Grundrechtseingriff und es kann jeden von uns treffen, jeder kann, ob unschuldig oder schuldig, in Untersuchungshaft sitzen. Dieser Freiheitsentzug sollte deswegen so geregelt sein, dass sich jeder in sie hineinversetzen kann, und insoweit ist es richtig, dass wir uns ausgiebig Gedanken darüber gemacht haben.
Wir sind weitestgehend in Übereinstimmung zu diesem Gesetz gekommen. Das mag zwar ein bisschen verdächtig erscheinen, aber wir sind sogar von bayerischen Praktikern gelobt worden. Es hat uns als CDU immerhin beruhigt, dass wir in diesem Bereich recht gut gearbeitet haben.
Die Eingriffe, die im Rahmen der Untersuchungshaft stattfinden, müssen der Unschuldsvermutung und den Freiheitsrechten des Beschuldigten gerecht werden. Ich glaube, wir sind zu diesem Gesetz durch einen guten Mittelweg gekommen. Wir haben die Sicherung des Strafverfahrens – dafür ist die Untersuchungshaft da – und die Unschuldsvermutung zusammengeführt.
Die Rechte und Pflichten von Untersuchungshaftgefangenen werden klar definiert. Es wird ein verfassungsrechtlich sehr unschöner Zustand beendet, für den bisher keinerlei gesetzliche Regelungen vorhanden waren.
Hier haben wir insbesondere noch zusätzlich geregelt, dass den Rechten von jungen Untersuchungshaftgefangenen durch einen eigenen Abschnitt Rechnung getragen wird; das war bisher nicht der Fall. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, denn der Zustand der Untersuchungshaft kann für einen jungen Menschen ein sehr starker Einschnitt sein.
Wir haben den Aufbau des Gesetzes am Strafvollzugsgesetz orientiert, damit dies für das Personal einfacher zu handhaben ist. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt, dass das Gesetz im Alltag gut umgesetzt werden kann.
Zusätzlich haben wir sehr viele Punkte geregelt, wie zum Beispiel die Einzelunterbringung. Das ist auch neu, ich erinnere an Zeiten vor acht oder neun Jahren, da gab es teilweise fünf bis sechs Gefangene in einer Zelle. Das ist ein Zustand, der so nicht stattfinden kann, denn es kann hier nachts Übergriffe geben, die wir vermeiden wollen. Es kann natürlich in Ausnahmefällen Situationen geben, dass ein Gefangener aus psychologischen Gründen mit jemand anderem untergebracht werden sollte oder möchte, das ist auch weiterhin möglich.
Wir bieten in Zukunft die Möglichkeit der Arbeit. Wenn jemand vier oder fünf Monate in Untersuchungshaft sitzt, kann es durchaus hilfreich sein, dass derjenige arbeiten kann. Das sind Punkte, die
Wir haben einen größeren Änderungsantrag der LINKEN bekommen. Frau Schneider, ich habe nichts anderes erwartet von Ihnen, zum Beispiel Ihre Forderung, dass Internet, E-Mail und Handy für Untersuchungshaftgefangene zur Verfügung stehen.
Ich glaube, es ist klar, dass das für uns ein Punkt ist, der nicht zu akzeptieren ist. Die Sicherheit einer Untersuchungshaftanstalt kann so nicht aufrechterhalten werden, wenn hier Handys, E-Mails und Ähnliches benutzt werden; da sind wir Welten voneinander entfernt.
Darüber freuen Sie sich, das beruhigt mich. Ich denke, dass Sie Verständnis dafür haben, wenn wir Ihren Antrag auch nicht ansatzweise annehmen werden.
Bei der SPD wundert es mich etwas, dass Ihr Antrag erst heute bei uns auf dem Tisch ist. Auch hätte ich da etwas mehr erwartet, er war wirklich dünn und enthielt nicht viel.
Ich kann nur sagen, dass die Anhörung gezeigt hat, dass Theoretiker und Praktiker dieses Gesetz gelobt haben. Wir werden es hoffentlich heute so beschließen und zum 1. Januar in Kraft treten lassen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heute zur Beratung vorliegenden Entwurf für ein Untersuchungshaftgesetz findet eine gut zwei Jahre dauernde Welle von Gesetzesvorhaben im Bereich des Strafvollzugs einen Abschluss. Wenn wir heute über das Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft beraten, so ist dies auch eine gute Gelegenheit, sich noch einmal vor Augen zu führen, was seit 2001 an Änderungen im Strafvollzug über uns hereingebrochen ist.
