Protocol of the Session on March 3, 2009

Interessant wird es da, wo Sie Ihre politischen Vorstellungen durch wirkliche Kürzungen gegenfinanzieren. Endlich trauen Sie sich, politisch zu denken und Prioritäten zu setzen. Leider muss man lange suchen, denn viel Traute haben Sie nicht, wenn es um seriöse Gegenfinanzierung geht. Doch, da haben wir etwas, nämlich das Büchergeld, es soll zurückgenommen werden. Wer würde das nicht gerne tun, aber wo kommt das Geld her.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wo ist es denn vorher hergekommen?)

Die für die Planung der Primarschulen veranschlagten Haushaltsmittel sollen auf Null gesetzt werden. Die Sozialdemokraten, angeführt von einem Kollegen, der selber an einem der feinen Gymnasien im Bergedorfer Villenviertel unterrichtet, machen sich hier wieder gemein mit Eltern aus den Elbvororten, vom Johanneum oder aus den Walddörfern, um für eine Zementierung des Klassenschulsystems der Kaiserzeit zu kämpfen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist allerfein- ste Polemik!)

Eine verlängerte gemeinsame Schulzeit ist die Forderung progressiver Pädagogen seit über 100 Jahren. Ihr gilt auch der Kampf der Gewerkschaften und dies will auch die Mehrheit der Hamburger Eltern. Wie sehr haben sich die Sozialdemokraten hier verrannt, wenn sie nun die Planungskosten aufrechnen gegen Büchergeld. Von dessen Wegfall profitieren vor allem die Eltern der Kinder aus der Mittel- und Oberschicht.

(Andy Grote SPD: Das heißt Büchergeld und ist eine sozialpolitische Maßnahme!)

Für die Benachteiligten bleiben nur Ihre utopischen, weil nicht finanzierbaren Forderungen nach kleineren Klassen, zusätzlichen Lehrerstellen, Sprachförderung und zusätzlichen Unterrichtsangeboten sowie massivem Ausbau der Ganztagsschule über das hinaus, was wir als Senat ohnehin in diesem Bereich schon machen. Wo ist die gute alte Sozialdemokratie,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die sitzt hier!)

die keine Klientelpolitik für Betuchte macht, sondern das Wohl der breiten Schichten der Bevölkerung im Blick hat?

(Glocke)

Ich bitte um mehr Ruhe im Saal. – Herr Waldowsky, fahren Sie fort.

(Glocke)

(Andreas Waldowsky)

Ich wiederhole mich ungern. Wenn ich sage, ich bitte um etwas mehr Ruhe, dann möchte ich, dass das befolgt wird. – Herr Waldowsky, fahren Sie fort.

Letztendlich steht dahinter natürlich nichts anderes als der verzweifelte Versuch, sich als Opposition zu profilieren, auch gegen eine vernünftige und gute Politik des Senats, und manchmal bleibt da arg wenig Platz für die SPD.

Ein letztes Beispiel dafür möchte ich nennen: der unsägliche Antrag des Kollegen Eisold zum Freibad Ohlsdorf. Der betrifft meinen Wahlkreis und er wirft leider ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der SPD. Getrieben von den LINKEN, die im Bezirk Nord ein erfolgreiches Bürgerbegehren initiiert und unterstützt haben,

(Dirk Kienscherf SPD: Das müsste doch auch in Ihrem Sinne sein!)

rettet sich die SPD in heillosen Populismus. Der Senat soll der Bäderland das potenzielle Bauland zu weit überteuerten Preisen abkaufen und dann, womöglich kostenlos, zur Verfügung stellen. Woher soll das Geld kommen? Dazu schweigen die Antragsteller vornehm. Warum greift da der haushaltspolitische Sprecher der SPD und Kreisvorsitzende Nord nicht ein, zumal die eigene Fraktion im Februar in der Bezirksversammlung die Übernahme des Bürgerbegehrens zusammen mit der CDU, der FDP und der GAL abgelehnt hat? Dies ist eine SPD, die man derzeit nicht in Regierungsverantwortung und auf der Senatsbank sehen möchte.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Bezeichnend für den Zustand der Opposition ist – dazu möchte ich gern abschließend etwas sagen – der Umgang mit dem Antrag, den wir zur Förderung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit eingebracht haben. Auf einer Veranstaltung im Herbst war einstimmig Konsens, dass wir in diesem Bereich aktiv werden müssen. Keine der Parteien bringt einen Antrag ein zur Förderung der Zusammenarbeit. Eine Woche später kommt die Partei DIE LINKE

(Christiane Schneider DIE LINKE: Wir waren vor euch!)

und fordert noch 300 000 Euro mehr, als wir gefordert haben.

