Protocol of the Session on May 5, 2010

Dann ziehen Sie diesen Antrag erst zurück, als Ihnen klar wird, dass es verfassungsrechtlich so nicht haltbar ist. Deswegen, Herr Egloff, kann ich auch Ihre Tirade, wie toll, rechtlich sicher und gut Ihr Antrag ausgearbeitet war, nicht so richtig nachvollziehen, denn es hat sich im Ausschuss durch die Sachverständigenanhörung nun wirklich dargestellt, dass das nicht so war, sonst hätten Sie den Antrag ja auch nicht zurückgezogen. Was Sie in einem Zusatzantrag zum Biotopschutz vorschlagen, nämlich überhaupt nichts vorzusehen, berücksichtigt auch nicht so sehr den Naturschutz. Darauf komme ich dann aber gleich noch einmal zurück.

Wir haben heute einen Gesetzesentwurf der GALund CDU-Fraktion vorliegen, der den Spielraum ausgestaltet, den uns das Bundesnaturschutzgesetz eröffnet, und wir gehen in vielen Punkten deutlich über das Bundesnaturschutzgesetz hinaus. Wir tun deutlich mehr für den Naturschutz als die Bundesgesetzgebung vorlegt und wir tun mit Sicherheit viel, viel mehr als die SPD tun würde, wenn sie denn eine Mehrheit hätte.

(Wilfried Buss SPD: Ach ne, nicht die!)

Und ich denke, das ist in dem Fall auch ganz gut so, dass es nicht so ist.

(Beifall bei der GAL – Ingo Egloff SPD: Da- für tun wir mehr für den Hafen als Sie!)

Ganz besonders möchte ich noch einmal die Regelung hervorheben, die wir zum Biotopschutz treffen. Wir wollen in Hamburg einen Biotopverbund von 15 Prozent der Landesfläche schaffen. Das ist deutlich mehr, nämlich fünf Prozent mehr, als durch die Bundesgesetzgebung vorgegeben ist. Wir wollen damit Grünflächen vernetzen, so dass sich Flora und Fauna in Hamburg frei bewegen können und etwa breite Straßen keine unüberwindbaren Hindernisse darstellen. Der Biotopverbund ist eine sehr wichtige Maßnahme für die Artenvielfalt in Hamburg und das vor allem im Jahr der Biodiversität 2010; hier schaffen wir eine sehr wichtige Regelung.

Darüber hinaus stellen wir mit den Knicks neue Landschaftselemente unter Schutz und schaffen neue Regelungen zum Schutz des alten Dauergrünlands, indem wir ein Umbruchverbot verabschieden. Das sind alles wichtige neue Erfolge für den Naturschutz in Hamburg. Außerdem behalten wir bewährte Regelungen bei, die schon im alten Naturschutzgesetz für die Hamburger Ebene so vorgesehen waren und die im neuen Bundesgesetz nicht auftauchen. Deswegen müssen wir auch Regelungen schaffen. Wir halten an der kontrollierenden Funktion der Naturschutzbehörde fest, indem sie eben nicht nur eine Stellungsnahme abgeben darf, sondern ihr Einverständnis geben muss, das explizit eingefordert wird. Wir wollen auch weiterhin einen Naturschutzrat in Hamburg und eine starke Beteiligung von Verbänden und Öffentlichkeit bei Maßnahmen in Hamburg, die den Naturschutz etwas angehen.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf den Zusatzantrag der SPD zu sprechen kommen. Der Naturschutzrat – das haben wir in der letzten Sitzung des Umwelt- und Wirtschaftsausschusses gehört – gibt Stellungnahmen ab, die öffentlich einsehbar sind; deswegen kann man auf eine Berichtspflicht auch verzichten.

Eine weitere wichtige Neuerung für den Naturschutz in Hamburg ist die Festlegung eines Uferschutzstreifens an natürlichen Gewässern. Diese soll ebenfalls einen wichtigen Beitrag für den Biotopverbund in Hamburg leisten. Ursprünglich hatten wir im Gesetzesentwurf einen Uferstreifen von 10 Metern vorgesehen, der ohne Düngemittel und Pflanzenschutzmittel auskommt. Wir haben an dieser Stelle die Anregungen aus der Sachverständigenanhörung im Umweltund Wirtschaftsausschuss zum Anlass genommen, um noch einmal nachzusteuern. Wir nehmen die Bedenken der Landwirtschaft ernst und reduzieren den Uferstreifen auf 7,5 Meter Breite. Das stellt aber keine Verschlechterung für den Naturschutz dar – das betone ich noch einmal –, da wir die Regelung für den Streifen verschärfen, indem eine gartenund

(Ingo Egloff)

ackerbauliche Nutzung komplett ausgeschlossen wird. Wir finden es wichtig, dass die Landwirtschaft an dieser Stelle in die Pflicht genommen wird. Sie muss auch ihrer Verantwortung für den Naturschutz gerecht werden und ihren Beitrag leisten. Gleichzeitig wollen wir die Landwirtschaft aber nicht über Gebühr belasten und deswegen haben wir für solche Fälle auch Entschädigungszahlungen im Gesetz vorgesehen.

