(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt wird die kreative Wirtschaft einbezogen! – Jan Quast SPD: Und die Städtepartnerschaften!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Tschentscher, als Sie eben nach vorne traten, habe ich zuerst gedacht, es sei wieder ein Angebot für Rot-Rot-Grün. Einnahmesicherungsklausel, die Vermögensteuer im Grundgesetz, Börsenumsatzsteuer – da sind wir auf einer Seite, aber es gibt keine Mehrheit dafür in dieser Regierung und es gibt auch keine Mehrheit im Bundesrat. Leider sind Sie dann abgedreht in billige Polemik, die zeigt, wie unklar doch der Kurs der SPD ist. Die Probleme, die wir mit dem Eis auf der Straße haben, sind sicherlich keine Probleme, die im Haushaltsausschuss gelöst werden, sondern die Probleme liegen auf einer anderen Ebene.
Es geht darum, dass Hamburg die Stadt mit den meisten Einkommensmillionären ist und deshalb auch in diesem Bereich eine ganz besondere Verantwortung hat. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zum Beispiel sieht vor, dass jetzt Erben, die mehr als 13 Millionen Euro erhalten, steuerlich entlastet werden und nur noch 35 Prozent Steuern zahlen, also unsere Millionäre.
Herr Dr. Tschentscher, noch eine kleine Ergänzung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Hier hat Hamburg sich enthalten und Sie wissen, im Bundesrat ist eine Enthaltung eine Ablehnung. Insofern können Sie uns nicht unterstellen, dass wir dies aktiv betrieben hätten.
Das Problem beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist nicht nur die Verantwortung für die Millionäre, sondern auch, dass wir zahlen sollen, was der Bund bestellt hat. Hier sind noch eine Menge Verhandlungen mit Berlin erforderlich, damit wir nicht auf den Kosten dieses Gesetzes sitzen bleiben. Dafür brauchen wir ein kräftiges Votum, eine starke Unterstützung der Bürgerschaft, damit der Finanzsenator bei seinen Verhandlungen entsprechend gestärkt wird.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. In der Schweiz liegen 260 Milliarden Franken, die aus Deutschland kommen. Diese 260 Milliarden Franken liegen dort nicht, weil die Zinskonditionen in der Schweiz so günstig sind, sondern weil wir dahinter durchaus kriminelle Energie vermuten dürfen. Es handelt sich um eine internationale kriminelle Vereinigung, mit der wir es zu tun haben, kriminelle Steuerhinterzieher aus Deutschland, Banken in der Schweiz und in Deutschland, die es ermöglichen, dass die Gelder dorthin transferiert werden, und ein Schweizer Staat, der es ermöglicht, dass dort das Geld entsprechend hinterzogen wird.
Jetzt haben wir die Möglichkeit, auf diese Steuerdaten zuzugreifen, und da unterstützen wir nachdrücklich, dass die Kanzlerin Merkel ankündigte, dass wir dies kaufen werden. Wir missbilligen ausdrücklich das Verhalten einiger Bundesländer wie zum Beispiel Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, denen ebenfalls solche Daten angeboten wurden, die aber den Ankauf abgelehnt haben aus sehr durchsichtigen Motiven heraus. Sollte Hamburg solche Daten angeboten werden, dann müssen wir natürlich zuschlagen, denn in Hamburg ist auch noch die eine oder andere Million von Steuerhinterziehern zu holen.
auf Hamburg in finanzieller Hinsicht zukommen: Die Sanierung der Straßen, die Wiederinstandsetzung der Straßen nach den Frostschäden, aber auch die Folgen des Gerichtsurteils zu Hartz IV werden zusätzliche Belastungen für den Hamburger Haushalt mit sich bringen. Deshalb brauchen wir Einnahmegerechtigkeit auch bei den Steuermillionären.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bau einer Fernwärmetrasse vom im Bau befindlichen Kohlekraftwerk Moorburg quer durch Hamburg hat weitreichende Folgen. Fast 400 Bäume, zum Teil sehr alte, müssen gefällt werden, weitere 133 Bäume werden zurückgeschnitten oder wurzelbehandelt. Zusätzlich ist ein 5700 Quadratmeter großer Pionierwald betroffen. Fledermausquartiere werden womöglich zerstört und Bauarbeiten sind in Hamburgs größter Sturmmöwenkolonie vorgesehen. Es wird einen Kahlschlag im Grünzug von Altona geben. Eine 1,5 Meter lange und 9 Meter breite Schneise soll durch diese öffentlichen Parks geschlagen werden.
Man könnte meinen, das sind Gründe genug, um vor einer Genehmigung ein Planfeststellungsverfahren und eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Das sah die BSU anders. Die Umweltbehörde erlaubte Vattenfall im Juni 2009 im vereinfachten Plangenehmigungsverfahren, die circa 12,2 Kilometer lange Leitung zu bauen. Nicht nur, dass dadurch die Auswirkungen auf den Naturhaushalt beiseite gewischt wurden, auch die Bedenken des Amtes für Landes- und Landschaftsplanung wurden von der GAL-geführten Umweltbehörde ignoriert. In dem Schreiben des Amtes heißt es unter anderem, es sei zu berücksichtigen, dass die innerstädtischen Grünflächen eine besondere Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung hätten und daher geschützt werden müssten. Als Fazit lehnt das Amt für Landes- und Landschaftsplanung innerhalb der Umweltbehörde die Trasse durch den Grünzug ab.
