Dafür haben wir im Grundsatz zwar Verständnis, aber wir sollen in sechs oder sieben Wochen über diese Schulreform entscheiden und da kann es nicht schaden, diese Details doch einmal etwas ausführlicher zu erörtern.
Wir sind überzeugt, dass die konkrete Planung über Erfolg und Misserfolg der Reform entscheidet. Hier darf sich verantwortungsvolle Politik nicht wegmogeln. Wenn wir unsere parlamentarische Verantwortung ernst nehmen, dann haben wir die Pflicht, den Umbau von 400 Schulen in den parlamentarischen Gremien sorgfältig zu beraten. Wir wollen damit anfangen und das ist der Kern unseres Antrages.
Bisher haben wir zwar abstrakt über das Schulgesetz diskutiert, aber nicht darüber, wie das eigentlich konkret gehen soll. Ich will es uns ersparen, die Kontroverse erneut auszutragen, und nur sechs Fragen stellen, die nach meiner Auffassung wichtig und dringend zu beantworten sind.
Erstens: Wie kann eigentlich eine Primarschule entstehen, die aus zwei bislang selbstständigen Grundschulen, die zum Teil kilometerweit auseinander liegen, gebildet wird? Allein bei mir vor der Haustür besteht die Planung, ich nenne ein Beispiel, die Grundschule Zollenspieker oder die Grundschulen Fünfhausen und Ochsenwerder zusammenzufügen, das sind 6,5 Kilometer Luftlinie und es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel. Wie macht man das? Wie geht die Gleichung eins plus eins gleich eins? Da sind viele Fragen zu klären. Ich will nicht sagen, dass das völlig unmöglich ist, aber es ist schwierig. Und die einzige Antwort, die wir bisher gehört haben, war: Das wird schon irgendwie klappen. Wir wollen, dass das im Detail
Zweitens: Wie macht man aus 36 Gesamtschulen, acht Aufbaugymnasien und 50 Haupt- und Realschulen 52 Stadtteilschulen? Man bringt sie zudem mit einer schweren Bürde auf den Weg, denn die Klassen 1 bis 6, die eigentlich zu den Stadtteilschulen dazuzählen sollten, gehören nicht mehr dazu; kein Wunder, dass die derart amputierten Starterschulen jetzt alle nach einer eigenen Oberstufe rufen, um auszugleichen, dass sie ein Standbein weniger haben. Die Schulbehörde hat hier sehr großzügig gesagt, das bekommt Ihr alles. Wenn man in den Plan sieht, muss man allerdings manchmal die Stirn runzeln. Oberstufen mit zum Teil nur einem Klassenverband mit 25 bis 35 Schülern sind ein wagemutiges Stück, das vielleicht nicht unmöglich, in Hamburg aber vollkommen neu ist und sorgfältig geplant werden muss. Das muss nach unserer Auffassung dringend diskutiert werden.
Drittens: Ich fürchte, dass ich da vielleicht nicht von allen Seiten Beifall bekomme, aber eines steht fest: Wenn das Elternwahlrecht fällt, dann werden 20 Prozent weniger Schüler die Gymnasien besuchen. Schulpolitiker sind an der Stelle lustigerweise sehr robust. Die Gymnasialfans würden immer sagen, das ist aber ganz schlimm. Und die anderen sagen, das macht doch gar nichts. Ich stelle aber einmal die Frage aus der Sicht des HamburgPolitikers. Was tun wir eigentlich, wenn es in Stadtteilen wie Allermöhe, Altona-Altstadt, Hamm, Wilhelmsburg oder Billstedt in Zukunft kein Gymnasium mehr gibt? Ich erinnere mich gut an alle Versuche, durch Armutsbekämpfungs- und ähnliche Programme die Struktur in den Stadtteilen voranzubringen. Wie finden wir das und wie werden es die Menschen finden, die umziehen und sich eine Wohnung suchen, wenn sich eine solche Entwicklung in Hamburg einstellt? Diese Fragen gehören ebenfalls dringend auf die Tagesordnung.
