Protocol of the Session on November 24, 2010

(Beifall bei der SPD)

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

Ändern wollen Sie das erst ab 2012. 0,6 Prozent Steigerungen für 2013 und 0,8 Prozent für 2014. Das sind strenge Konsolidierungsvorgaben ab 2013. Und das heißt in Worten: Schwarz-Grün gibt das Geld bis zur nächsten Wahl mit vollen Händen aus und konsolidieren sollen die anderen. Das wäre ein ehrlicher Satz im Finanzbericht auf Seite 27.

(Beifall bei der SPD)

Nun sagen Sie, Sie hätten doch gerade ein 500-Millionen-Euro-Sparprogramm gemacht. Fragen dazu haben Sie nicht beantwortet, aber nun stehen einige Zahlen im Finanzbericht. Die Gesamtausgaben sind gegenüber der bisherigen Finanzplanung von Herrn Freytag nicht gesunken, sie sind nicht einmal gleich geblieben, wie zwischendurch behauptet wurde, sondern sie sind sogar gestiegen, und zwar um 223 Millionen Euro. Was ist das für ein Sparprogramm mit Kürzungen bei Beschäftigten und Studierenden,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

mit einem Abkassieren bei Gebührenzahlern ohnegleichen? Ein Programm, mit dem am Ende die Ausgaben um 200 Millionen Euro steigen, das ist kein Sparprogramm, sondern ein Umverteilungsprogramm, und zwar mit falschen Schwerpunkten, unsozial und ungerecht, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Globale Mehr- und Minderausgaben lautet ein Fachwort, wenn man Buchungen macht, ohne zu sagen, worin sie bestehen. Im Finanzbericht liest man, bis 2012 überwiegen die Mehrausgaben, während ab 2013 erhebliche globale Minderausgaben überwiegen. Einsparungen im Betriebshaushalt für nicht konkretisierte Maßnahmen haben Sie sich vorgenommen, 26 Millionen Euro für 2011 und 58 Millionen Euro für 2012. 2013 sollen dann 370 Millionen Euro und 2014 sogar über eine halbe Milliarde Euro bei den Betriebsausgaben eingespart werden. Nach mir die Sintflut, Frau Heyenn, heißt dieses Konzept zur Haushaltssanierung von CDU und GAL.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Warum kommt der Senat mit dem Sparen nicht voran? Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Sie planen einen Neubau der Stadtentwicklungsbehörde. Zugleich subventionieren Sie Büroflächenleerstand im Überseequartier mit zweistelligen Millionenbeträgen. Die Sparkommission von Herrn Frigge schlägt einen Verzicht auf den Neubau der BSU vor, dadurch einen Wegfall der Erstausstattung für 25 Millionen Euro und Wegfall der Mietkaufraten von 14 Millionen Euro pro Jahr. Genau das haben wir gesagt. Und alle wissen, dass dies sinnvoll wäre. Der Finanzsenator weiß es, die CDU weiß es, aber die GAL will es eben nicht. Sie will eine neue Umweltbehörde. Genauso ist es mit

dem 10-Millionen-Euro-Werbeprogramm für die Umwelthauptstadt, die eine Provokation ist für alle, deren Gehälter gekürzt und deren Gebühren erhöht werden.

Bei der Reiterstaffel und den Schießständen der Polizei, den Subventionen für German Open und Deutsches Derby ist es umgekehrt. GAL und Opposition wissen, dass sie sich das nicht leisten können, nun aber wird die CDU energisch und setzt sich durch. Und so blockiert im Senat eine Seite die andere, weil es kein gemeinsames politisches Konzept gibt und lieber abkassiert wird bei Bürgerinnen und Bürgern, und das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

CDU und GAL beschließen ständig neue Ausgaben, und wenn das Geld dann weg ist, fragen sie mit großer Geste, wo wir denn sparen würden. Wir sagen Ihnen jedes Mal vorher, was Sie lassen sollen: den Luxusneubau der HCU zum Beispiel, die Neuorganisation der Kulturbehörde, die neue Behörde für den Schulbau, Büroflächensubventionen im Überseequartier und ein 200-Millionen-Euro-Nachtrag bei der Elbphilharmonie mit einer 30-Millionen-Euro-Einigungssumme, die nichts anderes ist als eine Veruntreuung von Steuergeldern.

Wir haben in jedem Einzelfall konkret beantragt, die unwirtschaftlichen Projekte zu stoppen und notwendige Ausgaben durch Streichungen an anderer Stelle zu decken. Das werden wir in den Haushaltsberatungen fortsetzen. "Pay as you go" heißt es neudeutsch, wenn man erst sagt, woher das Geld kommen soll, und dann die Ausgaben beschließt. Das ist die Reihenfolge, und an die müssen Sie sich noch gewöhnen.

(Beifall bei der SPD)

Im Abschnitt 3 des Finanzberichts geht es um die haushaltspolitischen Rahmenbedingungen und die Schuldenbremse. Da müsste dann aber auch etwas stehen zur Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte. Es müsste gesagt werden, dass der Senat sich einsetzt für eine Anhebung der Spitzensteuersätze, wie es Herr von Beust schon einmal in einer Regierungserklärung gefordert hat.

