Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.
Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats haben die Fraktionen vereinbart, die Tagesordnung um zwei weitere Punkte zu ergänzen. Es handelt sich dabei um den Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 19/2211 und um einen Interfraktionellen Antrag aus der Drucksache 19/2212, die als Tagesordnungspunkte 42 und 43 nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen wurden.
Darüber hinaus haben die Fraktionen Einvernehmen darüber erzielt, die Wahl der von der Bürgerschaft zu wählenden Mitglieder zur Bundesversammlung, Tagesordnungspunkt 6, auf die nächste Sitzung zu vertagen.
Ich rufe dann Punkt 15 der Tagesordnung auf: Antrag des Senats auf Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Frau Professorin Hannelore Schmidt.
[Senatsantrag: Antrag des Senats auf Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Frau Professorin Hannelore Schmidt – Drs 19/1755 –]
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir ehren heute keine sogenannte große Dame, keine Grande Dame, sondern eine ganz normale Frau, die gerade in ihrer Normalität so großartig ist. Loki Schmidt, wie sie von allen liebevoll genannt wird, oder Professorin Hannelore Schmidt ist für viele ein Vorbild in vielerlei Hinsicht. Sie ist leidenschaftliche Naturschützerin, überzeugte Lehrerin, engagierte Ehefrau, Mutter und vor allem Hamburgerin. Dabei hat Frau Schmidt aus ihrer Sicht stets nur, wie sie es sagt, ihre Pflicht getan. Sie sagt: In meinem Leben gab es immer so viel zu tun, hier zu helfen, da zu helfen, dies zu machen und das zu machen, dass ich gar nicht dazu gekommen bin, mich sehr viel ins stille Kämmerlein zu setzen, um zu philosophieren. Sie hat nicht gefragt, nicht gezaudert, nicht gezögert, nicht philosophiert, sondern vor allem gehandelt, selbst wenn sie anfangs für ihre Überzeugung bei manchen Hohn und Spott geerntet hat.
Als sie in den Siebzigerjahren begann, die Öffentlichkeit auf den Schutz der Pflanzenwelt aufmerksam zu machen, hieß es zunächst bei einigen, ach, die Loki Schmidt, die mit ihren Blümchen. Von solchen Spitzen hat sie sich nicht aufhalten lassen,
sondern sie wollte die Menschen informieren über die Schätze, die am Wegesrand stehen, sie wollte den Blick dafür schärfen, dass und welche Pflanzen gefährdet sind. Ihr Motto war: Ansehen immer, abpflücken niemals. Und das ist ihr ohne erhobenen Zeigefinger gelungen, lange bevor Artenvielfalt, Umwelt- und Naturschutz im politischen Bewusstsein vorhanden waren.
Mitte der Siebzigerjahre gründete sie mit Mitstreitern die Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen, die im Jahre 2006 mit der Landesstiftung Naturschutz Hamburg fusionierte. Die Stiftung kümmerte sich vor allem um den Schutz und die Pflege gefährdeter Biotope und Frau Professor Schmidt ist dort immer noch aktiv, spornt uns alle mit ihrer Aktivität an. Sie hat mir gerade bei dem Essen zu Ehren ihres Mannes gesagt, das sei eine der wichtigsten und wesentlichen Aufgaben, die bedeuten, dass ihr das Leben noch sehr viel Freude und Spaß mache.
Seit 1980 wird die Blume des Jahres benannt. Der abstrakte Begriff Naturschutz wird durch eine solche Blume, die benannt wird, begreifbar. Mit zahlreichen Publikationen begeisterte sie ihre Leser für die Pflanzenwelt. Sie initiierte einen Austausch von Mitarbeitern aus botanischen Gärten in Deutschland, Israel, Venezuela und St. Petersburg und nicht zuletzt hat sie in Hamburg den Naturschutz durch ihre Mitarbeit in Gremien der Umweltbehörde vorangebracht.
Praxis statt Theorie, Handeln statt Reden, Naturschutz war und ist für Loki Schmidt eine Lebensaufgabe. Das macht ihr Engagement so glaubwürdig. Schon als Kind war sie fasziniert von der Pflanzenwelt und da aus Geldmangel kein Bilderbuch vorhanden war, blätterte sie unentwegt in einem Pflanzenlexikon. Eines ihrer ersten Worte soll gewesen sein: Frau Mantel, gemeint war die Pflanze Frauenmantel. Und obwohl sie aus Geldmangel nicht Biologie studieren konnte, ist sie auf ungezählten Forschungsreisen eine gern gesehene und anerkannte Kollegin von Wissenschaftlern geworden, denn sie überzeugte mit ihrem Wissen und ihrem Einsatz. Sie forschte mit Wissenschaftlern in Mexiko, in Kenia, in Brasilien oder Ecuador. In den Achtzigerjahren brachte sie eine Bromelie aus Mexiko mit, die heute nach ihr benannt ist; sie gilt als Entdeckerin dieser Pflanze.
