Protocol of the Session on June 2, 2010

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Martens.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Hackbusch, wir werden Ihren Antrag heute ablehnen und der Museumsdrucksache in der nächsten Bürgerschaft zustimmen.

(Ingo Egloff SPD: Das überrascht uns!)

Genau, das reicht schon.

Wir haben schon im Kulturausschuss bei der Debatte um die Galerie der Gegenwart festgestellt, dass es tatsächlich ein Sturm im Wasserglas ist. Und Sie produzieren jetzt mit Ihrem Antrag noch einmal eine Riesenwelle; das macht Ihre Ambitionen nicht glaubwürdiger.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Aber das ist doch echt ein Skandal, was hier passiert!)

Darauf komme ich noch, Frau Heyenn, das kann man auch anders werten.

Es ist in die Kategorie Populismus zu packen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Alles, was Ihnen nicht passt, ist Populismus!)

Ich sage Ihnen auch warum. Ich werde Ihren Antrag Punkt für Punkt bezüglich Lyrik und Petitum widerlegen.

Die Galerie der Gegenwart wird nicht in den nächsten Monaten geschlossen, sondern die Ausstellung des britischen Künstlers David Tremlett wird termingerecht eröffnet und bis Ende Oktober 2010 zu sehen sein. Gestern wurde dort der Edwin-Scharff-Preis, einer der wichtigsten Preise Hamburgs, verliehen, im Einvernehmen mit der Kulturbehörde und dem Vorstand der Kunsthalle.

Warum nun der Vorstand der Kunsthalle ungeprüft hinsichtlich der Brandschutzerfordernisse die Mitteilung einer Schließung der Galerie an die Öffentlichkeit gegeben hat, das überlasse ich Ihrer eigenen Bewertung.

In jedem Fall hat dieses kurzsichtige Verhalten langfristig dem Renommee der Kunsthalle immensen Schaden zugefügt und es ist nicht die BKSM, die das verursacht hat.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Jetzt ist das Op- fer der Täter!)

Das Gleiche gilt übrigens für das Verhalten der Leitung des Altonaer Museums. Man geht nicht ungeschützt ohne Kenntnisse mit solchen Falschmeldungen an die Öffentlichkeit.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Schon wieder!)

Das Hafenmuseum ist vom 24. April bis 31. Oktober 2010 geöffnet, täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, auch dankenswerterweise durch die Mithilfe vieler ehrenamtlicher Kräfte. Also gibt es auch hier keine Schließung. Das Museum der Arbeit wird auch nicht an den Hafen verlagert.

Die Hamburger Museumslandschaft ist nicht gefährdet. Die Museumslandschaft ist ganz im Gegenteil in einem Reformprozess auf dem Weg ins 21 Jahrhundert. Wir müssen unsere Museen nämlich attraktiv gestalten. Und sie sind wichtig, das ist gar keine Frage, auch für das Historische und das Gedächtnis unserer Stadt. Mir gibt es schon zu denken, wenn in Hamburg über 300 000 Besucher die Tutanchamun-Schau besucht haben – und ich sage bewusst Schau, weil kein musealer Anspruch erfüllt wird – und das bei Ticket-Preisen zwischen 16 und 19 Euro für Erwachsene, dann aber das Völkerkundemuseum nur zwischen 100 000 und 150 000 Besucher pro Jahr ausweist. Das ist keine Frage der finanziellen Ausstattung der Museen.

(Norbert Hackbusch)

Das sollte uns allen auch einmal zu denken geben. Da sind wir nämlich bei den Inhalten.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Ich komme jetzt zu den Finanzen. Wir nehmen leider die Debatte über die Drucksache schon ein bisschen vorweg, die wir erst in der nächsten Bürgerschaftssitzung haben werden, aber man kann dies jetzt nicht unausgesprochen lassen.

Die Hamburger Museen haben zusammen in 2009 31 Millionen Euro als Zuwendung erhalten, das macht ungefähr 10 Prozent unseres gesamten Kulturhaushalts aus. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass Hamburg für seine kulturelle Vielfalt steht und sich traditionsbedingt das Ziel der Musikstadt Hamburg gesetzt hat. Wir können nicht auf allen Hochzeiten tanzen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Das ist es!)

Bereits in 2007 hat der Senat den Museen 13,6 Millionen Euro zur Entschuldung einmalig zur Verfügung gestellt. 2,1 Millionen Euro sind als erhöhte Betriebskosten, verteilt auf einzelne Museen, gegeben worden. Allein die Kunsthalle hat seit 2007 1,2 Millionen Euro Zuwendung mehr pro Jahr erhalten.

