Wir alle sind sicher, dass wir mit unserer heutigen Entscheidung einen großen Schritt auf dem Weg zu einer Entspannung der Schulpolitik vorankommen. Wir brauchen diese Entspannung, und zwar nicht nur im Parlament, sondern vor allem an den Schulen und in der ganzen Stadt. Die Regelungen des neuen Schulgesetzes werden zu diesem Frieden beitragen. Selbstverständlich haben wir die klare Botschaft des Volksentscheids umgesetzt. Die Klassen 5 und 6 bleiben an den weiterführenden Schulen, das Gymnasium wird in seinem Bildungsauftrag nicht verändert und auch das Elternwahlrecht nach Klasse 4 bleibt bestehen. Das waren die drei wichtigen Punkte, die mit dem Volksentscheid verbunden waren.
Darüber hinaus haben wir Gespräche mit den Kammern und der Initiative "Wir wollen lernen!" geführt und uns bemüht, weitere Anregungen aufzunehmen. Von meinen Vorrednern sind die Formulierung der Beobachtungsstufe und des Bildungsauftrags und auch das Thema Langformschule genannt worden. Wir haben uns entschieden, die Langformschule alter Prägung wieder möglich zu machen. Weiterungen und neue Ideen werden in Zukunft ausführlich und sorgfältig diskutiert werden. Wir sind damit allen Gesprächspartnern in vielen Punkten sehr weit entgegengekommen. Darüber hinaus heilen wir Wunden, die wir mit dem alten Schulgesetz geschlagen haben. Schulfusionen gegen den Willen wird es nicht geben und Langformschulen in der bisherigen Form sind künftig wieder möglich. Anerkannte Reformschulen wie die Max-Brauer-Schule und die Gesamtschulen Winterhude, Alter Teichweg und Erich Kästner können ihre bisher erfolgreiche Arbeit ohne organisatorische Erschütterungen relativ nahtlos fortsetzen. Das sind wirklich gute Nachrichten für Schüler, Eltern und Lehrer und wir können uns gemeinsam über diese gute Lösung freuen.
Ich darf sagen, dass das angenehme Gespräche waren mit allen Beteiligten und man nach dem doch schwierigen Wahlkampf, wenn die Türen geschlossen waren, relativ konstruktiv an der Sache arbeiten konnte. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang insbesondere bei den Kollegen Michael Gwosdz von der GAL
und Dora Heyenn von der LINKEN. Sie haben die Verhandlungen nüchtern, unaufgeregt und mit großer Sachkenntnis vorangebracht und dabei, wie wir alle übrigens, immer wieder den Blick für die gesamte Breite der Wählerschaft geschärft. Dieses Lob, das will ich in aller Klarheit sagen, gebe ich an die CDU nicht weiter, so sehr ich die Verhandlungspartner auch persönlich schätze. Erinnern wir uns einmal daran, dass wir tagelang alle vier zusammengesessen und alle vier gemeinsam gesprochen haben. Gern wurde dabei der Rat der Oppositionsparteien gesucht. In mehreren Fällen hat die CDU den Rat von Frau Heyenn übrigens sogar im Gesetz verankert und man kann, so meine ich, nicht zwischen Frau Heyenn und der LINKEN unterscheiden, denn sie ist Fraktionschefin der LINKEN und damit sicherlich eine Repräsentantin der Partei.
Die CDU hat ausdrücklich eine gemeinsame Presseerklärung aller vier Fraktionen befürwortet, Herr Beuß, und es war die CDU, die durch eine Textänderung der Pressemitteilung eine Hilfestellung gegeben hat, damit es gelingen kann, dass auch DIE LINKE diese Presseerklärung mitträgt. Dann, kurz vor Abschluss der Gespräche, überraschte die CDU mit zwei Ideen und einer neuen Forderung für das Gesetz; Details will ich nicht erörtern. Diese scheinbare Wiederbelebung der CDU-Schulpolitik scheiterte schon nach 24 Stunden. Unsere Fraktion musste das alles in einer Volte nachvollziehen. Erst hieß es, es geht in die eine Richtung, dann ging es wieder in die andere. Nach dem Zusammenbruch dieses kurzen Aufbäumens der CDU-Schulpolitik kam die Retourkutsche. Wenn man schon inhaltlich nichts zu verändern hat, dann doch wenigstens im Antragskopf.
Man wollte plötzlich nicht mehr mit der LINKEN in der Kopfzeile stehen nach dem Motto: Wenn schon nichts im Antrag von der CDU steht, dann wenigstens oben drüber. Da störte es offensichtlich auch nicht, dass man eben noch friedlich und einträchtig zusammengesessen und Rat voneinander eingeholt hatte.
Das Wort "schleimen" ist jetzt zum dritten Mal gefallen; vielleicht kann man einmal darüber nachdenken, ob sich das so gehört.
Abschließend noch eines: Mit dem Volksentscheid ist eine Grundsatzentscheidung über die Schulstruktur getroffen worden. Damit gewinnen wir alle auch Muße und Kraft für Reformen, die ebenfalls wichtig sind und die bisher vielleicht ein wenig im Schatten gestanden haben. Ich nenne drei Punkte.