Meine Damen und Herren! Frau Professorin Schmidt ist vermutlich die bekannteste Naturschützerin Deutschlands, doch Popularität oder Titel waren und sind für sie nie von Bedeutung. Sie ist ihren Weg gegangen, der geprägt war von Mitmenschlichkeit, Beständigkeit und Natürlichkeit oder, so wie sie es ausdrückt: Ich bin mein Leben lang ein vernünftiger Mensch gewesen. Das ist typisch Loki Schmidt.
der damit verbundenen Aufmerksamkeit niemals vergessen hat, wer sie ist und woher sie kommt. Geboren im Jahre 1919 in Hammerbrook in der Schleusenstraße – in wenigen Tagen kann sie ihren 90. Geburtstag feiern –, erlebte Loki Schmidt die Nazidiktatur und den Krieg. Selbstverständlich ging Loki Schmidt arbeiten, unterrichtete als Lehrerin mit großem Engagement und mit Freude. Damit finanzierte sie die Familie und ihrem Mann Helmut das Studium, die Basis für seine spätere große Karriere.
Das ist vielleicht die typische Lebensgeschichte für eine Frau ihrer Generation: Es wird nicht geklagt, es wird gehandelt. Frauen wie Loki Schmidt haben einen entscheidenden Teil, wenn nicht den entscheidenden Anteil daran, dass unser Land wieder aufgebaut wurde, baulich und moralisch wieder aufgebaut wurde. Sie hat den Mut und die Kraft, nicht nur die Schwierigkeiten zu sehen, sondern die Chancen für die Zukunft zu nutzen. Sie ist heute Vorbild für viele.
Loki Schmidt ist auf ihrem Lebensweg immer sie selbst geblieben: bodenständig, humorig, selbstkritisch, eben eine typische Hamburgerin. Sie repräsentiert unsere Stadt im besten Sinne in Deutschland und bei allen ihren Freunden in der ganzen Welt. Ihre zurückhaltende Art, ihr Sinn für Humor, ihre Mitmenschlichkeit, ihre Ausstrahlung zeichnen sie aus. Überall verbinden die Menschen Loki Schmidt, die engagierte Naturschützerin, mit dem Namen unserer Stadt, mit Hamburg und das ehrt uns alle.
Ihr Engagement und ihre Verbundenheit mit unserer Heimatstadt wollen wir mit der höchsten Auszeichnung ehren, die Hamburg zu vergeben hat. Deshalb bitte ich im Namen des Senats die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft zuzustimmen, Professorin Hannelore Schmidt die Würde einer Ehrenbürgerin der Freien und Hansestadt Hamburg zu verleihen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In wenigen Tagen vollendet Hannelore Schmidt ihr 90. Lebensjahr. Loki und Helmut Schmidt sind seit 1942 verheiratet; nur sechs Mitglieder dieses Hauses waren bereits geboren, als die beiden heirateten. 67 Jahre Ehe sind für sich genommen schon eine bewundernswerte Leistung. Gerade die Jahre ihrer Ehe waren für beide Schmidts schwer. Es war Krieg, eigentlich kein guter Zeitpunkt für eine Familiengründung, aber sehr viele Menschen heirateten in diesen bedrückenden Jahren, so auch Hannelore Glaser und Helmut Schmidt im Juni 1942. Der 1944 geborene Sohn verstarb noch vor seinem ersten Geburtstag. Toch
Der Bürgermeister nannte eine Reihe von Gründen, warum wir gerade Loki Schmidt zur Ehrenbürgerin machen sollten. Sie ist bescheiden, warmherzig und humorvoll und sie hat sich um den Naturschutz verdient gemacht und steht stellvertretend für eine ganze Generation von Frauen, die den Krieg und die schweren Nachkriegsjahre erlebt und unsere Stadt wieder aufgebaut haben.
