am 25. November das Rathaus mit einer TERREDES-FEMMES-Flagge zu schmücken, ist eine sehr gute Idee. Ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen, halte ich für einen sehr guten symbolischen Akt und ist auch leicht umzusetzen. Angesichts der vielen Touristen und Touristinnen, die jeden Tag zum Rathaus kommen, wäre die Beflaggung des Rathauses am 25. November auch eine gute Werbung für Hamburg als weltoffene und internationale Stadt. Die LINKE unterstützt daher diese Idee.
Noch einmal zur Ausstellung: Wir finden schon, dass sie unvollständig ist und deswegen auch zumindest ergänzt werden müsste. Wir wollen der Arbeitsstelle Vielfalt nichts an den Hals hetzen, Frau Güclü; vielmehr denke ich, dass sie genau dafür da ist, auf bestimmte Diskriminierungsmerkmale aufmerksam zu machen und dem etwas entgegenzusetzen.
Die Ausstellung verklärt den Blick nach innen. Ich finde sie schon einseitig. Sie zeigt nur auf Gewalt gegen Frauen, wie sie in anderen Ländern stattfindet. Und sie könnte deswegen auch ein islamfeindliches Weltbild unterstützen und fördern. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass zunächst, mindestens aber zeitgleich, vor der eigenen Tür gekehrt werden muss. Ich glaube auch nicht, dass eine Ergänzung, und nur darum geht es, eine Zerstörung der Ausstellung bedeuten würde.
In feministischen Kreisen gibt es Kritik an der Unwissenschaftlichkeit der Ausstellung, denn Kritik an Gewalt fassen zumindest wir LINKE weiter. Gewalt ist eine strukturelle Erscheinung, die in verschiedenen Formen gegen Frauen gerichtet ist. Worin besteht denn der Unterschied, wenn ein weißer deutscher Christ seine Frau ermordet oder ein Muslim? Bei dem einen heißt das dann Familiendrama, bei dem anderen Ehrenmord. Wer will, macht aus Gewalt in Familien mit Migrationshintergrund schnell einen Integrationsunwillen. Ich erinnere daran, dass es Henning Voscherau war, der nach dem Mord an Morsal forderte, ihrem Bruder nachträglich die deutsche Staatsangehörigkeit abzuerkennen. Und dann schließt sich der Kreis. Der in der Migration verstärkte soziale Druck, Regeln und Normen des Herkunftslandes zu respektieren, um die eigene kulturelle Identität nicht zu verlieren, verstärkt sich noch und eine frauenfeindliche Auslegung des Islam wird als unumstößliche Tatsache angesehen.
Richtig ist, dass Frauen, die keinen deutschen Hintergrund haben, spezielle Hilfsangebote benötigen, geschulte muttersprachliche Fachkräfte, Broschüren und Websites in verschiedenen Sprachen und eine Vorortbetreuung. Wir schlagen daher vor, zusätzlich zu der Ausstellung die Möglichkeit zu geben, eine kritische Bilanz der Zuwandererpolitik darzustellen, warum sich junge Deutschtürkinnen
verschleiern, während Gleichaltrige in der Türkei das nicht mehr tun, warum junge männliche Deutschtürken von Ehre reden, während sie den Schulabschluss nicht geschafft haben. Hier könnte die Arbeitsstelle Vielfalt wirklich sehr sinnvoll tätig werden und deshalb haben wir den Zusatzantrag eingebracht. Sollte dieser abgelehnt werden, könnten wir dem Antrag der SPD nur unter großen Bauchschmerzen zustimmen.
Wir werden die Flagge natürlich auch selber hissen, auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie wir sie im Haus am Domplatz anbringen können; das bekommen wir aber noch irgendwie hin.
Den Antrag der GAL lehnen wir ab. Ich hätte mir euren Protest gut vorstellen können, wenn die CDU bei den Koalitionsverhandlungen letztes Jahr vorgeschlagen hätte, die Regenbogenflagge statt vor dem Rathaus vor dem Magnus-Hirschfeld-Centrum oder vor "Intervention" zu platzieren. Oder hat sie das vielleicht zuerst getan?
In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung. Es ist eine undemokratische Form – und es ist schade, dass die GAL sich das von der CDU abgeguckt hat –, Presseerklärungen herauszugeben, die Beschlüsse voraussetzen, die hier noch gar nicht gefasst wurden. Heute hat Nebahat Güclü noch vor 12:00 Uhr die Presseerklärung herausgegeben, dass Hamburg Flagge zeigt und vor der Justizbehörde die Fahne gehisst wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß, alle wollen nach Hause, aber gestatten Sie mir trotzdem zwei Punkte.
Erstens ist es, Frau Artus, ein schlechter Vergleich, ob eine Flagge vor irgendeinem Projekt gehisst wird, das öffentlich gefördert wird, oder vor einer Behörde, die ganz klar und explizit diesen Auftrag hat. Das zu vergleichen bedeutet, Bananen mit Weintrauben zu vergleichen.
Zweitens zu Ihrem Vorwurf, den Sie mir in Bezug auf die Pressemitteilung machen: Es steht jeder Behörde frei zu entscheiden, ob sie beflaggen will oder nicht. Das gilt auch, wenn die Arbeitsstelle
Vielfalt beziehungsweise die Justizbehörde das für sich entschieden haben. Wenn Sie den Antrag genauer lesen, erkennen Sie, dass er auch dahingehend formuliert ist. Insofern ist das kein Widerspruch zu dem, was da steht.
