Protocol of the Session on September 16, 2009

Ein Bemühen besteht darin, die Städtepartnerschaften, die wir in Hamburg pflegen, präsent zu halten, aber auch mit Leben zu füllen, und die Diskussion, die wir im Ausschuss hatten und auch der Bericht, der Ihnen heute zur Zustimmung vorliegt, sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie wir eine Städtepartnerschaft, die ihre Höhen und Tiefen hatte, im letzten Jahr wieder mit Leben bewegt haben. Wir als CDU-Fraktion sind der Meinung, dass wir auf diesem Weg vorangehen sollten.

(Beifall bei der CDU und bei Martina Greger- sen und Andreas Waldowsky, beide GAL)

Aber – und das bleibt nicht aus, wenn eine Städtepartnerschaft auf der Tagesordnung der Bürgerschaft steht – es geht auch um die grundsätzliche Frage, wie wir eigentlich mit Städtepartnerschaften umgehen, was eigentlich unsere Konzepte für Städtepartnerschaften sind. Ist es einfach ein Reagieren auf: Da ist meine Stadt, die möchte einmal eine Partnerschaft und es passt gerade, oder haben wir ein Konzept, das wir verfolgen, wenn wir Städtepartnerschaften eingehen. Dies wird umso wichtiger vor dem Hintergrund der Städtepartnerschaft, die mit Daressalam in Vorbereitung ist, bei der wir uns sehr genau überlegen müssen, wie wir eigentlich mit unseren Städtepartnerschaften umgehen und was wir von unseren Städtepartnerschaften wollen. Nur so ist ein faires und gutes gemeinsames Arbeiten möglich und das ist das Bestreben von CDU und GAL an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir sind der Meinung – ich kann nur die Legislaturperioden überblicken, in denen ich Mitglied dieses Hauses bin –, dass Städtepartnerschaften mehr als ein Symbol sein sollten und dass wir diese inhaltlich mit Leben füllen sollten.

Wer sich ein wenig für die Arbeit des Europaausschusses und der Europapolitiker in seiner Fraktion interessiert, dem ist aufgefallen, dass CDU und GAL dieses Anliegen sehr konsequent vorantreiben. Wir diskutieren über die Anbahnung der Städtepartnerschaft mit Daressalam. Sehr empfohlen sei hier auch der Bericht der Delegationsreise von Christa Goetsch nach Daressalam.

Wir haben den Menschenrechtsdialog mit St. Petersburg wieder auf die Tagesordnung genommen,

wir diskutieren über mehrere Sitzungen jetzt schon das ganze Thema der Wahlfälschungen in León und wir versuchen, unsere anderen Städtepartnerschaften konkret mit Themen zu besetzen und voranzubringen. So stellt sich die CDU eine aktive Pflege und einen aktiven Umgang mit unseren Städtepartnerschaften vor und dazu wollen wir heute einen Beitrag leisten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Schön wäre es, wenn sich die Opposition daran beteiligen würde. Ich habe in Vorbereitung der heutigen Debatte einmal nachgesehen, was es für Anträge in dieser Legislaturperiode gab – weiter wollte ich gar nicht zurückschauen – zum Thema Europapolitik und Städtepartnerschaften insbesondere.

Ich war überrascht. Als ob Herr Frank es erahnt hätte, kommt die SPD heute mit einem kleinen Antrag zu León und was man dort einmal dringend machen müsste. Andere Anträge gibt es schlichtweg nicht, es gibt keine Oppositionsanträge zur Europapolitik, mit Ausnahme eines kleinen Maulantrags – entschuldigen Sie die Wortwahl – von Herrn Frank zum Thema Ostsee-Parlamentarierkonferenz und Nordseekooperation. Ansonsten haben Sie in dieser Legislaturperiode bisher keinerlei Initiative gezeigt, sondern nur Fragen gestellt. Auch so kann man Europapolitik machen.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL – Christiane Schneider DIE LINKE: Sie haben noch nicht mal Fragen gestellt!)