Seit 1940 war Loki Schmidt als Lehrerin in Hamburg tätig. Diesen Beruf übte sie auch die folgenden drei Jahrzehnte aus. Auch wenn Ehemann Helmut schon Ende August 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft in die Heimat zurückkehrte, waren die ersten Jahre nach dem Krieg für die Schmidts wie für alle Menschen in Hamburg mühsam. Das Zimmer in einem Siedlungshaus südlich der Elbe wurde mit Möbeln eingerichtet, die Vater Glaser und Ehemann Helmut aus Brettern gezimmert hatten. Loki Schmidt selbst nannte es eine glückliche Zeit mit einigen Tücken. Ob sie selbst und die vielen anderen Menschen, die damals unter den Bedingungen des Mangels leben mussten, es seinerzeit auch so empfanden, stellt Hannelore Schmidt allerdings an anderer Stelle selbst infrage. Nach dem Geheimnis ihrer Ehe befragt, sagte sie, Dreck und Not und Kummer, wie unsere Generation sie erlebt hat, verbinden. Mit ihrem in diesen Jahren als Lehrerin verdienten Geld sorgte Loki Schmidt für den Familienunterhalt. Nach Feierabend, so las ich, strickte sie Pullover, die sie zum Beispiel gegen Kartoffeln eintauschte und ermöglichte es so ihrem Mann Helmut, Volkswirtschaftslehre zu studieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es mit einer hoch intelligenten, gebildeten und starken Frau zu tun. Lange vor ihrer Einschulung, so las ich auch, konnte die vierjährige Loki zum Beispiel schon lesen. Sie hatte auch eine überdurchschnittliche körperliche Stärke und die hat sie auch in der Schule gezeigt. Hannelore Glaser war die längste in der Klasse und sie war burschikos und prügelte sich mit Jungen auf dem Schulhof. Das war es aber nicht, was ihren weiteren Weg ausmachte. Eine ganz erhebliche Prägung, nicht zuletzt für ihren späteren Beruf als Lehrerin, erhielt sie auf der reformpädagogisch ausgerichteten Lichtwarkschule. Wir haben gelernt, so sagte sie, selbstständig zu arbeiten, dabei achtet man nicht auf Fächer, sondern wie man einem Thema gerecht wird.
Das Thema ihres langen Lebens wurde und ist nach wie vor der Schutz gefährdeter Pflanzen. Loki Schmidt widmete und widmet sich intensiv der Natur. Die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen fand in den frühen Jahren der neu entstehenden Bundesrepublik noch nicht die notwendige Beachtung. Auch während der Regierungszeit ihres Mannes hatte der Naturschutz auf der politi
schen Agenda nicht die höchste Priorität. Die Jahre waren eher gekennzeichnet durch Ölpreiskrisen, wirtschaftliche Rezession und nicht zuletzt durch den deutschen Herbst 1977.
Loki Schmidt, der Bürgermeister sagte es, wollte ursprünglich gerne Biologie studieren. Ihren Studien- und Berufswunsch konnte sie jedoch leider nicht verwirklichen. Stattdessen bereitete sie sich im Lehrerseminar auf ihre Tätigkeit als Lehrerin an Hamburger Volks- und Realschulen vor. Vielleicht hat sogar die Enttäuschung über die ihr nicht gegebene Möglichkeit ihr unglaubliches Engagement für die Natur umso mehr beflügelt. Ihre Tätigkeit als Lehrerin gab sie Anfang der Siebzigerjahre auf. Sie übernahm öffentliche Pflichten als Frau eines Bundesministers und des Bundeskanzlers und wie beiläufig eroberte sie dabei neues Terrain für Politikerfrauen. So ging sie beim Staatsbesuch in Riad mit auf dem roten Teppich. Das hatte vor ihr noch keine Frau eines Regierungschefs gemacht. Sie nutzte intensiv das Licht der Öffentlichkeit, das sich ihr durch ihre Position bot, ausgesprochen klug und erfolgreich für ihr Engagement.
1976 gründete sie die Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen. Vielleicht wäre sie als Biologin gar nicht Deutschlands berühmteste Naturschützerin geworden. Diese Leidenschaft brachte ihr in den vergangenen 30 Jahren eine so große Zahl von Preisen ein, sodass ich nur einige Ehrungen nennen möchte, die sie in Hamburg erhalten hat. So erhielt sie zum Beispiel 1982 die Alexander-vonHumboldt-Medaille, 1990 wurde sie Ehrensenatorin der Universität Hamburg, 1994 wurde sie mit der Alfred-Toepfer-Medaille ausgezeichnet, 1999 verlieh ihr der Senat die Ehrenprofessur. Im Jahr 2000 folgte die Ehrenpromotion der Universität Hamburg im Fachbereich Biologie. Jetzt erhält sie auf Antrag des Senats durch unseren Beschluss – davon gehe ich aus – die Ehrenbürgerwürde ihrer Heimatstadt. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion stimmt dem Antrag des Senats aus vollem Herzen zu. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hannelore oder Loki Schmidt wird heute auf Antrag des Senats und auf Beschluss der Bürgerschaft die Ehrenbürgerwürde unserer Stadt verliehen. Diesem Vorschlag schließe ich mich im Namen meiner Fraktion, aber auch ganz persönlich, nur zu gern an. Es ist eine Ehre, die nicht nur Frau Schmidt zuteil wird, sondern es ehrt auch unsere Stadt, dass wir sie zu einer unserer Ehrenbürgerinnen zählen dürfen.
