Das macht vor allem einen großen Unterschied zwischen uns deutlich. Wir sagen mit den Steuerfreibeträgen für Familien, dass wir diesen Eltern das Geld gar nicht wegnehmen wollen. Sie dagegen sagen, wir nehmen es lieber den Eltern weg und verteilen es dann als Sozialleistung über Kindergeld und anderes und das ist ein grundsätzlicher Unterschied. Wir wollen den Leistungsträgern im Lande nicht über Steuern alles abknöpfen, um es dann hinterher als Staat zu verteilen.
Das ist ein wichtiges Signal an die Eltern, die sich dieser Tage über höhere Kita-Beiträge beklagen.
Herr Senator Wersich, wenn Sie schon ganz präzise wiedergeben, was debattiert worden ist, dann will ich noch einmal wiederholen, was in unserem Antrag steht: Wir möchten einfach nur das umgesetzt sehen, was Ihr Senat versprochen hat, nämlich dass für dieses sogenannte Wirtschaftsbeschleunigungsgesetz der Ausfall für Hamburg in Höhe von 600 Millionen Euro ausgeglichen wird. Das stellen wir heute zur Abstimmung. Hinterher können wir die Zahlen im Ausschuss noch einmal nachrechnen. Ich habe das eben gar nicht so richtig verstanden, erst waren es 480 Millionen Euro, dann waren es 84 Millionen. Die Zahlen, die Sie hier präsentieren, sollten wir im Ausschuss gründlich nachrechnen.
Kopf, aber vielleicht irre ich mich auch: Meiner Erinnerung nach wird an normale Familien eine Kindergelderhöhung von 20 Euro pro Monat gezahlt. Die Spitzenverdiener bekommen stattdessen den Freibetrag. Und wenn man den Freibetrag hochrechnet, kommt man nicht auf 12 mal 20 Euro, also 240 Euro im Jahr, sondern es ist genau das Doppelte. Der Spitzenverdiener bekommt für sein Kind 480 Euro und der, der kein Geld hat, bekommt 240 Euro. Das ist eine Verteilung von Steuergeld, die von Gerechtigkeit weit entfernt ist.
Das können wir gerne noch einmal nachrechnen, vielleicht täusche ich mich. Wir wollen das im Haushaltsausschuss beraten und dafür bin ich auch sehr dankbar, aber einen Satz zum Schluss. Dass ein Senator, der gerade den Familien und vor allem den Kita-Eltern 30 Millionen Euro pro Jahr aus der Tasche zieht, hier solche Diskussionen führt, können wir in der Tat nicht akzeptieren, Herr Wersich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir auch hier schon in die Diskussion einsteigen. Aber ich möchte zumindest für meine Fraktion noch einmal sagen, dass es nicht nur um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz geht und wie man das modifiziert, sondern es ist uns schon ganz wichtig, dass wir für eine vernünftige und auskömmliche Einnahmebasis des Gemeinwesens sorgen. Das bedeutet aus unserer Sicht – wir können das gerne vertiefen –, dass wir in Bezug auf die Abgabenquote oder die Steuerquote nicht zu den Schlusslichtern im OECD-Vergleich gehören wollen.
Zweitens kann das – darauf muss ich schon beharren, und zwar mit der Kooperation des Sachverständigenrats –, was im letzten Jahrzehnt an Steuersenkungs- oder Verarmungspolitik auf den Weg gebracht worden ist, nicht Bestand haben. Wir werden keinen vernünftigen Schritt machen können, wenn wir an diesem Punkt keinen Kurswechsel einschlagen und diese Dinge zurücknehmen. Es ist gut, dass dies jetzt in Bewegung kommt – auch in Berlin mit der Finanztransaktionssteuer und einigen anderen Dingen – und wir uns hier offensichtlich in einem Prozess des Umdenkens befinden.
Herr Goldberg, wir sind uns völlig einig, dass wir wahrscheinlich immer an einem reduzierten Mehrwertsteuersatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen festhalten müssen. Das war der Hintergrund. Wir haben auf unserem Bundesparteitag nicht einfach einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für das Hotelgewerbe mit Blick auf Ostdeutschland beschlossen, was ich immer abgelehnt habe.
(Thies Goldberg CDU: Nicht nur dafür! Sie hätten noch viel mehr gemacht! Sie hätten noch viel mehr Einnahmen reduziert!)