Nun möchte ich noch einmal auf die Regelungen zum Hafenprivileg eingehen, die wir in unserem Gesetzesentwurf gefunden haben. Wir verstehen den Hafen nicht mehr, wie er bisher verstanden wurde, als naturschutzfreie Zone. Wir haben einen Kompromiss gefunden, der die besondere Bedeutung des Hafens für Hamburg zwar anerkennt, vor allem auch in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation. Trotzdem wollen wir ihm seine Sonderrolle nicht mehr wie bisher in vollem Maße zugestehen. Der Naturschutz im Hafen rückt weiter in den Mittelpunkt.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Bei großen Eingriffen wie etwa Gewässerzuschüttung müssen von nun an Ausgleiche geleistet werden. Das war bisher nicht so und wird nun geändert. Darüber hinaus sind nur Bereiche, die schon einen wirklich industriellen Charakter aufweisen, wo schon verbaute Ufer sind oder Versiegelungen stattgefunden haben, von Maßnahmen ausgenommen, der Rest aber nicht. Wir schaffen eine Regelung, die den Naturschutz im Hafen berücksichtigt. Das ist uns als GAL sehr wichtig und wir schaffen eine Regelung, die verfassungsrechtlich sicher ist. Unsere Meinung dazu haben die Sachverständigen im Ausschuss eigentlich durch die Bank weg bestärkt.

Abschließend möchte ich noch einmal kurz auf die beiden Zusatzanträge eingehen, die uns von der Opposition vorliegen. Ich bin schon zur Genüge darauf eingegangen, warum wir dem SPD-Antrag so nicht zustimmen werden und zum Antrag der LINKEN möchte ich kurz sagen, dass wir zur Regelung im Hafen eben eine andere Regelung gefunden haben.

Meine Damen und Herren! Wir haben ein neues Hamburgisches Naturschutzgesetz zur Verabschiedung vorliegen. Wir finden damit einen guten Ausgleich zwischen den Belangen von Hafen, aber auch Naturschutz, von Ökologie und Ökonomie. Es ist ein gutes Gesetz, das den Naturschutz in den Mittelpunkt rückt und wichtige und weitreichende Neuerungen für den Naturschutz in Hamburg schafft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht muss ein Landesnaturschutzgesetz den Schutz und die Bewahrung der Natur im Gesamtkontext mit der biologischen Vielfalt festschreiben.

(Jörn Frommann CDU: Richtig!)

Der Anstoß zu diesem Gesetz war erstens die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Da musste eine Anpassung erfolgen, die erfolgte aber nicht. Insofern hat Herr Egloff recht, der zweite und wichtige Anstoß war, dass die SPD einen Antrag vorgelegt hat. Dadurch ist der Senat langsam in die Hufe gekommen. Der Antrag ist inzwischen zurückgezogen, wir haben einen Vorschlag vorliegen.

(Jörn Frommann CDU: Geschichtsklitte- rung!)

Insofern hat der Antrag gewirkt. Opposition wirkt, das wissen Sie ja.

(Zurufe von der CDU)

In der Beratung haben wir sowohl im Umweltausschuss als auch im Wirtschaftsausschuss wirklich um die einzelnen Bestimmungen gerungen. In einer Expertenanhörung sind sehr viele verschiedene Interessen geäußert worden und wir haben uns alle Mühe gegeben, das wirklich sehr ausführlich auszuwerten.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Es gab in der Expertenanhörung drei Punkte, auf die besonders aufmerksam gemacht wurde.

Erstens: Paragraf 6, das sogenannte Hafenprivileg. Der BUND hat uns ganz vehement darauf hingewiesen, dass er in diesem Paragrafen 6 des jetzt vorliegenden Landesnaturschutzgesetzes eine Rechtsunsicherheit sehe. Er ist der Auffassung, dass die Abweichungen vom Bundesrecht aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in engen Grenzen möglich sind. Die sieht der BUND mit diesem Paragrafen 6 überschritten und er sieht auch eine Klagewelle auf uns zukommen.

Zweitens: Die Ausnahmen für die Hafenwirtschaft für Ausgleichsmaßnahmen für bestimmte Eingriffe in die Natur wurden genau von diesen drei Verbänden noch einmal grundsätzlich bemängelt. Die Beibehaltung des Hafenprivilegs in Hamburg in dieser eingeschränkten Form – wir geben zu, Frau Weggen, dass Sie es eingeschränkt haben – ist für uns nicht nachvollziehbar. Trotz der größten Wirtschaftskrise seit Kriegsende wird im Hamburger Hafen gutes Geld verdient. Nun sagen Sie, Herr Egloff, dies sei kein Grund, dass die davon Betroffenen dafür bezahlen müssen. Der entscheidende Punkt ist aber, dass es in keinem anderen Wirtschaftsbereich ein Privileg für Ausgleichsmaßnahmen für Natureingriffe gibt, aber ausgerechnet für den Hamburger Hafen gibt.

