Protocol of the Session on February 11, 2009

(Beifall bei Farid Müller GAL)

Das neue IFG ist damit ein Baustein einer modernen Bürgerrechtspolitik.

Die Neuerungen sind von den Vorrednern zutreffend dargestellt worden. Alle haben offenbar die Drucksachen sorgfältig gelesen

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

und insoweit will ich das auch nicht wiederholen. Ich will aber ein paar Beispiele bringen, damit ein bisschen plastisch wird, was sich realistisch ändert.

Erstes Beispiel: Ein künftiger Germanistikstudent, der sich für den Studienort Hamburg entscheiden will, kann bei der Universität in Erfahrung bringen, ob es Planungen zu einer Änderung der Studienordnung gibt.

Zweites Beispiel: Die Rentnerin, die sich über ihren Bescheid für die Abwasserrechnung ärgert, kann überprüfen, ob die für die Erhöhung der Rechnung genannten Gründe tatsächlich stichhaltig sind.

Drittes Beispiel: Der Freizeitsportler, bei dem eine Knieoperation ansteht, hat die Möglichkeit, sich bei der Universitätsklinik darüber zu informieren, ob die Struktur der Schichtenpläne ein ausgeruhtes medizinisches Personal garantiert.

Oder viertes Beispiel: Das australische Unternehmen, das größere Solaranlagen betreibt, kann sich einen Überblick über die Genehmigungspraxis in Hamburg verschaffen.

Schließlich Beispiel Nummer fünf: Die umweltinteressierte Bürgerin, die vom geplanten Fällen mehrerer Bäume in ihrem Stadtteil in der Zeitung liest, kann bei ihrem Bezirksamt das eingeholte Gutachten zur Notwendigkeit der Maßnahme einsehen.

(Beifall bei Christiane Blömeke GAL)

Das macht plastisch, worum es geht, dass es ganz lebensnahe Beispiele sein können. Gerade das letzte Beispiel ist all denjenigen geläufig, die sich jemals in der Bezirkspolitik getummelt haben. Gerade solche Verwaltungsentscheidungen, die häufig sehr konkrete Auswirkungen haben, werden sehr intensiv hinterfragt. Es gibt ein großes Interesse der Bürgerinnen und Bürger, genau zu wissen, auf welcher Basis die Entscheidung ergeht.

Wir haben auch wesentliche Stärkungen der Durchsetzungsmöglichkeiten der Rechte der Bürgerinnen und Bürger im Gesetzesentwurf vorgesehen – auch das ist zutreffend wiedergegeben wor

den –, die Beschleunigung des Rechtsbehelfsverfahrens auf der einen Seite und, ganz wichtig, endlich auch in Hamburg der Beauftragte für die Informationsfreiheit.

An der Stelle will ich ein Wort zu den Veröffentlichungspflichten sagen. Ich bin mir sicher, dass die Behörden auch weiterhin Informationen zur Verfügung stellen werden, die es den Bürgerinnen und Bürgern erleichtern, sich zurechtzufinden und herauszufinden, welche Behörde zuständig für ein bestimmtes Anliegen ist und wo die Informationen sind, die Basis einer bestimmten Entscheidung sind.

(Stefan Schmitt SPD: Was heißt hier weiter- helfen? Bekommen die ihr Geld wieder?)

Wir werden natürlich auch weiterhin erleben, dass die Behörden Organigramme und ähnliche Informationen zur Verfügung stellen. Die Frage ist, ob die bisherige gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung von Aktenplänen der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger wirklich eine Hilfe ist, ob wirklich ein erhöhtes Maß an Transparenz hergestellt wird oder ob nicht – das muss man schon im Zusammenhang sehen – gerade die Beratung durch den Beauftragten für die Informationsfreiheit viel hilfreicher ist. Deswegen meinen wir, dass man sehr wohl auf diese umfassenden Verpflichtungen verzichten kann, weil wir jetzt Personal zur Verfügung stellen, um parteiisch die Bürgerinnen und Bürger zu beraten, wie man sein Informationsrecht durchsetzt. Das ist gewollt und wird auch geschehen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Erfreuliche in der Gemengelage – wir haben es eben in der Debatte erlebt – ist, dass unser Anliegen, die Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, sehr breit geteilt wird. Das wird auch deutlich, wenn man abgleicht, welche Unterschiede zwischen dem Gesetzesentwurf des Senats und dem Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion bestehen, den wir heute abschließend beraten; da sind die Unterschiede sehr gering. Wir haben in der Debatte erlebt – bei der SPD war das vielleicht eher ein Thema für die Feinschmecker, das Interesse bei den Koalitionsfraktionen war etwas ausgeprägter – und ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Feinschmeckerinnen und Feinschmecker umso vehementere Befürworter der Informationsfreiheit sind und es ist doch erfreulich, wenn es einen allgemeinen Rückenwind für ein solches wichtiges Vorhaben des Senats gibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Chri- stiane Schneider DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Wenn weitere Wortmeldungen nicht vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

(Senator Dr. Till Steffen)

Wer Ziffer 1 der Empfehlungen des Rechtsausschusses folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich so geschehen.

Wer sich Ziffer 2 der Ausschussempfehlungen anschließen und das Gesetz zum Neuerlass des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes aus Drucksache 19/1283 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch dies ist einstimmig in zweiter Lesung und damit endgültig beschlossen worden.