Dabei bieten sich unsere Städtepartnerschaften dazu an und auch die Diskussion im Ausschuss hätte sich angeboten, hier eigene Initiativen einzubringen. So schön Zwischenrufe auch sind, Frau Schneider, auch Ihre Fraktion hat das Thema in der entsprechenden Ausschusssitzung leider nicht bewegt, wobei doch bei Ihnen der europäische Gedanke, wenn auch etwas anders, als wir ihn verstehen, höher hängen sollte, als Sie es bei den etablierten Parteien sehen.

Wir haben im letzten Jahr 50 Jahre Städtepartnerschaft mit Marseille gefeiert, Max Brauer hat sie auf den Weg gebracht. Wir hatten viel Jugendaustausch bei dieser Partnerschaft, aber wir hatten auch ein wenig den Schwung verloren. Das hat die Delegationsreise zum 50-jährigen Bestehen im letzten Jahr geändert. Die Bürgerschaft war mit einer Delegation vor Ort, der Erste Bürgermeister war dort und wir hatten einen Gegenbesuch. Ich glaube, uns ist es gelungen, hier einen neuen Meilenstein zu setzen. Themen aus CDU-Sicht sind hier sicherlich der Hafen, die Euroméditerranée, die Hafencity in Marseille, die Integration, der Senat würde vermutlich ergänzen: Stadtentwicklung, Bildung und Kultur. Das sind Themen, die wir in dieser Städtepartnerschaft bewegen wollen und

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

die wir auch mit diesem Antrag voranbringen wollen.

Der Ausschuss hat gezeigt, dass unsere konkreten Planungen und Maßnahmen noch nicht ganz verständlich waren; deshalb werde ich die drei Maßnahmen hier noch einmal verdeutlichen.

Wir wollen eine Konferenz zur Integrationspolitik. Marseille hat hier einiges vorzuweisen mit 180 000 muslimischen Einwohnern, 80 000 jüdischen Einwohnern und, im Gegensatz zu anderen französischen Großstädten, gibt es hier keine Krawallsituationen mit Jugendlichen in den Vorstädten, wie wir sie beispielsweise aus Paris kennen. Da muss doch etwas sein, wovon man lernen kann. Genau dieses Lernen wollen wir mit diesem Antrag voranbringen. Wir wollen, dass sich die Verwaltung, die Vereine deutlich stärker austauschen, möglichst im Rahmen einer Integrationskonferenz, bei der noch einmal gesehen wird, was man jeweils vom anderen lernen kann.

METREX hat im Juni dieses Jahres stattgefunden. Das war eine Metropolkonferenz, bei der viele Städte zusammengekommen sind, hier ging es vorzugsweise um junge Menschen. Hier gab es sicherlich Impulse, aber wir glauben, dass wir dieses mit einer eigenen Integrationskonferenz vertiefen sollten und das ist für uns der erste Baustein der CDU-Fraktion, den wir heute weiter voranbringen wollen.

Ein weiterer Bereich ist sicherlich der Fachdialog Kreuzfahrt und Tourismus; hier gibt es sehr viele Anknüpfungspunkte. Wir sehen da die Themen Städtevermarktung, steigende Touristenzahlen im Kreuzfahrtterminal – so ist es auch in Marseille geplant –, insbesondere bei der Frage, wie man dieses ins Stadtbild integrieren kann.

Es gibt auch das wichtige Thema der Landstromversorgung, das uns schon hier in der Bürgerschaft und in anderen Ausschüssen beschäftigt hat.

Das sind viele Anknüpfungspunkte, die in einem solchen Fachdialog aus unserer Sicht stattfinden sollen. Akteure sind hier neben Port Authority die Kammern, sicherlich auch die Deutsch-Französische Gesellschaft CLUNY, die eine hohe Expertise beim Thema Fachtagungen rund um das Thema Marseille hat. Auch das wollen wir voranbringen, auch das haben wir im Ausschuss vorgestellt.

