Protocol of the Session on November 18, 2009

HSH Nordbank ist ohne Alternative. Sie ist im Interesse Hamburgs, der Steuerzahler und der Wirtschaft der gesamten Metropolregion Hamburg. Die Stabilisierung dient insbesondere auch den Interessen unseres Haushalts. Sie dient der Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft, sie dient Zehntausenden von Arbeitsplätzen und sie dient auch dem Werterholungspotenzial insbesondere zugunsten der staatlichen Eigentümer, und das sind wir.

Die Stabilisierung hilft vor allem, eine massive Gefahr abzuwenden, die uns aus der sogenannten Gewährträgerhaftung droht. Diese Gewährträgerhaftung gibt es für die Geschäfte bis zum Jahr 2005 und die ist sehr massiv. Die Gewährträgerhaftung beträgt 65 Milliarden Euro per 31. Dezember 2008. Sie reduziert sich per Ende dieses Jahres auf 56 Milliarden Euro, aber von diesen 56 Milliarden Euro per Ende des Jahres 2009 müsste Hamburg 35 Prozent übernehmen und das würde unseren Haushalt in die Knie zwingen. Deshalb ist es unser ureigenstes Interesse, die Bank nicht kaputt zu machen, sondern wieder auf Kurs zu bringen und damit letztlich auch unseren eigenen Haushalt dauerhaft vor gefährlichen Risiken aus diesen Bankgeschäften der letzten Jahre zu bewahren, die übrigens in massivem Umfang von Senaten begonnen worden sind, die von anderen Parteien getragen wurden. Deshalb ist unser Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige und wir werden ihn genauso beschreiten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Es war auch richtig, dass Senat und Bürgerschaft nach Wegen gesucht haben, hier gemeinsam Verantwortung zu zeigen. Im April dieses Jahres ist mit einer breiten Mehrheit eine Beschlussfassung auf den Weg gebracht worden, die Hamburg und der Bank wirklich hilft. Ich finde es sehr gut, dass akzeptiert wird – vielleicht sollte man in der allgemeinen Debatte darauf auch ein bisschen mehr Wert legen –, dass sehr viel externer Sachverstand herangezogen worden ist. Wir haben die renommiertesten Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfer herangezogen, die ihre Expertisen – und die sind anerkannt und politikfrei – eingebracht haben, damit unser Restrukturierungsmodell auch den Anforderungen der Bankenaufsicht und des SoFFin entspricht.

Das Modell der Bürgerschaft, das letztlich von allen hier mitgetragen worden ist, hat bestimmte Bedingungen aufgeführt und die sind in den Kernbereichen auch alle erfüllt worden. Zum einen ist eine Berichterstattung verlangt worden und ich denke, dass die Berichterstattung sehr intensiv stattfindet, insbesondere im Haushaltsausschuss, aber auch im Unterausschuss für öffentliche Unternehmen. Natürlich ist ein am Markt tätiges Geschäftsunternehmen darauf angewiesen, dass Geschäftsge

(Jens Kerstan)

heimnisse nicht auf dem offenen Markt ausgetragen werden, denn es schädigt die Interessen des Unternehmens, wenn die Wettbewerber diese Geschäftsgeheimnisse kennen. Deshalb gibt es natürlich eine Kollision von Interessen der Parlamentarier, die jedes Detail gerne öffentlich machen wollen, und den Rechten Dritter, von Unternehmen und Kunden der Bank, die natürlich genau das aufgrund ihrer eigenen Schutzinteressen nicht wollen. Hier müssen wir nach Wegen suchen, das miteinander in Einklang zu bringen. Ich denke, dass wir da auch sehr gut vorangekommen sind.

Es ist eine Verwässerung zulasten der privaten Anteilseigner verlangt worden; das ist geschehen. Über 85 Prozent der HSH Nordbank gehören jetzt, wie von der Bürgerschaft gewollt, der öffentlichen Hand, im Wesentlichen Hamburg und SchleswigHolstein. Die Trennung in eine Kernbank und eine Abbaubank ist ein wesentlicher Bestandteil des Bürgerschaftsbeschlusses gewesen und genau das wird jetzt gemacht. Die Ausrichtung des Geschäftsmodells mit einer Fokussierung auf das regionale Geschäft und die Sicherung von Kernkompetenzen in bestimmten ausgewählten internationalen Geschäftsbereichen wird auch gemacht. Wie die HSH Nordbank künftig aussehen wird, welche Konstellationen es geben wird, wird natürlich auch sehr wichtig sein für die Frage, wie wir sie in Zukunft gestalten werden.

