Dass Herr Neumann das fordert, je nachdem wie der Wind weht außerhalb und innerhalb seiner Partei und Fraktion, sind wir gewohnt. Aber dass Sie, Frau Dr. Stapelfeldt, das als seriöse Politikerin machen, wundert uns schon sehr.
Kannten Sie vielleicht den Text Ihrer eigenen Pressemitteilung oder den Antrag nicht? Das können Sie nicht ernst meinen, das ist auch ein Beispiel dafür, die Verantwortung für Hamburg nicht wahrzunehmen.
CDU und GAL haben im Koalitionsvertrag eine Reihe von Schwerpunktsetzungen für Hamburg vorgenommen. Wir haben den Vertrag vor knapp einem Jahr im März/April ausgehandelt. Die Bedingungen für unser Handeln haben sich seit dem vergangenen Frühjahr geändert. Dennoch setzen wir diese Vereinbarung jetzt mit dem ersten gemeinsamen Haushalt zu einem erheblichen Teil um. Wir nehmen gemeinsam Verantwortung für Hamburg wahr. Natürlich sind wir nicht in allen Punkten einer Meinung und natürlich diskutieren wir zum Beispiel über die Schulpolitik; dies werden wir auch weiterhin tun. Aber, und das ist ein sehr hohes Gut, wir können uns aufeinander verlassen. Wir lösen die Konflikte sachlich und pragmatisch.
Die Erfahrungen der vergangenen zwölf Monate haben mich und meine Fraktion in der Überzeugung bestärkt, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir haben noch einige für unsere Stadt wichtige Fragen auf unserer Agenda: Arbeitsplätze, Klima, Familie, Beruf. Wir wollen kreative Köpfe in unserer Stadt halten und neue für Hamburg gewinnen. Wir wollen die Frage beantworten, wie wir uns zu
Die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt hängt neben den wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen sehr stark ab vom sozialen Zusammenhalt aller Menschen in Hamburg. Wir als schwarz-grüne Koalition wollen unter der Führung von Bürgermeister Ole von Beust pragmatisch, aber auch optimistisch die Herausforderungen annehmen. Wir nehmen Verantwortung für Hamburg wahr. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Haushaltsberatungen sind immer Generaldebatten über die Politik in dieser Stadt, denn hinter all den vielen Zahlen in den vielen Einzelplänen der einzelnen Behörden, diesen vielen Telefonbüchern, die dort aufgehäuft sind, stecken die eigentlichen Schwerpunktsetzungen, die wichtigsten Projekte einer Regierung. Wie ist die Situation, wo soll die Reise hingehen? Darauf soll der Haushalt einer Regierung Antworten geben. Das interessiert die Menschen in dieser Stadt und das interessiert natürlich bei der ersten schwarz-grünen Landesregierung in Deutschland. So manche mögen sich gedacht haben, Koalitionsverträge sind geduldig, Papier ist geduldig, man kann vieles vereinbaren, aber ist es denn in diesen politisch und finanziell schwierigen Zeiten möglich, das auch umzusetzen, wenn es um die Verteilung des Geldes geht.
Meine Fraktion und auch ich sind sehr stolz darauf, dass es uns auch in Zeiten einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise gelungen ist, einen Haushaltsplan vorzulegen, in dem alle wesentlichen Projekte, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart hatten, finanziert und damit zum Wohle der Zukunft und der Menschen in dieser Stadt umgesetzt werden.
In der Tat hat sich die Situation in den wenigen Monaten, in denen dieser Senat im Amt ist, dramatisch gewandelt. Ausgehend von einer amerikanischen Finanzkrise hat sich eine weltweite Krise des Bankensystems entwickelt. Es sind Dinge geschehen, die man nicht für möglich gehalten hätte. Das Investmentbankensystem, das Finanzsystem angelsächsischer Prägung gibt es nicht mehr, riesige Banken gehen entweder pleite oder werden verstaatlicht, milliardenschwere Rettungspakete der Notenbanken, der Regierungen oder der Landesregierungen jagen sich. Die Menschen fragen sich mit Recht, welche Auswirkungen das auf die
Darum lassen Sie mich, bevor ich über den Haushalt und die einzelnen Projekte rede, zunächst auf zwei Bereiche eingehen, die wichtig sein werden für die nächsten Jahre in dieser Stadt, zum einen auf die HSH Nordbank, zum anderen auf die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Finanzkraft, aber auch auf die Verschuldung dieser Stadt.