Natürlich wollten wir das auch für Kinderkleidung, ich will das nicht alles auflisten. Es ist jetzt offensichtlich so, dass – angestoßen durch die CDU – eine Überprüfung der Dienstleistungen und Waren mit reduziertem Mehrwertsteuersatz durchgeführt werden soll. Ich fände es nur gut, wenn Sie sich dafür auch einsetzen würden, denn eine bessere Finanzausstattung wäre doch im Sinne Hamburgs und auch anderer Länder und Gemeinden. – Danke.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 58, Drucksache 19/6241, Antrag der Fraktionen der GAL und der CDU: Förderung des Radverkehrs.
Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Gregersen, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Symbol einer dynamischen Stadt sind unter anderem auch die radfahrenden Menschen. Spätestens durch das Fahrradleihsystem haben alle Hamburgerinnen und Hamburger einen einfachen Zugang zu diesem umweltfreundlichen Verkehrsmittel. Das Radfahren hat besonders in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren viele Vorteile. Es ist leise, verbraucht viel weniger Platz, es ist gesundheitsfördernd und nebenbei ist das Fahrrad auf Kurzstrecken besonders flexibel einsetzbar. Aber das alles sind keine neuen Erkenntnisse, diese liegen eher im Bereich der Steuerung des Radverkehrs, zum Beispiel durch die Einrichtung von Radfahrstreifen.
Bei der Bewerbung zur Europäischen Umwelthauptstadt war die Umsetzung der Radverkehrsstrategie neben dem Ausbau des Nahverkehrs, auch in Kombination mit der Einführung der Stadtbahn, einer der zentralen Aspekte. Die von allen Fraktionen in der letzten Legislaturperiode beschlossene Strategie befindet sich seit zwei Jahren in der Umsetzung. Neben vielem, was bereits auf den Weg gebracht worden ist, muss dieses Werk aber weiterentwickelt werden; dem dient unser Antrag.
Die Erhöhung der Sicherheit ist ein zentrales Anliegen des Antrags, denn der Verzicht auf die freien Rechtsabbieger für den Kraftfahrzeugverkehr schützt die Radfahrenden und auch das Anlegen von Radfahrstreifen anstelle von Radfahrwegen bedeutet geringere Gefahren für Radfahrer. So hat der Autofahrer eine bessere Sicht auf die Radfahrer, kann sich bei Abbiegevorgängen auf sie einstellen und wird nicht durch plötzliches Auftauchen von Radfahrern hinter parkenden Autos überrascht.
Selbstverständlich gehört zur Sicherheit und zum attraktiven Radfahren auch die Benutzbarkeit der Radwege und Radstreifen. Leider ist das nicht immer gegeben, manchmal stört das liegengebliebene Laub, mal sind es wuchernde Büsche oder es ist Schnee und Matsch. Wir wünschen daher eine ganzjährige Benutzbarkeit wenigstens auf allen benutzungspflichtigen Radwegen.
Auch das Fahrradparken ist an vielen Orten noch nicht ideal gelöst. Teilweise gibt es mehr Räder als Anschließmöglichkeiten, besonders in den ganz dicht bebauten Altstadtvierteln. Das 1000-BügelProgramm ist ein Baustein, um Abhilfe zu schaffen; dieses Programm muss aber weitergeführt werden. Wer auf das StadtRAD umsteigen möchte, muss an mancher Stelle noch besser darauf hingewiesen werden, wo sich denn die nächste Leihstation befindet. An manchen Bahnhöfen muss man danach suchen. Hier fehlen zum Beispiel Hinweisschilder oder Piktogramme, die allen den Weg anzeigen.
Die Radmobilität kann immer noch weiter verbessert werden. Wir können zum Beispiel auch, wie in unserem Antrag vorgesehen, beim Erwerb neuer öffentlicher Verkehrsmittel darauf achten, dass die Mitnahme nicht nur von Fahrrädern, sondern von allen Mobilitätshilfen erleichtert wird. Dass dies sinnvoll ist, darin sind wir uns hoffentlich alle einig, denn Investitionen in die Bausubstanz und Infrastruktur zahlen sich aus und sind unverzichtbar für die Attraktivität der Stadt. Mit unserem Antrag zur weiteren Umsetzung der Radverkehrsstrategie wird das Radfahren verbessert und ich hoffe daher auf Ihrer aller Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schade, Herr Hesse, dass Sie dazu jetzt nichts sagen wollen.
