Protocol of the Session on April 1, 2009

(Michael Neumann)

schaften, obwohl die Bank noch da ist, weil man die fertig produzierten Flugzeuge nicht los wird. Über die faktische Situation in der Schiffsfinanzierung in diesem Monat will ich gar nicht reden. Ich fasse zusammen: Ihr Bild ist falsch.

(Uwe Grund SPD: Was ist das denn für ein Argument!)

Hören Sie doch zu, Herr Grund.

Sie behaupten, wenn wir die Bank in diesem Umfang nicht halten, dann haben wir Riesenprobleme in der regionalen Wirtschaft. Und ich sage Ihnen, und das ist der entscheidende Punkt, wir haben schon jetzt Probleme in der regionalen Wirtschaft.

(Zurufe von der SPD und der CDU – Jens Kerstan GAL: Das wollen wir mal verschlim- mern!)

Hören Sie mir doch zu, ich habe Ihnen doch auch zugehört.

Auf jeden Fall versuche ich – das müssen Sie nicht teilen –, mich mit Ihren wichtigsten Argumenten auseinanderzusetzen, soweit ich dazu in der Lage bin. Sie sagen, wir müssen die Bank halten, wir müssen dort Geld hineinpumpen, denn sonst haben wir eine katastrophale Situation.

(Hans-Detlef Roock CDU: Ja, ist doch so!)

Wir haben jetzt schon eine katastrophale Situation, obwohl die Bank noch da ist, sie ist ja nicht kaputtgegangen. Die Arbeitslosigkeit wird gegenwärtig noch durch Kurzarbeit gebremst, aber die negativen Meldungen – da bin ich mit Ihnen doch einer Meinung –, ganz gleich, ob sie sich auf die Logistik, auf den Schiffbau oder den Flugzeugbau beziehen, reißen nicht ab und wir stehen vor einer düsteren Entwicklung. Selbstverständlich sticht Ihr Argument, Herr Grund, dass in der Situation, in der schon eine schlechte ökonomische Lage existiert, Verschärfungen durch die Situation bei den Finanzinstituten – sei das jetzt die Landesbank, seien es die privaten Banken oder die Sparkassen, denn man kann doch nicht wegwischen, dass da einiges im Argen liegt – natürlich die ökonomische Krise, um die es Ihnen oder uns allen geht, vertiefen. Das bestreite ich doch gar nicht.

(Robert Heinemann CDU: Eben!)

Ich sage nur, dass ich mir die Sukzession, die Ihr Argument beinhaltet, nicht zu eigen mache. Unser wichtiges Argument ist: Sie halten hier die Proportionen nicht ein. Ein Großteil der Finanzressourcen wird zur Rettung der Landesbank aufgebraucht, im Geschäftsjahr 2008 allein für Hamburg 2,5 Milliarden Euro. Demgegenüber wenden Sie für eine Anti-Krisenpolitik – Sie nennen das lieber Hamburger Konjunkturoffensive – der regionalen Wirtschaft zusammen mit Bundesmitteln gerade einmal 550 Millionen Euro auf, das heißt, faktisch ein Zehntel

dessen, was Sie der HSH Nordbank zur Verfügung stellen.

Das kritisieren wir, da stimmen die Proportionen nicht und das gilt nicht nur für Hamburg, das gilt für die Bundesrepublik Deutschland, das gilt aber auch für die anderen kapitalistischen Metropolen.

(Ingo Egloff SPD: Sie sagen aber auch nicht, woher das Geld kommen soll!)

Diese Fehlentwicklung, dass wir einen Großteil – wir sind noch nicht im Billionen-Bereich wie in anderen Ländern – der Summen aufwenden zur Rettung der Finanzinstitute, wird nicht funktionieren. Das ist nicht nur eine Erfindung der LINKEN, sondern ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Leuten aufzählen, die von Makroökonomie eine Menge verstehen.

