Protocol of the Session on July 8, 2009

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Lafrenz.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wie schön, Frau Dr. Stapelfeldt und Herr Dr. Bischoff, dass Sie sich zur HafenCity Universität bekennen. Doch dann geben Sie einen Schuss nach dem andern auf die HafenCity Universität ab

(Ingo Egloff SPD: auf die Finanzierung!)

und mit jedem Schuss ziehen Sie Ihr Bekenntnis zur Sonntagsrede herab.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

In der letzten Legislaturperiode hat die Mehrheit dieses Hauses die Gründung der HCU beschlossen und das ist die Realität. Und Teil dieses Beschlusses war der Standort HafenCity, Teil dieses Beschlusses war auch der Neubau eines Universitätsgebäudes, nicht etwa die Renovierung und der Umbau der Fachhochschule an der Hebebrandstraße. Mit Ihrem Antrag zum Standort Hebebrandstraße, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, waren Sie damals unterlegen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Na und!)

Wir von der CDU und unser Koalitionspartner GAL verfolgen zielstrebig die Umsetzung dieses Beschlusses. Zusammen mit dem Senat wollen wir endlich die seit Jahrzehnten bestehenden Defizite in den der Baukultur verbundenen Fächern und Fakultäten überwinden, mit einem neuen Haus an einem attraktiven Standort und in einer Zusammenfassung aller der Baukultur verbundenen Hochschulfächer.

(Dr. Joachim Bischoff DIE LINKE: Und mit viel Schulden!)

Nie wird die Überwindung dieser Defizite gelingen, wenn außer dem vorhandenen Personal auch noch die an verstreuten Standorten vorhandenen Bauten für die neue HCU genutzt werden. Ihr Signal ist Mittelmaß. Ein Aufbruch ist notwendig, der auch visuell wahrgenommen wird. Von außen kaum wahrnehmbare organisatorische Veränderungen und von außen kaum erkennbare bauliche Verbesserungen erzeugen keinen Aufbruch.

(Jan Quast SPD: Alles Fassade bei Ihnen!)

Eine schöne Fassade.

(Ingo Egloff SPD: Potemkinsche Dörfer: Nichts hinter der Fassade!)

Die Kritik des Rechnungshofs mag für eine rein materielle Kostenbetrachtung genügen, doch sie berührt nur einen einzelnen Aspekt einer notwendigerweise wesentlich komplexeren und umfassenderen Bewertung. In diese Bewertung darf die Kritik des Rechnungshofs nicht als ein sich einer Abwägung entziehender Anspruch eingebracht werden. Doch da genau liegt das Problem zwischen Rechnungshof und Wissenschaftsbehörde und zwischen Opposition und den Regierungsfraktionen. Wie würden Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wohl reagiert haben, wenn Ihnen seinerzeit der Rechnungshof die Kosten steigernden Standards der Wohnungsbauförderungsbestimmungen vorgehalten hätte? Sie instrumentalisieren den Rechnungshof gegen die HCU, um Ihren zu Recht unterlegenen Plan wieder auf

(Dr. Peter Tschentscher)

die Tagesordnung zu setzen. Damit erweisen Sie dem Ansehen des Rechnungshofs einen schlechten Dienst und noch viel mehr der neuen HCU.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Dr. Eva Gümbel, beide GAL)

Die HCU ist auch ein Instrument der Stadtentwicklung. Sie wird der für die HafenCity als Oberziel angestrebten Nutzungsvielfalt auf hohem Niveau nachhaltige Impulse geben. Ein Verzicht auf die HCU am Standort HafenCity würde einen wesentlichen Baustein aus dem Nutzungs- und Funktionskonzept der HCU herausbrechen. Die HCU würde nachhaltig an Attraktivität einbüßen. Wir werden die HCU in der HafenCity bauen zur Steigerung der Attraktivität der universitären Bildungsangebote in Hamburg, zur Intensivierung des Dialogs zwischen Experten und Entscheidern und zur nachhaltigen Festigung des Standortes HafenCity. – Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Dr. Gümbel.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ganz deutlich eines klarstellen, bevor hier Legenden von der Opposition gestrickt werden: Es war in der Tat so, dass die Kritik vom Rechnungshof bereits vorlag, als wir das Thema im Wissenschaftsausschuss aufgerufen haben. Frau Stapelfeldt, Sie wissen das, Frau Heyenn, Sie wissen das auch.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Deswegen haben wir die Kritik doch auch im Wissen- schaftsausschuss thematisiert!)