Der letzte Punkt betrifft den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Das war auch ein Wunsch, den die Bürgerschaft explizit gestellt hat. Auch dieser Wunsch ist Gegenstand von Beratungen der Bank und dem Betriebsrat. Das Verfahren ist im Moment davon geprägt, dass wir das Rettungsmodell auf den Weg gebracht und alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt haben. Die Europäische Union hat das Restrukturierungskonzept Ende Mai vorläufig genehmigt und wir sind im Moment mit der EU intensiv in Gesprächen, um die kritischen Fragen, die dort aufgeworfen werden, zu beantworten. Wir werden alles tun, um diese Fragen zu beantworten, und wir sind in einem sehr intensiven Verhandlungsprozess, der sich auf einem guten, fortgeschrittenen Weg befindet.

Für unseren Haushalt muss man natürlich festhalten, dass das Gesamtrettungspaket immer ein Gesamtrisiko darstellt, das ist schlichtweg so. Ein Garantierahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro ist ein Risiko, aber das Modell ist so ausgerichtet, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit dieser Rahmen nicht in Anspruch genommen wird. Auch die 3 Milliarden Euro, die als Eigenkapital der Gesellschafter Hamburg und SchleswigHolstein in die Bank geflossen sind, sind nicht aus Mitteln des Haushalts geflossen, sondern es wurde eigens ein Finanzfonds als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet, der diese 3 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufgenommen hat. Das kostet zurzeit etwa 100 Millionen Euro Zinsen im Jahr, das ist ei

ne Belastung für den Fonds, aber wir haben jährlich 400 Millionen Euro Einnahmen aus der Provision für die Garantie in Höhe von 10 Milliarden Euro, die die beiden Länder geben. Dieses betrachten wir natürlich nicht als Einnahme, weil es sich um eine Risikoprämie handelt, aber in der Liquidität bekommen die Länder im Moment mehr Geld von der HSH Nordbank, als sie dort über die 100 Millionen Euro Zinsen, über den Fonds, einschießen müssen.

Die bilanzielle Wirkung liegt auf der Hand. Wir haben natürlich massive Abschreibungen in unserer Bilanz und das Ausbleiben von Dividenden. Auch das ist eine Belastung des Haushalts, die uns in den kommenden Jahren begleiten wird, übrigens wegen der Wirtschaftskrise nicht nur bei der HSH Nordbank. Wir werden natürlich auch ausbleibende Dividenden bei Hapag-Lloyd haben und geringere Dividenden bei einer Reihe öffentlicher Unternehmen, die in der Wirtschaft, die für unsere Stadt so wichtig ist, tätig sind; ich denke an die HHLA. Auch hier wird es geringere Dividenden für den Haushalt geben, als ursprünglich einmal vorgesehen. Das heißt, die Wirtschaftskrise kommt natürlich auch in unserem Etat an.

Die aktuelle Lage der HSH Nordbank ist so zu kennzeichnen: Sie befindet sich im Rahmen der Planungen, was das Ergebnis angeht. Es waren Verluste eingeplant, die werden so eingehalten, wie in der Planung angekündigt. Es ist erfreulich, dass die Erträge in den Kundenbereichen deutlich gestiegen sind. Dem steht auf der anderen Seite ein deutliches Ansteigen der sogenannten Risikovorsorge gegenüber, denn das Problem der HSH Nordbank ist – wie bei allen anderen Banken, die Geschäftsbanken sind, jetzt auch – nicht mehr primär das sogenannte Kreditersatzgeschäft, sondern es ist zusätzlich durch die Wirtschaftskrise das ganz klassische Firmenkundengeschäft zu einem großen Problem geworden mit entsprechenden Abschreibungen und entsprechender Risikovorsorge, das heißt, mit Bilanzpositionen, die das Ergebnis insgesamt verschlechtern.

