Protocol of the Session on June 2, 2010

Das Wort hat jetzt Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was soll man dazu sagen? Es fällt einem nicht mehr viel dazu ein. Im Grunde haben Sie eben ein flammendes Plädoyer gegen die Laufzeitverlängerung gehalten.

(Michael Neumann SPD: Das ist doch gut so!)

(Jenny Weggen)

Das finde ich leider in Ihrem Antrag überhaupt nicht wieder. Entweder stellen Sie gar keinen Antrag oder Sie lassen es ganz. Frau Schaal hat doch zu Recht darauf hingewiesen, dass in Ihrem Koalitionsvertrag ganz klar steht, Sie seien für die Beteiligung des Bundesrats. Und nun reden Sie über dicke schwarze Wolken und es geht wieder nicht. Das verstehe ich überhaupt nicht.

Sie haben darauf hingewiesen, dass am 24. April über 120 000 Menschen eindrucksvoll gegen Atomkraft protestiert haben und das war ausdrücklich auch gegen die Laufzeitverlängerungen. Das war vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen. Nach der Wahl war klar, dass Schwarz-Gelb versucht, diese Verlängerungen der Laufzeiten zu erreichen, wahrscheinlich als letztes gemeinsames Projekt. Deswegen finden wir den Antrag der SPD richtig, an dieser Stelle klarzumachen, dass Hamburg mit seiner Regierung alles tun muss, damit Laufzeitverlängerungen, wenn sie auf die Tagesordnung kommen, nur mit Zustimmung des Bundesrats genehmigt werden dürfen und Hamburg sich selbstverständlich mit Enthaltung, am besten noch mit einer Gegenstimme meldet. Dies ist absolut richtig und dafür plädiere ich auch. Ob Sie von der GAL oder der CDU Ihren Antrag stellen oder nicht, das ist völlig egal. Da steht absolut nichts drin, außer dem 385. Prüfauftrag.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Dann können Sie nicht lesen!)

Das Wort hat Herr Neumann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was Frau Weggen gesagt hat, können wohl alle, die hier bei klarem Verstand sind, so unterschreiben und unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Klaus-Peter Hesse CDU: Ich lass mich doch nicht beleidigen!)

Herr Hesse, wenn das eine Beleidigung ist, dann sage ich, die, die nicht bei klarem Verstand sind, können es nicht unterstützen.

Aber nun zu einem ernsthaften Thema. Man fragt sich, warum die Bundesregierung auf den Gedanken kommt, das infrage zu stellen, was Konsens unserer Gesellschaft gewesen ist, nämlich, dass Energiepolitik genauso wie andere Politikfelder – wir haben beispielsweise heute über das Thema Schule gesprochen – einen breiten gesellschaftlichen Konsens braucht. Es ist völlig unstrittig, dass in Deutschland die Bevölkerung Nein zur Atomenergie gesagt hat und auch in Zukunft Nein sagen wird.

Was uns in Hamburg gemeinsam dazu gebracht hat, uns zu bewegen, beispielsweise in der Schulpolitik, Kompromisse zu machen und nicht in alten Schützengräben zu verharren, sondern herauszukommen und etwas Neues zu wagen, um damit auch eine friedensstiftende Wirkung in der Gesellschaft zu entfalten, müssen wir auch in der Atompolitik tun. Deshalb an dieser Stelle der Appell an die Kolleginnen und Kollegen der CDU, das zu akzeptieren, was Sie nicht ändern können. Machen Sie Ihren Frieden mit dem Atomausstieg. Sie werden sich langfristig mit Ihrer Grundhaltung zur Atomenergie in dieser Gesellschaft nicht durchsetzen, Sie werden scheitern.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Es ist egal, wer mit Hannelore Kraft zusammen Ministerpräsidentin wird, es ist egal, dass Nordrhein-Westfalen garantiert nicht die Hand im Bundesrat heben wird für eine Verlängerung der Laufzeiten. Und wer den Eindruck vermittelt, jetzt durch Tricksereien, durch halbseidene Argumentationen

(Barbara Ahrons CDU: Das ist eigentlich Ih- re Art! – Wolfgang Beuß CDU: Was ist das eigentlich für eine Sprache hier?)

zu versuchen, Realitäten so hinzubiegen, wie es gerade opportun erscheint, tut der Sache, sich selbst, der politischen Hygiene und Kultur und seinem Land keinen guten Dienst.

