Wo ich war? Ich war auf der Demonstration, Herr Hackbusch. Ich weiß nicht, wo Sie gewesen sind. Ich war dabei und habe dort mit vielen anderen Kollegen gemeinsam für Demokratie, für friedlichen Protest gestanden.
Ob das alle anderen in diesem Haus auch getan haben, da bin ich mir nicht ganz sicher. Gerade bei dem, was wir eben gehört haben,
finde ich es sehr, sehr schwierig, verehrte Kollegin Schneider, wenn Sie hier versuchen, einzelne Gewalttäter zu rechtfertigen. Ganz egal, ob Linksoder Rechtsextremisten, wer als Gewalttäter in Krankenhäuser geht, dort schwerkranke Menschen mit Steinen bedroht, der verdient auf gar keinen Fall den Schutz dieses Rechtsstaates.
Es ist richtig und gut, dass wir darüber im Innenausschuss diskutieren. Wir werden die technischen Sachen alle aufarbeiten müssen. Wir sollten uns aber über eines in diesem Hause gemeinsam klar sein: Die langen Debatten, die wir uns jetzt leisten, wo wir uns gegenseitig Vorwürfe machen und auch ein bisschen anfangen, verehrter Kollege Rose, den Wahlkampf ein wenig zu verlängern, denn nichts anderes war Ihr Beitrag eben, nützen nicht den Demokraten, sondern den Extremisten. Ich glaube, das sollten wir nicht tun. Wir sollten in dieser Frage die Gemeinsamkeiten – Herr Neumann, auch Sie – vielleicht mehr betonen als das Trennende. Das ist, glaube ich, das Wichtige dabei.
Lassen Sie mich noch einmal ganz deutlich machen: Wir müssen aus diesem 1. Mai, wie er dieses Jahr stattgefunden hat, lernen, dass die demokratischen und friedlichen Kräfte in dieser Stadt allen Extremisten, egal, ob von links oder rechts, die Stirn bieten müssen.
Nein, Herr Neumann, das ist nicht scheinheilig, das ist die Wahrheit. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind und meinen, mit Ihrem Fraktionskollegen Beiträge halten zu müssen, wo sich der DGB entschuldigen muss, dass er nicht in der Lage gewesen sei, eine Demo in Barmbek zu machen, dann tun Sie mir leid, Herr Neumann. Das ist die Wahrheit.
Wer meint, Gewalt sei eine Form der politischen Auseinandersetzung, hat in der Gemeinschaft der Demokraten nichts zu suchen.
Lassen Sie mich abschließend noch auf eines hinweisen und meinen Respekt bekunden für jemanden, der vielleicht mehr von Demokratie versteht als so mancher selbst ernannte Verfechter der wahren demokratischen Lehre. Der türkischstämmige Bistro-Besitzer auf dem Gelände des AK
Barmbek hat zwei Teilnehmer der Nazi-Demonstration in seinem Bistro vor linksextremistischen Schlägern beschützt. Das hat er bestimmt nicht gemacht, weil er der Meinung ist, dass die Ideologie dieser verquasten Nazis das Richtige ist. Er tat es offenbar aus der einfachen demokratischen Grundüberzeugung, dass Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung ist. Ich finde, wir bräuchten mehr Menschen mit einer solchen Grundeinstellung. Dann wären wir weiter.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens: Herr Maaß, Ihr Koalitionsvertrag interessiert mich im Moment überhaupt noch nicht. Da warten wir in aller Ruhe ab, was dabei herauskommen wird, und zwar im Alltag.
Zweitens: Was mich interessiert, ist, wie man solchen Ausschreitungen bei Demonstrationen vorbeugen kann, die unbedingt notwendig sind, nämlich dann, wenn – wie Herr Rose es dargestellt hat – Neonazis den 1. Mai missbrauchen wollen und nicht nur ihre Meinung, sondern auch ihre Gewaltandrohung wahr werden lassen wollen und jeder Demokrat alles tun muss, was er tun kann, um dem Einhalt zu gebieten. Das ist das Zweite, was dringend notwendig ist. Dazu, Frau Möller, möchte ich gerne Ihr Wort vom breiten Bündnis aufnehmen.
Das breite Bündnis muss dann aber über das ganze Haus hinweggehen. Es muss aus allen Bereichen dieses Hauses und insbesondere auch vom Senat klargestellt werden, wo wir alle stehen. Auch da möchte ich Herrn Rose beipflichten, dass dazu zu wenig gesagt wurde.