Genau an diesem Punkt setzt die Kritik an. Die Beteiligungsrechte der Anwohner wurden ausgehebelt und die formale Beteiligung der Naturschutzverbände ebenfalls. Ich betone noch einmal: Das
alles passiert unter einer GAL-geführten Umweltbehörde. Dadurch konnte ein Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in erster Instanz abgewiesen werden. Dem BUND wurde das Klagerecht schlicht abgesprochen, aber er geht zum Glück in die nächste Instanz.
Der Skandal ist, dass Baumaßnahmen mit erheblichen Folgen für Mensch und Umwelt ohne Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung unangreifbar werden, sowohl für die unmittelbar Betroffenen als auch für die Umweltverbände. So sagt der BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch, wenn dieses Beispiel Schule mache, dann sei dies ein herber Schlag für den Umweltund Naturschutz sowie für die Bürger- und Verbandsbeteiligung. Ich wiederhole noch einmal: und das alles von einer GAL-geführten Umweltbehörde. Das hörte sich während Ihrer Oppositionszeiten ganz anders an.
Im Gählerpark besetzen inzwischen 16 Menschen Bäume, indem sie sich ein Baumhaus eingerichtet haben und dort wohnen, Tag und Nacht, seit Wochen, und das bei diesem Wetter.
Das ist ein bewundernswerter Einsatz, das ist vorbildliches Bürgerengagement, das man so schnell nicht wieder findet.
"Die Entscheidung des Gerichts ignoriert die Interessen der Bürger. Wir erwarten, dass eine bürgerfreundliche Stadt bei derart wichtigen Projekten wie der Moorburgtrasse die Betroffenen beteiligt. Hamburg vermarktet sich als Umwelt- und Klimahauptstadt Europas. Tatsächlich aber arbeitet die 'grün' geführte Umweltbehörde ganz im Sinne des Klimakillers Vattenfall[…]."
Und Volker Gajewski, Sprecher der Initiative "Moorburgtrasse stoppen", weist darauf hin, dass die Leitung ausschließlich entlang von Sozialbauten verlaufen werde und meint, dass die BSU sich niemals getraut hätte, so eine Trasse durch Blankenese zu genehmigen. Was zerstört werde, sei ein Kleine-Leute-Park.
In der Tat hätte es auch alternative Trassenführungen gegeben. Die Bürgerinitiativen vor Ort und die Umweltverbände reden unentwegt mit den Betrof
fenen und führen Veranstaltungen durch, so auch am 28. Januar in der Friedenskirche. Geladen war auch der Generalbevollmächtigte von Vattenfall. Er hatte zugesagt, in letzter Minute schickte er aber doch lieber die Pressesprecherin; das kennt man.
Auch Staatsrat Christian Maaß war eingeladen, hatte zugesagt und kam auch. Das war gut so. Noch besser war, was er sagte. Er kündigte an, mit Vattenfall reden zu wollen mit dem Ziel, eine optimale Lösung für den Klimaschutz und den Stadtteil zu finden. Seine Einschätzung war, dass es bessere Lösungen gäbe als die Trasse und er nannte auch denkbare Alternativen
einen Satz noch –, wie die dezentralen Blockheizkraftwerke. Das können wir nur begrüßen, das hört sich grün an und es wird auch allerhöchste Zeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, Sie sprachen eben die Umweltverträglichkeitsprüfung an. Nach Paragraf 20 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes bedürfen Rohrfernwärmeleitungen der Planfeststellung, sofern eine Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese besteht dann, wenn es erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umgebung gibt. Es hat eine Prüfung stattgefunden mit dem Ergebnis, dass diese erheblichen nachteiligen Auswirkungen nicht vorliegen und somit tritt an die Stelle der Planfeststellung eine Plangenehmigung. Diese Plangenehmigung wurde am 24. Juni 2009 erteilt.
Zur Geschichte dieser Fernwärmeleitung – ich beziehe mich jetzt ausdrücklich auf Altona – gehört aber auch, dass es insgesamt acht Planänderungen gegeben hat. Eine der Planänderungen betraf den Bereich Lunapark, Memellandallee, Waidmannstraße. Die Bezirkspolitik erwirkte damals, einvernehmlich mit CDU, GAL und SPD, eine Trassenführung unter dem Dr.-Hermann-Schnell-Sportplatz und dem Rudi-Barth-Sportplatz, auch um den Erhalt von 38 Bäumen zu sichern. Es gab einen weiteren Planänderungsantrag, bei dem es im Wesentlichen um ein Zugangsgebäude zum Zielschacht ging.
Entscheidend ist aber der sechste Planänderungsantrag, Frau Heyenn, der sich mit der Holstenstraße auseinandersetzt. Vattenfall hatte hier seinerzeit ursprünglich eine große Tunnel-Lösung vorgesehen mit einem recht geraden Verlauf vom Durchstich an der Elbe bis zum Verteilerkraftwerk am Haferweg. Allerdings hätten rund 50 Grundeigentümer in die Planung mit einbezogen werden müs
sen, was mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Verzögerungen und entsprechenden Kosten geführt hätte. Es gab einen weiteren Vorschlag von Vattenfall, den Trassenverlauf durch die Holstenstraße. Beide Planungsvarianten wurden damals im Einvernehmen mit der Bezirkspolitik von der Polizei, der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und dem Bezirksamt Altona abgelehnt. Aufgrund dieser bezirklichen Intervention wurde Vattenfall – und das ist wichtig – ausdrücklich aufgefordert, eine Alternativplanung zur Untertunnelung der Holstenstraße vorzulegen. Diese Alternativplanung sieht den nun umzusetzenden Verlauf vor. Vattenfall bewegt sich damit exakt im Bereich der Plangenehmigung und entspricht auch exakt dem, was die Bezirkspolitik wünschte und CDU, GAL und SPD in Altona seinerzeit einvernehmlich forderten.