Viertens: Was bedeutet es eigentlich, dass plötzlich immer mehr Primarschulen mit Gymnasien kooperieren? Es bestand hier weitgehender Konsens, dass wir das vermeiden wollten, und das hat einen guten Grund. Wenn wir uns diese Schulentwicklungsplanung im Detail vornehmen, dann sehen wir mit Erschrecken, dass dies gar nicht so ist. Schon in der Weimarer Republik wurde das Langformgymnasium aufgegeben und das war richtig, weil es Chancengleichheit sichert, wenn die Schülerinnen und Schüler in der Grundstufe gemeinsam zur Schule gehen. Jetzt erleben wir das Gegenteil. Ich nenne ein Beispiel. Regionale Schulentwicklungskonferenz 17, Poppenbüttel: Acht Primar
schulen geplant, drei von diesen acht Primarschulen wollen ihre Schüler am benachbarten Gymnasium unterrichten, räumlich und inhaltlich aufs Engste kooperierend. Das ist eine schwierige Entwicklung, die dazu führen kann, dass die Eltern schon zu den Fünfjährigen sagen, du kommst zum Gymnasium, du gehst genau auf diese Primarschule, die später in dieses Gymnasium führt. Das halten wir für problematisch und das muss ebenfalls diskutiert werden.
Die Fragen 5 und 6 kann man zusammenfügen. Ich greife einfach auf, was mir mein haushaltspolitischer Sprecher immer hinterher ruft. Der fragt mich schlicht, er ist so nüchtern: Was kostet das? Und dann fragen wir mit Kleinen Anfragen nach und von der Schulbehörde kommen großartige Sätze. Den letzten kann ich Ihnen trotz meiner friedensstiftenden Rede nicht ersparen. Da heißt es doch tatsächlich: Die durch die Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes bedingten Ressourcenbedarfe können vor Abschluss der aufwendigen Abstimmung nicht hinreichend belastbar geschätzt werden.
Wir sind also noch nicht einmal so weit, dass wir eine Schätzung machen können, aber wir sollen vorher entscheiden. Und hinterher wird uns gesagt, ob das 200, 400, 600 oder 800 Millionen Euro kosten wird. Ein bisschen genauer sollte es wirklich sein.
Sie sehen an diesen Beispielen, dass in Wahrheit die konkrete Planung über den Erfolg der Reform, über die Chancengleichheit der Schulen und die Zukunft der Stadtteile entscheiden wird. Und diese konkrete Planung ist unsere Pflicht und muss in den parlamentarischen Gremien laufen. Wir sind sehr sicher, dass Sie eigentlich genauso denken, und zwar aus zwei Gründen, weil die Reform erstens schlicht besser wird, wenn sie sorgfältig diskutiert und durchleuchtet wird, und weil Sie es zweitens – das muss ich insbesondere in Richtung CDU und GAL sagen –, Ihrer eigenen Redlichkeit schuldig sind, unserem Antrag die Zustimmung nicht zu verweigern. Vor vier Jahren hat die CDU unter Alexandra Dinges-Dierig ebenfalls eine Schulentwicklungsplanung vorgelegt, die nicht einmal ein Zehntel so umfangreich war wie das, was jetzt ansteht. Damals haben hier alle Fraktionen energisch gesagt, das muss bis ins Letzte in den parlamentarischen Gremien geprüft werden und es war vor allem Christa Goetsch, die energisch dafür gefochten hat. Am Ende waren vier Ausschusssitzungen nur für die Standortplanung reserviert. Die CDU-Fraktion hat damals sogar eine öffentliche Anhörung beantragt. Im Moment hören wir, dass wir nur einmal grob Ja und Nein sagen sollen und damit sei die Beratung beendet. Das kann es nicht
sein. Deswegen fordern wir Beteiligung und wir sind sicher, dass Sie, auch Ihrer eigenen Redlichkeit geschuldet, unserem Antrag stattgeben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die CDU-Fraktion begrüßt auf jeden Fall die Tatsache, dass sich die SPD in ihrem Debattenbeitrag mit Sachfragen und Sachauskünften beschäftigt anstatt den ideologischen Hammer zu schwingen. Das ist ein Vorteil gegenüber dem, was wir in anderen Debatten zur Schule gehört haben. Die aus den inhaltlichen und organisatorischen Neugestaltungen in der Schulpolitik abgeleiteten Forderungen sind legitim und deshalb werden wir sie auch in den Ausschüssen behandeln. Wenn eine so umfassende und grundlegende Veränderung des Hamburger Schulsystems angegangen wird, dann ist es unser Selbstverständnis, dass die zuständigen Behörden die Planung auch in den entsprechenden Ausschüssen dieser Bürgerschaft den demokratisch gewählten Abgeordneten vorlegen und mit ihnen diskutieren. Das stand nie in Zweifel und ich bin froh, dass wir das jetzt auch wieder so machen.
