Protocol of the Session on March 3, 2009

(Olaf Ohlsen CDU: Dann brauchen Sie nicht mehr anzutreten!)

Die LINKE tritt für eine Abwicklung der HSH Nordbank ein. Das heißt nicht, dass 1100 und mehr Arbeitsplätze freigesetzt werden. Wer hat eigentlich den Verlust dieser 1100 Arbeitsplätze verursacht? Das waren die Verantwortlichen der HSH Nordbank. Es ist nicht gesagt, dass bei einer Abwicklung so viele Arbeitsplätze freigesetzt werden. Wenn wir schon von Kernbank und Abbaubank reden, so würde die Übertragung der Geschäftsteile auf die Sparkassen in Schleswig-Holstein und auch in Hamburg auch mehr Personal erfordern.

Die unvorstellbaren Summen, mit denen jetzt Rettungsschirme und Konjunkturprogramme ausgestattet werden, machen die Menschen sprachlos und wütend zugleich. Was sie zutiefst beunruhigt, sind die immensen Schulden.

Die LINKE hat sich nie gegen eine Neuverschuldung ausgesprochen. Als Sie das als absolutes Dogma aufgestellt haben, haben wir immer gesagt,

dass wir die politische Verantwortung für die gesamtgesellschaftliche Situation und die wirtschaftliche Lage betonen und es durchaus die Situation geben kann – und in so einer Situation sind wir jetzt endgültig angekommen – , in der man auch Neuverschuldung veranlassen muss. Aber Schulden in dieser Größenordnung auf die kommende Generation abzuwälzen und das mit einer Schuldenbremse zu verbinden, das ist schon makaber.

(Beifall bei der LINKEN)

Die LINKE hat ein Strukturprogramm vorgelegt. Herr Schira, das ist in die Bürgerschaft eingebracht worden und kommt jetzt in den Haushaltsausschuss. Da werden Sie noch Gelegenheit haben, sich intensiv damit auseinanderzusetzen und vielleicht werden Sie dem sogar zustimmen. Wir haben eine Ausweitung der öffentlichen Ausgaben für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit gefordert. Nach unserer Auffassung fehlen im Haushaltsplan-Entwurf des Senats Maßnahmen zur Überwindung der sozialen Spaltung. Ich weiß, dass viele von Ihnen diese gar nicht wahrnehmen, aber sie nimmt kräftig zu und es ist wirklich sehr bedrückend.

Im Gegenteil, wir haben den Eindruck, dass durch den Haushaltsplan-Entwurf, den die Regierung hier vorgelegt hat, die soziale Spaltung noch verstärkt wird. Da nützt es auch nicht, dass der Sozialetat aufgestockt worden ist, das ist nur noch ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Was machen wir also mit den Schulden? Mehrausgaben können durch zwei Arten beglichen werden, entweder durch Minderausgaben oder durch Mehreinnahmen. Die LINKE zum Beispiel will keine Steuergelder ausgeben für die Elbvertiefung, für die U 4, für die Elbphilharmonie, für den zweiten Kreuzfahrt-Terminal, für den Fußweg zur Elbphilharmonie, für die Kombi-Pferderennbahn und auch nicht für den Hamburger Stand auf der EXPO in Schanghai. Das sind schon einmal erhebliche Einsparungen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Vor allem der letzte Punkt!)

Stattdessen wollen wir die soziale Spaltung in Hamburg durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik und eine sozial verträgliche Anti-Krisenpolitik überwinden. Dazu gehört – wer sich in der Stadt ein bisschen umsieht, weiß, dass das wichtig ist – ein kostenloses Schulmittagessen, die Wiederherstellung der Lehr- und Lernmittelfreiheit, das heißt, das Büchergeld an den Hamburger Schulen muss abgeschafft werden. Die neu beschlossenen nachgelagerten Studiengebühren sollten zumindest ausgesetzt werden

(Wolfgang Beuß CDU: Was heißt zumin- dest!)

und auf jeden Fall müssen mehr Lehrer eingestellt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen Mobilität für alle, das heißt, ein ÖPNV-Sozialticket, das seinen Namen auch verdient hat, also für 15 Euro pro Monat. Und wir wollen die Ein-Euro-Jobs abschaffen; die halten wir für absolut unmenschlich. Stattdessen sollen 13 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen werden.

Um eine soziale, ökologische Wende herbeizuführen, darf es für Stadtwerke und Klimaschutz nicht nur schöne Werbebroschüren und hehre Ziele für die Zukunft geben, es muss investiert werden. Deswegen haben wir dafür 141,8 Millionen Euro angesetzt.

Ganz dringend muss in Hamburg die Wohnungsbausituation in den Blick genommen werden. Die Wohnungsbauförderung muss wieder als Aufgabe von der Stadt wahrgenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Die LINKE fragt immer, wie wir das finanzieren wollen.

(Frank Schira CDU und Dr. Andreas Dressel SPD: Bei allen!)