(Uwe Grund SPD: Nix war's!)

Es müsste kritisiert werden, wie es zugeht in Berlin mit der CDU und FDP. Zwei Tage vor Weihnachten wird ein sogenanntes Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen und über Nacht hat Hamburg 600 Millionen Euro weniger in der Kasse. Große Worte haben wir gehört vom damaligen Finanzsenator, es müsse und werde einen Ausgleich geben für die Länder. Kein müder Euro ist angekommen, denn der Einfluss des Hamburger Senats in Berlin ist gleich null.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Statt eines Ausgleichs für die Länder wurde in Berlin eine Gemeinde-Finanzkommission beschlossen. Die soll über die Abschaffung der Gewerbesteuer beraten und über einen Zuschlag auf die Einkommen- uns Körperschaftssteuer. Diese Kommission gefährdet Milliarden Steuergelder Hamburgs. Die Finanzminister von Bayern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg sind Mitglieder der Kommission. Berlin und Niedersachsen sind vertreten, Nordrhein-Westfalen gleich mit zwei Regierungsvertretern. Aber wo ist Hamburg? Fehlanzeige.

(Michael Neumann SPD: Zurückgetreten!)

Ich sage Ihnen, SPD-Finanzsenatoren hätten vorn mit am Tisch gesessen, wenn es auf Bundesebene um die finanzielle Zukunft Hamburgs geht.

(Beifall bei der SPD – Viviane Spethmann CDU: Es geht um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit!)

Der Finanzbericht beschreibt an verschiedenen Stellen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise für Hamburg, das ist alles richtig. Aber ein Wort taucht in dem Bericht nicht ein einziges Mal auf: HSH Nordbank. Selbst Hilmar Kopper bestätigt mittlerweile, dass die HSH Nordbank mit politischen Forderungen nach hohen Renditen in riskante Geschäfte getrieben worden wäre. CDU-Finanzsenatoren haben im Aufsichtsrat eine internationale Investmentbank gefordert, ohne nach den Risiken zu fragen.

Der Bürgermeister hat sich zu keinem Zeitpunkt mit einer Beteiligung befasst, für die Hamburg 20 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung trägt. Stattdessen hat er sich in den kritischen Phasen der Finanzmarktkrise mit so wichtigen Themen beschäftigt wie "Badewannen in der Außenalster". Das ist eine fahrlässige Flucht aus der Verantwortung des Amtes mit fatalen Folgen für die Staatskasse.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Das ist doch albern!)

Meine Damen und Herren! Hamburg hat eine Konzernbilanz, das ist wichtig, aber Hamburg ist kein Konzern. Wir sind eine Metropole, in der 1,8 Millionen Menschen gut und sicher leben wollen. Und deshalb müssen wir die Kernaufgaben der Stadt solide finanzieren. Dazu zählen frühe Bildung und Integration, sanierte Schulen und Universitäten. Wir brauchen Wohnraum mit bezahlbaren Mieten und einen guten Zustand der Straßen und Wege. Von einer soliden Finanzierung dieser Kernaufgaben sind Sie weit entfernt. Sie geben Geld aus für falsche Projekte und verschließen die Augen vor einer Unterfinanzierung der öffentlichen Aufgaben, statt sich für eine Vermögensteuer und eine Anhebung der Steuersätze für Großverdiener einzusetzen.

Um wieder einen soliden Haushalt zu erreichen, müssen wir unwirtschaftliche Projekte streichen, Investitionen sorgfältiger planen und im Kernhaushalt finanzieren, statt sie in Schattenhaushalte zu verschieben. Wir müssen den Betriebshaushalt in Ordnung bringen, indem wir das Personal nicht ausweiten, sondern anständig bezahlen und für die richtigen Aufgaben einsetzen. Und das sind Aufgaben in Schulen und sozialen Diensten und in Bürgerämtern, aber nicht in Stabsstellen, Presseabteilungen und Spiegelreferaten. Wir müssen sparsam mit Behördenflächen umgehen und Doppelstrukturen abschaffen, wie es die sieben Bezirksamtsleiter vorgeschlagen haben. Und wir müssen auf schwarz-grüne Werbekampagnen und Klientelprojekte verzichten. Mit Ihren Haushaltsplänen halten Sie offene Rechnungen unter dem Tisch und planen den Konkurs für 2012. Sie vernachlässigen den sozialen Zusammenhalt, Sie wollen immer neue Leuchttürme bauen und können die Stadt nicht einmal vernünftig instand halten. Das ist die Realität im schwarz-grünen Hamburg, und dazu werden wir in den Haushaltsberatungen die politischen Alternativen deutlich machen.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE – Viviane Spethmann CDU: Da freuen wir uns drauf!)

Das Wort bekommt Herr Goldberg.

(Arno Münster SPD: Alles ist gut! Wir haben wieder nichts verstanden!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt doch jemanden, der schade sagt. Ich sage schade, dass der Finanzsenator seine Arbeit nicht fortsetzt, denn ich finde, er hat seine Arbeit gut gemacht.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie Herr Nonnenma- cher!)