Erstens: Der Unterricht und die innere Reform der Schulen können erheblich vorangebracht werden. Da ist eine Qualitätsoffensive dringend erforderlich und ich bin überzeugt, dass sie erfolgreich auf den Weg gebracht werden kann.
Zweitens: Insbesondere für die Kinder und Jugendlichen aus bildungsfernen Familien bleiben alle Probleme erhalten. Wir müssen hier gezielt eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg bringen; ich nenne nur den Ausbau der Ganztagsangebote, eine Verbesserung der frühkindlichen Bildungsangebote und der Integration von Förderschülern und vielfältige Fördermaßnahmen wie zum Beispiel die Sprachförderung.
Drittens: Eine Schulform bleibt, die längeres gemeinsames Lernen in verlängerter und guter Form ermöglicht, die Stadtteilschule. Sie ist die große Aufgabe, der wir uns jetzt widmen müssen. Wir müssen sorgfältig darüber nachdenken, wie dieses große Projekt zum Nutzen der Schülerinnen und Schüler in Hamburg gelingen kann. Das ist genug für zwei Legislaturperioden und es ist genug, um Hamburgs Schulen um Jahre nach vorn zu bringen. Also, worauf warten wir? Wir sind dazu bereit und auch dazu, im gemeinsamen Kopf mit allen Fraktionen vernünftig zusammenzuarbeiten. – Vielen Dank.
"Ich fordere die Bürgerschaft und den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf, eine Ausgliederung der Klassen 5 und 6 aus den Gymnasien und anderen weiterführenden Schulen und deren Anbindung an die Grundschulen als 'Primarschulen' zu unterlassen. Denn ich bin dafür, dass die Hamburger Gymnasien und weiterführenden Schulen in der bisherigen Form, d.h. beginnend mit der Unterstufe ab Klasse 5, erhalten bleiben und die Eltern auch in Zukunft
Das galt es umzusetzen. Wir vier Fraktionen haben uns bemüht, dies in vielen Runden – Herr Rabe hat es angesprochen, es gab fünf oder sechs Gesprächsrunden, die teilweise vier Stunden dauerten – unverzüglich zu tun. Es ist richtig, die SPD hat ein bisschen Druck gemacht, und das war auch gut, sonst hätte man erst zusammengefügt, was man wieder hätte trennen müssen. Diese Unverzüglichkeit wurde von der Stadt auch gefordert. Wir haben Signale aus den Schulen bekommen, von Eltern, Schülern und Lehrern, dass in irgendeiner Form Klarheit kommen muss.
Diese Verhandlungen waren nicht einfach. Für uns war völlig klar, dass man, wenn alle vier Fraktionen der Bürgerschaft gemeinsam beschließen, einen Volksentscheid zu machen und in eine Art Wahlkampf gegen die Initiative WWL zu gehen, die Suppe dann auch gemeinsam wieder auslöffelt. Uns war klar, dass auch wir als Oppositionspartei diesen Volksentscheid verloren haben. Trotzdem wollten wir alles dafür tun, dass nicht wieder so etwas passiert wie mit dem LBK, dass nämlich ein Volksentscheid nicht umgesetzt wird. Das ist nicht unsere Art, deswegen haben wir uns sehr intensiv darum bemüht. Es ist uns wichtig, dass der Volksentscheid im Rahmen dieser Vorschriften umgesetzt wird.
Wir haben während der ganzen Debatte um die Schulreform mehrere Schlachten geschlagen, als es darum ging, das Schulgesetz zu verabschieden oder darum, dass wir den Volksentscheid machen. Insbesondere Sie, Herr Rabe, habe ich manchmal doch ein wenig hart angefasst, das muss ich zugeben.
Vielleicht hat das ein bisschen dazu beigetragen, dass Sie dann den Schwung zur Primarschule bekommen haben. Ich wollte Ihnen auf jeden Fall ein Kompliment zurückgeben. Herr Beuß sagt jetzt wieder, ich schleime Sie an, aber das ist mir egal. Als es bei den Verhandlungen darum ging, wie man es schafft, möglichst unverzüglich den Volksentscheid im Sinne dieses Textes umzusetzen, da waren Sie derjenige, der immer sehr sachlich war und versucht hat, alle zusammenzuführen, damit es nicht noch einmal eine zweite Runde gibt.
der vorbei. Ihnen ist inzwischen eingefallen, dass DIE LINKE aus einer Fusion aus WASG und PDS entstanden ist, und das nennen Sie die Nachfolgepartei der SED. Nun höre ich zwar wahnsinnig gern Musik und habe einmal sehr stümperhaft Gitarre gespielt, aber wenn ich ein bisschen musikalischer wäre, dann würde ich Ihnen jetzt etwas auf der Blockflöte vorspielen.
