Protocol of the Session on June 2, 2010

(Ingo Egloff SPD: Da hat sich jemand selber in Misskredit gebracht!)

Wenn es Ihr Ziel ist, von seiner Sachkompetenz abzulenken, dann wird Ihnen dies nicht gelingen. Wenn es Ihr Ziel ist, den Ruf eines Menschen aus machtpolitischen Gründen zu beschädigen oder

gar zu zerstören, dann fällt das auf Sie zurück. Ich fordere Sie eindringlich auf, wieder zur sachlichen Arbeit zurückzukehren. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Paragraf 7 des hamburgischen Senatsgesetzes räumt dem Bürgermeister das Recht ein, eine Senatorin oder einen Senator von der Ausführung der Amtsgeschäfte freizustellen, solange ein laufendes Strafverfahren nicht rechtskräftig beendet ist. Der Bürgermeister hat anlässlich der Ermittlungen gegenüber Senator Frigge von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht.

Die Aussagen der Staatsanwaltschaft in Rheinland-Pfalz ergaben eine ganze Reihe von Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten,

(Frank Schira CDU: Das kann man wohl sa- gen!)

die aber kein eindeutiges und klares Bild ergeben, sodass ein fundiertes Urteil über die Sachverhalte für die nicht an der Ermittlung Beteiligten kaum möglich ist. Insofern wird das weitere Strafverfahren notwendig sein, um schnell Licht ins Dunkel zu bringen. Solange das nicht der Fall ist, gilt in einem Rechtsstaat die Unschuldsvermutung und vor diesem Hintergrund werden wir den Antrag der SPD ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Versicherungsvertreter, Politiker und Lehrer haben den schlechtesten Ruf in dieser Republik.

(Frank Schira CDU: Und Sie sind beides!)

Ich bin sogar beides, ganz genau.

Das Vertrauen in die Politik hat sehr stark gelitten, wir sprechen von Politik- und Politikerverdrossenheit. Die Politik braucht insbesondere Vertrauen, wenn es um Finanzpolitik geht. Diese Politikverdrossenheit, Herr Schira, haben Sie mit Ihrer völlig unqualifizierten Rede soeben erheblich erhöht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich frage mich manchmal, welches Argument und welche Fakten Sie überhaupt ernst nehmen. Alles, was Ihnen nicht gefällt, ist für Sie sowieso Populismus und damit sind Sie fertig mit der Geschichte. Ich will mich gar nicht dazu äußern, was alles in Rheinland-Pfalz passiert ist, und niemandem die

Unschuldsvermutung nehmen, das ist alles unbenommen. Ich frage mich aber, was in diesen Senat und in diesen Bürgermeister gefahren ist, Herrn Frigge zum Finanzsenator zu bestellen, obwohl seit 2008 in allen Zeitungen zu lesen war, dass die Firma von Herrn Frigge, die C4 Consulting, im Zusammenhang mit erkennbaren Unregelmäßigkeiten, mit Rechnungen über Beratung der CDULandtagsfraktion Rheinland-Pfalz, überall schon genannt wurde. Da hätte doch der Bürgermeister schon prophylaktisch dafür sorgen müssen, dass so jemand nicht in ein Amt kommt, egal, ob er schuldig ist oder nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Man kann auch nicht sagen, es habe keiner etwas gewusst. Allein im "Spiegel" stand am 3. November 2008, dass ein schwerer Verstoß gegen das Parteiengesetz vermutet wird. Darauf hat Herr Frigge gesagt, er könne sich nicht an Details erinnern. Schon das hätte einen stutzig machen müssen. Im "Hamburger Abendblatt" war am 7. Mai 2010 deutlich zu lesen, dass Sie, die staatstragenden Regierungsparteien, hätten wissen müssen, dass da etwas auf Sie zukommen kann. Das ist eine Beschädigung des Amtes und auch eine Beschädigung der Hamburger Politik; da gebe ich Frau Ernst vollkommen recht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Auf die Kleine Anfrage von Frau Ernst vom 28. Oktober 2008 hat der Senat geantwortet, die Fragen zu Herrn Frigge lägen außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft. Das ist zwar richtig, aber gerade so jemanden, nachdem Herr Freytag gegangen war, in dieser ausgesprochen schwierigen Situation in Hamburg als Finanzsenator zu verpflichten, finden wir unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir stimmen zwar dem Antrag der SPD zu, aber – ich erinnere mich noch gut an das Echo, nachdem eine Hausdurchsuchung bei jemand anderem aus diesem Hause durchgeführt worden war –

(Zurufe von der CDU: Welches Echo, hallo!)

wenn Herr Frigge nach dieser Affäre und nachdem sein Haus durchsucht wurde, als Finanzsenator sagt, er werde keine Konsequenzen aus dem Ermittlungsverfahren gegen sich selbst ziehen, dann halte ich das für ausgesprochen schade. Es wäre das Beste für Herrn Frigge, für den Bürgermeister Ole von Beust, für den Senat und für die Stadt Hamburg, wenn Herr Frigge von sich aus zurücktreten würde. Das wäre die sauberste Lösung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Neumann.

