Protocol of the Session on March 3, 2009

(Ingo Egloff SPD: Das kennen Sie!)

Nebenbei ist es genauso Oppositionshandwerk, mit dem schwelenden, differenzierten Gesicht des Oppositionsführers sich hinzustellen und zu sagen, wir stimmen sogar einem Einzelplan zu. Das haben wir vor 20 Jahren schon bei der Kultur gemacht, das ist nichts Neues.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Leichte, langweilige Oppositionskost. Man kann natürlich mit Dingen drohen, die keiner will. Da wird sich hingestellt und gesagt, wir wollen den Elternwillen; wir wollen verhindern, dass vor der sechsten Klasse eine Prüfung stattfindet, für die wie bei einem Jurastudium Repetitorien belegt werden müssen. Kein Mensch will irgendeine Prü

fung, für die Repetitorien notwendig sind. Sie malen Teufel an die Wand, die keiner will, meine Damen und Herren. Auch das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Nun kann man natürlich sagen, das ist Oppositionshandwerk. Ich kenne das selber, ich bin ja lange dabei, seit über 30 Jahren habe ich das Vergnügen, in diesem Hause zu sein. Es war wirklich so vor 30, vor 20 oder vor 10 Jahren; das habe ich auch gemacht. Aber passt dieses kleine Oppositionshandwerk eigentlich in diese Zeiten?

(Ingo Egloff SPD: Jetzt kommt die Patrioten- nummer!)

Es passt nicht in diese Zeiten, denn die Menschen beunruhigen ganz andere Dinge.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir haben wirtschaftliche Schwierigkeiten in der Welt, in Europa, in Deutschland und auch in Hamburg, vermutlich die größten Schwierigkeiten in dieser Region seit 30, 40 Jahren. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, die Kurzarbeit nimmt zu. Firmen, von denen es bisher keiner geglaubt hat, nicht nur Opel, sagen, der Staat muss uns helfen. Es vergeht kein Tag, der Wirtschaftssenator wird es bestätigen können, an dem Firmen, die man für solide hält, gerade im Bereich maritime Wirtschaft, sagen, wir brauchen Bürgschaften, sonst schaffen wir es alleine nicht mehr. Systemische Banken – dazu sage ich gleich noch etwas – rufen plötzlich nach dem, was sie früher für Gift gehalten haben, nämlich staatlicher Beteiligung.

Wir stellen uns doch alle viele Fragen, die jetzt so akut sind wie lange nicht mehr, unter anderem die Frage, wie man international die Finanzverkehre wirksam regulieren kann. Was kann man tun, damit Demokratie sich trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten als stabil erweist und auch in schwierigen Zeiten das demokratische System nicht infrage gestellt wird? Welche langfristigen Folgen haben eigentlich die immensen Gelder, die in die Wirtschaft gepumpt werden in Hamburg, in Deutschland, in Europa, in vielen Ländern bis hin zu den Vereinigten Staaten? Was ist eigentlich die Aufgabe des Staates in dieser Situation? Welche Rolle hat sogenannte Ordnungspolitik auf der einen Seite und welche Rolle hat die Fürsorgepflicht des Staates auf der anderen Seite, die Menschen nicht im Stich zu lassen? Das sind Fragen, die in dieser Dramatik überall gestellt werden. Es wird überall darüber diskutiert, nur an der Hamburger Opposition ist diese Problematik vollständig vorbeigegangen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Vizeprä- sident Wolfhard Ploog übernimmt den Vor- sitz.)

Es werden unterschiedliche Dinge zu tun sein auf Bundesebene, auf europäischer Ebene und auf Hamburger Ebene. Auf Bundesebene und auf

(Dora Heyenn)

Hamburger Ebene wird es vor allem darum gehen, die Konjunktur so zu beleben, dass wir zumindest gedämpft aus der Krise hervorgehen können.