Auch ein Thema ist die École de la Deuxiéme Chance, im Ausschuss kritisiert gerade von Herrn Frank von der SPD. Es wurde gefragt, warum die CDU neben diesen ganzen anderen Sachen und den Initiativen nun auch noch ein bisschen Schulpolitik machen wolle. So war, kurz zusammengefasst, die Argumentation im Ausschuss. Es war ein sehr bemerkenswerter Auftritt, da der Antragsinhalt nicht richtig gelesen worden war, sondern man erst einmal nur aus der Rolle der Opposition heraus kritisiert hat. Die École de la Deuxième Chance ist si

cherlich kein Thema, bei dem wir jetzt einen neuen schulpolitischen Akzent setzen wollen, sondern auch hier gilt: Wir wollen lernen, ob es andere Projekte gibt, bei denen jungen Menschen ohne Bildungsabschluss konkret geholfen wird und die gibt es in diesem Modell. Vor Ort haben sich das die Vertreter der Stadt angesehen, die anwesenden Abgeordneten haben sich dort umgesehen. Die Projekte gibt es in 30 Städten Europas, weil es ein EU-Projekt ist. In Marseille konnten seit 1997 2500 Jugendliche dieses Programm durchlaufen und es gibt eine Erfolgsquote von 60 Prozent. Warum wir uns das nicht ansehen sollen, liebe SPD, das müssen Sie mir heute noch einmal erklären.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Es gab einen eher untauglichen Erklärungsansatz zu diesem Thema, nämlich dass es doch schon so viele Programme gäbe. Da fielen dann Begriffe wie START, es gäbe noch EQJ und auch QuAS, und man hatte das Gefühl, man hätte die Schulpolitik und die Europapolitik dieser Stadt gar nicht im Blick. Ich habe mir die Mühe gemacht, jeden dieser drei Begriffe nachzuschlagen und welche Überraschung. Keiner dieser drei Begriffe hat auch nur irgendetwas mit dem zu tun, was wir als CDU in diesem Antrag fordern und voranbringen wollen. Da hätte es etwas mehr an Vorbereitung auch bei der SPD-Fraktion für diesen Ausschuss bedurft. So kann man ein praktisches Vorankommen der Städtepartnerschaften Hamburgs aus meiner Sicht nicht fördern.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Wenn wir uns das START-Programm ansehen, dann geht es hier um sozial engagierte und begabte Schüler, die dort gefördert werden. Hier gibt es erste Anknüpfungspunkte auch mit Marseille, da sind wir im Dialog.

Wir haben dann das Bundesprogramm EQJ, das ist aber der Bereich Wirtschaft und es geht eher um Einstiegsqualifizierung, es ist keine Maßnahme, die Hamburg betreibt, sondern der Bund.

Dann gibt es noch QuAS für Qualifizierung und Arbeit. Hier ist aber die Mindestvoraussetzung, dass man neun Jahre eine Schule besucht hat, bevor man überhaupt in diesem Programm aufgenommen werden kann. Bei allem Verständnis, aber gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund haben diese neun Jahre lange nicht, wenn sie die Schule verlassen. Hier wollen wir helfen, das hat die SPD-Fraktion im Ausschuss mit einer Enthaltung zumindest nicht unterstützt; das finde ich bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Andreas Waldowsky, beide GAL)

Der Bildungsweg-in-Hamburg-Führer verrät auch, was man tun kann, wenn man keinen Abschluss hat, da sind nämlich die Abendhauptschule und die externen Prüfungen aufgeführt. Wir hoffen, dass wir mit der Schulreform auf lange Sicht hier Abhilfe schaffen. Solange die Schulreform noch nicht komplett umgesetzt ist – sie ist gerade erst in der Einführung –, werden wir sicherlich die Jahrgänge, die wir damit nicht erreichen, vielleicht noch mit einer guten Idee aus Marseille auffangen können. Ich denke, das sollten wir versuchen und ich kann die SPD nur auffordern, heute nicht so abzustimmen wie im Ausschuss, sondern diese Idee mitzutragen und vielleicht einfach einmal zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Grundsätzlich möchte ich nicht falsch verstanden werden. Ich finde es nicht schlimm, wenn es keine eigenen SPD- oder LINKE-Ideen zur Europapolitik gibt. Diese geht trotzdem weiter, egal, ob Sie eigene Anträge schreiben oder nicht. Nur eines würde ich mir auch für die CDU-Fraktion wünschen und das wäre ein etwas bescheidenerer Auftritt in den Ausschüssen und hier im Plenum, denn wenn man nichts zu sagen hat, dann sollte man doch lieber still sein.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL – Michael Neumann SPD: Das ist das richtige Stichwort, Herr Heintze!)