Wer darüber hinaus den Ausschussempfehlungen zur Drucksache 19/1283 folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch das ist einstimmig so geschehen.

Ich rufe dann Punkt 29 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/2080: Bericht gemäß § 25 Absatz 7 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz über die Kontrolltätigkeit des Parlamentarischen Kontrollausschusses gemäß § 24 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz im Berichtszeitraum 2008.

[ Bericht gemäß § 25 Absatz 7 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) über die Kontrolltätigkeit des Parlamentarischen Kontrollausschusses gemäß § 24 HmbVerfSchG (Berichtszeitraum: 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008) – Drs 19/2080 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider, bitte.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Von wem, glauben Sie, stammt die Forderung nach – ich zitiere –:

"Abschaffung unnötiger Ämter wie zum Beispiel des Verfassungsschutzamtes."

(Klaus-Peter Hesse CDU und Karl-Heinz Warnholz CDU: Von Ihnen!)

Nein, vom Bund der Steuerzahler Hessen, der diese Forderung zusammen mit elf anderen Ende Januar den hessischen Koalitionsparteien vorlegte.

Natürlich kann sich meine Partei, meine Fraktion, dieser Forderung auch unter dem Gesichtspunkt der immensen Gelder anschließen, die dieses Amt verschlingt, ohne dass die Verausgabung irgendeiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt, ja unterliegen kann, denn der Haushalt des Landesamtes für Verfassungsschutz ist zwar im Haushalt der Behörde für Inneres mit knapp 12 Millionen Euro enthalten, aber wie und wofür das Geld ausgegeben wird, das darf diese Bürgerschaft, die den Haushalt zu beschließen hat, nicht erfahren und auch nicht, wie viele Beamte, wie viele Angestellte, wie viele bezahlte Spitzel unter den 142,6 Vollzeitäquivalenten sind.

Die Forderung des hessischen Bundes der Steuerzahler – die sind ein bisschen zurückgerudert, das will ich ihnen gerne zugestehen – …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber Sie rudern weiter!)

Ich rudere weiter –. Die Forderung stieß, wie Sie sich denken können, auf breiten, wenngleich unterschiedlichen Widerhall. Die hessische Humanistische Union griff sie auf und erklärte, es sei tatsächlich am besten, wenn die Verfassungsschutzämter aufgelöst würden und die Bürger selbst den Schutz der Verfassung als gemeinsame Bürgerpflicht übernähmen.

(Zuruf: Spitze!)

Ein großes Problem sei, so die Humanistische Union – und dieser Kritik stimmen wir vorbehaltlos zu –, vor allem die mangelhafte Kontrolle der Verfassungsschutzbehörden. Bedürfte es eines Beweises, wie recht die Humanistische Union hat, so liegt er in dem Bericht des Parlamentarischen Kontrollausschusses vor. Zu befürchten ist, dass der Ausschuss wirklich nicht mehr weiß, als er berichtet, und das ist fast nichts.

Übrigens ist es der schlechteste Bericht, den ich je gelesen habe. Ich habe mir die früheren Berichte vorhin angeschaut. So einen schlechten Bericht habe ich noch nie gesehen. Der Ausschuss erfährt nur, was ihm der Geheimdienst mitteilt, das heißt, diejenigen, die eigentlich kontrollieren sollen, sind ganz auf die Informationen derjenigen angewiesen, die sie zu überwachen haben.

Meine Frage an die Mitglieder des Kontrollausschusses lautet: Haben Sie durch das Landesamt eigentlich mehr erfahren, als man ohnehin in der Zeitung lesen kann oder als man mit ein bisschen Recherche selbst in Erfahrung bringen kann? Wurden Sie zum Beispiel – das ist der einzige inhaltliche Punkt Ihres Berichts – rechtzeitig vom Landesamt darüber informiert, dass man sich automatisch alle Organisationen und Personen melden ließ, die

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

Infostände anmeldeten? Insgesamt wurden vom 1. Oktober bis zum Zeitpunkt, an dem diese Praxis aufgedeckt wurde, 164 Infostände von Bezirksämtern an das Landesamt gemeldet von Parteien, Bürgerinitiativen, Einzelpersonen, ja selbst von Kirchen.

Die Praxis ist übrigens nicht beendet worden, als es aufgedeckt wurde, sondern hat insgesamt drei Monate angedauert. Das Landesamt startete ohne jede Rechtsgrundlage in Selbstermächtigung eine automatische Abfrage aller Anmeldungen, schnüffelte in Personalien von allen möglichen Leuten herum, die nichts anderes wollten, als sich an die Öffentlichkeit zu wenden und völlig legal handelten. Das Amt stellte generell jede zivilgesellschaftliche Aktivität im Zusammenhang mit Infoständen unter Generalverdacht. Hat das Landesamt von sich aus den Parlamentarischen Kontrollausschuss informiert? Nein.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Das ist ja wie in der DDR gewesen!)

Dazu komme ich noch.

Es war DIE LINKE, die nicht im Kontrollausschuss vertreten sein darf – natürlich aus rein mathematischen Gründen –, die sich aber nicht davon abhalten lässt, ihrer parlamentarischen Kontrollverantwortung so gut es geht nachzukommen. Wir haben den Skandal aufgedeckt.