Eben drum.

Also diese Kritik ist im Haushaltsausschuss keineswegs neu aufgerufen worden, so wie Herr Dr. Tschentscher das gerade vorgetragen hat, sondern wir haben diese Kritik sehr ausführlich im Wissenschaftsausschuss besprochen. Der Oberbaudirektor hat uns sehr deutlich vorgerechnet, wie es an der Hebebrandstraße aussehen könnte,

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Der Ober- baudirektor war gar nicht dabei!)

genau das, was die Senatorin gerade vorgetragen hat. Es ist also keineswegs so, dass sich die Kosten der beiden zu vergleichenden Hochschulen, einmal an der Hebebrandstraße, einmal in der HafenCity, so unterscheiden würden, wie Sie uns jetzt hier glauben machen wollen. Zum andern müsste tatsächlich ein Neubau dorthin. Wir haben das alles sehr ausführlich besprochen. Frau Stapelfeldt, Sie haben sich enthalten, Frau Heyenn hat die HafenCity Universität im Wissenschaftsausschuss gelobt.

Wir haben doch jetzt eher die Situation, dass Sie das Gefühl haben, Sie könnten den Rechnungshof in Stellung bringen. Das tun Sie auch zu Recht, denn wir sind tatsächlich der Meinung, dass die Kriterien, die der Rechnungshof hier zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit angelegt hat, nicht angewendet werden sollten, um nachhaltiges Bauen als wirtschaftlich zu bewerten.

(Andy Grote SPD: Wollen Sie dem Rech- nungshof das Rechnen beibringen?)

Ich will dem Rechnungshof nicht das Rechnen beibringen, das kann er. Aber es müssen von uns Kriterien festgelegt werden, nach denen Wirtschaftlichkeit beurteilt wird.

(Zuruf: Die stehen in der Landeshaushalts- ordnung!)

In der Landeshaushaltsordnung steht nur, dass eine solche Überprüfung vorgenommen werden soll. Das ist geschehen und es wurde gesagt, das sei unwirtschaftlich. Aber warum sind moderne, innovative Technologien in einem Zeitraum von zehn Jahren unwirtschaftlich? Weil sie teuer sind, das ist richtig. Aber wir wollen, dass dieses Gebäude ausgestattet ist mit innovativen Technologien des nachhaltigen Bauens. Das ist von uns erwünscht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Insofern sind die Senatorin und Herr Lafrenz ganz zu Recht darauf eingegangen, dass das eine kleine Stellschraube ist, an der wir werden arbeiten müssen. Wenn wir als Grüne in dieser Stadt bauen, die Senatorin hat es vorhin gesagt, dann wird uns so etwas noch häufiger begegnen, weil wir dafür sorgen werden, dass nachhaltig und energieeffizient gebaut wird, nicht nur in der HafenCity. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Sind Sie Fürsten oder was? Wenn Grüne bauen … Was ist das denn für ein Demokratieverständnis? Da fällt einem nichts mehr zu ein! So etwas Überhebliches! – Hans-Detlef Roock CDU: Nun reg' dich doch nicht so auf!)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Tagesordnung sagt, wir reden hier heute über einen Bericht des Haushaltsausschusses. Dennoch haben sehr viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner mit einem Bekenntnis zur HCU begonnen. Frau Dr. Gümbel hat eben gesagt, ich hätte die HCU im Wissenschaftsausschuss gelobt. Ich habe bestimmte Aspekte mit Sicherheit hervorgehoben, aber ich habe auch Kritik vorgebracht. Und an dieser Stelle möchte ich deut

(Hans Lafrenz)

lich machen, dass die LINKE zur HCU eine sehr differenzierte Haltung hat. Ich will Ihnen sagen, was uns stört.

