Protocol of the Session on July 9, 2009

(Beifall bei der CDU)

Genau das haben wir am vergangenen Wochenende erlebt und deswegen bitte ich diejenigen, die nicht zur gewaltbereiten Szene gehören, also den überwiegenden Teil der Besucher dieses Festes, um Verständnis für das alternativlose Vorgehen der Sicherheitsbehörde. Nicht alles, was man bei Behörden erlebt – auch ich –, kann man gleich verstehen, weil man nicht alle Hintergrundinformationen hat. Doch wenn man diese hat, und das war der Fall, dann müssen wir die Lage entsprechend seriös bewerten.

Diejenigen, die nicht gewaltbereit sind und behaupten, sie hätten dort nur gefeiert, müssen doch wissen, wie es bei einem Schanzenfest zugeht. Anders als in diesem Jahr kam die Polizei in den vergangenen Jahren immer erst dann, wenn der Krawall schon ausgebrochen war. Wenn man weiß, wie es auf dem Schanzenfest in der Regel zugeht, ist es doch befremdlich, wenn Leute einen Gefallen daran haben, es cool finden, extra dorthin zu fahren, um zu gucken, wie es da abgeht. Sie wollen nicht mitmachen, nicht gewalttätig sein, haben aber Spaß daran, zuzuschauen, wie Polizeibeamte sich mit Steinen bewerfen lassen; dafür fehlt mir, ehrlich gesagt, jedes Verständnis.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Sicherlich ist es richtig – und insofern stimmt es, was Frau Schneider sagt –, dass Probleme im Stadtteil Schanzenviertel nicht nur mit polizeilichen Einsätzen gelöst werden können. Natürlich löst Gewalt keine gesellschaftlichen Probleme, nur fragt sich, wie auch Herr van Vormizeele festgestellt hat, ob es wirklich um gesellschaftliche Probleme oder politische Inhalte oder Kritik an stadtentwicklungspolitischen Prozessen ging, die vielen, die im Schanzenviertel leben, wohnen und arbeiten nicht gefallen. Nein, bei dieser ritualisierten Gewalt ging es um Krawall als Event und das unterscheidet den Krawall hinterher von dem friedlichen

Fest vorher. Das belegt auch die Tatsache, dass viele der Gewalttätigen gar nicht aus dem Schanzenviertel kommen. Man provozierte die Ausschreitungen und bereitete sie besser als sonst logistisch vor, wie polizeiliche Erkenntnisse ergeben haben. Genau deswegen konnte die Polizei nicht abwarten, bis der Krawall losging. Das wäre unverantwortlich gewesen und wir müssten uns hier und heute die Kritik gefallen lassen, wir hätten trotz besseren Wissens nicht rechtzeitig reagiert. Wir haben rechtzeitig reagiert und die Kritik wird trotzdem geäußert, aber damit kann ich umgehen, weil ich das Einsatzkonzept der Polizei für besonnen und richtig halte.

(Beifall bei der CDU)

Wenn behauptet wird, die frühzeitige Präsenz der Polizei, Frau Schneider, hätte zur Eskalation geführt, dann müssen Sie mir schon erklären, warum es in den letzten Jahren, als die Polizei erst gekommen ist, als der Krawall schon ausgebrochen war, warum der Krawall dann auch ohne polizeiliche Präsenz losgegangen ist. Diese Erklärung ist mir bisher für die These, die Polizei sei an allem schuld, nicht gegeben worden.

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Strategie Schlimmeres verhindert hat. Dort wo die Politik der Polizei eine andere Strategie verordnet, in der großen Hauptstadt, ist es nicht friedlicher verlaufen, im Gegenteil. Eines sind wir in der Zusammenschau von allen Argumenten den Menschen in dieser Stadt schuldig, und zwar unabhängig davon, wie unterschiedlich wir die Ereignisse des vergangenen Wochenendes bewerten. Wir Politiker hätten gemeinsam überlegen müssen, ob und gegebenenfalls was wir im Vorhinein tun können, um derartig eskalierende Situationen künftig zu verhindern.

Herr Dr. Dressel, ich habe nicht von einem erfolgreichen Einsatz gesprochen, sondern gesagt, dass die Strategie richtig war. Der Einsatz kann nur dann erfolgreich sein, wenn es nicht zu verletzten Beamten kommt und kein Stadtteil zerstört wird. Solche Ausschreitungen, lassen Sie mich das zum Schluss ganz klar sagen, sind weder den Polizeibeamten noch den Anwohnern in der Schanze zumutbar und es gibt – auch das lesen wir in diesen Tagen in den Zeitungsartikeln und Leserbriefen – immer mehr Anwohner der Schanze, die das nicht wollen und uns um Hilfe bitten, damit mit vereinten Kräften solche eskalierende Situationen vermieden werden können. Darüber werden wir nicht nur in der kommenden Innenausschusssitzung zu diskutieren haben. Aber eines sollte von diesem Haus geschlossen ausgehen, nämlich ein klares Signal der Solidarität mit denjenigen, die am vergangenen Wochenende erneut ihren Kopf hingehalten haben, mit unseren Polizeibeamten. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

(Senator Christoph Ahlhaus)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hackbusch.