Ein weiterer Punkt. Wir oder manche unter uns haben möglicherweise auch einen gewissen Einfluss auf Anmelder von Demonstrationen. Auch diesen Einfluss müssen wir wahrnehmen, alle so, wie wir es können, um sicherzustellen, dass Gewalttäter dann, wenn sie sich in die selbst angemeldete Demonstration einmischen möchten, möglichst wenig Chancen haben, das zu tun, was dann am 1. Mai geschehen ist. Das ist dringend notwendig, dass wir dort, wo wir es können, Frau Möller, dann auch diesen Einfluss nehmen, dass es da keinerlei Möglichkeiten gibt, klammheimlich etwas hintenherum zuzulassen, was wir allesamt nicht wollen. Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt bei Demonstrationen.
Der vierte Punkt ist, dass auch von Seiten der Polizeiführung, insbesondere der politischen Führung, alles getan werden muss, um die Zusammenarbeit mit den Anmeldern von Demonstrationen so zu gestalten, dass sie auch alle Möglichkeiten haben, das in ihrer Macht Stehende zu tun, um Gewalt zu vermeiden. Die Verzögerungstaktik der Innenbehörde diesbezüglich kann nicht hilfreich gewesen sein, weil es keine Möglichkeit mehr gegeben hat, innerhalb eines einzigen Tages auf das einzugehen, was an Auflagen erst erlassen wurde und dann vom Oberverwaltungsgericht wieder eingesammelt werden musste, weil die Dokumente, die dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt worden waren, schlicht nicht ausgereicht haben. Ein Gericht kann nur aufgrund dessen urteilen, was ihm vorliegt und in der Zeit, die ihm zur Verfügung steht. Diese Zeit war hier entschieden zu kurz und die Dokumente waren offenkundig, wenn man das Urteil liest, lückenhaft. Das darf auch nicht mehr geschehen. Kein spielerischer Umgang mehr mit solchen Dingen. Da muss die Zusammenarbeit von Anfang an auf allen Seiten seriös und ernsthaft sein mit dem Ziel, jegliche Gewalt im Zusammenhang mit solchen Demonstrationen zu unterbinden und auch den Polizisten die Möglichkeit zu geben, das tun zu können, sodass so etwas nicht geschieht wie hier. Die Taktik sorgte dafür, dass die Polizisten auf der Straße in Schwierigkeiten kamen und die waren es, die es ausbaden mussten. Das will auch keiner. Deswegen bitte kein weiterer spielerischer Umgang mehr mit solchen Dingen, sondern seriöse Planung und Zusammenarbeit im Vorfeld solcher Demonstrationen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt eine Sache, mit der wir uns, glaube ich, auseinandersetzen müssen, die nicht nur damit etwas zu tun hat, dass die Gewalt an einem 1. Mai in Barmbek angefangen wäre. Wir haben eine Situation in diesem Land, die, glaube ich, viel dramatischer ist. Frau von Welck wird gemeinsam mit uns im nächsten Monat einen Künstler in New York feiern, der in Manhattan großartige Wasserkaskaden herunterfallen lassen wird. Es wird eine riesige Feier und Begeisterung um diesen Künstler herum sein. Die ganze Welt wird darauf gucken. Dieser Künstler hat vor zwei Wochen ein Interview in dem Magazin "Der Spiegel" gegeben. In diesem Interview hat er auf die Frage, warum er in Berlin arbeitet, seine Familie aber in Kopenhagen bleiben würde, geantwortet, er habe Angst um seine Kinder. Seine Kinder sind schwarz. Er hat Angst vor der Phobie gegen Schwarze in diesem Land. Soweit ist die Situation. Die Situation ist nicht friedlich. Die Situation ist so,
dass wichtige Künstler nicht mehr wagen, hier mit ihren Kindern zu leben, weil sie schwarz sind. Es ist so, dass "Die Zeit" gerade eine Studie veröffentlich hat, Herr Naumann, in der gesagt worden ist, dass man Führungskräfte nicht mehr nach Ostdeutschland bekommt, wenn sie schwarz sind, weil sie Angst haben, dort zu leben. Es gibt auch im westlichen Bereich Überfälle gegen Schwarze. Das heißt nichts anderes als dass die Nazis in dieser Gesellschaft stärker sind mit ihrer Macht, mit ihrer Ideologie und auch mit ihren Taten, als wir uns das alle klarmachen. Dementsprechend ist die Situation nicht friedlich und freundlich, sondern sie ist in dieser Gesellschaft viel härter als wir uns das alle klarmachen. Deshalb haben solche Demonstrationen, wie die Nazis sie in Barmbek abgehalten haben, wo sie nichts anderes tun als das Recht zu fordern, die Migranten aus dieser Gesellschaft zu vertreiben, antisemitisch aufzutreten und die Juden zu vertreiben – das ist das, was sie dort propagieren –, nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Das ist Faschismus, das ist offener Faschismus auf der Straße.
Ich will keine Tat, die von irgendwelchen Demonstranten begangen wurde, entschuldigen, aber gegenwärtig sind wir froh, dass es so viele Demonstranten in Barmbek gegeben hat, die dort praktisch agieren wollen.