Die Antragsteller weisen zu Recht darauf hin, das haben Sie eben noch einmal betont, dass dieses auch während der Zeit der absoluten Mehrheit der CDU der Fall war. Dies ist gelebte Praxis, dies ist und bleibt gut. Alle Parteien haben sich in den vergangenen Jahren mehr Transparenz auf die Fahnen geschrieben und jetzt sollte auch entsprechend gehandelt werden. Ich frage mich insofern, wieso Sie auf den Gedanken gekommen sind, dass irgendetwas verschwiegen oder gar am Parlament vorbei beraten werden sollte.
Die geplanten Standorte für Primar- und Stadtteilschulen spielen für das neue System eine entscheidende Rolle. Neben der Frage nach dem Standort haben auch die Ausstattung und die allgemeine Raumsituation bedeutende Auswirkungen auf die Akzeptanz des neuen Schulsystems. Die Eltern wollen wissen, wo ihre Kinder unterrichtet werden und wie die sächliche Ausstattung ist. Das ist Politik für die Menschen und Schüler in unserer Stadt. Wir weichen diesen Antworten nicht aus.
Es zeugt daher von großer Weitsicht, wenn sich die Bürgerschaft und der Ausschuss mit diesem Thema weiter beschäftigen. In Zeiten belasteter Haushalte werden wir für die Umsetzung des neuen Konzepts mit spitzem Bleistift rechnen und genau haushalten müssen. Ressourcen dürfen bei diesem wichtigen Projekt nicht vergeudet werden, dennoch müssen zum Nutzen von Schülern und
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wenn die Bürgerschaft weitergehende Berichte und Informationen einfordert, und hier geht es ganz klar um Unterstützung und um parlamentarische Kontrolle, dann sollten sich alle Parteien über das Angebot an Sachverstand im Ausschuss freuen. Wir arbeiten seit langem in diesen Ausschüssen zu komplexen Themen zusammen. Die Ausschüsse sind der richtige Ort für die Sachdiskussion. Anschließend kann der Bürgerschaft ein kondensiertes Ergebnis präsentiert werden.
Was die eingeforderte Kostenplanung betrifft, darf ich die Damen und Herren darauf hinweisen, dass es natürlich einen zeitlichen Verlauf gibt. Wir werden von Jahr zu Jahr immer mehr Klassen in die Reform einbinden und damit wird von Jahr zu Jahr auch eine größere finanzielle Transparenz entstehen. Schon der CDU-Senat in der 18. Legislaturperiode hat sich in den kostenintensiven Fällen um eine transparente Darstellung bemüht. Auch die notwendigen Baumaßnahmen für die geänderte Standortplanung werden präzise vorgelegt und kalkuliert werden.
Allerdings ist auch hier eine klare Reihenfolge zu berücksichtigen. Zuerst wird der Bedarf an den einzelnen Standorten ermittelt, nachdem wir das mit der Bevölkerung und mit den beteiligten Institutionen diskutiert haben. In diesem Prozess sind wir zurzeit. Damit kann die Ermittlung der Kosten jetzt beginnen, um die ersten Umbaumaßnahmen für das Jahr 2010 einleiten zu können; es sind nicht so viele, das schaffen wir.
Diese Reform wird es nicht umsonst geben, das ist uns bewusst. Wir haben uns gemeinsam auf den Weg begeben und sollten die nächsten Schritte abwarten, bevor wir von bösen Gerüchten aufgeschreckt in Panik verfallen und das alles für nicht finanzierbar halten. Auch hier gilt, wie bereits eben ausgeführt, dass die Zahlen ausführlich im Schulausschuss vorgestellt und beleuchtet und mit dessen Bewertung an die Bürgerschaft weitergeleitet werden. Wir alle tragen Verantwortung, natürlich auch für diese finanziellen Leistungen. Wichtiger aber ist unsere Verantwortung vor den Bildungserfordernissen unserer Schülerinnen und Schüler. Und deshalb bin ich froh, dass sich dieser Senat so deutlich in Worten und Taten des Ersten Bürgermeisters und der Schulsenatorin zur Neuausrichtung bekennt, Bewährtes erhält und die notwendigen Reformen einleitet.