Etwas sagen, das war scheinbar das Keyword für den Fraktionsvorsitzenden der SPD, ich habe Sie heute lange nicht gehört.

(Michael Neumann SPD: Ja, ich bin aufge- wacht, Sie waren so laut!)

Vielleicht sagen Sie einmal etwas zu Europa, darüber würden wir uns freuen. Kommen Sie hier nach vorne.

Die CDU wird Hamburgs Städtepartnerschaften weiter mit Leben füllen. Prag ist sicherlich eine Stadt, die nach Marseille hier auf der Tagesordnung steht. Marseille ist aber unserer Ansicht nach ein gutes Beispiel des Voneinander-Lernens, das ist auch in gemeinsamen Projekten umsetzbar. Wir werden diesen Weg zusammen mit der GAL weitergehen und würden uns über Ihre Zustimmung freuen.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Das Wort bekommt Frau Dobusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten uns wirklich gefragt, wie es denn kommt, dass die CDU ausgerechnet den Bericht des Europaauschusses hier so prominent zur Debatte anmeldet. Ich glaube, Herr Heint

ze hat das jetzt beantwortet. Das war wirklich ein schöner Auftritt, den gönne ich Ihnen durchaus.

Wer zum wiederholten Male in diesem Europaausschuss unter Leitung der CDU war, der konnte feststellen, dass das eine Veranstaltung ist, die an Spannung schwer zu wünschen übrig lässt. Jede Veranstaltung des Info-Points Europa, zum Beispiel zum Baltic Sea Forum, war um einiges spannender und auch die Diskussionen, die dort geführt wurden, waren viel anspruchsvoller als die, die ich je in dem von Ihnen geführten Ausschuss erleben durfte.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde auch gern noch einmal an die denkwürdige Sitzung des Ausschusses erinnern, bei der die SPD ihre Große Anfrage noch einmal diskutieren wollte, was auch auf der Tagesordnung stand. Wir stellten viele Fragen und der Senat antwortete geradezu stereotyp, damit hätte er sich leider noch nicht befasst.

(Rolf Harlinghausen CDU: Wenn Sie fragen, wie viele Zacken eine Briefmarke hat, dann ist das doch unerheblich!)

Das war eine denkwürdige Sitzung, die man jederzeit einfach auf YouTube einstellen könnte, sie würde damit großen Erfolg haben.

Jetzt zum eigentlichen Thema Marseille, ein Thema, das mir persönlich sehr liegt. Ich fühle mich nämlich seit langem als Hamburgerin, obwohl ich weiß, dass man das nie wird nach den Regeln dieser Stadt. Ich bin aber noch in einem Bundesland geboren, das zu Zeiten des Vertragsabschlusses zur Städtepartnerschaft Marseille/Hamburg noch nicht richtig zur Bundesrepublik Deutschland gehörte. Ich stamme nämlich aus dem Saarland, das war damals noch ein wenig französisch.

Was Max Brauer und Gaston Defferre 1958 gewagt haben, die Gründung dieser Partnerschaft zwischen Marseille und Hamburg, war damals geradezu visionär. Sie wagten diesen Schritt fünf Jahre vor dem Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag und fünf Jahre vor dem Vertrag zum Deutsch-Französischen Jugendwerk. Beiden habe ich einige unvergessliche Erfahrungen zu verdanken, unter anderem eine Jugendreise nach Marseille. Heute ist nicht mehr zu ermessen, wie eng beziehungsweise engstirnig die Welt damals war und welche Sehnsüchte allein schon ein Wort wie Marseille unter jungen Leuten auslösen konnte. Für die Generation meiner Eltern, daran würde ich gern erinnern, fing nämlich fünf Minuten vor unserer Haustür, hinter der Grenze, damals ganz dezidiert das Ausland an – ich wage nicht zu sagen, das feindliche Ausland, aber es war doch Ausland. Hier ging man nicht einfach über die Grenze, die verlief noch mitten durch die Häuser und Lothringen war zu dieser Zeit noch mächtig damit be

(Roland Heintze)