Mit ihr wird eine Frau geehrt, die nicht nur selbstbewusst, engagiert und klug den Umweltschutz vorantrieb und als bekennende Sozialdemokratin Flagge zeigte, sondern sie steht – das hat der Bürgermeister angesprochen – auch stellvertretend für eine Generation von Frauen, die Krieg, Hunger und Zerstörung erlebt haben und unsere Stadt wieder mit aufgebaut haben.
Nachdem aber ihre Arbeit für den Naturschutz schon gewürdigt wurde, möchte ich meinen Fokus auf einen anderen Teil ihrer Verdienste lenken, nämlich auf ihr pädagogisches Engagement und ihr Wissen. Was von vielen unbemerkt blieb, war, dass sie lange als Haupt- und Realschullehrerin in Hamburg gearbeitet hat. Ihre pädagogischen Fähigkeiten und ihre Beharrlichkeit waren auch Voraussetzung dafür, dass sie als Naturschützerin so erfolgreich gearbeitet hat. Sie hat es geschafft, was nur wenigen gegeben ist, anderen Menschen die Augen für die Belange der Natur zu öffnen, das Wissen über die Umwelt zu verbreiten und Menschen für die Sache des Umweltschutzes zu begeistern.
Die großartige Naturschützerin Loki Schmidt ist auch die großartige Lehrerin Loki Schmidt und ihre pädagogische Arbeit wurde durch ihre Erfahrungen in ihrer eigenen Schulzeit wesentlich geprägt. Sie besuchte, wie schon angesprochen, die Reformschulen und hat später an diesen unterrichtet. Sie stammt aus einer bildungshungrigen Arbeiterfamilie mit Eltern, die sie sehr früh zum Lesen animierten und im Alter von fünf Jahren schon zum Geigenunterricht schickten.
Eingeschult wurde sie Ostern 1925 in der Schule Burgstraße, einer reformpädagogischen Grundschule. Reform bedeutete damals Koedukation, Verbot der Prügelstrafe, kein Sitzenbleiben und die Mitwirkung der Eltern am Schulleben. Hamburg galt in der Weimarer Zeit einmal als Zentrum der Reformpädagogik, die das schulische Klima grundlegend anders beeinflusst hat, als es an vielen, noch von der Kaiserzeit geprägten Einrichtungen damals üblich war. Ihr Abitur machte Loki Schmidt dann an der Lichtwarkschule in Winterhude, einer der wenigen Reformschulen des höheren Schulwesens in der Weimarer Republik. Dort lernte sie auch im Alter von zehn Jahren ihren späteren Ehemann, einen gewissen Helmut Schmidt, kennen.
Wie sie selbst einmal sagte, war die Erziehung zu Toleranz, die Erziehung, ein Individuum zu entwickeln mit eigenen Vorstellungen und Ideen, sich aber dennoch in das Gemeinsame einzupassen, für das gesamte Kollegium sehr wichtig. Und ich zitiere sie, als sie sagte:
"Für mich ist Erziehung zu Toleranz immer die Leitlinie geblieben, auch als ich später selbst als Lehrerin tätig war."
1937 wurde diese gute, diese richtige und für Hamburg so wichtige Schule von den Nationalsozialisten geschlossen.
Nach dem Notabitur und dem damals üblichen Arbeitsdienst kamen die Studienjahre und Loki Schmidt, die eigentlich, wie wir gehört haben, Biologie studieren wollte, aber das Geld für die Studiengebühren nicht hatte, wurde Lehrerin. Ihrem Interesse und Engagement für Biologie hat das, wie man weiß, weiß Gott keinen Einhalt bieten können. Aber vielleicht muss man es solchen Menschen auch nicht zu schwer machen.