In der Vergangenheit kam von Frau Stöver häufig das Argument, wir bräuchten in Hamburg keine Entscheidung zu treffen, weil wir hier keine Atomkraftwerke hätten. Das war bisher bei allen Debatten ihr stereotypes Argument. Wir haben mit unseren drei Stimmen im Bundesrat erstmalig die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Ich frage mich, warum Sie darauf freiwillig verzichten wollen, warum Sie sagen, die Bundesländer sollen nicht mitbestimmen. Warum ein Bundesland sich also selbst entmachten möchte im Bundesrat, das bleibt ihr Geheimnis, darauf haben Sie heute keine Antwort gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Auch Ihre juristische Argumentation ist einhellig widerlegt. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags steht über all der Hobbyjuristerei, die wir beide vielleicht betreiben können. Das ist klar und eindeutig vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages entschieden.

Wie bei dem Thema, das wir vorhin diskutiert haben, gibt es in diesem Parlament eine andere Mehrheit. Ich will Sie nicht wieder nerven, aber ich frage mich, welchen Preis die CDU eigentlich noch von der GAL verlangt. Was müssen Sie noch preisgeben?

(Dora Heyenn)

(Rolf Harlinghausen CDU: Was hat damals die SPD verlangt? – Zurufe von der CDU)

Ich will es nur andeuten, vielleicht denken Sie in einem stillen Augenblick einmal darüber nach: Die CDU hat in diesem Parlament nur die Option der Koalition mit Ihnen. Die GAL hat auch andere Koalitionsoptionen und andere Möglichkeiten, ihre Inhalte in diesem Hause mit einer parlamentarischen Mehrheit umzusetzen. Lassen Sie sich nicht in den Abgrund der CDU zerren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter, das Adjektiv halbseiden hat eine Konnotation, die ein bisschen problematisch ist.

(Michael Neumann SPD: Der Zwischenruf dann aber auch!)

Gut. Ich sage nur, es hat eine Konnotation, die nicht hierher gehört.

Der Abgeordnete Hesse hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Neumann, ich glaube, ich gehöre sachlich zu dieser Debatte genauso wenig hierher wie Sie eben.

(Ingo Egloff SPD: Dann lassen Sie es doch!)

Aber Ihre Rede war dermaßen platt und nicht von klarem Verstand gezeichnet, dass es mich hierher getrieben hat und ich möchte Ihnen auch gern sagen, warum. Wer bei klarem Verstand ist, lieber Kollege Neumann, der sagt sich, dass auf Dauer Kohlekraftwerke bestimmt nicht das sind, was wir haben wollen, denn sie haben einen hohen CO2-Ausstoß. Wer bei klarem Verstand ist, lieber Kollege…

(Glocke – Zurufe von der SPD)

Herr Abgeordneter, die Worte vom klaren und nicht klaren Verstand bitte nicht noch einmal.

Ich habe noch nicht einmal jemanden angesprochen, Herr Präsident, ich frage nur, wer bei klarem Verstand ist.

Lieber Kollege, dann werde ich es andersherum machen. Wir sind uns alle einig – Sie fingen doch mit der Einigkeit an –, dass Kernenergie sicherlich

eine Energie ist, die langfristig tatsächlich von keinem – ich hoffe das zumindest – dauerhaft gewünscht wird. Das Gleiche gilt für Kohlekraft. Wir sind aber in einer Situation, das haben wir in den Debatten schon mehrfach deutlich gemacht, in der wir schauen müssen, wie wir einen vernünftigen Übergang zu regenerativen Energien bekommen, und den bekommen wir nicht mit dem von Ihnen immer gefordertem "Ausstieg sofort".

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sofort steht da gar nicht drin!)

Wir bekommen ihn nicht, indem wir sagen, wir verlängern die Laufzeiten von Kernenergie nicht, denn alles muss bezahlt werden. Unsere Industrie muss bezahlt werden, die in Deutschland produzieren muss, die Energie muss bezahlbar bleiben. Sie stehlen sich hier aus der Verantwortung, lieber Kollege Neumann, indem Sie ständig sagen, wir schalten alles ab, wir wollen keine Kohlekraft, wir wollen keine Kernkraft haben. Aber wie Sie es machen wollen, da fehlt, wie bei so vielen Punkten, bei der SPD wieder ein Konzept, da fehlt eine Idee. Und wer bei klarem Verstand ist – entschuldigen Sie, Herr Präsident –, der merkt das auch.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insgesamt war die Stimmung etwas hoch gekocht. Wir sollten morgen wieder ein bisschen ruhiger miteinander reden.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum gemeinsamen Antrag der GAL- und der CDU-Fraktion aus der Drucksache 19/6372.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Wer möchte sich dem Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/6249 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dies ist mit Mehrheit abgelehnt.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen einen guten Heimweg.

Ende: 20.27 Uhr