Der Senat und die Landesregierung von Schleswig-Holstein haben vor wenigen Tagen beschlossen, ein Rettungspaket für die HSH Nordbank zu schnüren. 3 Milliarden Euro Eigenkapital werden in die Bank gepumpt und 10 Milliarden Euro Garantiesumme bereitgestellt. Diese 10 Milliarden Euro sind nicht unmittelbar mit Zahlungen verbunden. Die HSH Nordbank muss in den nächsten Jahren bis zu 4,8 Milliarden Euro zusätzliche Schulden machen, damit auch nur der erste Euro dieser Garantiesumme in Anspruch genommen werden kann. Damit wurde die Bank vor der Pleite bewahrt und es wurden unzumutbare Risiken für Hamburg und das Land Schleswig-Holstein abgewendet. Viele Bürger fragen sich angesichts dieser Situation, warum das eigentlich notwendig ist. Warum muss die Politik diese Banken, diese Banker retten, die durch ihre unverantwortlichen Spekulationen diese Krise, die jetzt auch Arbeitsplätze bedroht, erst hervorgerufen haben?
Die Antwort auf diese Frage hat damit zu tun, dass das Bankensystem in Gänze durchaus auch die Funktion eines öffentlichen Gutes hat, denn nur ein funktionierendes Bankensystem versorgt die Wirtschaft, die Unternehmen und auch die einzelnen Bürgerinnen und Bürger mit dem notwendigen Geld, um unsere wirtschaftliche Existenz sichern zu können. Diese Funktion ist in dieser Finanzkrise weltweit in Gefahr geraten. Es wurde von der Kernschmelze des Bankensystems gesprochen und im Oktober letzten Jahres war nicht sicher, ob nicht eine unkontrollierbare Situation ausgelöst werden könnte.
Die HSH Nordbank ist in dieser Region der größte Schiffsfinanzierer und die größte Bank für Mittelständler mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz. Jeder zweite von ihnen hat Kredite bei der HSH Nordbank, die Insolvenz einer solchen Bank hätte eine wirtschaftliche Kettenreaktion ausgelöst, die viele Hunderttausend Arbeitsplätze in dieser Region bedroht hätte. Insbesondere hätte sie eine Kettenreaktion in den öffentlichen Finanzen in Gang gesetzt, denn wir reden im Moment für Hamburg von einer finanziellen Belastung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Bei einer Pleite der HSH Nordbank hätte Hamburg seinen Anteil an 65 Milliarden Euro Krediten der Gewährträgerhaftung übernehmen müssen. Hamburgs Anteil daran beträgt 22 Milliarden Euro. Die Bank und unsere Berater
haben uns mitgeteilt, dass relativ kurzfristig unmittelbar ein zweistelliger Milliardenbetrag fällig geworden wäre, also sofortige Zahlung.
Das gilt nicht nur für Hamburg, sondern auch für Schleswig-Holstein und für die Sparkassen. Die Sparkassen hätten in einem Fall der Insolvenz der HSH Nordbank ihren Anteil auf Null abschreiben müssen, die unterkapitalisierten Sparkassen wären daraufhin pleite gegangen. Schleswig-Holstein hätte die Haftung für die Sparkassen übernehmen müssen, nicht nur für seinen eigenen Anteil in Milliardenhöhe, sondern auch für den der Sparkassen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit Schleswig-Holsteins wäre an ihre Grenze geraten, wahrscheinlich hätte Schleswig-Holstein seine Zahlungsfähigkeit nicht mehr aufrechterhalten können. Und in dem Fall, weil die Gewährträgerhaftung eine gesamtschuldnerische Haftung gewesen wäre, hätte Hamburg für die Verluste eintreten müssen. Letztendlich hätte Hamburg mit dem Großteil der Gewährträgerhaftung von 65 Milliarden Euro im Risiko gestanden.
Vor dieser Alternative haben wir es für verantwortungslos gehalten, die Bank in die Insolvenz gehen zu lassen und haben sie gerettet. Ich habe keinen anderen Vorschlag gehört, der diese Risiken ausgeschlossen hätte und verantwortbar gewesen wäre. Insofern stehen wir zu dieser Entscheidung, weil wir damit unzumutbare Lasten von Hamburg, dem Haushalt und den Hamburger Steuerzahlern abgewendet haben, meine Damen und Herren.