Meine Damen und Herren! Die Koalitionsparteien stehen zur Schulreform, sie begleiten die Behörde kritisch und aufmerksam, aber auch solidarisch und werben weiterhin um Vertrauen in der Bevölkerung. In den Fachdiskussionen des Schulausschusses, da bin ich mir sicher, werden wir Schritt für Schritt Daten und Fakten zur Organisation, zu
den Inhalten und zur Finanzierung erhalten, so wie es sich in der guten Tradition ehrlicher Hamburger Stadtpolitik gehört und wie es das Anliegen der den Senat tragenden Koalitionsfraktionen ist. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Rabe, Sie haben jetzt gerade sechs Fragen aufgeworfen,
von denen ich jetzt auch tatsächlich keine beantworten werde, das ist richtig. Sie haben sechs Fragen aufgeworfen, die man im Rahmen der Schulreform durchaus diskutieren kann. Ich möchte aber daran erinnern, dass wir einige dieser Fragen gerade erst diskutiert haben, und zwar im Zusammenhang mit der Auswertung der Expertenanhörung, die im Rahmen der Schulgesetzgebung stattgefunden hat. Die von Ihnen gestellten Fragen zu der Zukunft der Stadtteilschulen und zu der Situation der Oberstufe wurden dort erörtert und natürlich auch die Frage des Elternwahlrechtes. Und Ihre anderen Fragen hätten Sie dort auch stellen können; das nur einmal zu Erinnerung.
(Wilfried Buss SPD: Haben Sie Ihrem Kolle- gen gar nicht zugehört? Der hat was ganz anderes geredet!)
Das sind alles Fragen, wegen denen man nicht zwangsläufig den Schulentwicklungsplan im Schulausschuss diskutieren müsste, denn alle Ihre Fragen ergeben sich natürlich auch im Zusammenhang mit der Schulgesetzgebung. Und da die Schulgesetzgebung der Beitrag ist, den wir in der Bürgerschaft zur Schulreform leisten, kann man alle diese Fragen nach meinem Verständnis auch im Rahmen der Beratungen über das Schulgesetz erörtern.
Sie möchten jetzt aber im Ausschuss über den Schulentwicklungsplan beraten. Da stellt sich doch erst einmal die Frage, ob dieser Schulentwicklungsplan nicht schon ausreichend beraten und diskutiert wird. Ich möchte daran erinnern, dass es bei der Diskussion um die Schulstandorte ein ganz anderes Verfahren gegeben hat, als bei dem 2004/2005 aufgestellten Schulentwicklungsplan. Schon der von der Schulbehörde gewählte Vorlauf mit den regionalen Schulentwicklungskonferenzen war sehr viel transparenter. In diesen Konferenzen haben Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Schulleitungen den Schulentwicklungsplan vorbereitet. An diesem anschaulichen, beispielhaften Verfahren waren über ein
Jahr lang 2000 Menschen in 22 Regionen beteiligt. Das heißt, dass die einzelnen Standortentscheidungen sehr wohl transparent sind und es natürlich ausführliche Beratungen gegeben hat.
Nach den Diskussionen über die optimalen Bildungsmöglichkeiten wurden Empfehlungen abgegeben, die dann in den Entwurf des Schulentwicklungsplans eingegangen sind.
Ich möchte außerdem daran erinnern, dass die Vorlage des Schulentwicklungsplans nach dem Schulgesetz zunächst einmal eine Aufgabe der Schulbehörde ist. Es gibt einen gesetzlichen Rahmen für die Beteiligung der Schulkonferenzen, der Kreiselternräte, der Kreisschülerräte, der Kammern, des Landesschulbeirates und der Bezirke, die vor Ort in öffentlichen Anhörungen diskutieren. Ich selber war vor der Sommerpause bei der Anhörung in Altona.
Natürlich kommt abschließend die Deputation; es gibt also auch im vorgesehenen Verfahren durchaus eine politische Beratung auf Seiten der Exekutive.
Wenn wir uns jetzt im Parlament mit diesem Thema befassen wollen, können wir das natürlich tun. Da ist gar kein Widerspruch, deswegen werden wir Ihren Antrag auch überweisen. Aber ich frage dann doch noch einmal, warum Sie bislang nicht selber initiativ geworden sind, im Rahmen einer Selbstbefassung zum Beispiel. Da ist von Ihnen kein Schritt gekommen. Deswegen haben wir dieses Thema hier natürlich auch noch nicht erörtert. Jetzt legen Sie Ihren Antrag vor,