Protocol of the Session on November 10, 2010

Zugleich halte ich es aber für sehr wichtig, dass wir diese Maßnahmen und deren Auswirkungen untersuchen und uns der Senat noch vor Ablauf der neuen Frist einen Evaluationsbericht dazu vorlegt. Ich bin mir sehr sicher, dass wir so vor allem unseren mittelständischen Unternehmen, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, weiterhin helfen und sie darin unterstützen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ahrons, ich habe mich natürlich gefragt, warum Sie das Thema anmelden. Wenn Sie jetzt noch einmal die Erfolge des Konjunkturprogramms feiern wollen, dann können Sie das natürlich tun. Ohne Zweifel ist das Konjunkturprogramm sinnvoll gewesen, aber was dieser Hinweis auf Steuererhöhungen et cetera bei anderen Parteien soll, habe ich, ehrlich gesagt, nicht begriffen. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass es Außenminister Steinmeier gewesen ist, der in der Weihnachtspause 2008 die ersten Vorschläge für ein Konjunkturprogramm in der damaligen Großen Koalition unterbreitet hat und die eigentlichen zusätzlichen Mittel in Hamburg, die für die Konjunktur ausgegeben wurden, Mittel der Bundesregierung gewesen sind, während der Senat Mittel aus seinem Investitionshaushalt mehr oder weniger nur vorgezogen hat. Wir brauchen also überhaupt keine Belehrungen darüber, dass es sinnvoll ist, antizyklisch zu handeln. Wir waren schon für Keynes, als Sie noch für Angebotspolitik waren. Der Unterschied zwischen Ih

nen und uns ist, dass wir dieses System schon vorher begriffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Zweifelsohne ist es richtig gewesen, das Konjunkturprogramm in dieser Art und Weise zu fahren. Zweifelsohne ist es auch so, dass die Art und Weise, wie wir das gemacht haben, für die Sicherung regionaler Arbeitsplätze gesorgt hat; das war schließlich auch das Ziel dieses Programms.

Die Frage ist nur, ob die Beibehaltung dieser höheren Wertgrenzen bei der Vergabe von Bauleistungen auf Dauer richtig und auch rechtmäßig ist. Daran habe ich meine Zweifel, denn die Regelung der Ausschreibung soll den Wettbewerb garantieren und verhindern, dass immer dieselben Anbieter zum Zuge kommen. Außerdem ist die von uns ergriffene Maßnahme einer besonderen wirtschaftlichen Situation geschuldet und könnte auf Dauer wettbewerbsrechtliche Probleme aufwerfen, nämlich dann, wenn sie dazu führt, dass Hamburger Unternehmen sozusagen in einem Closed Shop immer wieder den Zuschlag erhalten. Insofern ist grundsätzlich Vorsicht geboten.

Gleichwohl, da der Antrag auf den 31. Dezember 2012 befristet ist und wir außerdem die Wirkung dieses Antrags untersuchen wollen, werden wir diesem Antrag heute zustimmen. Für die Zukunft möchte ich allerdings vor zu viel Euphorie warnen, denn alles, was dazu führt, dass Wettbewerb in irgendeiner Weise kanalisiert werden soll, wird erfahrungsgemäß von der Europäischen Union und auch von den Kartellbehörden sehr kritisch beäugt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Rahmen des Konjunkturprogramms war zur Förderung der lokalen Wirtschaft sicher eine sinnvolle und notwendige Maßnahme, die Wertgrenzen herabzusetzen und auch, nicht mehr zwingend europaweit auszuschreiben. Anlässlich der Erfahrungen, die wir jetzt gemacht haben, haben wir deutlich erkennen können, dass diese Maßnahme für das lokale Handwerk, aber auch für die lokalen Wirtschafts- und Bauunternehmen segensreich ist.

Ursprünglich war diese Begrenzung der Wertgrenzen nur auf das Ende dieses Jahres vorgesehen, aber ein Teil der Maßnahmen hat sich jetzt zeitlich gestreckt. Deshalb ist es möglich – und man sollte es auch tun, wenn das Konjunkturprogramm länger läuft –, auf die Absenkung der Wertgrenzen und auch auf europaweite Ausschreibungen so lange zu verzichten. Wenn man sich den erfolgreichen Ansatz dieses Programms ansieht, dann kann man

(Barbara Ahrons)

richtiggehend bedauern, dass am Ende, nach Auslaufen des Konjunkturprogramms, wieder unumschränkt Bundes- und Europarecht gelten wird und deshalb dieser Schub für das lokale Handwerk und die lokale Wirtschaft in der Form nicht weiter gefördert werden kann. Aber so sind nun mal die Realitäten in diesem Land und in der EU. In Krisenzeiten haben wir das aufgehoben und auch wenn die Wirtschaft jetzt besser läuft, ist es trotzdem sinnvoll, den Aufschwung zu verstetigen und insbesondere kleinen und mittleren Firmen stärker unter die Arme zu greifen, die gerade auch jetzt, nach einer langen harten Phase, nicht die Reserven haben, um hohe neue Investitionen tätigen zu können.