Wo soll das Geld herkommen? – Fragezeichen. Das ist die Opposition, wie sie sich derzeit darstellt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Rede von Herrn Waldowsky hat mich schon sehr erstaunt, weil sie eigentlich nur aus den Klischees bestand, die wir von Herrn Freytag kennen,

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

aber wir lernen ja dazu. Das erste große Thema der Rede möchte ich aufnehmen, die Frage nach den Gründen für die Krise. Nach Ihrer Darstellung scheinen die Gründe darin zu liegen, dass die Politik viel zu viele Schulden gemacht und damit die gegenwärtige Wirtschafts- und Bankenkrise verursacht hat. Jeder, der sich ernsthaft damit beschäftigt hat, weiß, dass eine solche Aussage Mist ist und von vorn bis hinten nicht stimmt.

(Beifall bei Thomas Böwer SPD – Glocke)

Herr Hackbusch, ich bitte auch Sie, zum parlamentarischen Sprachgebrauch zurückzukehren.

Norbert Hackbusch (fortfahrend) : Wir stellen stattdessen fest, dass, wenn irgendjemand diese Krise – die ist nicht irgendwie aus Amerika zu uns herübergekommen, sondern in diesem System entstanden – kräftig geschürt, ja mit initiiert hat und aktiver Teil der Entwicklung war, es die HSH Nordbank war. Das zeigen alle Fakten, die wir uns gegenwärtig ansehen können. Diese Regierung hat dementsprechend eine aktive Rolle dabei gespielt, dass wir eine internationale Spekulationskrise haben, die Entwicklung ist nicht irgendwie über sie hereingebrochen. Über diese Mitverantwortung habe ich hier kein Wort gehört. Von einem Finanzsenator, der diese Verantwortung trägt, hätte man das allerdings erwarten können.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dann stellt sich der Finanzsenator hier hin und sagt, ich habe für so tolle Zahlen gesorgt. In den guten Zahlen, den guten Ergebnissen, die die HSH Nordbank für Hamburg ausgeschüttet hat und die der Finanzsenator als tolles Ergebnis präsentiert, liegt doch eine der Ursachen für die gegenwärtige Spekulations- und Wirtschaftskrise. Dass dieser Zusammenhang nicht selbstkritisch gesehen wird, ist eine absolute Katastrophe. Dass die GAL, die damit eigentlich nichts zu tun hat, für dieses Verhalten keine kritischen Worte findet, ist politisch unhaltbar. Sie von der GAL haben diese Spekulationsblase nicht mit zu verantworten, aber Sie verteidigen jetzt allen Schlamassel, den die Verantwortlichen hier vorbringen; das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Unverantwortlich ist auch der Umgang mit der Konjunkturkrise. Herr Bischoff hat doch sehr eindrücklich deutlich gemacht, wie umfangreich das Konjunkturprogramm ist, das wir gegenwärtig in dieser

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü)

Stadt haben. Wenn ich mir die meisten Reden anhöre, die hier gehalten wurden, habe ich den Eindruck, man erwartet, dass irgendjemand kommt und Konjunkturprogramme macht, am besten die Bundesregierung.