(Frank Schira)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir auf meinem Zettel extra einen Bereich freigehalten, um mir die Argumente Ihres Kollegen Schira aufzuschreiben, die er zur Entlastung vorbringt.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die haben Sie nur nicht verstanden! Ein Argument, das ich gehört habe, war, dass So- zialdemokraten keine Kritik üben sollten, weil sie im Glashaus säßen. (Beifall bei Wolfgang Beuß CDU)

Ein anderes Argument war, dass es keine Angelegenheit sei, mit der sich Hamburg befassen müsse, weil all das, was man in einem anderen Bundesland mache, keine Rolle spielen würde. Gleichzeitig räumen Sie ein, dass es erhebliche Probleme gab und Fehler in Rheinland-Pfalz gemacht wurden. Es wird die CDU-Fraktion in RheinlandPfalz sicherlich freuen, dass Sie diese Feststellungen hier treffen und sagen, es gelte die Unschuldsvermutung. Dazu sage ich Ihnen in aller Ernsthaftigkeit,

(Frank Schira CDU: Na, na, na!)

dass dieses Wort einem Fraktionsvorsitzenden der SPD in den letzten Jahren auch nicht immer leicht von den Lippen gegangen ist. Es geht aber gar nicht darum, Herrn Frigge schuldig zu sprechen,

(Frank Schira CDU: Nein!)

sondern darum, dass erstens der Gesetzgeber eine Grundlage dafür geschaffen hat, dass so eine Beurlaubung möglich ist; denn wenn diese Beurlaubung nicht möglich wäre, dann müsste er zurücktreten. Das fordern wir aber nicht, sondern wir fordern, dass er sein Amt ruhen lässt, und wenn er es nicht aus eigener Einsicht tut, dann sollte zumindest der Bürgermeister diese Einsicht haben und ihn dazu bewegen.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE – Jörg Hamann CDU: Das ist ei- ne Vorverurteilung, Herr Neumann!)

Jens Kerstan sprach von widersprüchlichen Aussagen, aufgrund derer man sich kein klares Bild machen könne. Die Frage ist aber, was wir uns als Parlament, was sich der Senat und Hamburg am Ende einer solchen Geschichte leisten können. Ich habe bei der Rede von Frau Kollegin Ernst die Zwischenrufe als ziemlich unverschämt empfunden, insbesondere die von dem Kollegen Harlinghausen, aber auch von dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Beuß und der ehemaligen mittelstandspolitischen Sprecherin, die Vergleiche gezogen haben, die tief blicken lassen.

Erstens: Wenn gegen Sozialdemokraten ermittelt wird, ist es auch ohne Rechtsgrundlage eine Frage der Ehre und der Selbstverständlichkeit, dass sie

Iir Mandat ruhen lassen, ohne dass darüber diskutiert werden müsste.

(Unmutsäußerungen bei der CDU)

Im Senat scheint das bei der CDU offensichtlich nicht notwendig zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Das Zweite lässt noch viel tiefer blicken. Sie haben – ich will den Schuldigen jetzt nicht nennen – einen Zwischenruf gemacht, von dem Herr Schira sich nicht distanziert hat, und zwar einen Zwischenruf mit dem Stichwort Stimmzettel. Das lässt tief blicken. Wenn Sie das Verhalten von Herrn Frigge ernsthaft mit dem Verbrechen des Stimmzetteldiebstahls in der Hamburger SPD vergleichen und gleichsetzen, dann allerdings muss Herr Frigge wirklich zurücktreten. Das ist aber das Urteil, das Sie gefällt haben, nicht wir.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Beifall bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Man muss sich auf der Zunge zergehen lassen, was dort berichtet und auch von Herrn Böhr gesagt wurde. Herr Böhr hat gesagt: "Warum sollte ich meinem Nachfolger volle Kassen hinterlassen? Wenn wir gewonnen haben, fragt kein Mensch mehr danach und wenn wir nicht gewinnen, dann werden wir vom Hof gejagt." Das war die Haltung des Christoph Böhr, des Spitzenkandidaten der CDU.

(Unruhe bei der CDU)

So wurde offensichtlich mit den Steuergeldern umgegangen und so wurde in die Arbeit von Herrn Frigge investiert, der im Übrigen am Ende ein miserables Wahlergebnis hatte. Von daher war die Beratung noch nicht einmal das Geld wert, das die CDU investiert hat.

(Beifall bei der SPD)

Die Aussage von Herrn Frigge – er war ja kein Politiknovize, sondern hatte schon eine lange Karriere, ich will nicht sagen Lehre, bei manch einem berühmt-berüchtigten CDU-Landesvorsitzenden gemacht –, es sei ihm doch egal, wo die Kohle herkäme, Hauptsache er bekomme das Geld überwiesen, ist unerträglich für jeden Bürger, aber erst recht für einen Hamburger Finanzsenator ist.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)