(Robert Heinemann CDU: Ja, wer denn, sa- gen Sie doch mal!)

So wird es jedenfalls nicht gehen. Das heißt, die Rettungsaktionen für die Landesbanken der Republik –dazu gehört, Herr Heinemann, auch die HSH Nordbank – ist wirklich ein trostloses Kapitel.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Es begann mit der SachsenLB. Nachdem die Sparkassengruppe die Bank gestützt hatte, wurde sie für 328 Millionen Euro an die Landesbank Baden-Württemberg verkauft, wobei der Freistaat bis heute noch mit einer größeren Bürgschaft involviert ist, die auch fällig wird. Es folgen Schieflagen bei der HSH Nordbank, der BayernLB, der WestLB. Selbst die Landesbank Baden-Württemberg hat inzwischen Geld erhalten.

Insgesamt haben die Länder, die ich Ihnen kurz aufgezählt habe, 15 Milliarden Euro an Kapitalhilfen bekommen und 22 Milliarden Euro Rettungsschirme oder Bürgschaften.

Wie in Hamburg, Herr Kerstan, sind diese Summen immer ausgeblendet; das macht man für die Realökonomie. Man ist immer mit dem Argument gekommen, wenn die pleite gehen, dann müssen wir die Gewährträgerhaftung ablösen. Das sind in der Tat, wenn Sie schon mit diesen Zahlen operieren, mal eben 300 Milliarden Euro, die aufgenommen worden sind und jetzt als Verpflichtung bestehen. Meine Fraktion und ich sind nicht davon überzeugt, dass Sie das auf diese Weise lösen können, wie Sie das vorschlagen.

Das heißt, Herr Egloff, in der Krise geht es nicht nur um die Sanierung der Finanzinstitute, sondern um ein entschlossenes politisches Handeln im Kampf gegen die Krise in der Realökonomie und die damit verbundene Arbeitslosigkeit. Ich glaube, dass man die Finanzinstitute nur halten kann, wenn man gleichzeitig operiert. Das kann ich in

diesem Konzept mindestens hier in Hamburg nicht erkennen.

Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen oder die Brandmeldungen aus dem Logistiksektor Hafen und Flugbereich sind deutliche Signale für die bereits eingetretene Rückwirkung der Finanzkrise und der Wirtschaftsrezession auf die Stadt.

Es muss in der Tat mehr gemacht werden – das hatten wir in der Haushaltsdebatte besprochen –, sonst werden Sie mit der Konzentration auf die Rettung der Finanzinstitute eben nicht das erreichen, was Ihre Absicht ist.

Zweites Argument: In einer Hamburger Zeitung konnten wir heute Morgen lesen – da kommen wir gleich noch einmal zusammen, Herr Neumann – ich zitiere:

"Hamburgs Abgeordnete sollen heute eine gigantische Summe in der Bürgerschaft abnicken und sie haben kaum eine andere Wahl. Denn die Fakten sind längst geschaffen."

Die Finanzspritze durch die Stadt sei ohne Alternative, erklären die verantwortlichen Politiker. Für den heutigen Tag mag dies sogar zutreffen. Doch es gab Weggabelungen. Das ist der Punkt, über den wir heute auch reden. Ich teile diese Bewertung der Presse beziehungsweise des früheren Wirtschaftsministers Marnette, dass die vermeintliche Alternativlosigkeit durch ein absolut miserables Krisenmanagement herbeigeführt worden ist.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ausweislich des Prüfungsberichts der KPMG – ich bin einer der vier Deppen, die das sehen durften –

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

über den Jahresabschluss der Bank, war die Bank im November und Dezember 2008 ernsthaft gefährdet. Nach Zusage der Restrukturierungskonzeption durch die beiden Länder – Herr Freytag hat uns letzte Woche darüber informiert, dass er eine Erklärung mit Parlamentsvorbehalt abgegeben hat – hat dann die SoFFin die Liquidität freigegeben.