Ich hätte es für eine wichtige Aufgabe gehalten, dass nicht Sie alleine dort gewesen wären, sondern auch der Senat gezeigt hätte, was es für eine wichtige Aufgabe für diese Stadt gibt.
Was nicht geht, ist die Art und Weise der Grünen und der gegenwärtigen Taktik: Weil Sie solange darüber geredet haben, müssen wir jetzt auch darüber sprechen. Die Grünen möchten gegenwärtig etwas diskutieren. Es ist vieles fraglich und ist noch zu besprechen. Das habe ich alles verstanden. Vonseiten der CDU wurden klare Fakten gesetzt. Es wurde klar gesagt: Das Oberverwaltungsgericht hat eine falsche Entscheidung getroffen, wir unterstützen unsere Polizei, wir nehmen die Kritik des Oberverwaltungsgerichts als wichtige demokratische Institution eigentlich nicht ernst, sondern wir sagen, dass die Polizei völlig richtig gehandelt habe.
Das ist anscheinend die Realität dieser gegenwärtigen Koalition. Dort werden die Fakten gesetzt und dort darüber geredet. Das ist nicht zu akzeptieren. Das Oberverwaltungsgericht hat die Polizei
kritisiert und somit ist es eine wichtige Frage von Demokratie. Dementsprechend ist diese Kritik nach meiner Meinung absolut notwendig. Sie hat einen entscheidenden Punkt kritisiert, nämlich dass die Polizei zum wiederholten Male so spät die Auflagen bekannt gegeben habe, dass man praktisch kein juristisches Recht mehr hatte, dagegen vorzugehen und dass das schon eine Art wäre, einen gebotenen Rechtsschutz zu verweigern. Das ist eine sehr harte Kritik. Dementsprechend ist es eine harte Kritik an dem gegenwärtigen Senat, weil er sich nicht davon distanziert hat und das auch nicht kritisch gesehen hat. Ich finde diese harte Kritik an diesem Senat richtig und möchte sie noch einmal ausdrücklich unterstützen. Ich freue mich darüber, dass es eine Gewaltenteilung in dieser Stadt gibt und es nicht ein Polizeisenator ist, der hier redet, wie ich manchmal bei Herrn Ahlhaus den Eindruck hatte. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Punkten Stellung nehmen. Zum einen noch einmal nach der eben laut gewordenen Forderung, man hätte diese Demonstration im Vorfeld verbieten müssen und man müsse auch in Zukunft Aufmärsche von Rechtsextremisten in Hamburg verbieten. Sie haben es damit begründet, dass das Volksverhetzung sei, was dort gesagt wurde. Ich kann das nicht im Einzelnen beurteilen, weil ich die Transparente nicht im Einzelnen vor mir liegen habe. Darüber wird man zu diskutieren haben, ob das der Fall gewesen ist. Aber woher soll eine Versammlungsbehörde im Vorwege wissen, ob auf einer Demonstration volksverhetzende Äußerungen getätigt werden oder nicht.
Wenn Sie sagen, man wüsste aus der Vergangenheit, dass es immer, wenn Nazis aufmarschieren, volksverhetzende Reden und Transparente gebe, dann möchte ich Ihnen aber etwas entgegenhalten und das ist die Unschuldsvermutung, die im übertragenen Sinne auch hier gilt, denn wenn wir dahin kommen, dass bestimmte Gruppierungen überhaupt nicht mehr auftreten und demonstrieren dürfen, weil man sagt, die seien sowieso alles Volksverhetzer, dann ist das genau die schleichende Aushöhlung des Demonstrationsrechtes, das wir in dieser Stadt nicht haben wollen. Wir wollen grundsätzlich, dass erst einmal davon ausgegangen wird, dass der, der eine Demonstration anmeldet, sie anmelden und durchführen darf. Wir dürfen nicht eine staatliche Unterstellung haben, dass dort Straftaten begangen werden, denn dann hät
ten wir ein Demonstrationsverbot nicht nur für diese eine Demonstration, sondern für viele, viele andere Demonstrationen und ich bin mir sicher, dass dann gerade auf der Seite der LINKEN der Schrei laut würde, wenn Demonstrationen verboten werden, die Ihnen ideologisch in den Kram passen und das ist genau das, was wir nicht dürfen. Wir dürfen nicht danach unterscheiden, ob uns das ideologisch passt, ob wir eine Demonstration zulassen oder nicht. Herr Hackbusch, das ist der Punkt.
Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte. Sie haben gesagt, es würden hier jetzt Fakten gesetzt und die CDU habe sich da ganz anders verhalten als wir. Ich darf Sie vielleicht einmal auf eine Tatsache hinweisen: Dieser Senat ist seit vielleicht einer Stunde im Amt. Das ist der erste Fakt, der gesetzt wurde und ich finde, das ist ein ziemlich guter Fakt.