Insofern ist das eine wirklich sinnvolle und auch sehr pragmatische Maßnahme, die ohne viel Aufwand zu dem gewünschten Effekt führt. Darum freue ich mich, dass wir uns in diesem Punkt relativ einig sind, und hoffe, dass wir das auch bei anderen Maßnahmen, wenn es um die Förderung der mittelständischen Wirtschaft in dieser Stadt geht, in ähnlicher Weise gemeinsam hinbekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Baum.

Frau Vorsitzende, sehr geehrte Anwesende! Was wird nun in diesem vorliegenden Antrag gefordert? Eine Beibehaltung der Aufhebung der gesetzlich vorgesehenen Grenzen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen bei beschränkten Ausschreibungen um das Dreifache des vorgeschriebenen Wertes. Für freihändige Vergaben soll die schriftliche Begründungspflicht bis auf Weiteres ganz entfallen. Die Begründung dafür ist, dass dies unbürokratischer wäre und damit die Konjunktur angekurbelt würde.

Dem kann man so nicht ganz folgen. Zunächst ist es nur gefühlt gut für die Konjunktur, die Wertgrenzen heraufzusetzen und damit die Nachweispflichten zu verringern. Einen klaren Nachweis für diesen Zusammenhang ist man uns bisher noch schuldig geblieben. Die SPD will jetzt die Wirkung dieser Geschichte prüfen. Wir hoffen auf ein positives Ergebnis.

Mein erster Impuls in diesem Zusammenhang wäre deshalb, klarzustellen, dass die gesetzlichen Vorschriften nicht ohne Grund als Mindestmaß für Vergabeverfahren vorgeschrieben sind und dadurch ein Mindestmaß an Demokratie und auch an demokratischer Kontrolle bei der Vergabe öffentlicher Gelder sichergestellt werden soll. Insofern wäre es aus meiner Sicht sinnvoller, die Wertgrenzen eher niedriger zu halten und nicht die gesetzlichen Vorgaben ohne Not auszuhebeln.

Die eigentliche Frage ist natürlich die nach der Wirkung und ob das Beharren auf dem Gesetzestext die aktuelle Vergabepraxis tatsächlich verbessert, ob sie dadurch transparenter wird oder die Durchsetzung zum Beispiel der sozialen und ökologischen Ziele der Vergabeordnung dadurch in irgendeiner Weise besser wird. Die Antwort lautet eher: nein. Dazu müsste man den Hebel ganz woanders ansetzen. Wenn man die Beschaffung der öffentlichen Hand und die Vergabe öffentlicher Aufträge wirklich so organisieren will, dass zum Beispiel die ILO-Kernarbeitsnormen von den beauftragten Firmen wirklich eingehalten werden, also keine Kinderarbeit eingesetzt wird, Ökostandards und auch Tariftreue eingehalten werden, dann kommt es sicher nicht so sehr auf die Einhaltung der Wertgrenzen an. Wichtiger ist, dass die tatsächliche Einhaltung der Standards überprüfbar wird, dass man Anreize schafft, die Firmen dazu zu bringen, sich wirklich an diese Vorgaben zu halten, dass man funktionierende Kontrollmöglichkeiten schafft und die Messlatte für tatsächliche Auftragsausführungen so hoch legt, dass unabhängig von Schwellenwerten eine vorbildliche Vergabepraxis geschaffen wird. Insofern ist für uns der vorliegende Antrag, lax gesprochen, ein bisschen wie Pfefferminztee. Er schadet nicht, aber er nützt auch nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Karan.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren! Zur aktuellen Lage: Die positive Konjunkturentwicklung in Hamburg setzt sich fort. Die Arbeitslosenzahl ist im Oktober auf 70 500 gesunken. Wenn Sie sagen, Herr Neumann, dass ich dafür nichts getan habe, dann haben Sie recht. Das ist der beste Oktoberwert seit 2001. Die Arbeitslosenquote sank im Vorjahrsvergleich von 8,5 Prozent auf 7,6 Prozent. Ich habe Grund zur Hoffnung, dass wir noch in diesem Jahr die 70 000-Marke unterschreiten werden.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hamburg auch 2009 und 2010 während der Wirtschaftskrise weiterhin zugenommen hat. Auch die Aussichten für das Jahr 2011 sind günstig. Aber fast 50 000 Menschen im Rechtskreis des SGB II sind arbeitslos, von denen rund ein Drittel Langzeitarbeitslose sind, um die wir uns auch mit unseren Fort- und Weiterbildungsinstrumenten besonders kümmern. Diese Menschen benötigen häufig intensive Förderung, um ihre Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz nutzen zu können.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Jens Kerstan, beide GAL)