Aber ich möchte auf einen Punkt noch einmal eingehen, weil ich finde, dass Sie sich in der Argumentation widersprochen haben. Einerseits finde ich Ihre Kritik oder Ihre Sensibilisierung sehr sympathisch zu sagen, wenn es um Fragen der Gewalt an Frauen und Mädchen geht, werden sehr schnell Migrantenmilieus an den Pranger gestellt. Grundsätzlich teile ich diese Kritik. In Bezug auf diese Ausstellung, das habe ich ausdrücklich gesagt, teile ich sie nicht, weil ich die Ausstellung kenne und mir auch die Broschüre noch einmal daraufhin angesehen habe. Was ich allerdings dann nicht verstehe, ist, warum Sie unter Berufung auf diese Ausstellung eine Debatte führen wollen, in der die Gewaltthematik im Zusammenhang mit Migration und Einwanderung diskutiert wird. Damit widersprechen Sie sich selbst. Das muss man ordentlich voneinander trennen.
Ich frage mich auch, ob es rechtlich möglich ist, ein Kunstwerk, wie es auch eine Ausstellung ist, konzeptionell zu verändern; das wage ich zu bezweifeln. Ich bin gerne dazu bereit – und da muss man sozusagen auch die Moschee im Dorfe lassen –, darüber zu diskutieren, wo Gefahren, Gewaltphänomene und unterschiedlichste Gewalterscheinungen, ob es sich um strukturelle Gewalt handelt oder nicht, verstärkt auftreten. Wir wissen, dass wir sie im Moment sehr stark im Zusammenhang mit jungen Männern aus Migrantenfamilien beobachten können. Das muss man auch deutlich benennen. Aber ich warne davor, die Gewaltdebatte darauf zu reduzieren, denn wenn man heute mit Mitarbeiterinnen in den Hamburger Frauenhäusern spricht, dann werden die bestätigen, dass die Frauenhäuser vielleicht zu 50 Prozent mit Frauen mit Migrationshintergrund gefüllt sind. Das bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass die anderen 50 Prozent keinen Migrationshintergrund haben. Insofern warne ich davor zu pauschalisieren, aber ich warne auch davor, da wegzusehen, wo Gewalt häufiger auftritt. Damit tun wir auch den Betroffenen nichts Gutes. In dem Sinne haben wir noch ein gutes Stück Weg vor uns, den wir aber gemeinsam gehen können. – Danke.
Ich möchte Frau Güclü entgegnen, dass ich es in dieser Legislaturperiode ganz so immer zusammen und gemeinsam nicht erlebt habe. Sie haben zum Beispiel vergessen, dass unsere erste Große Anfrage zum Thema "Gewalt an Frauen" von der Regierungskoalition keineswegs einvernehmlich begrüßt und an den Ausschuss überwiesen wurde. Eine Überweisung und weitere Behandlung dieses Themas wurde von diesen beiden Fraktionen glattweg abgelehnt.
Zum anderen noch einmal zum Verfahren im Zusammenhang mit diesem Antrag, den wir heute debattiert haben. Es ist schlechter Stil, meine Damen und Herren. Wir bringen einen Antrag ein, der zumindest in Teilen gefällt, und wir werden dann aufgefordert, unseren Antrag doch vielleicht netterweise zurückzuziehen.
Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Warum sollten wir das tun, warum sollten wir unseren Antrag zurückziehen? Sie sagen noch nicht einmal, dass Sie gemeinsam mit allen interfraktionell etwas durchbringen wollen, sondern schlagen vor, dass wir einem nachträglich eingereichten, dann auch noch viel schlechteren Antrag, mit dem Sie quasi auf das Thema aufgesprungen sind, zustimmen sollen. Das ist doch absoluter Unsinn.
Dass Sie daraus noch verfrüht im Vorfeld eine Pressemitteilung machen, in der Sie gerade noch erwähnen, dass wir die Debatte angemeldet haben, aber natürlich mit keinem Wort darauf eingehen, dass das unser Antrag war, ist das i-Tüpfelchen obendrauf.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, es ging einfach darum, etwas umzusetzen und wir konnten ein bisschen schneller sein als Sie mit Ihrem Antrag; das war die Idee dahinter. Wir haben es begrüßt, dass Sie die Initiative ergriffen haben. Es gab die Gelegenheit, vielleicht durch den etwas direkteren Draht zum Justizsenator, ihn zu befragen und hier sagen zu können, er wird es machen. Und bei der Ausstellung in der Rathaus-Diele sind wir in der gleichen Weise verfahren. Dann ist es einfach ein parlamentarisches Verfahren, zu sagen, Sie könnten, wenn Sie wollten, Ihren Antrag zurückziehen. Sie müssen das nicht tun, wir stimmen gerne ab.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/4278 Neufassung, 19/4490 und 19/4504 an den Sozialausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen?-– Damit ist das mehrheitlich abgelehnt.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/4490. Wer möchte diesem folgen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte dem Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/4278 in der Neufassung zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte nun den Antrag der GAL-Fraktion aus der Drucksache 19/4504 annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4, Drucksachen 19/4204 und 19/4205, Berichte des Eingabenausschusses.
Ich beginne mit dem Bericht 19/4204, hier zunächst die Ziffer 1. Wer möchte der Empfehlung folgen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 533/09 abgegeben hat? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Empfehlung mehrheitlich angenommen.
Wer schließt sich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben an? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind die Empfehlungen zu den übrigen Eingaben einstimmig angenommen.