Da gab es die Abkehr vom Prinzip der Resozialisierung unter Roger Kusch oder die Umfunktionierung der Anstalt Billwerder von einer Anstalt des offenen Vollzugs in eine geschlossene Anstalt und dies alles bei gleichzeitiger Maximierung der Haftplätze in der Erwartung von steigenden Gefangenenzahlen. Es war eine so katastrophale Fehlentscheidung, dass sie noch dem heutigen Justizse
nator Dr. Steffen Kopfzerbrechen bei der Organisation und Planung des hamburgischen Vollzugs bereitet.
Da gab es den Hamburger Sonderweg mit einem eigenen Strafvollzugsgesetz, welches von uns, aber auch von der GAL wegen seiner rückwärtsgewandten und nur auf Repressionen setzenden Vollzugsgestaltung heftig kritisiert wurde.
Heute sind wir alle klüger. Manche waren es schon damals und wissen, dass all dies eine hanebüchene Law-and-order-Politik war, die an den Vollzugsrealitäten vorbeiging. Wir hatten bereits die Ehre, das von der CDU vorgelegte Strafvollzugsgesetz in diesem Hohen Hause einem angemessenen Ende, nämlich auf dem Gesetzesfriedhof, zuzuführen und das alles mit den Stimmen der CDU; wie bemerkenswert.
Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen. Das ist der neue Wahlspruch der CDU in Sachen Vollzugspolitik. Wobei sich eigentlich nicht die Zeiten geändert haben, sondern nur der Senator, aber manchmal reicht das schon.
Der nun vorliegende Gesetzesentwurf entspricht in weiten Teilen dem, was meine Fraktion als richtig und angemessen für die Durchführung der Untersuchungshaft ansieht. Ich werte dies wiederum auch als Verdienst grüner Rechtspolitik, will aber durchaus hoffen, dass sich am Ende auch bei der CDU die Einsicht durchgesetzt hat, dass man einige Jahre lang falschen Propheten wie Schill und Kusch angehangen hat.
Wir haben uns mit unserem Änderungsantrag auf einige wenige Punkte beschränkt, so hatten wir es auch im Rechtsausschuss angekündigt. Dass wir ihn damals noch nicht vorgelegt hatten, lag daran, dass es wieder im Schweinsgalopp behandelt wurde. Aber wir haben angekündigt, dass wir einen Änderungsantrag vorlegen würden, hier ist er nun.
Ausgangspunkt bei unserer Bewertung des Gesetzesentwurfs war der Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung, der uns allen aus dem Strafrecht bekannt ist, der aber gerade für den Vollzug der Untersuchungshaft zentrale Bedeutung hat. Er bedeutet nichts anderes, als dass alle vollzuglichen Maßnahmen daran gemessen werden müs
sen, ob sie einem Unschuldigen gegenüber – als solches sind die Untersuchungshaftgefangenen zu betrachten und zu behandeln – nach dem Zweck der Untersuchungshaft gerechtfertigt sind. Dieser Grundsatz ist in Paragraf 4 des Gesetzesentwurfs richtig erfasst und geregelt. Allerdings sind wir der Auffassung, dass er an manchen Stellen nicht konsequent eingehalten wird. So sind wir der Meinung, dass nicht jede mögliche Störung der Ordnung der Anstalt schon dazu führen darf, dass Schreiben der Gefangenen angehalten werden. Nur eine schwerwiegende Störung der Ordnung der Anstalt kann eine solche Maßnahme rechtfertigen.
Die Überwachung des Schriftwechsels soll ohnehin auch nur zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt erfolgen, sodass nicht einzusehen ist, warum hier unterschiedliche Voraussetzungen geschaffen werden sollen. Das ist für uns nach wie vor ein systematischer Bruch, den auch der Senat in seiner Anhörung nicht ausräumen konnte. Wir wollen, dass besondere Sicherungsmaßnahmen – dazu gehören Maßnahmen wie die Absonderung oder die Fesselung eines Gefangenen – grundsätzlich nur durch ein Gericht angeordnet werden können. Natürlich muss es bei Gefahr im Verzug auch die Möglichkeit geben, dass die Anstaltsleitung entsprechende Maßnahmen ergreift. Aber auch dann ist es erforderlich, dass unverzüglich eine richterliche Entscheidung nachgeholt wird. Eine solche Regelung, wie wir sie vorgeschlagen haben, entspricht der bewährten Systematik der Strafprozessordnung, die sich als überaus praxistauglich erwiesen hat. Auch die bisherige Praxis in der Untersuchungshaft zeigt, dass die Anordnungsbefugnis bei den Gerichten gut aufgehoben ist.