(Jenny Weggen)

(Olaf Ohlsen CDU: Das erzählen Sie mal der Hafenwirtschaft!)

Wir können die Befreiung von Ausgleichsmaßnahmen in diesem Rahmen nicht nachvollziehen und lehnen deshalb das Hafenprivileg ab.

(Viviane Spethmann CDU: Das erzählen Sie mal den Arbeitnehmern!)

Gehen Sie einfach ans Mikrofon.

Drittens: Bei der Expertenanhörung kam immer wieder die Frage des Uferrandstreifens zur Sprache.

(Zuruf von Heiko Hecht CDU)

Dieses komplexe Thema wird in den Naturschutzkreisen der einzelnen Bundesländer bereits seit mehr als 30 Jahren diskutiert. Es gab eine Vorlage von der GAL und der CDU und einen klaren Konsens darüber, dass für die Bebauung und für die garten- und landwirtschaftliche Nutzung ein Streifen von 10 Metern vorgesehen sein muss. Diesen Konsens gibt es unter Naturschützern in der gesamten Bundesrepublik und selbst Bremen, das ebenso wie Hamburg eine Hansestadt mit Hafen ist, hat einen 10-Meter-Uferrandstreifen für Bebauung und garten- und landwirtschaftliche Nutzung.

Auf meine Kleine Anfrage zur biologischen Vielfalt hat der Senat in einem Punkt geantwortet, dass die Gewässer als Lebensraum aufgrund von Nährstoff- und Pestizideinträgen bedroht seien. Nachdem wir die Auswertung der Expertenanhörung im Wirtschafts- und Umweltausschuss vorgenommen hatten, stellten CDU und GAL einen Änderungsantrag und es gab einen neuen Absatz 2 in Paragraf 9, in dem plötzlich die Rede davon war, dass der Uferstreifen für land- und gartenbauwirtschaftliche Nutzung auf 7,5 Meter beschränkt wird. Wenn Sie, Frau Weggen, jetzt sagen, Ihre Vorlage ginge über das Bundesnaturschutzgesetz hinaus, dann kann ich dazu nur sagen, dass 10 Meter mehr sind als 7,5 Meter und Sie bleiben eindeutig dahinter zurück. Auch wenn Sie das vielleicht anders sehen, können Sie es nachlesen und nicht einfach wegdiskutieren. Im Ausschuss wurde mehrfach darüber diskutiert, dass es selbstverständlich einen Konflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz gibt, und zwar nicht nur in Hamburg oder Schleswig-Holstein, sondern überall auf der Welt. Dieser Konflikt muss natürlich gelöst werden.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Heyenn, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Stöver?

Ja, natürlich.

Frau Heyenn, sind Sie sich sicher, dass Sie die 10 Meter nicht mit den 10 Prozent des Biotopenverbundes verwechseln? Im Bundesnaturschutzgesetz ist von einem Uferstreifen von 10 Metern nicht die Rede.

(Beifall bei Heiko Hecht CDU)

Es gab einen Paragraf 15, in dem etwas von 10 Metern steht.

(Viviane Spethmann CDU: Das ist die bauli- che Anlage!)

Nein.

Jetzt haben Sie das auf bauliche Anlagen beschränkt. Im ersten Entwurf waren 10 Meter für Dünger-, Pestizid-, Herbizideinträge und bauliche Maßnahmen vorgesehen und das haben Sie geändert. Sie haben einen neuen Paragrafenabsatz 2 eingefügt und plötzlich waren Gartenbau und Landwirtschaft nur noch auf 7,5 Meter beschränkt, was eine eindeutige Verschlechterung ist; da können Sie mir nichts anderes erzählen.

(Olaf Ohlsen CDU: Für wen denn?)

Landwirtschaft und Naturschutz kollidieren immer wieder miteinander und was Herr Egloff und Frau Weggen gesagt haben, nämlich dass es einen wunderbaren Ausgleich zwischen den Interessen der Landwirtschaft und denen des Naturschutzes gegeben habe und Ökonomie und Ökologie wieder einmal eine wunderbare Harmonie eingegangen seien, das sehe ich alles überhaupt nicht.

(Olaf Ohlsen CDU: Sie sehen überhaupt nicht!)

Ich habe die Lobbyisten der Landwirtschaft im Ausschuss erlebt. Ich selbst stamme aus einer Bauernfamilie und weiß, wie es läuft, nämlich nach dem Motto: Toeerst kümmt de Hoff, dann kümmt nochmaal de Hoff, dann kümmt een ganzet Stück gor nix un dann kümmt wedder de Hoff. Das kennen wir alles schon. Meiner Meinung nach sind Sie der Landwirtschaft viel zu weit entgegengekommen. Das trifft auch auf die SPD zu, die diese 7,5 Meter sehr schnell aufgegriffen hat. Dies lehnen wir ab, denn wir meinen, es müsse bei 10 Metern bleiben.