Protocol of the Session on September 3, 2009

Die Grünen stehen für Solidität und für Nachhaltigkeit, auch in der Finanzpolitik. Dafür haben wir immer gestanden und werden auch in Zukunft dafür stehen.

Hamburg ist eine ungemein dynamische Stadt und braucht Investitionen und diese Dynamik werden wir nicht abwürgen. Wir brauchen diese Investitionen im Bereich des Hafens und der Infrastruktur

für den Hafen, wir brauchen sie – ganz wichtig – für die Stadtteilentwicklung mit diversen Projekten der sozialen Stadtteilentwicklung, aber auch der Anbindung von Stadtteilen ans öffentliche Nahverkehrssystem. Wir brauchen diese Dynamik gerade auch für unsere Bewohner im Bereich der Familienpolitik, der vorschulischen Bildungspolitik, insgesamt der Bildungs- und Hochschulpolitik. Wir werden dafür sorgen, dass die Investitionen in diesen Bereichen nicht abgewürgt werden. Ich warte dort wirklich auf die Vorschläge der Opposition, insbesondere der SPD, was Sie sich da vorstellen.

Herr Tschentscher hat einige wenige Beispiele genannt, wo er Ausgabenkürzungen vornehmen will. Mieten und Pachten hat er in seiner Rede genannt und er möchte ein bisschen an den Stabsstellen der Behörde einsparen. Es geht aber um sechs Milliarden Euro in den nächsten Jahren. Mit Mieten und Pachten und den Stabsstellen der Behörde werden wir da beim besten Willen keinen substantiellen Beitrag leisten.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Etwas konkreter sind Sie geworden, Sie haben gesagt, wir müssten bei den Betriebsausgaben sparen. Herr Tschentscher, Sie wissen, dass ein Großteil der Betriebsausgaben der Freien und Hansestadt Hamburg die Gehälter für unsere Angestellten und Beamten sind. Machen Sie bitte konkrete Vorschläge, wo Sie Personalkürzungen vornehmen wollen, bei den Beamten wird es wohl kaum möglich sein. Ich kann mich an Diskussionen erinnern, zum Beispiel über die Polizei

(Dr. Andreas Dressel SPD: Reiterstaffel!)

oder auch über den Bildungsbereich, wo Sie immer genau das Gegenteil gefordert haben, nämlich keine Personalkürzungen. Wir brauchen Butter bei die Fische, wenn Sie da etwas wollen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Dieser Senat nimmt Haushaltssolidität ernst. Ich nenne noch ein letztes Beispiel, weil wir im Unterausschuss für Haushaltsmodernisierung gemeinsam daran sitzen. Sie wissen, dass wir mit dem neuen Haushaltswesen ganz wesentlich für Transparenz und auch für Nachhaltigkeit sorgen. Das sind die erklärten Ziele. Wir werden die Konzernbilanz haben, die es ermöglicht, tatsächlich einen klaren Blick für das ganze Vermögen, aber auch die ganzen Schulden zu haben. Ehrlich gesagt, bin ich erschüttert, wenn die SPD sagt, dass die Freie und Hansestadt kein Vermögen mehr hätte. Bitte werfen Sie einmal einen Blick in die Konzernbilanz

(Dirk Kienscherf SPD: Wollen Sie die Deiche verkaufen, oder was?)

und kommen Sie in diesen Unterausschuss. Wir haben erhebliches Vermögen, das man, wenn man es wollte, durchaus noch versilbern könnte.

(Michael Neumann SPD: Da werden die As- best-Turnhallen auch als Vermögen ge- zählt!)

Insgesamt fasse ich das, was uns präsentiert worden ist, als Wahlkampfgetöse auf und möchte Sie bitten, spätestens nach der Bundestagswahl wieder in den Haushaltsausschuss zurückzukommen

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie machen ja Ihre Vorschläge auch nach der Wahl!)

und mit uns nachhaltig über die Zukunft dieser Stadt zu diskutieren. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Waldowsky und Herr Goldberg, Ihre Behauptungen werden durch beständige Wiederholung auch nicht wahr. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das in den Haushaltsberatungen im März zur Diskussion stand. Herr Wersich hatte damals in der Presse bereits darauf hingewiesen, dass man wahrscheinlich damit rechne, dass im sozialen Bereich krisenbedingt 70 Millionen Euro Mehrausgaben anfallen. Wir hatten das aufgegriffen und gesagt, dass, so wie wir das abschätzen können, die Sozialbehörde mit den 70 Millionen Euro nicht durchkommen wird. Wir hatten damals in die Haushaltsberatung eingebracht, dass man dies bitte anders aufstocken müsse. Das war zum Beispiel ein konkreter Vorschlag.

Wir haben darüber hinaus, seit wir mit diesem Haushalt konfrontiert sind, beständig darauf hingewiesen, Herr Freytag, was dort alles für Unfugausgaben drinstehen – ich will jetzt nicht die ganze Liste anführen –, die Ringerei um die HCU, die fehlende Wirtschaftlichkeitsberechung, die Frage der Trabrennbahn, die Parkplätze und dergleichen beim Derby, darüber hinaus das Missmanagement bei der Elbphilharmonie und dann, das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wie viel Geld Sie für die vermeintliche Rettung der HSH Nordbank aufgenommen haben. Die Liste der Punkte, bei denen Sie dauernd mit Kürzungs- und Umschichtungsvorschlägen konfrontiert worden sind, ließe sich fortsetzen. Insofern ist dieses Argument, dass wir uns auf die Sache nicht einlassen würden, einfach nicht ernst zu nehmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Michael Neumann SPD)

Das nächste Problem ist, dass Sie immer wieder – und am Erstaunlichsten finde ich das bei Ihnen, Herr Kerstan – unterstellen, dass die Welt und auch Hamburg viel Geld in die Hand genommen

hat und ab 2012 alles gut wird, und zwar im Selbstlauf.