Es ging nicht nur um eine existentielle Krise dieser Bank, sondern durchaus auch des Landes Schleswig-Holstein und letztendlich auch um eine massive Belastung Hamburgs. In einer solchen Situation haben Sie von der SPD sich auf eine Reaktion geeinigt, die sich darauf beschränkte, den Rücktritt des Finanzsenators zu fordern aufgrund von Äußerungen, die er im Oktober oder im Sommer gemacht hat. Aber auch wenn er sich nicht so geäußert hätte, hätte sich an dieser Situation nicht ein Deut geändert.
Ich hätte mir von Ihnen als SPD-Opposition gewünscht, einmal weniger den Rücktritt des Finanzsenators zu fordern und einmal mehr zum Telefonhörer zu greifen und ihren Parteifreund Peer Steinbrück, unseren Finanzminister in Berlin, anzurufen und mitzuhelfen, unzumutbare Risiken von Hamburg abzuwenden, denn der Bund lässt uns hier im Stich.
Eines kann man daran ganz deutlich sehen: Die Zeiten, in denen sich die SPD nicht nur vorrangig als SPD gesehen hat, sondern auch als die Hamburg-Partei, die sind anscheinend bei Ihnen schon lange vorbei.
Die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, ist für uns Grüne mit Sicherheit nur die zweitbeste Lösung. Das Entscheidende ist, dass mir noch niemand erklärt hat, warum der Bund bei der Rettung von Banken zweierlei Maß anlegt. Der Bund rettet nicht nur die Dresdner Bank und die Commerzbank, sondern er gibt auch Geld unter anderem für die VW-Bank, die für das Bankensystem und die Wirtschaft überhaupt keine Relevanz hat, die ein reines Marketinginstrument eines Autokonzerns ist. Für die haften die Steuerzahler von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen. Für die HSH Nordbank mit den existenzbedrohenden Risiken sollen Hamburg und Schleswig-Holstein allein haften. Das halte ich für eine unverantwortliche Position des Bundes. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie dort auf Ihre Parteifreunde eingewirkt hätten, meine Damen und Herren.
Wir haben eine Bankenaufsicht, die jahrzehntelang tatenlos zugesehen hat, wie in den Banken Risiken angehäuft wurden, und die dann, als die Krise da war, den Ländern die Pistole auf die Brust gesetzt hat und damit droht, die Bank von heute auf morgen zu schließen. Das hat fatale Folgen, die will ich hier ganz deutlich benennen. In einer so kurzen Frist, die uns der Bund gesetzt hat, ist es nicht möglich, alle Risiken sorgfältig und in ganzer Breite zu bewerten, die in diesen Geschäften enthalten sind. Es ist auch nicht möglich, ein intensiv vorbereitetes und fundiertes Geschäftsmodell zu verabschieden, um sicher zu sein, dass diese Bank jetzt auch langfristig gerettet ist. Das war innerhalb von zwei, drei Monaten nicht möglich. Die Bundesregierung hat uns die Pistole auf die Brust gesetzt und auch an diesem Punkt hätte ich mir gewünscht, dass Sie bei Ihrem Finanzminister, der das zu verantworten hat, interveniert hätten, um Risiken von Hamburg abzuwenden.
Wir haben jetzt ein Paket geschnürt mit einem gewissen finanziellen Polster. Ob es reichen wird, kann von uns heute keiner sagen. Es wird davon abhängen, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Wenn wir einen schweren weltweiten wirtschaftlichen Absturz, wenn wir gar eine Weltwirtschaftskrise bekommen, wird niemand ausschließen können, dass auch die HSH Nordbank vor weiteren finanziellen Risiken nicht gefeit ist.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass man in Zeiten der Krise auch schwere Entscheidungen treffen muss und manchmal nur die Wahl hat zwischen Pest und Cholera. Das gilt auch für ein anderes Thema, das auch Sie, Herr Neumann, angesprochen haben und das auch die Bürgerinnen und Bürger umtreibt. Inwieweit ist es eigentlich verant
wortbar, in dieser Krise massiv in die Verschuldung zu gehen? Und genau das tun wir ja einerseits bei der HSH Nordbank mit 1,5 Milliarden Euro, die über Schulden finanziert werden. Und natürlich werden wir auch nicht darum herum kommen, den Schuldenstand der Stadt von im Moment Null im Kernhaushalt hochzufahren, wenn im Frühjahr die Steuereinnahmen massiv einbrechen werden.