Ich habe Ihnen eben schon einmal gesagt, welche Einsparungen wir machen wollen. Da können Sie jetzt schon einmal Ihren Taschenrechner anstellen. Dann haben wir natürlich auch die Einnahmenseite im Blick. Dieser Senat hat die Einnahmenseite völlig aus dem Blick verloren. Wir haben im letzten Jahr einen Antrag auf zusätzliche Einstellungen von Steuerprüfern und Steuerfahndern gestellt. Der ist in den Ausschuss gekommen und dann unter Vorbehalt auch angenommen worden. Im Dezember hat uns dann die Regierung mitgeteilt, dass sie sich das alles noch einmal angesehen habe und sie habe für Hamburg befunden, dass eine Verbesserung des Steuervollzuges nicht nötig sei. Soviel dazu, Herr Kerstan, wenn Sie sagen, die Steuern in der Stadt Hamburg bezahlen in erster Linie die Reichen. Da irren Sie gründlich, da müssen Sie sich einmal ansehen, was Herr Krämer erzählt. Er würde gerne Steuern zahlen, aber er kann leider nicht.

(Frank Schira CDU: Er kann ja spenden!)

Wir haben ein völlig ungerechtes Steuersystem und der Steuervollzug muss verstärkt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Der heute vorgelegte Antrag der GAL zur Steuerprüfung ändert daran substanziell überhaupt nichts. Die LINKE fordert weitere Maßnahmen im Zuge der Steuergerechtigkeit und auch im Interes

se der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Wir wollen keine Verschuldung nach oben.

Das Gegenargument, das heute auch schon wieder von Herrn Schira gekommen ist, wir setzten uns für die Vermögenssteuer ein und dies ginge nur auf Bundesebene einzuführen und deshalb funktioniere es nicht, zählt nicht.

(Wolfgang Beuß CDU: Ach Gott!)

Die Konjunkturprogramme und die Rettungsschirme werden auch alle auf Bundesebene durchgesetzt. Es ist also alles eine Frage des politischen Willens und der politischen Notwendigkeit.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn wir eine Vermögenssteuer fordern, dann daraus abzuleiten, dass wir in Berlin mitregieren wollen, ist abenteuerlich.

(Beifall bei Kai Voet van Vormizeele CDU)

Wir haben hier noch eine andere große Partei, die SPD, die auch die Einführung der Vermögenssteuer fordert.

(Frank Schira CDU: Ja, Münte!)

Ich bin ganz sicher, Sie werden sich dem irgendwann anschließen. Wir werden an einer Reform der Einkommensteuer, nämlich die niedrigen und mittleren Einkommen zu entlasten und die höheren Einkommen zu belasten, also eine gerechte Steuerpolitik zu machen, nicht vorbeikommen. Und wir werden auch nicht an einer Vermögenssteuererhebung vorbeikommen. Ich werde Sie beizeiten daran erinnern, was Sie früher gesagt haben. Wir hatten schon einmal so einen Fall bei der CDU. Da waren Sie gegen die Grunderwerbssteuer und jetzt haben Sie sie wieder erhöht; insofern sind Sie ja lernfähig.

Ich will Ihnen auch sagen, wie diese immense Verschuldung nicht finanziert werden kann. Sie kann nicht finanziert werden mit Steuersenkungen à la FDP und CSU. Das ist abenteuerlich und unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Ingo Egloff SPD: Ja, das stimmt!)

Diese Verschuldung kann auch nicht behoben werden mit dem Prinzip Hoffnung; das funktioniert auch nicht. Wenn der Herr Bürgermeister in seiner Regierungserklärung vor wenigen Wochen gesagt hat, im Herbst springt die Wirtschaft wieder an, dann werden die Einnahmen wieder kräftig sprudeln

(Frank Schira CDU: Das hat doch keiner ge- sagt!)

und dann werden die Schulden abgebaut, dann ist das ebenso unverantwortlich.

Genauso könnten Sie, Herr von Beust, hoffen, dass die Stadt den Jackpot im Lotto bekommt. Das ist kein solider Tilgungsplan, dieses Prinzip Hoffnung ist aus unserer Sicht nichts anderes als die Fortsetzung der Kasino-Mentalität und das muss aufhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Bürgermeister von Beust.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann natürlich Haushaltsberatungen so führen, wie die Opposition sie führen will. Die LINKE zum Beispiel preist großzügig soziale Wohltaten für viele an und fordert darüber hinaus ein Konjunkturprogramm von 2,5 Milliarden Euro für Hamburg – 2 Milliarden Euro zusätzlich zu dem, was ohnehin schon gemacht wird –, ohne konkret zu sagen, wie es bezahlt werden kann. Das kann man so machen, das ist für eine Opposition natürlich legitim.

(Michael Neumann SPD: Sie kennen das!)

Es ist auch legitim, wie es die Sozialdemokraten machen, so eine Mischung aus Schmähungen mit gebremstem Schaum, scheinbar differenziert zu argumentieren oder Gefahren an die Wand zu malen, die gar nicht bestehen. Ich will Ihnen sagen, was ich meine: Die so nett vorgetragene Rede der Sozialdemokraten strotzte vor Worten wie mangelnde Glaubwürdigkeit, Vertuschungsmanöver, Täuschung, Opportunismus, Beliebigkeit, Verantwortungslosigkeit,

(Beifall bei der SPD)

um sich hinterher damit zu rühmen, wie sachlich man doch argumentiert; das ist nicht aufrichtig.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das ist rhetorisch in Ordnung, das ist Oppositionshandwerk.

(Ingo Egloff SPD: Das kennen Sie!)