Protocol of the Session on May 13, 2009

Sie müssten vielleicht einmal nachsehen, was der Debattenbegriff eigentlich beinhaltet.

(Beifall bei der SPD)

Auch die SPD bekennt sich zur Ausrichtung des Evangelischen Kirchentages in Hamburg. Ich bekenne mich ausdrücklich auch zum ökumenischen Gedanken als Katholikin in dieser Bürgerschaft und auch die SPD betrachtet den Kirchentag, unabhängig von der Konfession, als eine gedanken

(Wolfgang Beuß)

anregende und friedensstiftende Veranstaltung, die insbesondere für junge Menschen eine hohe Anziehungskraft besitzt.

Ähnlich wie bei politischen Parteien stehen beim Kirchentag soziale, ethische und politische Fragen im Vordergrund. Fragen nach der gerechten Gestaltung einer globalisierten Welt nehmen auch dort einen großen Raum ein. Diesen Ort der Begegnung und des Austausches zu schaffen, ist allein Grund genug, sich für den Kirchentag zu bewerben. Man darf daher nicht den kompliziert konstruierten Darlegungen in der Drucksache über die angeblich nachweisliche Erhöhung der Wertschöpfungskette folgen. Für uns hat sich der Sinn auch schon anderweitig erschlossen.

Wichtig ist aber, dass wir ehrlich damit argumentieren und die Ausgaben offen dargelegt werden. Wie ich das bereits im Haushaltsausschuss betont habe, müssen alle Aufwendungen der Stadt, auch die Äquivalente für öffentliche Unterbringungen in Schulen, in diese Ausgaben eingehen. Nur dies entspricht dem Prinzip der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Aber dafür haben wir noch einige Jahre Zeit. – Vielen Dank.

Das Wort hat die Abgeordnete Gregersen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In wenigen Tagen beginnt in Bremen der Evangelische Kirchentag und auch aus Hamburg sind einige schon auf dem Weg dorthin, nämlich die, die länger brauchen, zum Beispiel einige Schiffe aus Hamburg. So ist zum Beispiel die Flussschifferkirche schon seit Anfang Mai auf dem Weg und einige Traditionssegler und auch die Cap San Diego werden dort hinfahren.

Aus Hamburg beteiligen sich etliche Pfadfindergruppen und 40 weitere Gruppen, aber auch 5000 Tagesgäste, die sich schon fest angemeldet haben. Es werden sich wahrscheinlich an die 10 000 weitere spontane Tagesbesucher aus Hamburg in Bremen aufhalten.

Es ist schön, wenn dann 2011 der Kirchentag, vielleicht auch mit Hamburger Beteiligung, in unserer Partnerstadt Dresden stattfindet und 2013 in Hamburg.

Dann blickt man zurück und denkt an die Kirchentage, die in Hamburg 1981 und 1995 stattfanden. Wir hatten zu Hause immer ein offenes Haus für ausländische Gäste aus der ganzen Welt. Aber nie war es bei meinen Eltern zu Hause so voll wie beim Kirchentag. Ehrlich gesagt, ich habe eine tolle Erinnerung daran. Viele Menschen waren zum Dialog und Austausch bei uns zu Hause, ob beim Frühstück oder beim späten Abendessen. Dieser Austausch, die vielen Buden rund um die Alster,

die Fülle an Menschen in dieser Stadt, die gemeinsam über Ethik, Glauben und Religion sprechen, das macht den Kirchentag aus. Natürlich kostet es Geld. Hamburg investiert 7,5 Millionen und deckt damit 45 Prozent der Kosten, aber Hamburg präsentiert sich auch. Sieht man sich einmal an, wie sich die Gruppe der Gäste zusammensetzt – nachzulesen beispielsweise in der Studie vom Kirchentag 1995 –, dann machte die Gruppe der 14- bis 39-Jährigen, also der sehr jungen Teilnehmer, weit über 60 Prozent aus.

