Zu der Behauptung von Herrn Lieven, wir könnten nicht vergleichen und Hamburg würde ähnlich dastehen wie Bremen und Berlin, möchte ich Folgendes sagen: Wenn Sie nicht einmal berücksichtigen, dass Hamburg im Bundesvergleich hinsichtlich der Mieten die drittteuerste Stadt ist, dann frage ich mich, welches Geschwätz wir uns gerade angehört haben. Ich bin darüber entsetzt, Herr Lieven, dass Sie sagen, wir könnten alle drei Städte über einen Kamm scheren.
Ihnen scheint wirklich jeglicher Sinn für die Realität zu fehlen. Den Vergleich von Hamburg mit Bremen und Berlin haben nicht wir eingeführt, sondern damit hat sich Herr von Frankenberg vor uns gebrüstet mit seiner Behauptung, Hamburg stehe sehr viel besser da als Bremen und Berlin. Dass darauf eine Replik erfolgt, sollte Sie nicht wundern. – Vielen Dank.
Ich sehe jetzt wirklich keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir unverzüglich zur Abstimmung kommen.
Wer einer Überweisung der Drucksache 19/5838 an den Sozialausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren angenommen.
Tagesordnungspunkt 67, Drucksache 19/6250, Antrag der SPD-Fraktion: Ausschluss des Präses der Finanzbehörde Frigge von seinen Amtsgeschäften bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens.
[Antrag der Fraktion der SPD: Ausschluss des Präses der Finanzbehörde Frigge von seinen Amtsgeschäften bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens – Drs 19/6250 –]
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD-Fraktion fordert den Ersten Bürgermeister von Beust auf, Paragraf 7 des Senatsgesetzes anzuwenden und dafür zu sorgen, dass Finanzsenator Frigge die Amtsgeschäfte ruhen lässt.
Das ist ein notwendiger Schritt. Finanzsenator Frigge ist tief in den Parteispendenskandal der CDU in Rheinland-Pfalz verstrickt.
Wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Mittel ermittelt die Staatsanwaltschaft Mainz und hat Wohnung und Büroräume des Finanzsenators Frigge durchsucht. Spätestens diese Ermittlungen müssen Konsequenzen für den Finanzsenator haben. Er kann nicht für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg weiterhin als aktiver Politiker agieren. Ein Finanzsenator, gegen den wegen der Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Mittel ermittelt wird, ist nicht glaubwürdig.
Während dieser Senat gerade den normalen Hamburger Familien bis zu 100 Euro mehr abknöpft und dies mit Sparzwängen begründet,
ist der Finanzsenator dem Vorwurf ausgesetzt, fast 400 000 Euro aus öffentlichen Mitteln zu Unrecht bezogen zu haben. Das ist eine unhaltbare Situation in Hamburg.
Haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU eigentlich alle Maßstäbe des politischen Anstands aufgegeben?
Die CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz steht unter dem dringenden Verdacht, Gelder der Fraktion für den Wahlkampf der CDU in Rheinland-Pfalz und den Spitzenkandidaten Böhr verwendet zu haben. Der Rechnungshof in Rheinland-Pfalz ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die CDU-Landtagsfraktion rund 386 000 Euro nicht bestimmungsgemäß verwendet hat.
Im Zentrum der Vorwürfe steht ein Betrag dieser Größenordnung, den die Firma C4 Consulting aus Mitteln der CDU-Fraktion erhalten hat. C4-Geschäftsführer war zu der Zeit unser Finanzsenator Frigge. Weder die CDU-Fraktion in RheinlandPfalz noch Finanzsenator Frigge konnten erklären, was mit diesem vielen Geld geschehen ist. Die CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz hat sich sogar an den damaligen Spitzenkandidaten Böhr und auch an Herrn Frigge gewandt und um Auskunft gebeten. Ohne Erfolg. Senator Frigge behauptet, es habe nur einen mündlichen Vertrag gegeben – bei einem Tagessatz übrigens von über 7 000 Euro –, er habe das Leistungsverzeichnis vor Ort abgegeben,
er habe keine Kopie und könne sich im Übrigen auch nicht so recht erinnern. Bei einem Auftrag in dieser Größenordnung ist das eine unglaubwürdige Einlassung und eine Ausrede, die für einen Senator nicht gelten kann.
Der Rechnungshof geht in seinem vorgelegten Bericht nach sehr umfangreicher Prüfung daher davon aus, dass die CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz rechtswidrig ein Konzept Wahlsieg 2006 mitfinanziert hat. Er legt weiterhin dar, dass es sehr deutliche Indizien für die Einbindung von C4-Geschäftsführer Frigge in Parteiaktivitäten im Wahlkampf gibt, und auch den Medien liegt eine ganze Reihe von Dokumenten vor, die genau dieses belegen.
