. Die SPD könnte also jetzt schon Herrn Ahlhaus abwählen
und mit einem SPD-Bürgermeister in den Wahlkampf ziehen. Das machen wir aber nicht, weil wir – wie bei der vergangenen Wahl – eine Koalition mit der Partei DIE LINKE ausgeschlossen haben."
Wohlgemerkt, hier geht es überhaupt nicht um eine Koalition. Hier geht es darum zu verhindern, dass der Minderheitssenat weiter abholzt und schweren Schaden in Hamburg anrichtet. Hier geht es darum, Zeichen zu setzen, sich auf einige wenige, sachliche, aber richtungweisende Punkte zu verständigen.
Aber stattdessen begnügen Sie sich damit, die Füße stillzuhalten, wie die Journalistenrunde sonntagabends bei Hamburg 1 nun schon mehrfach geunkt hat, weil Ihnen das angesichts des jämmerlichen Zustands der CDU für einen Wahlsieg vermutlich reicht. So besteht jedoch die reale Gefahr, dass drei Monate verstreichen, ohne dass irgendetwas passiert, außer dass die CDU handeln kann, wie ihr der Sinn steht.
Sie, die SPD, machen das aus parteipolitischem Kalkül. Vielleicht geht diese Rechnung auf, aber letztlich wird das die Politikverdrossenheit stärken, weil wieder einmal Politiker handeln wie Parteitaktiker, also nach sehr engen Gesichtspunkten.
Aber das Problem ist vermutlich größer. In all den Äußerungen von Olaf Scholz seit dem 28. November lässt sich nicht ein einziger, konkreter Anhaltspunkt finden, wie die SPD die großen Probleme dieser Stadt zu lösen gedenkt,
(Beifall bei der LINKEN und der CDU – Klaus-Peter Hesse CDU: Das bleibt auch so, Frau Schneider, da müssen Sie noch lange warten!)
wie sie vor allem die soziale Spaltung bekämpfen will und wie der Tatsache zukünftig Rechnung getragen wird, dass frühkindliche Bildung in wachsendem Umfang eine öffentliche Aufgabe ist. Das heißt nämlich, dass als erster Schritt sofort die unselige Kita-Gebührenerhöhung rückgängig gemacht werden muss.
Man müsste auch wissen, wie es die SPD denn jetzt genau hält mit der Rekommunalisierung der Netze und damit mit der grundlegenden Frage, wie sich die Stadt mit ihren auf das Gemeinwohl verpflichteten Unternehmen strategisch aufstellt. Es gibt vage Ankündigungen, es wird auf zukünftige Zeiten verwiesen, auf Eventualitäten und Möglichkeiten, aber es gibt nichts Konkretes.
Herr Neumann, weil Sie dies eben so formuliert haben, werde ich noch etwas sagen, was ich vielleicht sonst nicht erwähnt hätte, nämlich die Sprache vom starken Staat auch in der Innenpolitik. Mich schaudert es bei dem Ausdruck vom starken Staat in der Innenpolitik.
Die einzige greifbare Aussage, die ich von Herrn Scholz gefunden habe, ist, dass er sich des Kurswechsels zu einer stark repressiven Innenpolitik rühmt,
den er 2001 als Innensenator durchgesetzt hat nach dem Abgang von Herrn Wrocklage. Viele haben den Brechmitteleinsatz und seine tödliche Folge für einen jungen Mann, für Achidi John, nicht vergessen, aber das Sicherheitsproblem einer modernen Metropole wird man nicht lösen durch eine vorrangig an Repression und nicht an den Grund- und Bürgerrechten orientierten Innenpolitik und die Desintegrationserscheinungen schon gar nicht. Auch und nicht zuletzt auf diesem Feld ist ein Kurswechsel nötig und keine Fortsetzung der Innenpolitik der letzten zehn Jahre,
Natürlich gibt es bei der SPD andere Ansätze und es gäbe durchaus Schnittmengen, die wir jetzt realisieren könnten,
wenigstens das eine oder andere, wie wir das in den vergangenen Monaten auch manchmal in der Opposition getan haben. Aber das müssen Sie unter sich ausmachen.
Wir können keinen Grund erkennen, die Parlamentsarbeit bis mindestens März einzustellen, wie es die gegenwärtige Tendenz ist. Unser Angebot, die vor uns liegenden Wochen für keineswegs fantastische, sonder längst überfällige Bürgerschaftsentscheidungen zu nutzen, steht
Wir kommen zunächst zum gemeinsamen Antrag der GAL- und der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/8023.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.