Keiner wird ernsthaft behaupten können, auch wir nicht, dass unsere verabschiedeten Konjunkturprogramme, die schnell, solide und gründlich erarbeitet sind, uns vor den Schwierigkeiten der Wirtschaftskrise endgültig abschotten. Das Ziel ist, zu dämpfen und vor allen Dingen gerade die kleinen und mittleren Firmen in dieser schwierigen Lage durch lokale und regionale Aufträge zu unterstützen, damit sie nicht nachhaltig in den Strudel dieser Krise geraten; das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Und das abzuwägen, die staatlichen Schulden nicht ins Uferlose treiben zu lassen, ist immer eine Gratwanderung. Ich kann mich nicht erinnern gesagt zu haben, dass es im Herbst wieder bergauf gehe – ich habe das Protokoll allerdings noch nicht gesehen –, denn es wird in der Tat länger dauern, da gebe ich Ihnen völlig recht. Natürlich wollen wir hoffen, dass es einmal wieder besser geht und auch alles dafür tun. Wenn wir Schulden machen müssen, um dies auf Bundes- und Landesebene zu finanzieren, dann werden diese Schulden konditioniert mit der Maßgabe, dass sie bei erneutem Wirtschaftswachstum und wachsenden Steuereinnahmen sofort wieder zurückgezahlt werden, das heißt, Abwägung zwischen regionaler Nachfragestärkung durch staatliche Mittel und einer vernünftigen Politik, die uns nicht in die Neuverschuldung treibt.

Meine Damen und Herren von der SPD, haben Sie denn schon vergessen, wenn Sie schon mit Schuldzuweisungen kommen, dass sich in den wirtschaftlich starken Jahren von 1990 bis 2000 unter Ihrer Führung die Staatsverschuldung in Hamburg verdoppelt hat? Ich erinnere Sie gerne noch einmal daran.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Herr Rose, Sie grinsen so milde, das ist zwar freundlich, aber Sie waren es – wir sagten damals, das Konjunkturprogramm von etwa 500 Millionen Euro reiche nicht –, der 1,5 Milliarden Euro forderte und in die Vollen gehen wollte, hinein in die Schulden. Jetzt grinst er, ein gesunder Humor.

Zu all dem gehört natürlich auch die Stärkung der regionalen Nachfrage. Diesen Punkt diskutieren wir auch bewegt. Sogenannte systemische Banken, die über ihre eigene Existenz hinaus eine Bedeutung haben, müssen wir notgedrungen unterstützen, damit durch diese Banken nicht zahlreiche von ihnen abhängige Firmen und Arbeitsplätze leiden müssen; darum geht es.

Darum geht es auch bei der HSH Nordbank, die nicht von uns, sondern vom Bund letzte Woche noch als systemische Bank eingestuft wurde. Hier geht es doch nicht darum – am Anfang klang es so –, den Bankvorständen die Taschen vollzustopfen, sondern an diesen Banken hängen Hunderte von Firmen mit Zehntausenden, vielleicht Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in dieser Region, in der maritimen Wirtschaft, im Schiffbau, in der regenerativen Energiewirtschaft, im Flugzeugbau. Darum brauchen vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firmen diese Bank, damit diese Firmen überleben können. Um diese Arbeitsplätze geht es, nicht um den Vorstand oder den Aufsichtsrat. Es geht darum, dass die Menschen, die von diesen Banken abhängig sind, überleben können. Das wird mit diesem Hilfspaket garantiert und das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Nun sagt die LINKE, das leuchte ihr nicht ein, sie wollen, dass die Bank abgewickelt wird; das ist immerhin eine Position. Ich halte von der Position nichts, denn in dem Moment, wo die Bank abgewickelt wird, gehen die Leute, die ihr Geld in der Bank angelegt haben, aus der Bank heraus und wir kommen in noch viel größere Bredouille, finanzieren zu müssen.

Zweitens kommen wir in Gefahr, dass die Gewährträgerhaftung aus alter Zeit viel schneller relevant wird, wenn es uns nicht gelingt, diese Bank im Kern zu erhalten. Man mag unterschiedlicher Meinung sein, ich teile Ihre nicht, weil ich glaube, dass sich in dem Moment, wo die Bank abgewickelt wird, natürlich die Firmen, die von diesen Banken Kredite erhalten haben und vor allen Dingen die Personen, die Geld in der Bank anlegen, um die Kredite zu ermöglichen, zurückziehen werden und die Haftung des Staates noch viel größer wird. Darum ist die Abwicklung der falsche Weg, aber es ist immerhin eine Meinung.

Was sagen denn die Sozialdemokraten in Hamburg?

(Olaf Ohlsen CDU: Nichts!)

Die stellen nur Fragen und sagen, wir müssen prüfen und wir haben viele Fragen.

(Michael Neumann SPD: Sie können ja mal in unsere Fraktion kommen, Sie informieren uns ja nicht!)