Das Erste, was uns stört, ist die Genese dieser HCU. Es ist ganz klar ein Leuchtturmprojekt, das ist schon ausgeführt worden, und sie soll nicht die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Hamburg steigern, sie soll die Attraktivität der HafenCity steigern. Das ist eine ganz deutliche Sache und das muss auch klar gesagt werden, dass sie diese Funktion hat. Das Zweite, was wir kritisieren, ist – das habe ich auch zum Präsidenten der HCU gesagt –, dass wir trotz des Vorhabens, die Anzahl der Studierenden zu steigern, eine neue Universität bauen, die weniger Studenten haben wird als jetzt am Standort Hebebrandstraße. Drittens stört uns, dass gerade der Oberbaudirektor Walter mit seinen Temperamentsausbrüchen im Wissenschaftsausschuss derjenige war, der die Hebebrandstraße, wie Sie immer so schön sagen, Herr Beuß, schlechtgeredet hat. Daraufhin haben wir uns auf die Socken gemacht, Herr Dr. Bischoff und ich, und haben uns die Hebebrandstraße stundenlang angesehen. Und alles das, was Sie heute gesagt haben und was angedeutet wurde – man könne nichts daraus machen, das Raumkonzept passe nicht, man müsse die Hörsäle neu bauen –, konnten wir überhaupt nicht feststellen. Insofern haben wir daran ganz große Kritik.

Wir haben auch Kritik daran, das ist allerdings das Konzept für die gesamte Universität, dass viele der Studierenden, die an der HCU ihren Bachelor machen und später ihren Master machen wollen, eventuell keinen Masterplatz bekommen. Auch das kritisieren wir.

Wir begrüßen es natürlich, wenn energetisch günstig gebaut wird, und wir sind auch für Identität stiftende Bauten, gar keine Frage, nur es muss im Verhältnis stehen. Worüber wir heute diskutieren, ist der Bericht aus dem Haushaltsausschuss. In erster Linie müssen wir heute darüber entscheiden, ob wir die vorgeschlagene Form der Verwendung der Finanzmittel unterstützen und sie freigeben wollen. Von mehreren Rednern ist gesagt worden, die Landeshaushaltsordnung sei verletzt worden. Wir von der LINKEN überlegen Schritte gegen diesen Beschluss, sollte er heute gefasst werden, weil wir der Auffassung sind, es darf in dieser Demokratie und auch in dieser Stadt nicht so weit kommen, dass Macht Recht bricht. Und deshalb werden wir dagegen stimmen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Kühn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es mir wirklich nicht ersparen, mich noch einmal zu

Wort zu melden und noch einige kritische Punkte zu diesem Projekt anzumerken. Ich will mich auch ganz bewusst ganz am Anfang an Ihre Fraktion wenden, meine Damen und Herren von der CDU.

(Olaf Ohlsen CDU: Nun schwafel' nicht lan- ge rum! Setzt dich wieder hin!)

Mir ist selten in einer politischen Debatte so viel blinde Arroganz begegnet wie in dieser.

(Beifall bei der SPD)

Denn es gibt sehr wohl sehr berechtigte Kritik und ich will mich zunächst der Gründungsidee dieser Universität zuwenden. Wir hatten in dem Augenblick, als diese Universität gegründet wurde, 1900 Studenten an dieser Hochschule, Sie verringern die Zahl der Studierenden um über 20 Prozent auf 1500. Ihre Idee ist, Sie bauen ein neues Gebäude, schöne Architektur, verringern die Studierendenzahl und generieren damit Exzellenz. Das ist eine Vorstellung von Wissenschaftspolitik, die ist aberwitzig und die ist sicherlich nicht zielführend.

(Beifall bei der SPD)