Darauf kann man eigentlich nur zwei Dinge sagen. Erstens, wenn im Moment weltweit die Wirtschaft einbricht, wenn die Nachfrage einbricht, wäre es grundfalsch, wenn der Staat in einer solchen Situation seine Ausgaben zurückfahren und auch noch zu sparen anfangen würde. Damit würden wir die Krise weiter verschärfen und noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr bringen. Eine solche Politik können und wollen wir nicht verantworten und darum werden wir das den Bürgerinnen und Bürgern auch nicht versprechen.
Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen in dieser Situation, wenn es denn notwendig ist, in die Verschuldung gehen, um den Absturz abzumildern und das Loch kleiner zu machen, in das wir ohne Zweifel fallen werden. Nur so werden wir in ein, zwei, drei Jahren in der Lage sein, wieder auf einen Konsolidierungskurs einzuschwenken und Schulden auch wieder abzubauen.
Das mahnende Beispiel für eine Regierung, die sich nicht so verhalten hat, ist doch vor 15 Jahren die japanische gewesen. In einer ähnlichen Situation – eine Spekulationsblase an den Immobilienmärkten – hat die japanische Regierung nicht reagiert, man wollte sich nicht verschulden. Die Wirtschaft ist in eine Krise gestürzt, die mittlerweile 15 Jahre andauert. Japan ist heute noch immer nicht wieder auf dem Niveau von vor 15 Jahren und der Schuldenstand des Staates hat sich verdreifacht. Insofern verhalten wir uns nicht unverantwortlich, sondern treffen eine schmerzliche und schwierige Entscheidung, die aber unvermeidlich ist, wenn wir eine solche negative Entwicklung hier in Deutschland verhindern wollen. Wir sind dazu bereit, diesen Weg zu gehen.
Doch wenn man bereit ist, diesen Weg zu gehen, dann kommt es darauf an, das nicht als einen Freibrief zu verstehen, alles das auf Pump und über Schulden zu finanzieren, was man schon immer für notwendig gehalten hat.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar Sätze zur Fraktion der LINKEN sagen. Sie schlagen die Finanzierung vieler Maßnahmen vor, die wir inhaltlich auch für richtig halten, wenn es darum geht, dass Menschen mehr Einkommen, mehr Zuwendung vonseiten des Staates erhalten sollen. Aber der entscheidende Punkt – Herr Schira deutete es an – besteht darin, dass Sie bei der Umset
zung zum jetzigen Zeitpunkt diesen Konsum auf Pump finanzieren wollen, denn Ihr Vorschlag setzt voraus, so sagen Sie selbst, dass Sie in Berlin mitregieren und Ihr Strukturprogramm durchbringen. Sie gehen selbst davon aus, dass das noch ein paar Jahre dauern wird.
In der Zwischenzeit wollen Sie das – ich glaube, diese Einschätzung teilen wir alle, dass das mindestens ein paar Jahre dauern wird – auf Kredit finanzieren. Und so sehr ich es jedem einzelnen Menschen in dieser Stadt gönne, mehr Geld vom Staat zu bekommen, das Einkommen ist sehr schnell verfrühstückt, die Schulden, die Tilgung und die Zinsen werden bleiben. Sie werden damit eine Spirale in Gang setzen, die die Zukunftsfähigkeit künftiger Generationen in Gefahr bringt. Sie finanzieren heutigen Konsum zulasten künftiger Generationen. Das kann die Antwort einer verantwortungsbewussten Politik auf eine Krise nun wirklich nicht sein.
Eine solche Politik ist auch nicht gerecht, wenn sie das Geld dem unteren Drittel der Bevölkerung dieser Stadt gibt, denn einen Effekt von Schulden blenden Sie konsequent aus. Bei wem verschuldet sich denn der Staat? Er verschuldet sich doch nicht auf dem Mars, sondern bei gut verdienenden, reichen Menschen in dieser Stadt und in dieser Welt. Und die Zinsen, die diese vom Staat bekommen, werden von den ganz einfachen Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Steuern finanziert. Insofern vergrößern Sie mit Ihrem Antrag, auch wenn er gut gemeint ist, die soziale Ungleichheit in dieser Stadt und auch das ist ungerecht und nicht verantwortungsbewusst.