Der Text des Volksentscheids ist umgesetzt worden. Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es unmittelbare und mittelbare Auswirkungen des Volksentscheids gibt. Alle vier Fraktionen gemeinsam haben versucht, die Umsetzung nicht eng zu halten, sondern auch der Tatsache gerecht zu werden, dass wir nicht mehr eine Aufteilung in Hauptschule oder integrierte Haupt- und Realschule, Gesamtschule und Gymnasium haben, sondern nur noch zwei Säulen. Das hat natürlich Folgen. Deshalb haben wir uns intensiv mit der Initiative "Wir wollen lernen!" und den Lehrer-, Schüler- und Elternkammern ausgetauscht. Wir haben eine ganze Menge Anregungen bekommen und das eine oder andere völlig einsichtig in den Entwurf übernommen, zwar nicht alles, aber entscheidend ist, dass wir uns an den Text des Volksentscheids gehalten haben. Die Initiative "Wir wollen lernen!" hat zwar das Mandat, darauf zu achten, dass der Volksentscheid umgesetzt wird – ich glaube, Sie nennen sich Wächterrat oder Wächter oder etwas in der Art –,
(Heiterkeit bei der SPD und der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wächterrat ist, glau- be ich, was anderes!)
aber das bedeutet nicht, dass wir alle Vorschläge, die sie machen, auch übernehmen müssen. Wir haben das auch nicht getan, aber ich glaube, beide Seiten können damit leben.
Ich möchte noch einmal aufzählen, an welchen Punkten der Gesetzentwurf meiner Meinung nach sehr gelungen ist.
Ein Punkt ist, dass die Starterschulen abgesichert sind. Schüler, die an diesen Starterschulen sind, können zwar wechseln, aber diejenigen, die bleiben wollen, haben die Sicherheit, an dieser Schule auch die sechste Klasse beenden zu können und danach die Möglichkeit, auf jede andere Schulform zu wechseln. Das finden wir sehr gut.
Ebenfalls eine sehr gute Idee ist es, dass sich Stadtteilschulen mit Grundschulen zusammentun können und somit die Langform wieder eingeführt wird, weil da durch den Wegfall der Primarschulen eine Lücke war. Wir haben einige sehr gute Lang
formen und haben es daher sehr begrüßt und unterstützt, dass es diese Möglichkeit wieder gibt und sie auch gesetzlich abgesichert ist.
Wir haben, nachdem der Volksentscheid entschieden ist und das neue Schuljahr begonnen hat, die Problematik, dass wir das ganze Schuljahr hindurch an den Stadtteilschulen 29 und in den Gymnasien 32 Schüler in den Klassen 5 und 6 haben. Bei aller Liebe, das ist einfach zu viel. Deshalb begrüßen wir, dass im Gesetzentwurf steht, dass in den Klassen 5 und 6 der Primarschulen – das ist ein Teil der Gelder, die durch den Wegfall der Primarschule eingespart werden – 23 Schüler sind. Das finden wir sehr gut.
Dann gibt es noch den Punkt Grundschulempfehlung. Vom Prinzip her ist es recht positiv, was wir dazu in den Gesetzentwurf geschrieben haben. Eigentlich haben wir sie wegfallen lassen mit der naheliegenden Begründung, dass, wenn ohnehin die Eltern entscheiden können, welche Schule ihr Kind besucht und wir keine Aufteilung in Hauptschule, Realschule und so weiter haben, sondern nur noch Stadtteilschule und Gymnasium, und man an beiden Schulformen das Abitur machen kann, es eigentlich überhaupt nicht nötig ist, noch eine Grundschulempfehlung zu geben. Das war die Idee, die wir sehr begrüßt und unterstützt haben. Es gibt jetzt eine neue Regelung im Schulgesetz – viele wissen nicht, dass es viele weitere Neuerungen in ihm gibt –, die alle Klassenlehrer verpflichtet, mit jedem Sorgeberechtigten einmal pro Halbjahr ein mindestens viertelstündiges Gespräch zum Lernentwicklungsbericht des Kindes zu führen. Das gab es früher nicht, da gab es Elternabende, zu denen immer nur ein Drittel der Eltern kam, und zwar genau das Drittel, das keinen Beratungsbedarf hatte. Es ist gut, dass die Eltern von der ersten Klasse an genau wissen, wie sich ihr Kind entwickelt.
Trotzdem wird vorgeschlagen, dass es vor der Entscheidung der Eltern, ob ihr Kind die Stadtteilschule oder das Gymnasium besucht, noch einmal eine obligatorische Verpflichtung zu einer Beratung gibt, die auch festgehalten werden muss. Das wird den Eltern mitgegeben und kommt in die Schülerakte. Das kann in dem Sinne funktionieren, dass es keiner Grundschulempfehlung entspricht, es kann in der Praxis aber doch hinten herum wieder eine Grundschulempfehlung dabei herauskommen. Wir müssen darauf achten, dass das nicht passiert, denn das wäre dann auch eine Stigmatisierung. Es soll kein Kreuz geben bei der Entscheidung zwischen Stadtteilschule und Gymnasium, das finden wir gut, aber wir sehen da durchaus ein kleines Problem.