Dennoch ist das, was wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, aus meiner Überzeugung richtig. Alle, die das nicht wollen, was die HSH Nordbank und die Gesellschafter jetzt machen, müssen eine Alternative benennen. Wer einen falschen Weg geht, der dazu führt, dass die Gewährträgerhaftung in Anspruch genommen wird, der versündigt sich mit Sicherheit an den Interessen der Steuerzahler der Stadt. Und da wir genau das nicht wollen, haben wir mit breiter Expertise und mit Zustimmung aller Beteiligten dieses Modell gemeinsam mit der Bürgerschaft auf den Weg gebracht. Dieser Weg ist steinig, er ist nicht ohne Risiken, aber wir müssen und wir werden ihn mit aller Konsequenz weitergehen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

(Senator Dr. Michael Freytag)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Herr Freytag, Herr Kerstan, ich habe jetzt ein Déjà-vu-Erlebnis, denn diese Aussage, dass mit der Bank alles in Ordnung sei, hören wir in immer kürzeren Abständen. Ich denke gerade an Juni/Juli 2008, als diese Stadt schon einmal ordentlich für die Kapitalzufuhr gesorgt hat. Da hieß es auch, es sei alles in Ordnung. Aber wir werden auf diese Punkte noch einmal zurückkommen, denn zum einen diskutieren wir jetzt über ein neues Sondervermögen und über Berichtspflichten und zum anderen geht es im Untersuchungsausschuss darum, festzustellen, wer welche Verantwortlichkeiten hat.

Ich finde es ziemlich daneben, um das einmal so drastisch zu sagen, Herr Kerstan, dass Sie sagen, wir würden Emotionen schüren und eine Bank kaputt reden. Gerade in der letzten Woche ist doch vom Aufsichtsrat zu hören gewesen, dass zwei amtierende Vorstände sofort des Amtes enthoben und zwei ehemalige Vorstände mit dem Vorwurf schwerer Pflichtverletzung konfrontiert wurden und das ganze Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden ist. Außerdem diskutieren wir über Regressansprüche und das nach der ganzen Geschichte, die hinter uns liegt. Da kann man sich doch nicht mehr hinstellen und sagen, es würden Emotionen geschürt.

Wir können immer wieder nur eines machen – es ist schwierig genug, da haben Sie recht, weil man durch die Verschwiegenheit und den Ausschluss der Öffentlichkeit ziemlich stark eingegrenzt ist –, nämlich den Finger darauf legen und sagen, in dieser Bank ist nichts in Ordnung. Sie haben damals im April keinen Schnitt gemacht und nicht neu angefangen und jetzt kommt die Wahrheit scheibchenweise ans Licht und das trägt ganz gewiss nicht zur Förderung der neuen Geschäftsidee bei. Dafür ist nicht die Opposition verantwortlich; das möchte ich noch einmal eindeutig feststellen.

Herr Goldberg, jetzt zur Frage des Geschäftsmodells. Auch das hat mit Emotionen nichts zu tun. Man muss doch in aller Deutlichkeit sagen, dass dieser Versuch, der auch in Hamburg und in Kiel gemacht worden ist, aus einer stark gemeinwohlorientierten Landesbank für den regionalen Raum und für den Mittelstand eine Kapitalmarktbank zu machen, gescheitert ist wie an vielen anderen Punkten bei den Landesbanken auch. Es gibt nach wie vor keine Perspektive für diese Landesbanken.

Und auf eines lege ich jetzt großen Wert: Die HSH Nordbank hat vielleicht noch keine genauen Zahlen auf den Tisch gelegt, aber alle anderen Landesbanken, über die wir in dem Zusammenhang reden, haben gleichzeitig ihre Verluste nach oben geschrieben und weitere Kapitalzufuhr beantragt; das ist doch Fakt. Wenn Sie schon so in die

Debatte einsteigen, dann müssten Sie mir sagen, warum das wieder einmal ausgerechnet bei der HSH Nordbank nicht der Fall sein sollte. Da überzeugen Sie mich überhaupt nicht. Am Ende dieses Weges wird es darum gehen, die Bank so oder so zu verkaufen oder zu liquidieren oder in irgendeiner anderen Weise abzuwickeln.

(Glocke)

Verzeihen Sie, Herr Dr. Bischoff, es ist definitiv zu laut im Plenarsaal. Ich bitte, die Gespräche draußen fortzusetzen, damit der Redner in Ruhe seine Worte sprechen kann.

Fahren Sie fort, Herr Dr. Bischoff.