Ach so, ich sage jetzt auch, tue Gutes und sprich darüber, denn gerade am Europäischen Tag des Radfahrens ist diese Debatte sehr angebracht. Angesichts von Haushaltslöchern, Gebührenerhöhungen und Mehrkosten ist wenigstens die Radverkehrsbilanz des Senats positiv ausgefallen. Die Ziele sind hochgesteckt. Der Anteil des Radverkehrs soll bis zum Jahr 2015 auf 18 Prozent steigen. Hierfür wurden im Jahr 2009 insgesamt 25 Millionen Euro für den Radwegeausbau zur Verfügung gestellt.
Nun sind wir gespannt, ob im Zuge der Haushaltsberatungen nicht auch beim Ausbau der Radwege gespart werden muss. Wegen des Zwangs zu sparen ist das Problem der Schlaglöcher auf Hamburgs Straßen immer noch nicht gelöst. Jährlich sollen zu deren Beseitigung 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, Geld, das an anderer Stelle gespart werden muss. Das Sofortprogramm zur Beseitigung der Winterschäden sollte auch für die Sanierung der Radwege zur Verfügung gestellt werden. Tatsächlich wurden aber von den Bezirken hierfür bis heute noch keine Prioritätenlisten erstellt.
Insofern wäre es nur sinnvoll, wenn Sie unserem Antrag zur Errichtung eines Pavement Management System, der gleich auf der Tagesordnung zur Abstimmung steht, zustimmen würden. Dieses System eröffnet die Möglichkeit, nicht nur für Straßen, sondern auch für Fußgänger und Radwege in Hamburg ein systematisches Erhaltungsmanagement aufzubauen.
Immerhin werden die neuen Radwege gepflastert, sodass durch Leitungsarbeiten Schäden schneller beseitigt werden können. Aber insgesamt befinden sich die vorhandenen Radwege in einem schlechten Zustand und bei Eis und Schnee sieht es für die Radfahrer nicht gut aus. Nach dem Hamburger Wegegesetz gelten Fahrradwege in der Regel nicht als verkehrswichtig und werden daher auch nicht von Eis und Schnee geräumt. Einzige Ausnahme ist die Veloroute 3 von Lokstedt bis ins Univiertel. Diese Route wird seit dem Jahr 2000 komplett vom Winterdienst erfasst und mit speziellen Kleinfahrzeugen geräumt und gestreut. Insgesamt würde die Räumung des Radwegenetzes entlang der Hauptstraßen je Wintersaison ungefähr 3,1 Millionen Euro kosten. Auch hierzu haben wir einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der gleich
zur Abstimmung steht. Wenn Ihnen die Befahrbarkeit der nutzungsfähigen Radwege am Herzen liegt, dann stimmen Sie auch diesem Antrag zu
Das Thema Radfahren ist für Hamburg sehr wichtig. Daher würden wir gern Ihren Antrag noch einmal ausführlich im Ausschuss für Stadtentwicklung diskutieren. Zum Beispiel soll das Gutachten zur Prüfung, welche benutzungspflichtigen Radewege, die nicht den heutigen Anforderungen entsprechen, baulich ausgebaut oder durch Radfahrstreifen ersetzt werden können, nach Aussage des Staatsrats bereits weitgehend fertiggestellt sein und könnte in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Daher beantragen wir die Überweisung des Antrags an den Stadtentwicklungsausschuss. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch DIE LINKE wird diesem Antrag zustimmen. Wie auch Frau Koeppen möchte ich noch einmal sagen, dass wir, wenn alle Politikfelder so dastehen würden wie die Radfahrpolitik, schon ein ganzes Stück weiter wären, das heißt, Sie haben da wirklich einiges auf den Weg gebracht. Sie stellen jetzt diesen Antrag – so haben Sie es formuliert, Frau Gregersen –, um das fortzuführen und noch weiter zu verbessern. Das ist völlig in Ordnung. Ich hoffe, dass dieser Antrag, der ansonsten nicht gerade viel Substanz enthält, die nötige Schubkraft entwickelt.