Auch für den Bereich der Disziplinarmaßnahmen soll die Anordnungsbefugnis beim zuständigen Gericht liegen. Die Disziplinarmaßnahme ist eine Strafmaßnahme, die gegenüber einem als unschuldig geltenden Gefangenen nicht durch die Anstaltsleitung, sondern nur durch das Gericht verhängt werden kann.
Schlussendlich fehlt es in dem Entwurf auch an Vorschriften zur kriminologischen Begleitforschung. Entsprechende Regelungen sind im Strafvollzugsgesetz bereits enthalten und müssen auch in einem Gesetz über die Untersuchungshaft enthalten sein. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, Herr Klooß, Sie haben recht, das ist nicht der erste Gesetzesentwurf, der uns
aus dem Justizbereich in diesem Jahr in der Bürgerschaft erreicht, das hat aber auch gut. Die Gründe haben Sie zum Teil erläutert; ich will noch kurz darauf hinweisen, auch für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht ständig beobachten, was im Justizbereich passiert, dass wir in diesem Jahr bereits ein Erwachsenen- und ein Jugendstrafvollzugsgesetz, und zwar in getrennter Form, beraten und verabschiedet haben. Zum Ende des Jahres erreicht jetzt der dritte Gesetzesentwurf dieses Parlament, und zwar in einem Bereich, in dem es bisher tatsächlich kein Gesetz gab, sondern im Wesentlichen nur auf Verordnungsbasis gearbeitet wurde. Deswegen werden wir heute erstmals für Hamburg ein Untersuchungshaftgesetz beschließen. Ich habe bisher gehört, dass das auf eine breite Zustimmung stößt. Das freut mich, denn in diesem Bereich hat es jahrelang genug Streit gegeben und ich finde, es ist jetzt an der Zeit, möglichst viel in diesem Bereich im Konsens zu entscheiden, das scheint sich hier auch abzuzeichnen.
Ein paar Schwerpunkte will ich noch nennen, meine Kolleginnen und Kollegen haben schon etwas darüber gesagt. Wichtig ist zu wissen, dass wir durch die Föderalismusreform in den Bundesländern jetzt alle angehalten sind, entsprechende Gesetzesentwürfe auf den Weg zu bringen. Damit es keinen überbordenden Flickenteppich in diesem Bereich gibt, gab es eine Länderarbeitsgemeinschaft, an der viele Bundesländer, auch Hamburg, beteiligt waren. Daraus ist ein Musterentwurf entstanden. Hamburg hat diesen Musterentwurf als Richtschnur genommen und das Ergebnis liegt Ihnen allen vor.
Ein paar Schwerpunkte oder Eckpunkte nenne ich Ihnen gern noch einmal, auch denjenigen, die sich nicht ständig mit diesem Bereich beschäftigen. Das Untersuchungshaftgesetz soll im Wesentlichen eine dienende Funktion haben, denn es gilt die Unschuldsvermutung und die Regelungen, die wir heute verabschieden, sollen dazu beitragen, dass es ein geordnetes Strafverfahren gibt; das ist die zentrale Aussage dieses Gesetzes.
Eine weitere Neuigkeit, bei der es offenbar einen Dissens mit der SPD gibt, ist, dass die Ausgestaltung des Vollzugs zukünftig nicht mehr beim Gericht liegt, sondern in der Anstalt selbst. Wir glauben, dass das der Praxis nahe kommt, weil eine Vollzugsanstalt im eigentlichen Sinne weiß, wie Vollzug funktioniert. Ich kann momentan das Misstrauen gegenüber der Untersuchungshaftanstalt in Hamburg nicht nachvollziehen, Herr Klooß. Wenn es da zu Unregelmäßigkeiten kommt, ist das gerichtlich überprüfbar und wir werden sehen, ob das der Fall ist; ich gehe nicht davon aus.
Eine weitere Sache, die uns als Schwarz-Grüne sehr beschäftigt hat, ist der Umgang mit Jugendlichen in der Untersuchungshaft. Hier haben wir uns
nicht entschlossen, noch ein Extragesetz auf den Weg zu bringen, sondern wir haben uns dazu entschlossen, innerhalb des Gesetzes besondere Regelungen aufzunehmen, zum Beispiel festzustellen, ob es einen erzieherischen Bedarf oder Bildungsbedarf gibt, wenn Jugendliche in Untersuchungshaft kommen. Dem soll Rechnung getragen werden, weil wir natürlich eine erhöhte Verantwortung haben, wenn Jugendliche in Untersuchungshaft kommen, was mit ihnen dort geschieht. Dieser Verantwortung wollen wir uns mit diesem Gesetz auch stellen.