Mit dem Kirchentag kann sich unsere Stadt präsentieren und viele, die Hamburg anlässlich des Kirchentages besuchen, werden bestimmt noch öfter kommen. Wir präsentieren uns als Großstadt, mit Hotels, mit unserer Gastfreundschaft, Hamburg als Tor zur Welt. Wir präsentieren uns natürlich auch insofern, als wir Großveranstaltungen ausrichten können, und das zeichnet uns aus. In Hannover und Köln trafen sich an den beiden letzten Kirchentagen insgesamt über 1 Million Menschen und es freut mich, dass auch zunehmend Menschen mit Behinderungen daran teilnehmen. Ganz besonders freue ich mich, dass der Kirchentag 2013 in Hamburg stattfindet und dass über den Zuschuss einstimmig im Haushaltsausschuss und hoffentlich auch hier beschlossen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Trotz Ihrer etwas tiefer geschürften Bemerkungen hat uns sich nicht der Sinn erschlossen, weshalb wir noch einmal über dieses Thema reden müssen. In Bezug auf das Ehrenamt, das Sie angeführt haben, möchte ich betonen, dass Hamburg mit dem Kirchentag eine bestimmte Verpflichtung einzugehen hat. Wir haben nicht nur seitens der Kirchen eine Basisorganisation, in die sich dieser Kirchentag einordnet, sondern auch andere zivilgesellschaftliche Organisationen. Ich hoffe, dass wir bei entsprechender Gelegenheit so tolerant sein werden, auch für die Durchführung des Kirchentages einen Zuschuss zu gewähren. Trotz kontroverser Diskussionen innerhalb meiner Fraktion betrachten wir das Ganze nicht als Investition, sondern als Zuschuss. Im Ausschuss wurde eindeutig dargestellt, dass dieses Treffen der Basisorganisation der evangelischen Kirche in Hamburg ohne Zuschuss nicht stattfinden kann. Wir wollten aber ausdrücklich, dass der Kirchentag in Hamburg und nicht woanders stattfindet. Die ganzen Rechnereien halte ich für unangemessen. Herr Beuß, wir sollten vielleicht an anderer, passenderer Stelle noch einmal darüber diskutieren, denken Sie zum Beispiel an die Volksbefragung in Berlin/Brandenburg zur Initiative

(Elke Badde)

Pro Reli. Solche Themen sind in unserer Gesellschaft gar nicht so unkompliziert. Sosehr wir auch schätzen, dass Sie den ökumenischen Gedanken fördern, ist die Mehrheit meiner Fraktion der Auffassung, dass wir eine sehr schwierige Aufgabe vor uns haben. Wir müssen nicht nur die katholische Kirche und einige andere Kirchen berücksichtigen, sondern auch eine sehr große Gemeinde mit islamischem Hintergrund, in der Ehrenamt und Verständigung ebenfalls eine große Rolle spielen. Wir sollten unbedingt darauf achten, dass nicht irgendwann der Eindruck von Einseitigkeit entsteht. Das ist in diesem Fall nicht gegeben, insofern betone ich noch einmal, dass wir dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Das Wort hat Senatorin von Welck.

(Uwe Grund SPD: Das wäre jetzt nicht nötig gewesen! Wir sind alle dafür!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Evangelische Kirchentag in Hamburg hat eine gute und lange Tradition. Schon vier Jahre nach Gründung dieser Bewegung fand er 1953 zum ersten Mal in Hamburg statt, 1981 dann wieder unter dem Präsidium von Erhard Eppler und 1995 unter dem von Ernst Benda. Frau Gregersen hat darauf hingewiesen. Nicht nur als Mitglied des Senats, sondern auch als Präsidentin des Kirchentags, der nächste Woche in Bremen stattfindet, freue ich mich, dass der Haushaltsausschuss einstimmig die Empfehlung gegeben hat, diese Veranstaltung zu unterstützen. Herr Dr. Bischoff, Frau Badde, ich finde es eigentlich sehr schön, dass diese Entscheidung des Haushaltsausschusses nicht einfach so durchgewunken wird, sondern die Parteien doch auch Gelegenheit genommen haben, noch einmal ein Statement dazu abzugeben, wie wichtig ihnen diese Veranstaltung ist, und dafür danke ich Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Auch ich und natürlich der gesamte Senat sind davon überzeugt, dass Hamburg sich mit einer solchen Veranstaltung weit über den kirchlichen Rahmen hinaus profilieren kann. Das hat natürlich auch mit wirtschaftlichen Rahmendaten zu tun. Immerhin waren es 1995 bereits 125 000 Dauerteilnehmer und insgesamt rund 1 Million Teilnehmer, das bedeutet eine ganze Menge für die Wirtschaftskraft unserer Stadt. Wir stellen uns aber auch hinter diesen Kirchentag, weil er uns vor allen Dingen auch inhaltlich wichtig ist. Er ist ein Diskussionsforum für die brennenden Fragen unserer Zeit, unserer Gesellschaft und die Tradition der Zeitansage, die beim Kirchentag so wichtig ist, passt natürlich auch in das Jahr 2013 und auch zur

IBA und igs, die gleichzeitig stattfinden werden. Es wird sicher gute Möglichkeiten geben, dass sich die Veranstaltungen gegenseitig bereichern.