(Jens Kerstan)

Es ist sehr bedauerlich, dass die Bundesregierung vor dem Hintergrund einer Konjunkturbelebung nun massive Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik beschlossen hat. Das Budget der team.arbeit.hamburg für arbeitsmarktpolitische Fördermaßnahmen wird 2011 voraussichtlich um rund 57 Millionen Euro auf 130 Millionen Euro abgesenkt; das sind 30 Prozent. Das ist die falsche Nachricht für die Arbeitslosen. Eigentlich sollten wir jetzt alles dafür tun, um Arbeitslose zu qualifizieren, zu fördern, zu beschäftigen

(Beifall bei Antje Möller GAL, Michael Neu- mann und Wolfgang Rose, beide SPD)

und ihr Selbstwertgefühl zu steigern, und ihnen die Botschaft vermitteln, dass wir daran glauben, sie mit Hilfe arbeitsmarktpolitischer Fördermaßnahmen in Beschäftigung zu bringen.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Senator, eigentlich steht es mir nicht zu, aber ich möchte es doch sanft versuchen. Kann es sein, dass Ihre Rede sich auf den nächsten Tagesordnungspunkt bezieht? Im Augenblick passt sie nicht zum Thema.

Ich bin überfragt, aber wenn Sie das sagen, Frau Präsidentin, dann akzeptiere ich das.

(Zuruf aus dem Plenum: Das ist der nächste Tagesordnungspunkt!)

Der nächste Tagesordnungspunkt, dazu bin ich gerne bereit. Ich schicke Ihnen meine Rede zu. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Sie dürfen diese natürlich auch gerne noch einmal halten.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Oder wei- terreden!)

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen mehr zu diesem Thema. Ist das richtig? Es ist auch für uns eine ungewohnte Situation, deshalb frage ich noch einmal. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer sich dem gemeinsamen Antrag der CDU- und GAL-Fraktion aus Drucksache 19/7673 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Dann kommen wir zu Punkt 19 der Tagesordnung, Drucksache 19/7670, Antrag der SPD-Fraktion: Massive Einsparungen bei Arbeitsmarktmitteln und falsche Akzentsetzung durch die team.arbeit.hamburg – die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik in

Hamburg muss transparent und nachvollziehbar sein.

[Antrag der Fraktion der SPD: Massive Einsparungen bei Arbeitsmarktmitteln und falsche Akzentsetzung durch team.arbeit.hamburg – die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik in Hamburg muss transparent und nachvollziehbar sein – Drs 19/7670 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Badde, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im Bund wurde eines der größten Sparprogramme, das die Bundesrepublik je verabschiedet hat, beschlossen. Aber wer meint, dass diejenigen, die uns seit dem Jahr 2008 die Misere bereitet haben, vorrangig zur Kasse gebeten werden, irrt gewaltig. Das Gegenteil ist der Fall. Von der deutschen Wirtschaft, die sich im deutlichen Aufschwung befindet, wird nur sehr vereinzelt und dann auch nur sehr nebulös ein bescheidener Sparbeitrag gefordert. Dagegen soll bei denjenigen eingespart werden, die sowieso wenig besitzen und vor lauter Alltagssorgen keine Zeit und insbesondere keine lautstarke Interessenvertretung haben, um sich gegen diese ungerechte Politik zu wenden. Die Bundesregierung und mit ihr die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag haben einen Sparhaushalt beschlossen, der an sozialer Ungerechtigkeit kaum noch zu überbieten ist:

(Beifall bei der SPD)

massive Kürzungen im Arbeitsmarktbereich, Abschaffung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger, Abschaffung des Rentenbeitrags für Hartz-IVEmpfänger und ähnliche Grausamkeiten mehr. Wir haben gerade über die Bildungschancen bei Kindern im Regelsatzbezug gesprochen. Hamburg will berühmte Projektstadt für den Bildungschip werden. Merken Sie denn gar nicht, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, wie absurd diese Diskussion angesichts der Kürzungen des Elterngeldes und anderer Leistungen ist? Alleinerziehende und Familien mit Hartz-IV-Bezügen leiden ganz besonders unter diesen Sparmaßnahmen, von anderen Ungerechtigkeiten ganz zu schweigen. Wie soll denn der viel beschworene Fachkräftemangel behoben werden, wenn ausgerechnet die Eingliederungsleistungen mit all ihren Qualifizierungsmöglichkeiten weggekürzt werden?

(Beifall bei der SPD)

Was macht Hamburg? Trotz anders zusammengesetzter Koalition wird kein Wort über diese Ungerechtigkeiten verloren. In seinem Bericht zum Bundesrat stellt der Senat nur lapidar fest, es seien Entlastungen bei den Leistungen für Arbeitsuchende vorgesehen und es gäbe auch Elterngeld. Kein Wort über die ungerechte Kürzungspolitik des Bun