Dann fragen Sie, warum sich denn der Senat nicht engagiert habe, damit die SoFFin zahlt. Sie wissen doch, dass die SoFFin dann kein Geld gibt, wenn nicht die Trennung zwischen Kernbank und Abwicklungsbank erfolgt. Und wenn Sie sagen, man hätte diesen Weg gehen können und wir seien ihn bewusst nicht gegangen, dann ist das eine Irreführung, denn dieser Weg war nicht gangbar, weil es ihn nicht gegeben hat.

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Wer hat das gesagt?)

Herr Neumann, Sie gehen?

(Wolfgang Beuß CDU: Täuscher! – Zurufe bei der CDU)

Da kann jemand nicht hören, dass man ihn zitiert. Das kann ich verstehen, aber hinauszugehen ist ein bisschen übertrieben.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die Sozialdemokraten haben nur Fragen gestellt und gesagt, wir müssen prüfen. Das Problem war aber, dass wir eine Frist bis zum 24. Februar hatten, die aus dem Hause Ihres Finanzministers Steinbrück kam, und dann sagen Sie, wir wollen im März prüfen. Eine tolle Antwort ist das, meine Damen und Herren, das geht so nämlich nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Dr. An- dreas Dressel SPD: Dann geben Sie uns doch alle Unterlagen! – Ingo Egloff SPD: Dann geben Sie uns vorher Informationen!)

Es geht darum, die regionale Nachfrage zu stärken, etwas für die kleinen und mittleren Betriebe zu tun, systemische Banken zu unterstützen und das alles in der Abwägung, nicht in eine neue Schuldenfalle zu laufen, sondern das immer mit einer Verpflichtung zu versehen, Schulden zurückzuzahlen, wenn wieder Wachstum kommt. Es geht darum, auch bei Schwierigkeiten wirtschaftlich-finanzieller Art, die wir nicht nur in Hamburg, sondern überall haben, trotzdem die Schwerpunkte der Politik, die im Koalitionsabkommen definiert sind, nicht aus den Augen zu verlieren, denn wer bei wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten seine eigenen Schwerpunkte vergisst, der wird nicht für langfristige Lösungen stehen.

Für die stehen wir im Bereich der Bildungspolitik – das ist gerade von Herrn Kerstan gesagt worden – und hier verstehe ich die Opposition auch nicht. Man kann darüber nachdenken, welcher Hochschulbereich gefördert werden muss, welcher exzellent ist und welcher nicht, aber wenn eine Exzellenzinitiative mit immerhin 215 Millionen Euro aufgelegt wird, wenn eine Wissenschaftsstiftung gegründet wird, die aufwachsend 2, 10, 15 Millionen Euro für die Wissenschaft zur Verfügung stellt, in Bausch und Bogen nein gesagt wird statt zu sagen, wir müssen alles tun, um gerade in schwierigen Zeiten die Wissenschaft im Interesse langfristiger Politik zu stützen, dann ist das, wie Herr Schira gesagt hat, verantwortungslos und keine eigene Konzeption.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Gleiche gilt natürlich auch für die Schulpolitik. Natürlich reden wir intern darüber, auch mit vielen Teilen der Öffentlichkeit, aber was Sie wollen, ist mir ein Rätsel.

(Ingo Egloff SPD: Sie haben keine Linie!)

Sie ziehen in einen Wahlkampf mit Schule für alle, das ist in Ordnung. Sie beschließen auf dem Programmparteitag der SPD in Hamburg eine Schule für alle. Nun kommt die Initiative sechs Jahre gemeinsames Lernen und dann sagen Sie, das wollen wir auch nicht, aber das Elternwahlrecht soll erhalten bleiben. Wenn Schule für alle kommt, und zwar neun Jahre lang, dann haben Sie die ganze Zeit auch kein Elternwahlrecht. Sie behaupten aber, Sie hätten das Elternwahlrecht; das ist doch alles nicht stimmig und konsequent.

(Ingo Egloff SPD: Was haben Sie denn zu den Gymnasien gesagt? – Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben Wählertäuschung begangen!)

Einige Ihrer Damen und Herren sagen jetzt, die armen Gymnasien, das wäre alles so prima, und in Wirklichkeit wollen Sie selber die Gymnasien zerschlagen, indem Sie durch neun Jahre gemeinsames Lernen den Gymnasien endgültig die Luft zum Leben nehmen wollen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich stelle also fest: Viel Ritual und wenig Inhalt, das reicht nicht zum Regieren, meine Damen und Herren.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der GAL)