Das Forum der Ökumene wird ein großes Thema sein – Herr Bischoff, darin sind wir uns, glaube ich, auch einig – und nicht zuletzt wird es auch ein Forum des Dialogs der Religionen sein, also von Christen, Muslimen und Juden. Gerade das halte ich für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt und unserer Gesellschaft für unglaublich wichtig.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Freuen wir uns also gemeinsam auf den Kirchentag 2013 in Hamburg. Ich hoffe sehr, dass Sie den Empfehlungen des Haushaltsausschusses einstimmig folgen werden.– Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte der Empfehlung des Haushaltsausschusses folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Den sehe ich nicht. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss auch in zweiter Lesung fassen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 33 und 34 auf, die Drucksachen 19/2909 und 19/2910, Antrag der SPD-Fraktion: Hamburg setzt die UN-Behindertenrechtskonvention um – Inklusion als Leitorientierung staatlichen Handelns und Antrag der SPDFraktion: Konsequenz der UN-Behindertenrechtskonvention für Hamburger Schulen: Inklusive Bildung

[Antrag der Fraktion der SPD: Hamburg setzt die UN-Behindertenrechtskonvention um – Inklusion als Leitorientierung staatlichen Handelns – Drs 19/2909 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Konsequenz der UN-Behindertenrechtskonvention für Hamburger Schulen: Inklusive Bildung – Drs 19/2910 –]

Die Drucksache 2909 möchte die SPD-Fraktion an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss überweisen. Die GAL-Fraktion möchte die Drucksache 2910 an den Schulausschuss überweisen. Der Ab

(Dr. Joachim Bischoff)

geordnete Wolfgang Beuß hat mir mitgeteilt, dass er an der Debatte und Abstimmung über die Drucksache 2910 nicht teilnehmen wird.

Wer wünscht das Wort? – Der Abgeordnete Grund hat es.

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."

Sieben Worte, ein Satz. Ich habe soeben den letzten Satz des Artikels 3, Absatz 3 des Grundgesetzes zitiert und in Hamburg gibt es ein Hamburgisches Gleichstellungsgesetz für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Da stellt sich die Frage, wozu es da noch eine Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen braucht.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat etwas Bemerkenswertes passiert. Erstmals wird die Rechtsstellung behinderter Menschen weltweit auf eine völkerrechtliche Grundlage gestellt. Es wird eine verbindliche Grundlage sein, die auf menschenrechtlicher Ebene festgeschrieben wird. Die Konvention hat den Status eines Bundesgesetzes. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Konvention unterschrieben. Bei Weitem nicht alle Staaten der Welt und auch nicht alle Staaten in Europa haben inzwischen ratifiziert oder unterzeichnet.

Wir sind der Meinung, dass dies ein Meilenstein für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist.

(Beifall bei der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurden nicht etwa neue Menschenrechte oder Grundwerte, Grundfreiheiten geschaffen, sondern es wird präzisiert, worum es gehen soll und wie diese Rechte auf der ganzen Welt gewährleistet werden. Inklusion ist das entscheidende Stichwort und bedeutet im Kern: Künftig müssen Förderungen und Unterstützung den behinderten Menschen folgen und nicht mehr umgekehrt. Nicht der behinderte Mensch hat einen Mangel, sondern seine Umwelt, die ihm keine Teilhabe am allgemeinen Leben garantiert, ist mangelhaft und muss sich ändern. Leider ist in der Übersetzung des Originaltextes der UN-Konvention der englische Begriff inclusion mit Integration übersetzt worden. Wir sind der Auffassung, dass dies nicht richtig ist, weil es nicht das trifft, was durch die Vereinten Nationen beschlossen worden ist. Wir meinen, dass seit der UN-Konvention nicht mehr davon ausgegangen werden darf, dass behinderte Menschen außen stehen und deshalb integriert werden müssen, sondern dass behinderte Menschen mittendrin sind in der Gesellschaft. Sie sind ein inklusiver Teil der Gesellschaft, folglich muss sich die Gesellschaft den Bedürfnissen der behinderten Menschen anpassen und nicht umgekehrt,

die behinderten Menschen sind draußen und müssen in die Gesellschaft hereingeholt werden. Um diesen Grundgedanken geht es.

Dabei setzen nicht nur wir Sozialdemokraten darauf, dass dies alles nicht etwa aus höherer Weisheit durch uns Parlamentarier oder durch hohe Beamte etwa bei den Vereinten Nationen geschieht, sondern durch die Betroffenen selbst. Der Standardsatz im Englischen lautet: Nothing about us without us. Gemeint ist: Nichts wird über uns ohne uns entschieden. Diese selbstbewusste Position muss uns auch in Hamburg wachrütteln.

(Beifall bei der SPD)