In ihrem Leben als Lehrerin wiederholt sie das, was sie als Kind in ihrem eigenen Leben auch erlebt hat. Sie wird eine engagierte, reformorientierte Pädagogin und geht folgerichtig zu Hamburgs einziger koedukativer Schule, die im wunderschönen Horn liegt, das auch damals schon im Ruf stand, ein sozialer Brennpunkt zu sein. Es mag mir als persönliche Anmerkung gestattet sein, dass mich das als Horner Abgeordneter besonders froh und stolz macht. Sie unterrichtet fächerübergreifend, anschaulich und lebensnah. Ihr außergewöhnliches Talent als Lehrerin wird auch dadurch deutlich – das muss man sich heute bei all den Diskussionen, die wir später hier führen werden, einmal vorstellen –, dass sie vor Klassen unterrichtete, die mit mehr als 60 Kindern bestückt waren. Dennoch gelang es ihr, einen sinnvollen und engagierten Unterricht durchzuführen.
Loki Schmidt entdeckte früh die Prinzipien eines jeden guten Unterrichts, nämlich die Förderung des selbstständigen und praktischen Lernens und die Verstärkung durch musisch-ästhetische Inhalte. Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Hannelore Schmidt ist aus meiner Sicht auch eine späte Rehabilitierung, denn als Volks- und Realschullehrerin unterrichtete sie im Krieg drei Klassen und nach dem Krieg 16 Jahre lang vier unterschiedliche Klassen an sechs Schulen.
Nach dem Umzug nach Bonn mit ihrem Mann, dem damaligen Verteidigungsminister, musste sie beim Senat beantragen, ohne Gehalt, wie man damals sagte, beurlaubt zu werden. Der Senat genehmigte ihr sechs Monate Urlaub ohne Bezahlung und verlängerte ihn dann noch einmal um zwölf Monate. Dann kam aber die ultimative Aufforderung, die Arbeit entweder aufzunehmen oder den Dienst zu quittieren, und so wurde 1972 die Lehrerin Loki Schmidt nach 32 Jahren im Schuldienst aus selbigem entlassen. Die Erwartung des Senats, ihren geliebten Beruf für immer aufzugeben – und wer mit ihr darüber gesprochen hat, weiß das –, war eine große Kränkung für die engagierte Lehrerin, noch dazu, dass sie ihre erarbeiteten Ansprüche aufgeben musste.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere den arabischen Schriftgelehrten Effendi, der einmal schrieb:
"Die Arbeit des Erziehers gleicht der eines Gärtners, der verschiedene Pflanzen pflegt. Eine Pflanze liebt den strahlenden Sonnenschein, die andere den kühlen Schatten; die eine liebt das Bachufer, die andere die dürre Bergspitze. Die eine gedeiht am besten auf sandigem Boden, die andere im fetten Lehm. Jede muss die ihrer Art angemessene Pflege haben, anderenfalls bleibt ihre Vollendung unbefriedigend."
Und so, wie jede Pflanze eine angemessene Pflege braucht, hat Hannelore Schmidt versucht, auch jedem ihrer Schülerinnen und Schüler individuell gerecht zu werden und sie oder ihn zu fördern. Mit dieser pädagogischen Haltung war sie ihrer Zeit weit voraus, vielleicht sogar manch einem heute noch. Noch heute gehört die mangelnde individuelle Förderung zu den vielbeklagten Defiziten an unseren Schulen. Jedem Kind gerecht zu werden, ist für sie der Ausdruck des Respekts vor der Kindheit, vor dem Individuum eines jeden Menschen. Loki Schmidt hat auch zur aktuellen Debatte über den Unterricht an unseren Schulen, die Erziehung zu Werten und Moral, das selbstständige Lernen, die Gestaltung von Lernumgebung und die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern wichtige, sehr nachlesenswerte Beiträge geleistet. Vielen ist sie auch durch ihr Buch "Mein Leben für die Schule" bekannt geworden, mit dem sie einige ihrer Ziele und Ideale beschreibt.
Nach dieser Lektüre wird jeder selbst sagen, dass das eine Lehrerin ist, die man sich für die eigenen Kinder, für alle Kinder in unserer Stadt wünscht. Deshalb möchte ich noch einmal zitieren, und zwar diesmal einen anderen Ehrenbürger dieser Stadt, nämlich Siegfried Lenz, der gesagt hat:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Hannelore ist eine Ehre, nicht nur für sie selbst, sondern auch für Hamburg. Wir sind alle sehr stolz darauf, sie unsere neue Ehrenbürgerin nennen zu können, auch wenn sie heute persönlich leider nicht anwesend sein kann. Ich wünsche ihr aber im Namen des ganzen Hauses alles, alles Gute, viel Gesundheit und Wohlergehen. – Vielen Dank.