So soll die Teilnahme von Senator Frigge an Wahlkampfbesprechungen belegt sein. Er habe Empfehlungen für Briefe des Landesvorsitzenden Böhr an Mitglieder abgegeben, Redebausteine für Böhr als Spitzenkandidat geschrieben und Leserbriefe für die CDU verfasst. Uns liegt auch eine Mail vor, in der er mitteilt, sie hätten sich noch einmal mit dem Mitgliederbrief befasst und die gesamte Tonalität des Briefes sollte aus ihrer Sicht persönlicher, wärmer und konkreter werden, um Christoph Böhr stärker als Mensch rüberzubringen. Formuliert wird dort auch, dass dieser Brief der Beginn einer umfassenden Kampagne sein soll, und es ist auch ein Entwurf für einen Mitgliederbrief beigefügt. All das weist auf eine rechtswidrige Form der Parteienfinanzierung hin.
Da es der CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz trotz Ihrer Anfragen nicht möglich war, die ordnungsgemäße Verwendung dieser fast 400 000 Euro nachzuweisen, hat sie die Rückzahlung dieser Steuergelder akzeptiert. Sie alle verwalten Fraktionsgelder und wissen, was für ein hoher Betrag das ist und was es für eine Fraktion bedeutet, dieses Geld nach einem Schuldeingeständnis zurückzahlen zu müssen.
Die Vorwürfe gegen den damaligen C4-Geschäftsführer Frigge werden seit Herbst 2008 öffentlich diskutiert. Trotzdem wurde Herr Frigge zum Staatsrat der Wirtschaftsbehörde durch den Ersten Bürgermeister von Beust berufen. Im Jahr 2009 ist der damalige Geschäftsführer der CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz verurteilt worden. Er hat ein Geständnis abgelegt und auch darüber informiert, dass der Wahlkampf aus Fraktionsmitteln finanziert wurde. All das konnte man den Hamburger Zeitungen entnehmen. Bekannt war auch, dass der dortige Rechnungshof die Fraktionskasse prüft. Das zog sich lange hin, weil eine vollständig chaotische Situation hinterlassen wurde. Aber alle wussten, dass dieser Bericht bald vorgelegt werden würde,
Während also alle wussten, dass noch längst nicht alles aufgeklärt ist und die Verstrickung weiterer Personen aufgearbeitet wird, benennt in Hamburg der Erste Bürgermeister von Beust am 31. März eine Schlüsselfigur des dortigen Parteispendenskandals in Hamburg zum Finanzsenator. Wie kann jemand so tief im Parteisumpf in Rheinland-Pfalz verstrickt sein
und dennoch Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg werden? Das hat sich wahrscheinlich jeder Einzelne der CDU-Fraktion auch schon einmal gefragt.
Am 16. April wurde der Rechnungshofbericht vorgelegt. Die Staatsanwaltschaft hat, nachdem sie den Bericht zu den Ermittlungen hinzugezogen hat, daraufhin am 5. Mai Wohnungen und Büros mehrerer Beteiligter, auch die des Finanzsenators Frigge, durchsucht – Razzia beim Finanzsenator – und wieder zog der Erste Bürgermeister daraus keine Konsequenzen. Er mutet den Hamburgerinnen und Hamburgern einiges zu.
Die Widersprüche nehmen kein Ende. Senator Frigge lud nach der Hausdurchsuchung ausgesuchte Journalisten zu einem Hintergrundgespräch ein, denen das Märchen aufgetischt wurde, es handele sich nur um eine kleine Unstimmigkeit im Zusammenhang mit zwei Rechnungen. Diese Aussage wurde bereits am nächsten Tag von der Staatsanwaltschaft Rheinland-Pfalz dementiert, denn ermittelt wird über diesen Gesamtbetrag.
Aber auch der Erste Bürgermeister verwickelte sich in Widersprüche. In meiner Kleinen Anfrage fragte ich,
ob es zutreffend sei, dass Senator Frigge in seiner damaligen Funktion als Geschäftsführer von C4 dem damaligen Spitzenkandidaten der CDU in Rheinland-Pfalz, Herrn Böhr, vom Ersten Bürgermeister von Beust als Berater empfohlen wurde. Die klare Antwort des Senats war nein. Kurz danach kam schon das Dementi, denn die Senatssprecherin in Hamburg musste einräumen, dass es zwischen Böhr und von Beust wohl doch ein Gespräch über den Einsatz des C4-Geschäftsführers Frigge in Reinland-Pfalz gegeben hat.
hat gesagt, dass es ihm als Berater völlig gleichgültig hätte sein können, woher das Geld komme. Dies habe ich beim ersten Hören als Geständnis gewertet. Sagt er damit nicht, er dürfe als Berater die Partei im Wahlkampf aus Mitteln einer Fraktion beraten und wenn das unzulässig sei, wäre das deren Problem? So ist offenbar seine Sicht der Dinge.
Dem deutschen Gesetzgeber ist es allerdings nicht egal. Nach dem deutschen Strafrecht handelt es sich wohl um eine Straftat. Wer wissentlich öffentliche Mittel einnimmt, die für andere Zwecke vorgesehen sind, dem darf dies nicht egal sein. Er ist in Gefahr, sich der Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Mittel schuldig zu machen. Es ist unhaltbar, dass ein Senator diese Rechtsauffassung öffentlich vertritt.
(Egbert von Frankenberg CDU: Das sind al- les Unterstellungen! Das, was Sie machen, ist ein Skandal!)