Heute nun, noch nicht einmal drei Jahre später, haben die Hamburger Museumsstiftungen schon wieder 6,8 Millionen Euro Schulden aufsummiert. Da muss ich mich als verantwortungsbewusste Politikerin doch fragen, was denn da falsch läuft.

(Christiane Schneider DIE LINKE und Dr. Christel Oldenburg SPD: Genau!)

Und genau diese Fragen haben ausgewiesene Museumsexperten in ihrem Zwischengutachten analysiert. Danach sind die Hamburger Museen nicht strukturell unterfinanziert, wenn man bauliche Instandsetzungen und Sonderausstellungen außer Betracht lässt.

Keine seriöse Bank würde weiteres Geld in ein Unternehmen pumpen, das solche Zahlen aufweist, es würde immer eine Konsolidierung verlangt werden. Und genau das tun wir mit der Museumsdrucksache. Ich glaube, es ist nicht zu viel verlangt, wenn im Rahmen der Wirtschaftspläne zu wirtschaften ist, sondern es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und das gilt auch für Museen.

(Wilfried Buss SPD: Wenn die Bedingungen nicht stimmen, kann man sie auch nicht er- füllen!)

Wenn also die Museen in den nächsten drei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen, dann werden die jetzt aufgelaufenen Schulden in Höhe von 6,8 Millionen Euro erlassen.

Außerdem stellen wir einen Ausstellungsfonds in 2011 und 2012 mit jeweils 2 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. 520 000 Euro sind für die Inventarisation der historischen Museen sowie einmalig 1,9 Millionen Euro für die Kunsthalle für den Versicherungsfall "Nebelschwaden" vorgesehen. Das heißt, dass wir den Hamburger Museumsstiftungen in den nächsten zwei Jahren 6,4 Millionen Euro mehr geben und sie entschulden in Höhe von 6,8 Millionen Euro. Insgesamt macht das über 13 Millionen Euro bis 2012 und das vor dem Hintergrund der gegenwärtigen schwierigen Haushaltslage.

Also, meine Damen und Herren, was wollen Sie eigentlich?

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Und da spricht DIE LINKE von einer nicht auskömmlichen Finanzierung. Ich sage es noch einmal: Populismus. Ihr Robin-Hood-Spiel nimmt keiner wirklich ernst, Herr Hackbusch.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Da täuschen Sie sich aber!)

Pikant ist das Verhalten der SPD in dieser Angelegenheit. Noch im Kulturausschuss haben die SPD-Kulturpolitiker den finanziellen Maßnahmen zugestimmt und nur bei den Strukturmaßnahmen Nein gesagt. Im Haushaltsausschuss wurde dann insgesamt mit Nein gestimmt. So übernehmen Sie einmal mehr keine politische und kulturpolitische Verantwortung.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Aber Sie!)

Ich weiß nicht, was Sie wollen, Herr Hackbusch, wir investieren in unsere Museen. Natürlich könnte es auch immer mehr sein, das ist aber nur dann möglich, wenn man nachweislich ordentlich wirtschaftet.

Wir werden den Prozess bei den Museen in den nächsten zwei Jahren intensiv begleiten, haben ein komplett neues Controllingsystem eingezogen,

(Wilfried Buss SPD: Endlich!)

und dann werden die Karten gegebenenfalls auch neu gemischt. Wenn sich dann ergibt, dass strukturelle Defizite bestehen, dann werden wir schauen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Dr. Oldenburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es steht schlecht um die Hamburger Museen, Herr Hackbusch hat das schon sehr gut ausgeführt. Das ist eine Tatsache, die wir nicht zum ersten Mal feststellen müssen.

(Brigitta Martens)

Nun wird die Lage aber immer dramatischer und offenbar ist das Ende der Fahnenstange noch gar nicht erreicht. Die ganze Stadt diskutiert mittlerweile über Schließungen der verschiedensten Häuser und ängstlich fragt sich die Öffentlichkeit, welches Museum denn als nächstes die Schließung ankündigt, weil die Mittel an allen Ecken und Enden fehlen: Hafenmuseum, Galerie der Gegenwart und jetzt das Altonaer Museum, drei Schließungsszenarien, die vielleicht mit Hängen und Würgen noch einmal abgewendet werden können. Aber sicher ist es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, auch wenn die Senatorin mit dem Unterton von Verzweiflung betont, mit ihr werde es keine Schließungen geben.

Wir sagen ganz klar: Hamburgs Kulturleben braucht nicht nur die Elbphilharmonie, Frau Martens, sondern auch ausreichend finanzierte Museen, die ihre Schätze dann präsentieren können. Sonst wird die Hansestadt provinziell.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Gute Museen gehören einfach zu einer guten Kulturpolitik dazu, aber von einer guten Museumspolitik kann bei diesem Senat leider keine Rede mehr sein.