Auf jeden Fall ist das als Gegenargument wenig überzeugend.

Am Schluss Ihrer Rede, Herr Kerstan, verweisen Sie darauf, wie es um die maritime Wirtschaft steht.

(Jens Kerstan GAL: Schlecht!)

Ja, ziemlich schlecht.

Und das war auch immer ein Punkt der Auseinandersetzung. Sie haben natürlich mit Herrn Nonnenmacher und Herrn Rieck mit Engelszungen darüber geredet, wie wunderbar das alles sei. Aber die Opposition hat beständig darauf hingewiesen, dass die Risiken massiv unterschätzt worden seien. Und es ist ziemlich herbe, dass Sie sich jedes Mal hier hinstellen und sagen, die Opposition emotionalisiere, und im Grunde auf keines der Argumente eingehen, die wir im Verlauf dieses Jahres gebracht haben. Sie sehen auch gar nicht, dass Sie beständig auf Ihre Verteidigungsposition zurückgreifen.

Insofern ist die Bank enorm gefährdet, das haben Sie gerade in Bezug auf die maritime Wirtschaft gesagt, und es gibt gar keinen Grund, sich hier irgendetwas vorzumachen.

Letzter Punkt.

(Olaf Ohlsen CDU: Das soll auch der letzte sein!)

Ja, Herr Ohlsen.

Wir reden hier über Bilanzverschönerung oder anders gesagt Bilanzfälschung, die noch nicht rigoros aufgeklärt ist. Sie kommen dann mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit, der Verschwiegenheit und der Notwendigkeit, das Geschäftsgeheimnis zu wahren. Das ist das Problem, Sie schirmen hier kriminelle Aktivitäten ab und das geht bis hin zu Herrn Nonnenmacher.

(Beifall bei der LINKEN und bei Thomas Bö- wer SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Völsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Bischoff hat es eben gesagt, das Problem dieser Bank ist im Moment nicht, dass wir in Sitzungen, die in der Regel öffentlich und verschwiegen sind, etwas erfahren, sondern dass die Wahrheit scheibchenweise ans Licht kommt und die Bank nach wie vor versucht, alles zu tun, damit alles nach Möglichkeit unter dem Deckel bleibt. Das ist das Problem dieser Bank und nichts anderes.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich möchte aber kurz noch zwei, drei Sätze zum Thema Sonderprüfung sagen. Es muss schon Besorgnis erregen, dass die Koalition auf einmal anfängt, unseren Antrag zu loben, und ihn dann an den Ausschuss überweisen will. Das ist schon eine regelrechte Adelung.

(Jens Kerstan GAL: Das ist Ihnen jetzt auch wieder nicht recht!)

Herr Kerstan, Ihr Problem ist, dass Sie sich bei diesem wichtigen Thema nur noch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner Ausschussüberweisung einigen können und inhaltlich selber nichts Eigenes zustande bringen.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Eine Sonderprüfung ist sinnvoll, notwendig und inzwischen mehr als überfällig. Sie hätten seit der Mitgliederversammlung der GAL, wenn ich das richtig im Kopf habe, etwa anderthalb Wochen Zeit gehabt, sich mit Ihrem Koalitionspartner zusammenzusetzen und etwas zustande zu bringen. Sie sind nicht in der Lage dazu, Sie schaffen es einfach nicht.

Selbst die HSH Nordbank lässt mittlerweile öffentlich mitteilen, dass sie an einer Sonderprüfung konstruktiv mitwirken würde. Sie würde sich nicht einmal mehr dagegen wehren,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das will schon was heißen!)

aber Sie machen nichts. Eine große Hamburger Tageszeitung hat vor ein paar Tagen geschrieben, nachdem bei der Bank endlich erste personelle Konsequenzen gezogen wurden, dass der Bank ein Befreiungsschlag gelungen sei oder sie ihn zumindest versucht habe. Auf Senatsseite und auf Regierungsseite ist leider bisher keine entsprechende Reaktion erfolgt. Wie ein Kaninchen auf die Schlange gucken Sie immer noch auf diese Bank, unfähig sich zu bewegen und unfähig zu handeln. Und die Überweisung an den Haushaltsausschuss wird Ihnen am Ende nicht helfen. Sie werden sich irgendwann entscheiden müssen, wie

Sie mit diesem Thema weiter umgehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Waldowsky.