Das Wichtigste in Hamburg ist doch, dass unser Haushalt ausgeglichen ist, dass wir möglichst kein Geld zusätzlich aufnehmen und möglichst nicht mehr Geld ausgeben. Das ist doch die Herzensangelegenheit der CDU, das merkt man doch an all diesen Beiträgen. Genau das ist fatal und wird in den nächsten Monaten gefährlich werden. Sie wollen gar kein Konjunkturprogramm, Sie wollen sich nicht verschulden, um in der Lage zu sein, gegen diese Struktur- und Wirtschaftskrise antreten zu können, sondern hoffen, dass das andere machen und Ihr Beutel einigermaßen ausgeglichen ist. Das ist politisch katastrophal, weil es kurzsichtig ist. So wird Hamburg gegen Schleswig-Holstein und gegen Niedersachsen kämpfen, so wird die Bundesregierung gegen Frankreich und gegen Großbritannien kämpfen und am Ende werden Sie sagen, wir haben einen tollen Europawahlkampf geführt und das heißt, dass wir Internationalisten und Europafreunde sind. Das ist verlogen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich wollte heute aber vor allem über etwas ganz anderes sprechen. In der ganzen aufgeregten Diskussion ist die Frage der Elbphilharmonie etwas untergegangen. Das ist schon allein deshalb nicht zu akzeptieren, weil wir heute Mittag mit Erstaunen mitbekommen haben, dass Herr Stuth, einer der wichtigsten Akteure im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie, zurücktreten musste. Wir kennen natürlich die Hintergründe nicht im Einzelnen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wir wollen auch nicht spekulieren!)

Wir wissen aber, dass einiges faul ist in dieser Stadt, und das wird im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie deutlich. Ich will das an einigen Punkten kurz aufzeigen.

Erstens: Um welche Dimensionen geht es eigentlich bei der Elbphilharmonie? Der Bürgermeister und Herr Maier haben sich vor ungefähr zwölf, 14 Jahren über die Preissteigerungen aufgeregt, die damals bei der Galerie der Gegenwart festzustellen waren. Das wurde als katastrophal bezeichnet, als eine Panne, die nicht zu entschuldigen sei. Man forderte, der damaligen Senatorin eine Rüge zu erteilen; auch ich fand das damals unverschämt. Die Preissteigerungsrate, um die es damals ging, lag bei 15 bis 25 Prozent, das waren insgesamt 25 Millionen D-Mark. Bei der Elbphilharmonie haben wir jetzt eine Preissteigerung um 300 Prozent oder um 200 Millionen Euro, die diese Stadt zu tragen hat. In dieser Art und Weise so locker darüber hinwegzugehen, wie Sie das ma

chen – ohne Rüge, alles ist in Ordnung, wir haben wunderbar gearbeitet –, das gehört sich nicht.

Zweitens: Warum ist diese Kostensteigerung überhaupt so besonders bemerkenswert? Auffällig ist – und jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt hat, merkt das –, dass es keinen einzigen materiellen Grund für die Kostenexplosion in Höhe von 200 Millionen Euro gibt. Es wurde kein dritter Saal gebaut, es wurden keine weiteren Fassaden neu eingeplant, es gibt keine Begründung, dass von der Stadt gesagt worden ist, wir wollen noch etwas großartig Neues. Man hat es uns so dargestellt, dass die Situation irgendwie aus sich heraus so entstanden sei. Die Senatorin sagt uns immer, das liege an diesen beiden Terminkalendern, die nicht miteinander abgestimmt worden seien; eine gute Erklärung, könnte man meinen.

Jetzt habe ich mir aber die Freude gemacht, die Situation von 2007 noch einmal genau nachzulesen; ich selbst war zu dieser Zeit nicht in der Bürgerschaft. Damals haben sich der Haushalts- und der Kulturausschuss mit der Elbphilharmonie beschäftigt. Es gab viele fleißige Abgeordnete, die vieles genau nachgefragt haben, unter anderem Herr Rusche von der CDU-Fraktion, der leider nicht mehr hier ist. Er hat genau nachgefragt, ob wir absolut sicher sein können, dass in diesem doch sehr komplizierten Vertragsregelwerk keine auch noch so kleine Hintertür offen ist, die es dem Investor angesichts weiter steigender Baukosten ermöglicht, diese auf die Stadt abzuwälzen. Die Antwort des Senats war – sie wurde von Frau Jasper gegeben, die dafür verantwortlich war –: Sie können sich sicher sein, es ist ein Pauschal-Festpreis vereinbart und Baukostensteigerungen führen nicht zu Preisanpassungen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das sind doch al- les alte Kamellen!)

Das sind keine alten Kamellen.

Seinerzeit fragte Herr Lafrenz: Kann es denn sein, …

(Unruhe bei der CDU)

Können Sie mir bitte zuhören?