Und auch ich danke ihm für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Insbesondere danke ich ihm dafür, dass er mit hoher fachlicher Kompetenz und politischer Integrität das Thema Haushaltskonsolidierung adressiert hat, das strukturelle Defizit, das sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, benannt, offengelegt und sich dafür eingesetzt hat, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um es zu beseitigen. Ich finde, das hat er gut gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Konsolidierungsprogramm, das Ausgabenreduzierung gegenüber der Mittelfristplanung vorsieht, ist in der Tat nicht besonders angenehm. Geplant waren eigentlich in allen Bereichen Ausgabenzuwächse, genauso wie Einnahmesteigerungen, so wie es aufgeführt war in der Mittelfristplanung. Aber mit den geplanten Einnahmezuwächsen konnte spätestens nach Eintritt der Krise und

(Dr. Peter Tschentscher)

der Erkenntnis über deren Folgewirkungen nicht mehr gerechnet werden. Hier eine Beschränkung der Ausgabesteigerungen und eine Anpassung damit an die Realität vorzunehmen, das war die Aufgabe, der sich der schwarz-grüne Senat angenommen hat, und zwar mit Erfolg.

Natürlich gibt es dann von allen Seiten die zu erwartende Kritik. Sie ist zu erwarten und teilweise verständlich, teilweise nachvollziehbar. Herr Tschentscher, ich finde es gut, dass auch Sie das Thema Haushaltskonsolidierung als eine wesentliche politische Aufgabe benennen, das machen Sie richtig. Aber ich bedaure, dass wir substanzielles Mitwirken im Sinne von Vorschlägen von Ihnen nicht bekommen haben. In der Tat, das kritisiere ich.

(Jan Quast SPD: Das gibt es ja nicht! – Wolfgang Rose SPD: Das ist ja Realitätsver- weigerung!)

Sie reduzieren sich einmal wieder auf einen Polizeischießstand, ohne aber zu benennen, wo denn die Hamburger Polizisten ausgebildet und trainiert werden sollen.

(Ingo Egloff SPD: Wieso, schießen die jetzt nicht? – Heiterkeit bei der SPD und der LIN- KEN)

Von Ihnen kenne ich eigentlich mehr Sachlichkeit, Herr Egloff, ich bin ganz überrascht.

Sie führen mal wieder die Reiterstaffel an, sagen aber nicht, welches alternative Einsatzmittel die Polizei bezahlen soll, wenn es das nicht ist.

(Michael Neumann SPD: Beantworten Sie doch mal die Dinge!)

Sie beklagen das Sondervermögen Schulbau, das sich mit 150 Millionen Euro im Jahr der Schulsanierung annimmt, gleichzeitig fordern Sie aber, dass wir gute, instand gesetzte Schulen haben. Diese Widersprüchlichkeit müssen wir schon benennen, aber wir freuen uns sehr darauf, in Zusammenarbeit mit Ihnen diese Widersprüche in Ihrer Oppositionspolitik im Rahmen der Haushaltsberatungen dann zu beseitigen. Wahrscheinlich werden Sie mit großen Überraschungen aufwarten. Wenn ein substanzieller Beitrag von Ihnen kommt, dann haben Sie meine Unterstützung. Ich glaube, Herr Tschentscher, eines eint uns beide, wir sind beide passionierte Haushaltskonsolidierer.

Sie beklagen auch ein paar Mehrausgaben, zum Beispiel im Bereich Schule. Es stimmt, hier gibt es einige Mehrausgaben, die wir auch unter anderem mit Ihnen zusammen beschlossen haben. Wir haben ebenso höhere Aufwendungen im Bereich Kita. Auch hier kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie etwas dagegen haben. Und wir haben insbesondere schon in 2010 durch höhere Fallzahlen und im Bereich der Kosten der Unterkunft erhebliche Mehraufwendungen, ohne dass irgendjemand ge

sagt hätte, die hiervon Begünstigten sollten umziehen in kleinere und billigere Wohnungen. Das haben wir auch nicht gemacht, aber Sie ebenso wenig.

Außerdem haben wir in der allgemeinen Finanzverwaltung höhere Zinsaufwendungen in nicht unerheblicher Größenordnung. Die haben wir ebenfalls zu bewältigen, auch durch den Konjunkturstabilisierungsfonds, der der Kompensation der Steuermindereinnahmen dient, die aus der Weltwirtschaftskrise resultieren und ihre Folge sind. Hier haben Sie aber auch nicht gefordert, diese Steuermindereinnahmen hinzunehmen und entsprechende Streichungen vorzunehmen bei den Ausgaben, die dann zwangsläufig aufgrund der Höhe im sozialen Bereich, im Bereich der öffentlich Bediensteten und der sonstigen öffentlichen Leistungen hätten vorgenommen werden müssen. Das haben Sie nicht gefordert. Aber wenn wir Steuermindereinnahmen krisenbedingt kompensieren wollen und keinen Kahlschlag machen, dann muss man eben in den sauren Apfel einer höheren Nettoneuverschuldung beißen.