(Zuruf von der Tribüne: Ihr da unten, im Sep- tember gibt es noch ein Schanzenfest! Da könnt ihr schon mal üben! – Glocke)

Enthalten Sie sich da oben bitte jeglicher Meinungsäußerung. – Bringen Sie den Herrn bitte hinaus. – Das Wort bekommt der Abgeordnete Hackbusch.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich über den Vortrag von Frau Möller sehr gefreut, vor allem auch, weil sie eine heftige Kritik an den Ereignissen vom Wochenende im Zusammenhang mit der politischen Fragestellung formuliert hat, also der Frage nach der Art und Weise, wie die Polizei in unserem Staat agiert. Diese Fragestellung ist für uns die interessanteste und wichtigste, denn schließlich geben wir in unserer Demokratie der Polizei die Gewaltherrschaft in die Hand und dementsprechend ist die kritische Betrachtung der Polizei von entscheidender Bedeutung.

Über den Vortrag des Innensenators habe ich mich sehr geärgert,

(Stephan Müller CDU: Wie überraschend!)

und zwar nicht so sehr über seine Einschätzung der Situation, sondern vielmehr darüber, dass er nur die verletzten Polizeibeamten beklagt und nicht jeden Verletzten vom vergangenen Wochenende. Mein demokratisches Verständnis verlangt, dass auch die anderen Verletzten im Schanzenviertel und auch die bei Jolly Roger Verletzten berücksichtigt werden müssen, und es ist unerträglich, wenn der Innensenator das nicht aufnimmt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GAL)

Ich selbst bin Bewohner des Schanzenviertels und habe, wie viele andere auch, erstaunt zur Kenntnis genommen, dass diesmal die Presse, zum Beispiel die "Bild"-Zeitung oder die "Welt", den Polizeieinsatz so geschildert hat, als wäre eine Besatzungsarmee in feindliches Gebiet eingefallen.

(Beifall bei der LINKEN und Zurufe von der CDU)

Wie die Römer in "Asterix" tauchte die Polizei auf und fuhr in einer friedlichen Situation, wo noch nichts passiert war, völlig unverhältnismäßig in Zwölferformationen durch die Gegend. Das gehört sich absolut nicht,

(Viviane Spethmann CDU: Und Sie sind Asterix!)

das ist so, als wäre dort eine fremde Besatzungsarmee eingefallen. Ich möchte deutlich zwischen den einzelnen Polizeibeamten und der Polizeifüh

rung unterscheiden. Lassen Sie mich Ihnen ein persönliches Beispiel geben.

(Olaf Ohlsen CDU: Ach was, hör doch auf!)

Am Sonnabendnachmittag wurde in der Nähe meiner Wohnung ein Haus in der Rosenhofstraße besetzt. Diese Aktion war meiner Meinung nach sehr klug, da dieses Haus schon seit mehreren Jahren leer steht. Die Polizei hat dieses Gebäude, in dem sich etliche junge Leute befanden, sofort abgeriegelt. Als ich den Hausbesetzern, die schon eine ganze Zeitlang drinnen in ausgeharrt hatten, eine Flasche Wasser bringen wollte, wurde ich sofort von der Polizei aufgehalten.

(Jörg Hamann CDU: Sie erzählen hier einen Blödsinn!)

Als ich darum bat, einer der Beamten möge ihnen die Wasserflasche bringen, hat sich ein Polizist sofort dazu bereit erklärt. Doch was geschah? Er wurde augenblicklich von seinem Chef angepfiffen und lehnte daraufhin meine Bitte mit der Begründung ab, dies sei nicht erlaubt.

(Olaf Ohlsen CDU: Na sicher ist das nicht erlaubt!)

Das Beispiel zeigt, dass nicht der einzelne Polizeibeamte der Schuldige ist, sondern dass die Polizei von oben her gesteuert wird und da muss man unterscheiden.

(Beifall bei der LINKEN – Hans-Detlef Roock CDU: Das ist doch Blödsinn!)

Und zu Ihren Zwischenrufen: Es gehört sich nicht, dass die CDU sogar ein menschliches Grundbedürfnis wie das nach Wasser derart verletzt, und das C wird jetzt endgültig herausgestrichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ich gegenwärtig erlebe und auch Berichten im Zusammenhang mit den Jolly-Rogers-Überfällen entnehme,

(Zurufe von der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Hackbusch.

Es zeigt deutlich, dass es innerhalb der Polizeiführung eine Art von Selbstherrlichkeit und Kritikunfähigkeit gibt, die in einem demokratischen Land nichts zu suchen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbstherrlich bestimmt die Polizeiführung, dass sie die Macht innehat und als Einzige weiß, was los ist; auch Herr Ahlhaus hat das eben zum Ausdruck gebracht.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Hans-Detlef Roock CDU: Na, Gott sei Dank!)

Die Diskussion wird sicherlich weitergehen, das wird noch nicht das Ende sein. – Ich wünsche noch einen schönen Tag.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Warnholz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich das von der Fraktion DIE LINKE angemeldete Thema gelesen habe, sind in mir die schlimmsten Erwartungen geweckt worden. Ich muss Ihnen gestehen, Frau Kollegin Schneider, dass Sie meine Erwartungen heute weit übertroffen haben. Zu Ihren Ausführungen, Herr Hackbusch, vor allem zu Ihrer Wasserwerbung, bei der Sie nur noch den Namen der Firma hätten nennen müssen, dann hätten Sie eine Provision bekommen, möchte ich gar nichts sagen, das war lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Wie eben der Innensenator so frage auch ich Sie, Frau Schneider, was eigentlich passiert wäre, wenn unsere Polizei nicht vor Ort gewesen wäre.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das weiß kein Mensch!)