Keine Frage, auch das möchte ich Ihnen noch einmal konzedieren, die Arbeit der Beschäftigten in der Bank und der vielen Wirtschaftsprüfer, die hinter der Konzeption einer strategischen Neuorientierung und Neuausrichtung stehen, finden auch unsere Anerkennung und unseren großen Respekt. Da ist in den letzten drei Monaten wirklich viel gemacht worden.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotzdem bewerten wir das, was in der strategischen Neuausrichtung vorgetragen wurde, in einigen Punkten anders; ich nenne nur die wichtigsten Punkte.

Erstens: Die unterstellten Annahmen für die Risikovorsorge und damit auch für die Höhe der von der Bank selbst in Rechnung gestellten, erwarteten Verluste für 2009 und 2010 sowie die Frage nach einer eigenständigen Perspektive des Unternehmens nach 2011 sehen wir sehr viel kritischer. Wenn ich jetzt den Blitzantrag, den Sie gemeinsam auf den Tisch gelegt haben, richtig deute, dann ist das auch Konsens. Was nach 2011 passiert, ist ein offener Punkt.

Zweitens: Die Bank ist in diese ausweglose Situation gekommen, weil das Krisenmanagement durch die Politik absolut mangelhaft und stümperhaft war; viele in der Stadt sehen das so.

(Michael Neumann SPD: Nicht der Politik, sondern des Senats!)

Ich komme gleich darauf, ich nenne Ross und Reiter.

Finanzsenator Freytag hat im Januar 2008 in einer öffentlichen Debatte, angesprochen auf die Notwendigkeit von Wertberichtigungen, eine Konsequenz für Verluste oder die kritische Lage der HSH Nordbank, gesagt, das stimme nicht. Wir können uns die Fernsehaufzeichnungen vom Januar 2008 ansehen.

(Michael Neumann SPD: Ganz schlimme Sendung!)

Das könne überhaupt nicht sein, das stimme nicht.

Im Mai 2008, bei der Einleitung der Kapitalaufstockung von 2 Milliarden Euro – Herr Kerstan, deswegen habe ich das vorhin gesagt –, wurde vom Senator jeder Bezug auf eine kritische Geschäftsentwicklung abgestritten. Laut Prüfbericht des Jahresabschlusses war die Risikotragfähigkeit, die immer quartalsweise festgestellt wird, bereits in den ersten zwei Quartalen, also bis zum 30. Juni, mit klarem Kurs nach unten. Im dritten und vierten Quartal ist das Ganze komplett in die roten Zahlen gerutscht. Auf jeden Fall hätte im dritten Quartal eine andere Qualität der Information und Krisenpolitik einsetzen müssen.

Auch das im Sommer rasch gestrickte SoFFin-Konzept mit diesen 480 Milliarden Euro hätte von politischer Seite ganz anders begleitet werden müssen. Da hat der Senat ebenfalls nichts gemacht, jedenfalls aus meiner Sicht.

Für meine Fraktion möchte ich erklären: Herr Senator Freytag wird auch weiterhin den Aufforderungen nicht Folge leisten, eine andere Praxis an den Tag zu legen, auch, wenn Sie ihm das jetzt nahelegen. Meine Fraktion streitet ihm auch ab, dass er irgendeine Kompetenz als Krisenmanager hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Mi- chael Neumann SPD: Wir auch!)

Ich finde es absolut unverantwortlich, dass Sie so jemanden noch einmal beauftragen, den Restruk

turierungsprozess zu begleiten und eine neue Kultur im Unternehmen auf den Weg zu bringen. Wenn irgendjemand aus meiner Sicht nicht dazu geeignet ist, dann gehört Herr Freytag dazu.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Was bedeutet diese Kultur im Unternehmen? Herr Nonnenmacher hat das mehrfach erläutert und gesagt, diese Kultur im Unternehmen bedeute einen Kurswechsel um 180 Grad. Ich finde, das ist ein gutes Bild.