(Michael Neumann SPD: Da ist der Regie- rungswechsel!)

Sie geben Ihr Geld aus wie bisher, Sie prüfen gar nicht, ob das produktiver angelegt werden könnte. Sie machen das, was Sie im Koalitionsvertrag verabredet haben. Das ziehen Sie durch, ganz egal, welche volkswirtschaftlichen oder Struktureffekte von diesem Ausgabenprogramm ausgehen.

1929 hat das, was Sie Große Depression nennen, angefangen, aber richtig groß geworden ist sie dann 1932/33 und sie ist nicht nur wegen des Unfugs von Brüning groß geworden, sondern auch, weil die Krise komplett unterschätzt worden ist. Herr Goldberg hat darauf hingewiesen, glauben Sie doch nicht, dass wir schon durch wären. Wir wissen doch, was aus dem Schiffbau noch kommt und wie der Maschinenbau oder die Automobilindustrie augenblicklich dastehen.

Sie müssten darüber nachdenken, wo Sie die begrenzten Ressourcen von Hamburg für Strukturveränderungen einsetzen können, und das machen Sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir werden noch eine Stunde der Wahrheit erleben, da bin ich mir ganz sicher, weil Sie uns schon im Oktober mit Sparvorschlägen kommen werden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was heißt, schon im Oktober? Erst im Oktober!)

Erst im Oktober, aber es geht um 80 Millionen, Herr Dressel.

Da wollen wir einmal sehen, ob diese Mistprojekte wie HCU oder andere dann zur Disposition gestellt werden oder wieder das dabei herauskommt, was schon angekündigt worden ist, nämlich im Sozialbereich zu sparen. Dann stellen Sie sich hin und sagen, dass Sie aus der Situation Brüning gelernt haben, fallen aber wieder in diese alte Logik.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Tschentscher für noch vier Minuten.

Herr Präsident, hoffentlich reicht das, um diese Fehldarstellungen ein bisschen zu korrigieren.

(Glocke)

(unterbrechend) : Es muss reichen, Herr Abgeordneter.

(Andreas Waldowsky)

– Ich hoffe es.

Das erste ist dieser Vergleich zwischen Hamburg und allen anderen. Ich will eine Zahl nennen. Im Haushaltsjahr 2007/2008 gab es einen gesamtstaatlichen Überschuss von Bund, Ländern und Kommunen in Höhe von insgesamt 5,7 Milliarden Euro. Hamburg hatte genau in diesem Zeitraum 300 Millionen Euro Defizit. Sie sind deutlich schlechter als alle anderen und als der Durchschnitt und hatten nicht einen einzigen ausgeglichenen Haushalt, solange Sie regieren. Frühere Senate und andere Bundesländer hatten dies, Sie hatten das zu keinem Zeitpunkt.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu Ihren Rücklagen. 1,7 Milliarden, sagt Herr Kruse. Sie bestehen aus Krediten, die Sie in früheren Jahren aufgenommen haben und aus Vermögensverkäufen. Wenn Sie das Rücklagen nennen, dann täuschen Sie alle, die das hören.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben niemals gesagt, dass man in einer solchen Situation keine Schulden machen müsse. Im Gegenteil, die CDU, Herr Kruse, hat immer gesagt, dass für Sie nie wieder Schulden in Betracht kämen. Wir haben im letzten Jahr gesagt, so wie Sie das Defizit von 1,4 Milliarden Euro schon ohne Krise planen, werden wir in eine massive Verschuldung kommen, wenn die Konjunktur nur ein bisschen einbricht. Sie hätten keine historische Krise gebraucht, schon ein leichter Konjunkturrückgang hätte gereicht, um Sie zu neuen Schulden zu zwingen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das ist auch kein Fehler, sondern der konkrete Vorwurf, auf den hier niemand eingegangen ist, ist, dass Sie 1,6 Milliarden Euro mehr Schulden machen als Sie brauchen, um es in eine Wahlkampfkasse zu packen und daraus 2012 Wahlkampfgeschenke zu finanzieren, die dann möglicherweise nicht mehr nötig sind, jedenfalls nicht, um die Krise zu überwinden.

Herr Kruse, wenn ich höre, dass Sie die Konsolidierung fortsetzen wollen, dann ist das eine Falschaussage. Sie setzen die Konsolidierung nicht fort, sondern Sie verschärfen die laufenden Betriebskosten. 54 Millionen Euro pro Jahr hatte Rot-Grün an Mehrkosten der laufenden Ausgaben der Behörden. 100 Millionen Euro, fast doppelt so viel mehr jedes Jahr unter der CDU. Und Schwarz-Grün steigert die laufenden Ausgaben der Behörden um 250 Millionen Euro jedes Jahr, und zwar nicht für Konjunktur, sondern für Mieten und Pachten. Sie haben die Behörden verkauft und zahlen jetzt Mieten. Wo ist der Konjunktureffekt?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir haben Ihnen konkret gesagt, dass von 200 Millionen Euro an einen internationalen Baukonzern für die Elbphilharmonie die kleinen und mittleren Unternehmen in Hamburg überhaupt nichts haben.

(Beifall bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Und auch Ihre Bonuszahlungen bei der HSH Nordbank haben keinen produktiven Effekt für die Wirtschaft.